akzent September '18 BO
akzent – DAS GRÖSSTE LIFESTYLE- & VERANSTALTUNGSMAGAZIN VOM BODENSEE BIS OBERSCHWABEN
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MODENSEE | KREATIVE<br />
KOPFSACHE<br />
4<br />
34<br />
D/CH/A – Großstadt Bodensee | Ja, es gibt sie noch:<br />
Leute, die Hüte tragen, Leute, die Hüte machen. Obwohl<br />
Hüte in den 1960er-Jahren zunehmend aus der<br />
Mode kamen, erfreuen sie sich heute wieder wachsender<br />
Beliebtheit.<br />
Der grandiose Sommer 2018 hat sein Übriges dazu<br />
getan, dass Kopfbedeckungen in fester Form mit umlaufender<br />
Krempe verstärkt gefragt sind. Doch nicht<br />
nur als Wetterschutz dient der Hut. „Er findet wieder<br />
Platz im Alltag“, stellt Kathrin Seeberger fest. Die Hutmacherin<br />
führt in ihrem Laden in der Lindauer Altstadt<br />
„Warmes, Schickes, Provozierendes, Schlichtes und vor<br />
allem Passendes“ für den Kopf. Seit rund 20 Jahren ist<br />
sie der Leidenschaft des Hutmachens verfallen. Vor einigen<br />
Jahren konnte Kathrin Seeberger zahlreiche hölzerne<br />
Hutformen 1 bei der Vorarlberger Hutfabrik Capo<br />
retten. Ein Schatz, der verbrannt werden sollte. Capos<br />
Hüte, deren Produktion 2017 nach über 100 Jahren<br />
die Tore schloss, hatten unter anderem in der TV-Serie<br />
Denver Clan Karriere gemacht. „Ich kann die Formen<br />
zwar nicht alle nutzen, da die Leute heute zunehmend<br />
größere Köpfe haben, aber sie sind für mich eine große<br />
Inspiration.“ In ihrem Laden führt sie eine kleine eigene<br />
Kollektion, die bei Bedarf individualisiert werden kann.<br />
Bei der Kundschaft hält sich Männlein und Weiblein die<br />
Waage, wobei Männer gerne auch zu lässigen Caps aus<br />
Leinen greifen. „Es haben auch viele junge Leute Interesse<br />
am Hut“, freut sie sich. Einen Hut zu fertigen dauert etwa<br />
ein bis zwei Tage: „Der Hut wird gedämpft und auf die<br />
Form gezogen, dann muss er trocknen. Krempen und das<br />
Hutband werden von Hand genäht.“<br />
KLEIN-PARIS LIEGT IM ALLGÄU<br />
Wenige Kilometer von Lindau entfernt liegt im Hinterland<br />
des Moden-, äh, Bodensees Lindenberg, was einst<br />
als „Klein-Paris“ der Hutmode galt. Um 1800 waren dort<br />
rund 300 Familien in der Hutmacherei tätig. Hauptsächlich<br />
wurden in Heimarbeit Strohhüte hergestellt.<br />
1835 entstand dann die erste Hutfabrik am Ort. Die<br />
Blüte erlebte die Kleinstadt Anfang des 20. Jahrhunderts<br />
mit rund acht Millionen produzierten Hüten pro Jahr.<br />
Von den damals 34 Hutfabriken hat allerdings nur eine<br />
überlebt. Doch Mayser zählt auch heute noch zu den<br />
führenden Unternehmen für Kopfbedeckungen weltweit.<br />
Gegründet 1800 als „Hutmacherey“ in Ulm wurde<br />
1833 mit der Übernahme der Strohhutfabrik J.Milz &<br />
Cie. der Firmensitz nach Lindenberg im Allgäu verlegt.<br />
Stolze 350 000 Hüte werden heute jährlich in 44 Ländern<br />
verkauft. Die Kollektion umfasst satte 300 Modelle<br />
und wird viermal im Jahr neu aufgelegt. Heute findet<br />
in Lindenberg noch Design, Einkauf und Vertreib statt.<br />
Produziert wird in der Slowakei im eigenen Werk.<br />
Trotz des Niedergangs der Hutindustrie wird das kulturelle<br />
Erbe in Lindenberg bewahrt: Im Deutschen Hutmuseum<br />
ist allerlei Spannendes über die Geschichte der<br />
Kopfbedeckungen zu erfahren. 300 Jahre Hutgeschichte<br />
sind dort wortwörtlich unter einem Hut. Zudem wird in<br />
Lindenberg alljährlich im Mai am Hut-Tag die Deutsche<br />
Hutkönigin 2 gewählt.