GESUNDHEITSPoLITIK beitrag <strong>alle</strong>r Krankenkassen bis hin zum Moloch »Gesundheitsfonds«. »Wat haste jemacht mit dein politischet Leben?« ob die Gesundheitspolitiker in Berlin mit ihrem politischen Leben zufrieden sind? Namen wie Schall und Rauch Und überhaupt – hätte man in den letzten Jahren auf den Inhalt der Gesetze soviel Gehirnschmalz verwendet wie auf ihre Namen, dem deutschen Gesundheitswesen ginge es wahrlich besser. »Arzneimittelausgabenbegrenzungsgesetz« (AABG), »Beitragssatzsicherungsgesetz« (BSSG), »GKV- Modernisierungsgesetz« (GMG), »Arzneimittelversorgungswirtschaftlichkeitsgesetz« (AVWG), »GKV-Wettbewerbsstärkungsgesetz« (GKV-WSG); Namen wie Schall und Rauch. <strong>Die</strong> Arzneimittelausgaben wurden nicht begrenzt – zum Glück <strong>für</strong> die Patienten. Der Beitragssatz wurde nicht gesichert – im Gegenteil, seit der Einführung des unsäglichen Gesundheitsfonds ist er höher denn je. <strong>Die</strong> Gesetzliche Krankenversicherung (GKV) wurde nicht modernisiert – eine sozialistische Einheitsversicherung wie den Gesundheitsfonds wird man kaum »modern« nennen können. Wenn die Arzneimittelversorgung wirtschaftlicher hätte werden sollen, hätte man mit dem Arzneimittel sparen müssen, nicht am Arzneimittel. Und schließlich die Krönung: das »GKV-Wettbewerbsstärkungsgesetz«. <strong>Die</strong>ses Gesetz hat den Wettbewerb in der GKV endgültig ausgeschaltet. Für wie dumm hält man die Bevölkerung eigentlich? Aber die Frage erübrigt sich wohl. www.neue-allgemeine.de, 1.4.2009 l Apothekentest enthielt Falschinformationen ZDF muss Beitrag zurückziehen Wegen falscher Darstellungen muss das ZDF einen ausgestrahlten Bericht über angeblich schlechte Beratung bei Apothekentestkäufen zurücknehmen. Der Sender hat eine Unterlassungsverpflichtungserklärung inzwischen aus seiner ZDFmediathek gelöscht Auch gegen die Produktionsfirma video:arthouse aus Hannover erwirkte die Präsidentin der Apothekerkammer Niedersachen, Magdalene Linz, eine Unterlassungsverpflichtungserklärung. <strong>Die</strong> Sendung »ZDF.reporter« berichtete am 23.4. über einen angeblichen Testkauf des pflanzlichen Herzmittels Miroton und Sennesblättern, bei dem das Apothekenpersonal nicht auf die seltene Wechselwirkung Herz-Rhythmus-Störungen hingewiesen habe. <strong>Die</strong>ser Beitrag suggerierte, es handle sich um einen Testkauf in der von Linz geführten Delfin-Apotheke. Tatsache ist, dass in dieser Apotheke nachweislich seit längerer Zeit keine Miroton-Packung der Größe N3 verkauft worden ist. Der Testkauf hat so nicht stattgefunden. Durch die Filmaufnahmen der Fassade der Apotheke wurde jedoch dieser Eindruck erweckt. »Es ist unverantwortlich, wenn mit solchen Falschinformationen Patienten verunsichert werden und deren Vertrauen in die Apotheke zerstört wird«, sagt Linz. Auch andere im Beitrag dargestellten Inhalte waren falsch. Der emeritierte Hannoveraner Professor Jürgen C. Frölich behauptete, es gebe eine gefährliche Wechselwirkung zwischen den Wirkstoffen Metoprolol und Ranitidin. <strong>Die</strong>se nicht-existente Interaktion war die Basis <strong>für</strong> einen Testkauf in Apotheken. <strong>Die</strong> Arzneimittelkommission der Deutschen