21.09.2018 Aufrufe

blu Oktober 2018

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

MUSIK<br />

NACHGEFRAGT<br />

GUTE NEUIGKEITEN<br />

AUS IRLAND<br />

FOTO: RICH GILLIGAN<br />

Im Zeitalter von Trump<br />

und Brexit, von AfD und<br />

Wahlsiegen und Aufmärschen<br />

rechter Populisten freut man sich<br />

über jede Nachricht, die dem Trend<br />

entgegensteht – wie als vor einigen<br />

Wochen Irland der Katholischen<br />

Kirche und Leuten, die anderen<br />

Leuten vorschreiben wollen, was<br />

sie mit ihrem Körper zu tun haben,<br />

in ihre Schranken verwiesen hat.<br />

Die Iren haben mit satter Mehrheit<br />

Abtreibung legalisiert.<br />

„Und 2015 haben wir ja auch endlich die<br />

Gleichheit der Ehe bekommen, schon<br />

das war ein riesiger Umschwung“, erklärt<br />

Conor J. O‘Brien. Der Kopf der Villagers<br />

ist stolz auf diese Entwicklungen. „Die<br />

neue Generation hat ihre Ansprüche<br />

angemeldet – und durchgesetzt. Wir<br />

holen uns das Land von der Kirche und<br />

drängen ihren Einfluss zurück.“ Für diese<br />

Entwicklung steht Conor exemplarisch,<br />

denn auch er begann als Katholik und<br />

fiel nach und nach vom Glauben ab. „Es<br />

gibt eine grundsätzliche Bewegung hin<br />

zu Humanismus und Agnostizismus. Sei<br />

einfach gut zu deinem Nächsten, ohne<br />

Drohungen der Kirche.“<br />

Natürlich hat sich Irland auch in anderen<br />

Bereichen gewandelt. Wo es früher eine<br />

kleine Musikszene gab, die sich – wenn es<br />

nicht um Folk ging – fast nur auf Dublin<br />

konzentrierte, blüht heute das ganze<br />

Land und präsentiert viele Stile. „Noch<br />

2000 bedeutete Musik in Irland, jemand<br />

spielt eine akustische Gitarre. Das machte<br />

man eben so. Jetzt gibt es so viel … zur<br />

Zeit kommt gerade eine unglaubliche<br />

Rap-Szene zum Vorschein mit großartigen<br />

Rappern, richtig guten Produzenten.<br />

Es gibt sehr guten Techno und fantastischen<br />

Ambient. Und tollen Rock.“<br />

Das zeigt auch gleich die Offenheit von<br />

Conors Musikgeschmack, selbst wenn<br />

seine Band als Indie-Folk geführt wird.<br />

Und zuhause gehen die Villagers immer<br />

praktisch automatisch auf Platz eins,<br />

obwohl nichts an ihren Liedern auf Erfolg<br />

getrimmt ist. „Mein Manager ist ein<br />

bisschen obsessiv wegen der Platzierungen<br />

– er hat jetzt schon gecheckt, was<br />

noch an unserem Release Date erscheinen<br />

wird. Er macht sich ein wenig Sorgen<br />

wegen Christine and the Queens“, lacht<br />

Conor. Wenn man „The Art of Pretending<br />

to Swim“ hört, ist klar, dass Conor solche<br />

Fragen nicht durch den Kopf gehen. Er<br />

hat mit seiner Band Musik aufgenommen,<br />

die auch ihre Fans nicht einfach<br />

mit Comfort-Food bedient. Es ist ein<br />

Album, das sich mit all den Problemen<br />

der neuen schönen sozialen Medienwelt<br />

auseinandersetzt und all ihren Widersprüchen<br />

– Conor ist z.B. selbst begeistert auf<br />

Twitter unterwegs. „Ich hatte aufgehört,<br />

Bücher zu lesen, weil ich ständig mein<br />

Handy checkte. Mein Gehirn funktionierte<br />

nicht mehr ordentlich. Erst als ich wieder<br />

las, begriff ich, dass ich das Leben eines<br />

Abhängigen geführt hatte. Ich drückte<br />

einen Knopf für meinen Dopaminrausch<br />

als wäre es Heroin.“ Aber er hat es in<br />

den Griff bekommen, auch durch die<br />

Musik, indem er mit neuem, elektronischem<br />

Grundklang die positive Seite der<br />

Technik gelebt hat. „Ich wollte, dass alles<br />

auf einem Groove basiert. Mein Körper<br />

hat beim Machen nie still gestanden.“<br />

Letztlich hatte er also noch eine gute<br />

Nachricht aus Irland für uns – man kann<br />

von seiner Handysucht wieder loskommen!<br />

*fis

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!