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Leseprobe - Immer mitten in die Fresse rein!

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… immer <strong>mitten</strong> <strong>in</strong> <strong>die</strong> <strong>Fresse</strong> re<strong>in</strong>!<br />

ISBN 978-3-947763-00-9<br />

Erste Auflage Hannover August 2018<br />

Gedruckt auf 100% Recycl<strong>in</strong>g-Papier<br />

Independent-Note:<br />

Dieses Buch wurde ohne Unterstützung e<strong>in</strong>es Großverlags,<br />

lediglich mit Hilfe von Freunden und freiwilligen Helfern des Autors produziert.<br />

Der Verlag PPP wurde eigens für <strong>die</strong> Vermarktung gegründet.<br />

MMXVIII


… immer <strong>mitten</strong> <strong>in</strong> <strong>die</strong> <strong>Fresse</strong> re<strong>in</strong>!<br />

E<strong>in</strong>e Geschichte voller Stolperste<strong>in</strong>e<br />

Von Sascha Z.<br />

Vorwort:<br />

Oft, wenn ich Anekdoten aus me<strong>in</strong>em Leben erzählt habe, bekam ich zu hören:<br />

„Alter – du solltest echt mal ‘n Buch schreiben! So e<strong>in</strong> Scheiß passiert doch ke<strong>in</strong>em normalen<br />

Menschen!“<br />

Ich b<strong>in</strong> vermutlich auch ke<strong>in</strong> ganz normaler Mensch. Irgendwie merkwürdig aufgewachsen,<br />

habe ich mich zu e<strong>in</strong>er renitenten Persönlichkeit entwickelt und me<strong>in</strong>e Prioritäten<br />

weichen von denen vieler Mitmenschen ab. Ich b<strong>in</strong> e<strong>in</strong> bisschen anders als <strong>die</strong> anderen<br />

K<strong>in</strong>der.<br />

Ich war schon als K<strong>in</strong>d nicht e<strong>in</strong>fach, ebenso wenig wie me<strong>in</strong>e Familienverhältnisse.<br />

Bereits <strong>in</strong> der Grundschule als hyperaktiv gebrandmarkt, wurden mir schon früh<br />

Beruhigungsmittel verschrieben. Die Begabung, ohne Ende Scheiße zu bauen und mich<br />

mit Anlauf <strong>in</strong> Probleme zu reiten, war mir irgendwie <strong>in</strong> <strong>die</strong> Wiege gelegt. Diese Fähigkeit<br />

wurde konsequent ausgebaut, bis sich daraus e<strong>in</strong> wahrer apokalyptischer Ritt durch<br />

Drogen, totale Auflehnung, Gewalt und Krim<strong>in</strong>alität entwickelte. Me<strong>in</strong>e Begeisterungsfähigkeit<br />

auf der Suche nach dem geilsten Kick beförderte mich mit Höchstgeschw<strong>in</strong>digkeit<br />

<strong>in</strong> e<strong>in</strong>e krasse Abwärtsspirale. Mit zwölf kam der Alkohol, mit vierzehn <strong>die</strong> ersten Drogendeals<br />

<strong>in</strong> Taschengeldformat. <strong>Immer</strong> wieder Ärger mit dem Gesetz. Mit siebzehn von<br />

zuhause rausgeflogen, nach e<strong>in</strong>er missglückten Hausbesetzung obdachlos, fand ich mich<br />

mit achtzehn Jahren megakrim<strong>in</strong>ell, schwer drogenabhängig und mehr tot als lebendig an<br />

e<strong>in</strong>em Scheideweg wieder.<br />

E<strong>in</strong> Ticket zurück <strong>in</strong> e<strong>in</strong> lebenswertes Dase<strong>in</strong> war kaum mehr denkbar, dennoch habe ich<br />

es irgendwie geschafft – aber der Preis dafür war extrem hoch …<br />

Um tatsächlich existierende Leute nicht zu belasten, habe ich <strong>die</strong> Namen aller vorkommenden<br />