Apotheker (AMK) hat in einer gutachterlichen Stellungnahme festgestellt, dass es keine klinisch relevante Wechselwirkung zwischen einer Dauermedikation mit Metoprolol und kurzfristig eingesetztem, niedrig dosiertem Ranitidin gibt. Es wurde zudem behauptet, das Migränemittel Formigran® sei in Drogerien erhältlich. Das ist falsch. Außerdem sind, anders als von Frölich dargestellt, nicht 8000, sondern nach Angaben des Bundesinstituts <strong>für</strong> Arzneimittel und Medizinprodukte rund 60.000 Medikamente in Deutschland verkehrsfähig. Und es gibt nicht 19.000, sondern 21.602 Apotheken in Deutschland. Pressemitteilung Apothekerkammer Niedersachsen, 13.5.2009 l <strong>Die</strong> Bundeszahnärztekammer begrüßt das Urteil des Europäischen Gerichtshofes zum Apothekenfremdbesitzverbot <strong>Die</strong> Bundeszahnärztekammer (BZÄK) begrüßt das Urteil des Europäischen Gerichtshofes (EuGH) zum Apothekenfremdbesitzverbot. »<strong>Die</strong>s ist ein deutliches Zeichen des Patientenschutzes durch die Stärkung der Freiberuflichkeit«, so der Präsident der Bundeszahnärztekammer, Dr. Peter Engel. Unabhängigkeit und Eigenverantwortlichkeit sind aus Sicht der BZÄK wichtige Aspekte einer sicheren und qualitativ hochwertigen medizinischen Versorgung. Mit der Entscheidung des Europäischen Gerichtshofes wird zunehmend auch auf europäischer Ebene erkannt, dass Freiberuflichkeit im Gesundheitswesen einen wichtigen Garanten <strong>für</strong> den Patientenschutz darstellt. Tendenzen einer zunehmenden Kommerzialisierung und Ökonomisierung des Gesundheitswesens, politisch immer wieder unter dem Begriff des Wettbewerbs subsumiert, besitzen deutliche Gefahren <strong>für</strong> die Patienten. Auch die <strong>Zahnärzte</strong>schaft nimmt ihre Verantwortung im Rahmen ihrer freiberuflichen Berufsausübung wahr und erhofft sich dabei politische Unterstützung. Pressemitteilung BZÄK, 20.5.2009 l 15% Sie, was Sie »Wählen Aktion 15 % Gegen die SPD: Wahlkampf im Wartezimmer Mitten im Superwahljahr machen Mediziner Front gegen die Sozialdemokraten. Auch Ärzte aus dem Landkreis Goslar beteiligen sich an der ungewöhnlichen Parteinahme wollen. Aber nicht SPD«, steht auf den Plakaten und Flugblättern. Unter dem Schriftzug prangt ein unvorteilhaftes Bild von Gesundheitsministerin Ulla Schmidt. <strong>Die</strong> Sozialdemokratin ist mit geschlossenen Augen und gesenkten Hauptes abgebildet. Seit Wochen betreiben Mediziner Aktion 15: Sigmar Gabriel fällt fast die Kaffeetasse aus der Hand sei bei der Lektüre beinahe die Kaffeetasse aus der Hand gef<strong>alle</strong>n, berichtet Sigmar Gabriel, Vorsitzender »Ihm des SPDBezirks Braunschweig und Bundestagsabgeordneter«, schreibt die Goslarsche Zeitung. »Ich bin froh zu wissen, dass Rasso Riffelmacher ein weit besserer Arzt ist als seine AntiSPDPropaganda vermuten lässt«, erklärt Gabriel, der ein Patient Riffelmachers sei. <strong>Die</strong> Stellungnahmen von Hausarzt Riffelmacher und des Orthopäden Dr. Jens Nobel zeigten, »dass manchmal ärztliche Fähigkeiten und persönlicher Anstand im umgekehrten Verhältnis zueinander stehen können«. So habe sich etwa der Deutsche Hausärzteverband von der »Aktion 15« deutlich distanziert. Gabriel