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Wildpark-West Herbst 2018

Heimatzeitschrift von Bürgern für Bürger in Wildpark-West und Umgebung gemacht.

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In seinen letzten Lebensjahren schlug Siegfried Singer sein Ferien-Domizil in<br />

<strong>Wildpark</strong>-<strong>West</strong> auf, hier fand er Inspiration und fühlte sich wohl. Er schrieb, zeichnete<br />

und ließ sich von der Natur und der Stille der Siedlung künstlerisch anregen<br />

Rote Gaukler unter Eichen<br />

VON JANA FELLENBERG<br />

Siegfried Singer sucht man<br />

vergeblich in den Weiten der<br />

digitalen Welt – und doch hat<br />

er Spuren hinterlassen. Spuren<br />

in Ton und auf Papier, die unverwechselbar<br />

seine Handschrift tragen.<br />

Und das kann man wirklich wörtlich<br />

nehmen; er hatte Hände, die von<br />

hartem Schaffen geformt nur schwer<br />

mit seinen Werken in Verbindung zu<br />

bringen sind, Arbeiterhände.<br />

Singer wurde am 12. März 1931<br />

zusammen mit seinem Zwillingsbruder<br />

Gerhard in Dresden geboren,<br />

besuchte dort ab 1937 die Volkshochschule<br />

und ab August 1942 die<br />

Oberschule. Er bezeichnete diese<br />

Zeit später selbst als sehr prägend, da<br />

er dort eine fachlich und künstlerisch<br />

exzellente Ausbildung erhielt, eine<br />

Ausbildung die in damaliger Zeit nur<br />

ausgewählten Knaben zukam. Seine<br />

Jugend schützte ihn vor der leidvollen<br />

Erfahrung, in den letzten Kriegstagen<br />

noch eingezogen zu werden;<br />

nicht jedoch davor, den Bombenhagel<br />

am 13. Februar 1945 auf die Elbestadt<br />

zu erleben. Siegfried, der außer<br />

seinem Zwillingsbruder noch eine<br />

Schwester und einen jüngeren Bruder<br />

hatte, war gerade mit ihnen und der<br />

Mutter von der Abendveranstaltung<br />

im Circus Sarasani unterwegs zurück<br />

in die Dürerstraße, als sie in die erste<br />

Bomberwelle gerieten. Wer die Berichte<br />

über diese Nacht gelesen hat<br />

weiß, was die Menschen dort erlitten.<br />

Die Singers überlebten, jedoch war<br />

die elterliche Wohnung inzwischen<br />

ausgebombt. Die Mutter flüchtete<br />

mit den vier Kindern zu Verwandten<br />

ins Sudetenland, dort wurden sie<br />

aber Ende Mai 1945 wieder ausgewiesen<br />

und kehrten in ihre zerstörte<br />

Heimatstadt zurück.<br />

Siegfried Singer beim Zeichnen an<br />

seinem Schreibtisch. Foto: Privat<br />

Die Schulen waren Trümmerhaufen,<br />

die Not war überall groß. Undenkbar<br />

die Oberschulausbildung in<br />

der begonnenen Form fortzusetzen,<br />

die Stadt musste wieder aufgebaut<br />

werden. Schon im <strong>Herbst</strong> erlernte<br />

er den Beruf eines Maurers und legte<br />

1948 die Gesellenprüfung ab. In<br />

dieser Zeit entdeckte er wohl seine<br />

künstlerische Ader, und probierte<br />

sich vor allem im Zeichnen. Mehrere<br />

Quellen berichten, dass Singer sich<br />

besonders für Bühnengestaltung interessierte<br />

– ein Traum, der aber erst<br />

einmal der Realität der Nachkriegszeit<br />

weichen musste. Gemeinsam<br />

mit einem vom FDGB zusammengestellten<br />

Jugendaktiv arbeitete er auf<br />

„Wanderschaft durch Mecklenburg“<br />

beim Bau von Neubauernhöfen (Befehl<br />

209) in Watzkendorf (1948), Flatow<br />

und Blankensee (1949), war auch<br />

bei der Errichtung der Werner-Seelenbinder-Halle<br />

in Berlin und dem<br />

Stahl- und Walzwerk Brandenburg<br />

dabei.<br />

Stetige Weiterentwicklung<br />

Wie man seinen schriftlichen Aufzeichnungen<br />

entnehmen kann, bedeutete<br />

ihm die Arbeit und auch die<br />

stetige Weiterentwicklung sehr viel.<br />

Auch wenn er anfangs wohl viel lieber<br />

Kunst studiert hätte, konnte er 1950<br />

ein Studium an der Baufachschule<br />

Brandenburg beginnen, welches<br />

er 1954 als Bauingenieur abschloss.<br />

Später lehrte er selbst in Glauchau<br />

Links: Selbstbildnis (1998)<br />

Rechts: Sein Feriendomizil,<br />

Haus im Fuchsweg 11a (1998)<br />

WILDPARK WEST HERBST <strong>2018</strong> AUF DURCHREISE 13

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