Personen geändert. Was me<strong>in</strong>e Erfahrungen mit Drogen angeht, habe ich versucht,<br />

me<strong>in</strong>e damaligen Gefühle möglichst exakt wieder zu geben, was natürlich auch <strong>die</strong> jeweilige<br />

anfängliche Begeisterung be<strong>in</strong>haltet. Nichts von all <strong>die</strong>sen Exzessen ist zur Nachahmung<br />

empfohlen und jeder, der das Buch bis zum Ende liest, wird genau verstehen warum!<br />

Viel Spaß beim Lesen!<br />

3


Kapitel 1 – EIN MORGEN VOLLER SORGEN –<br />

Um sechs Uhr dreißig kl<strong>in</strong>gelte es an der Wohnungstür me<strong>in</strong>er damaligen Freund<strong>in</strong><br />

Sturm. Ich hatte bei ihr übernachtet. Es war <strong>die</strong> Nacht vor dem geplanten Umzug <strong>in</strong> unsere<br />

geme<strong>in</strong>same Wohnung im Stadtgebiet von Hannover. Ich bekam e<strong>in</strong>en ziemlichen Adrenal<strong>in</strong>schub,<br />

da um <strong>die</strong>se Zeit nur Nachbarn derartig kl<strong>in</strong>geln, wenn das Haus <strong>in</strong> Flammen<br />

steht – oder Rollkommandos der Polizei …<br />

Es kl<strong>in</strong>gelte wieder und da wir e<strong>in</strong>en Pitbull und e<strong>in</strong>en Chihuahua-Mischl<strong>in</strong>g hatten und<br />

ich wusste, dass speziell sogenannte Kampfhunde bei Wohnungsstürmungen gern mal verletzt<br />

oder gar getötet werden, zog ich mir schnell e<strong>in</strong>e Hose über und sperrte <strong>die</strong> Hunde <strong>in</strong>s<br />

Schlafzimmer. Dann öffnete ich <strong>die</strong> Tür. Draußen standen zirka zehn Kripobeamten.<br />

„S<strong>in</strong>d Sie Herr Z****?“, fragte der Beamte, der vorn stand.<br />

„Ja, b<strong>in</strong> ich!“ Sie drängten mich sofort <strong>in</strong> <strong>die</strong> Wohnung zurück und umr<strong>in</strong>gten mich.<br />

„Ich habe hier e<strong>in</strong>en Haftbefehl gegen Sie. Ziehen Sie sich bitte an!“<br />

Ich sagte ihnen, dass wir Hunde haben, <strong>die</strong> aber ke<strong>in</strong>em etwas täten. Ich bekam den<br />

mehrseitigen Haftbefehl ausgehändigt, der auf p<strong>in</strong>kfarbenem Papier ausgedruckt war. Ich<br />

las ihn durch, war geschockt und verwirrt, versuchte aber äußerlich gefasst zu bleiben.<br />

Während ich mich anzog, durchsuchten <strong>die</strong> Polizeikräfte <strong>die</strong> Wohnung, <strong>in</strong> der ohneh<strong>in</strong><br />

durch den bevorstehenden Umzug totales Chaos herrschte.<br />

Als ich im Bad aus dem Fenster guckte, sah ich, dass das ganze Haus war von Beamten<br />

<strong>in</strong> Zivil umstelltwar. Ke<strong>in</strong>e Ahnung, wie viele das <strong>in</strong>sgesamt waren, sicherlich fünfzehn bis<br />

zwanzig! Draußen durchwühlten <strong>in</strong>zwischen andere Beamte me<strong>in</strong> Auto. Nachdem ich mir<br />

<strong>die</strong> Zähne putzen durfte und ich me<strong>in</strong>e Klamotten anhatte, klickte h<strong>in</strong>ter me<strong>in</strong>em Rücken<br />

sofort <strong>die</strong> Acht. Durch me<strong>in</strong>e jahrelange Türsteher-Nebentätigkeit war ich als gewaltbereit<br />

e<strong>in</strong>gestuft. Ich nehme an, aus <strong>die</strong>sem Anlass wurden <strong>die</strong> Handschellen so eng gezogen, dass<br />

ich fürchtete, mir würden <strong>die</strong> Hände <strong>in</strong> Kürze abfaulen.<br />