betont außerdem, unter den Ärzten komme auch nach der neuen Honorarverteilung niemand zu kurz. In Niedersachsen seien die Honorare zwischen 2007 und 2009 um 445Millionen Euro gestiegen. Das sei ein Zuwachs um durchschnittlich knapp 17 Prozent, pro Kassenarzt ergebe sich eine Steigerung um 33.000 Euro. Vor diesem Hintergrund bezeichnet der Abgeordnete und Umweltminister die Kritik an seiner Kabinettskollegin Ulla Schmidt als »maß und schamlos«. <strong>Die</strong> Mediziner müssten sich mit ihrer Kritik an die Kassenärztliche Vereinigung wenden, die über die Verteilung der Gelder entscheide. »Mehr als fragwürdig« sei es außerdem, wenn Ärzte im Wartezimmer – »wo möglich noch die abgerechnete Behandlungszeit« – mit Wahlkampf verbringen würden. www.facharzt.de, 16.5.2009 l landauf, landab SPD-Antiwerbung. Längst finden sich solche und ähnliche Plakate und Flugblätter auch in Goslarer Wartezimmern. Auf 15 Prozent drücken Bei Hausarzt Rasso Riffelmacher (42) erfahren die Patienten, was er von der Gesundheitspolitik Schmidts hält. orthopäde und Chirurg Dr. Jens Nobel (40) hat die Wahlwerbung als Flugblatt-Variante in seiner Praxis ausgelegt. Nobel hatte Kollegen landkreisweit per Massen-E-Mail über die »Aktion 15« informiert. Urheber der Kampagne ist das Ärzte-Netzwerk »Hippokranet«. Das giftig formulierte Ziel lautet: »<strong>Die</strong> SPD bei der Bundestagswahl auf 15 Prozent drücken.« Nobel sagt: »<strong>Die</strong> Ärzte aus der Region werden politisch aktiv.« Er schätzt, dass mehr als 20 Mediziner »dabei sind«. Riffelmacher meint sogar, bis zu 80 Prozent der Ärzteschaft aus dem Landkreis stünden hinter der Initiative. Patienten-Proteste blieben offenbar bislang aus. <strong>Die</strong> Reaktionen seien überwiegend positiv, berichten Nobel und Riffelmacher. »<strong>Die</strong> Menschen wollen aufgeklärt werden«, sagt der Goslarer Hausarzt. Selbst eine SPD-Funktionsträgerin habe sich zu Wort gemeldet, aber gegen die par teischädigenden Wartezimmer- Botschaften nicht aufbegehrt. Nobel und Riffelmacher wollen nicht als SPD-Gegnermissverstanden werden. Sie verweisen auf gleichgelagerte Ak- Oliver Stade tionen etwa der Freien Ärzteschaft (Motto: »<strong>Die</strong>se Politik macht krank«), <strong>für</strong> die sie ebenfalls werben. Andere Sorgen Wenn Nobel und Riffelmacher auf die Gesundheitspolitik der Bundesregierung zu sprechen kommen, sind sie kaum zu stoppen. Ihre Hauptkritik zielt auf die zunehmende Regulierung, die Spieth: »Lauterbach faulster Abgeordneter, den ich kenne« Der gesundheitspolitische Sprecher der Linken, Frank Spieth, hat auf einer Diskussionsveranstaltung in Berlin heftige Kritik am SPDSozialpolitiker Prof. Karl Lauterbach geäußert. <strong>Die</strong>ser sei »der faulste Abgeordnete, den ich jemals kennengelernt habe«. Von rund 120 Ausschusssitzungen habe Lauterbach vielleicht zehn Sitzungen besucht »und dann nur jeweils <strong>für</strong> zehn Minuten«. Der Gesundheitsökonom stehe zwar ständig vor den Kameras. Wenn es aber darum gehe, konkrete Gesundheitspolitik zu machen, sei von ihm keine Spur zu sehen. www.facharzt.de, 14.5.2009 l 342 · ZK n mit t eilungen · 6 | 20 09 6 | 20 09 · ZK n mit t eilungen · 343 Foto: o. stade