Das rege Treiben rund ums Haus war von der Nachbarschaft nicht unbemerkt geblieben<br />

und trotz der frühen Stunde reckten schon diverse Anwohner ihre Hälse neugierig aus den<br />

Fenstern. Mit e<strong>in</strong>em Geleit von fünf Beamten wurde ich nun zu e<strong>in</strong>em viertürigen Opel<br />

Vectra geführt und auf <strong>die</strong>, für me<strong>in</strong>e Körperverhältnisse, sehr enge Rückbank gestopft.<br />

Dabei dengelte ich ziemlich doll mit dem Kopf gegen <strong>die</strong> Dachkante, was <strong>die</strong> Cops, <strong>die</strong><br />

mich re<strong>in</strong>drückten, nicht sonderlich berührte. Ich musste an derartige Szenen <strong>in</strong> amerikanischen<br />

Filmen denken, wo der Sheriff den Schädel des Verhafteten vor der Dachkante<br />

runterdrückt, damit er unbeschadet auf dem Revier ankommt. Diesen Trick kannten me<strong>in</strong>e<br />

Freunde und Helfer nicht.<br />

Nun g<strong>in</strong>g es quer durch <strong>die</strong> Stadt <strong>in</strong> das Büro me<strong>in</strong>er Firma. Ich b<strong>in</strong> selbstständig und<br />

betreibe e<strong>in</strong>e kle<strong>in</strong>e Werbeagentur. Nebenher hatte ich auch schon seit längerem e<strong>in</strong> bisschen<br />

im Security-Gewerbe mitgemischt, um Durststrecken <strong>in</strong> der grafischen Branche ab-<br />

4 E<strong>in</strong> Morgen voller Sorgen


zufangen. Durch me<strong>in</strong>e jahrzehntelange Kampfsporterfahrung war ich <strong>in</strong> <strong>die</strong> Türsteherei<br />

gestolpert und hatte später noch e<strong>in</strong>ige Ausbildungsmaßnahmen für Sicherheitstätigkeiten<br />

und Personenschutz absolviert. Mir schossen me<strong>in</strong>e Term<strong>in</strong>e für <strong>die</strong>sen Tag durch den<br />

Kopf, <strong>die</strong> ich nun nicht e<strong>in</strong>mal absagen konnte.<br />

Ich war froh, dass es so früh war und mich ke<strong>in</strong>er der sonstigen Mieter des Bürokomplexes<br />

mit den Handschellen auf dem Rücken über den Hof geschubst werden sah. Im Büro<br />

wurde mir dann mitgeteilt, dass me<strong>in</strong> Firmenwagen, e<strong>in</strong> Dodge Ram Pick-up, sämtliche<br />

Konten und alle <strong>in</strong> me<strong>in</strong>em Besitz bef<strong>in</strong>dlichen Sachwerte mit sofortiger Wirkung beschlagnahmt<br />

seien. Ich habe mich geweigert, den betreffenden Beschluss zu unterschreiben. Die<br />

Beamten begannen sofort me<strong>in</strong> Büro <strong>in</strong> e<strong>in</strong> totales Chaos zu verwandeln. Schränke wurden<br />

entleert, alles Mögliche schmissen sie auf den Boden. Es machte den E<strong>in</strong>druck, als ob der<br />

Plan vorsah, größtmögliche Verwüstung anzurichten. Nun kam noch e<strong>in</strong> Sonderkommando<br />

mit Drogenhund h<strong>in</strong>zu. Alle mussten den jeweiligen Raum verlassen, der von dem belgischen<br />

Schäferhund untersucht wurde. Als der Hund me<strong>in</strong>en Safe beschnüffelte, schlug er<br />

an. Ich wurde aufgefordert, den Safe zu öffnen. Dar<strong>in</strong> waren lediglich Papiere.<br />

„Na – wohl Stoff da dr<strong>in</strong> gelagert, was?“ Ich antwortete:<br />

„Ne<strong>in</strong>, Bargeld. Als Drogenspezialist sollten Sie wohl wissen, dass Geldsche<strong>in</strong>e sowohl<br />

zum Sniefen, als auch zum Rauchen von Drogen benutzt werden und somit durchaus Anhaftungen<br />

aufweisen können.“<br />

Entgeisterte Blicke …<br />

Nachdem me<strong>in</strong> Büro erfolgreich <strong>in</strong> „Schutt und Asche“ gelegt und der Fahrzeugbrief<br />

e<strong>in</strong>gezogen war, g<strong>in</strong>g es weiter zur erkennungs<strong>die</strong>nstlichen Behandlung <strong>in</strong>s Kripo-Hauptquartier,<br />

das sich auf dem ehemaligen Hanomag-Fabrikgelände befand. Dort musste ich<br />

geraume Zeit auf e<strong>in</strong>em langen Flur warten, der e<strong>in</strong>en gewissen schrägen Retro-Charme<br />

aufwies. Der durchgelaufene L<strong>in</strong>oleum-Fußboden, Stühle, Wandfarbe – alles schien aus<br />

den Siebzigern übrig geblieben zu se<strong>in</strong>. Nach Ewigkeiten kam e<strong>in</strong> Kripomann und fragte<br />

mich:<br />

„Wenn ich dir <strong>die</strong> Handschellen abnehme – versuchst du dann abzuhauen?“<br />

„Habe ich denn <strong>die</strong> ger<strong>in</strong>gste Chance, aus dem Gebäude hier rauszukommen?“<br />

„Ne<strong>in</strong>!“<br />

„Dann bleibe ich hier sitzen!“<br />

Er gr<strong>in</strong>ste und nahm mir endlich <strong>die</strong>se verdammten D<strong>in</strong>ger ab. Es kribbelte fürchterlich,<br />

als me<strong>in</strong>e eiskalten Hände wieder normal durchblutet wurden.<br />

E<strong>in</strong>e Weile später wurde ich <strong>in</strong> e<strong>in</strong>en großen Raum gerufen. E<strong>in</strong> Krim<strong>in</strong>albeamter scannte<br />

me<strong>in</strong>e F<strong>in</strong>gerabdrücke und Handballen mit e<strong>in</strong>em Gerät ab, das nicht zu der restlichen E<strong>in</strong>richtung<br />

passte. Er teilte mir mit, dass ich froh se<strong>in</strong> könne, dass <strong>die</strong>ses hochmoderne Gerät<br />

seit zwei Tagen <strong>in</strong> Betrieb sei, da ich ansonsten T<strong>in</strong>tenabdrücke hätte abgeben und danach<br />

stundenlang <strong>die</strong> Hände schrubben müssen. Me<strong>in</strong>e Dankbarkeit hielt sich <strong>in</strong> Grenzen.<br />

5


Dann musste ich mich auf e<strong>in</strong>en Stuhl setzen, um Fotos von me<strong>in</strong>em Gesicht machen zu<br />

lassen. Frontal, diagonal und das Profil jede Seite. Ich weiß jetzt, warum Verbrecherfotos<br />

immer nach miesen Typen aussehen! Das liegt nicht nur an den Typen. Wenn man geweckt<br />

wird, wie ich an <strong>die</strong>sem Morgen, ke<strong>in</strong>e Zeit zum Rasieren oder Haare bändigen hat und<br />

ke<strong>in</strong> Frühstück bekommt – dann guckt man nicht fröhlich! Dann ist man voller Verdruss<br />

und Verachtung. Ke<strong>in</strong> Wunder, dass man nicht dre<strong>in</strong> gr<strong>in</strong>st wie e<strong>in</strong> Versicherungsvertreter<br />

auf Kundenfang.<br />

Jetzt musste ich aufstehen und me<strong>in</strong>en Oberkörper frei machen, damit me<strong>in</strong>e Tätowierungen<br />

fotografiert werden konnten. Da me<strong>in</strong> Oberkörper fast komplett tätowiert ist, dauerte<br />

<strong>die</strong>ser Vorgang e<strong>in</strong>e halbe Ewigkeit. Jedes Tattoo-Motiv wurde e<strong>in</strong>zeln fotografiert und<br />

katalogisiert. Das fanden <strong>die</strong> Beamten so spannend, dass zeitweise vier von ihnen um mich<br />

herum standen, um noch nach bisher unbemerkten E<strong>in</strong>zelheiten zu suchen.<br />

„Boaah – hier, haste schon gesehen – das ist ja Pearl Harbor aufm Rücken!“<br />

„Ey, wie lange hast‘n dafür gebraucht? Ooah – haste hier das Auto gesehen? Mit dem<br />

Knochenmann dr<strong>in</strong>? Das ist ja richtig fe<strong>in</strong> gestochen!“<br />

Danach wurde mir mitgeteilt, dass e<strong>in</strong>e DNA-Entnahme vorgesehen sei. Als ich nach der<br />

Rechtsgrundlage fragte, sagte mir der Beamte mit e<strong>in</strong>em Lächeln:<br />

„Sie machen das freiwillig oder Sie sitzen hier fünf bis sechs Stunden auf dem Stuhl,<br />

bis wir e<strong>in</strong>en richterlichen Beschluss haben – den wir def<strong>in</strong>itiv bekommen! Wir haben es<br />

damit nicht eilig.“<br />

„Überredet!“ …<br />

Nach gefühlten zweie<strong>in</strong>halb Stunden EKD-Behandlung wurde ich abermals mit zu engen<br />

Handschellen auf <strong>die</strong> Rückbank der Kripo-Karre gestopft – <strong>die</strong>smal machte ich beim<br />

„e<strong>in</strong>gestiegen werden“ e<strong>in</strong>e geschickte Meidbewegung mit dem Kopf, um e<strong>in</strong>e weitere Prellung<br />

zu vermeiden. Jetzt g<strong>in</strong>g <strong>die</strong> Reise <strong>in</strong>s Hauptquartier der Polizeidirektion. Hier war ich<br />

schon e<strong>in</strong>mal als Fünfzehnjähriger gelandet und üble Er<strong>in</strong>nerungen kamen hoch. Damals<br />

hatten mir e<strong>in</strong> paar Bereitschaftspolizisten schön <strong>die</strong> <strong>Fresse</strong> poliert, weil ich im Punkoutfit<br />

<strong>in</strong> der Nähe e<strong>in</strong>er Kundgebung des damaligen Bundeskanzlers mit dem Bus vorbei gefahren<br />

b<strong>in</strong>! Mehr als zehn Stunden war ich ohne Telefonat, Essen, und Tr<strong>in</strong>ken festgehalten<br />

und h<strong>in</strong>terher e<strong>in</strong>fach morgens um zwei Uhr auf <strong>die</strong> Straße geschubst worden. Diesmal<br />

sollte es allerd<strong>in</strong>gs e<strong>in</strong> etwas längerer Aufenthalt <strong>in</strong> Staatsgewahrsam werden ...<br />

Zu me<strong>in</strong>em grenzenlosen Glück war ausgerechnet an <strong>die</strong>sem Tag auch noch Girls Day<br />

– e<strong>in</strong> Infotag für Schüler<strong>in</strong>nen, denen <strong>die</strong> Möglichkeit gegeben werden soll, <strong>in</strong> <strong>die</strong> verschiedensten<br />

Berufssparten re<strong>in</strong>zuschnuppern. Ich hatte damals, dank jahrelangen Steroidkonsums<br />

noch über hundert Kilo Muskelmasse auf der Uhr und e<strong>in</strong> kurzärmeliges T-Shirt an.<br />

Ich muss so aufgepumpt, volltätowiert, unrasiert und mit wirrem Haar wohl wie e<strong>in</strong> Bilderbuchverbrecher<br />

ausgesehen haben. Mit me<strong>in</strong>en nach h<strong>in</strong>ten verdrehten Armen wurde<br />

6 E<strong>in</strong> Morgen voller Sorgen


ich an e<strong>in</strong>em Rudel pubertierender Girlies vorbeigeführt. Deren Gekicher und Gegacker<br />

verstummte jäh! Sie guckten mich alle halb ängstlich, halb ehrfürchtig an und tuschelten<br />

dann, nachdem ich vorbei war:<br />

„Alter, haste den gesehen? Voll festgenommen ... booaaah! Bestimmt voll der krasse<br />

Gangster!“<br />

Supersache – so hatte ich wenigstens noch als schlechtes Beispiel für Teenies e<strong>in</strong>en guten<br />

Job gemacht!<br />

Danach versuchte mich e<strong>in</strong> Kripobeamter zu vernehmen. Ich gab lediglich me<strong>in</strong>e Personalien<br />

an und verweigerte jegliche weitere Aussage. Ich wusste nur zu genau, warum ich<br />

das tat! Jeder, der jemals mit Polizei und Gerichten zu tun hatte, weiß, dass bei Verhören<br />

rhetorisch geschulte Beamten sitzen, <strong>die</strong> stets irgendwelche Suggestivfragen stellen oder e<strong>in</strong>em<br />

Sätze <strong>in</strong> den Mund legen. Bei Verhörende unterschreibt man <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er Situation höchster<br />

psychischer Anspannung und maximalen Stresses alles, um nur se<strong>in</strong>e Ruhe zu f<strong>in</strong>den.<br />

Diese immer stark <strong>in</strong> e<strong>in</strong>e bestimmte Richtung bee<strong>in</strong>flussten Verhörunterlagen bekommt<br />

man h<strong>in</strong>terher vor Gericht schadhaft aufs Brot geschmiert. Gern genommen auch <strong>die</strong> Zitierung<br />

irgendwelcher, völlig aus dem Kontext gerissener Halbsätze, <strong>die</strong> sich im Bericht<br />

dann ganz anders lesen, als man sie gesagt oder geme<strong>in</strong>t hat.<br />

Nach der Protokollierung durfte ich dann mit me<strong>in</strong>em Anwalt telefonieren. Den hatte<br />

me<strong>in</strong>e damalige Freund<strong>in</strong> schon alarmiert und er war bereits auf dem Weg zur Haftrichter<strong>in</strong>.<br />

Ich wurde nun <strong>in</strong> e<strong>in</strong>e Auffangzelle gesteckt. Ich habe ke<strong>in</strong>e Ahnung, wie lange ich<br />

da dr<strong>in</strong> war. Da mir alles abgenommen worden war, hatte ich ke<strong>in</strong>e Uhr. Ich war fix und<br />

fertig und konnte nicht fassen, was hier gerade vorg<strong>in</strong>g. Ich versuchte, e<strong>in</strong> bisschen zu dösen,<br />

aber wenn man eben festgenommen wurde und nicht weiß, wie e<strong>in</strong>em geschieht und<br />

ob man überhaupt wieder rauskommt, ist kaum ausreichend <strong>in</strong>nere Ruhe zu f<strong>in</strong>den. Die<br />

Gedanken verzweigten sich schneeballartig und ich s<strong>in</strong>nierte darüber, was <strong>in</strong>zwischen alles<br />

den Bach runtergehen könnte, während ich weg wäre …<br />

Irgendwann kamen dann <strong>die</strong> beiden Kripotypen, <strong>die</strong> mich her gebracht hatten. Der e<strong>in</strong>e<br />

sagte:<br />

„Der Pick-up ist echt cool – wieviel PS hat ’n der?“<br />

„Vierhundert.“, antwortete ich.<br />

„Wow, nicht schlecht! Hat bestimmt ’n geilen Sound!“ Der andere daraufh<strong>in</strong> <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em<br />

hämischen Tonfall:<br />

„Den kriegste sowieso nicht wieder!“ Ich spürte, wie e<strong>in</strong>e unbändige Wut <strong>in</strong> mir aufkochte,<br />

sagte aber <strong>in</strong> ruhigem Tonfall:<br />

„Wie schön, dass <strong>in</strong> Deutschland über so etwas Richter und nicht Polizisten zu entscheiden<br />

haben.“<br />

Wieder bekam ich <strong>die</strong> Acht um <strong>die</strong> Handgelenke – <strong>die</strong>smal noch e<strong>in</strong> bisschen fester! Und<br />

wieder g<strong>in</strong>g es ab auf <strong>die</strong> unbequeme Rückbank. Es steigerte nicht gerade me<strong>in</strong> ohneh<strong>in</strong><br />

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