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Meinung<br />

1<br />

Für eine ehrliche<br />

Zuwanderungspolitik<br />

Susanne Gräfin Kesselstatt, geschäftsführende Gesellschafterin<br />

J. Friedrich Storz Verkehrswegebau GmbH & Co KG<br />

„Sage mir, Muse, die Taten des vielgewanderten Mannes …“ – wir alle kennen diesen wunderbaren<br />

Vers, mit dem die Odyssee beginnt. Die dramatische Irrfahrt durchs Mittelmeer schlägt Menschen seit<br />

über zweieinhalbtausend Jahren in Bann.<br />

Die heutigen Nachrichten von dort schlagen uns auch in Bann – aber selten faszinieren sie uns. Wer als<br />

Migrant übers Mittelmeer zu uns kommt, erhält hier keine königlichen Gastgeschenke. Er oder sie werden<br />

Teil von Verfahren, welche unser Rechtsstaat vorsieht für Menschen, die aus den unterschiedlichsten<br />

Gründen ihre Heimat verlassen: als Verfolgte, als Flüchtlinge, als Migranten. Eine unübersichtliche<br />

Regelungslandschaft. Paradox: Einerseits brauchen wir Zuwanderung nach Deutschland wegen<br />

unseres Arbeitskräftemangels, zumal in der Bauwirtschaft. Wir brauchen Werktätige, die in die Sozialsysteme<br />

einzahlen und so ihre und unsere Zukunft sichern. Und wir wünschen uns, dass sich Menschen<br />

aus anderen Erdteilen bei uns integrieren. Wie ginge das besser als am Arbeitsplatz?<br />

Sicher – nicht alle wollen oder können hier arbeiten, wie sie und wie wir es gewohnt sind. Vielfach<br />

mangelt es an Qualifikation, dann an Sprachkenntnissen. Straßen baut man hierzulande mit modernsten<br />

Maschinen, digital gesteuert und vernetzt. Aber denjenigen, die hierbleiben und mit uns etwas aus<br />

sich machen wollen, als Auszubildende oder als gewerbliche Mitarbeiter, sollten wir nicht die Tür<br />

weisen. Sie sind diejenigen, die wir insbesondere in unserer Branche brauchen, die zupacken und sich<br />

nicht für die harten Jobs im Verkehrswegebau zu schade sind.<br />

Viele Unternehmen – auch unser familiengeführtes – haben in den vergangenen Jahren Geflüchtete<br />

aufgenommen, zahlreiche aus Afrika, mit Duldungen, um so besser dem akuten Fachkräftemangel und<br />

dem demografischen Wandel zu begegnen. Vielen dieser Kollegen droht jetzt die Abschiebung. Sind<br />

es wirklich diese Menschen, welche eine Abschiebung verdienen? Diejenigen, die sich nach weislich<br />

integrieren, unsere Sprache erlernen und sich hier eine Existenz aufbauen wollen? Die wir als Kollegen<br />

schätzen gelernt haben und die wir als Steuer- und als Beitragszahler dringend benötigen? Bestrafen<br />

wir da nicht die Falschen, und unsere Firmen noch dazu? Gut 100 mittelständische Unternehmen vom<br />

Bodensee und aus Oberschwaben – quer durch alle Branchen – wollten helfen bei der politisch<br />

gewünschten Integration und wurden enttäuscht. Sie haben sich in diesem Jahr zusammengetan und<br />

bei ihrer Landesregierung protestiert – mit erheblicher Medienwirkung. Ihre Kritik: Es darf nicht sein,<br />

dass sich mehr oder weniger auf Landkreisebene entscheidet, ob jemand abgeschoben wird oder<br />

nicht. Inzwischen findet das Thema auch bundespolitisch Beachtung – gut so!<br />

Wir brauchen endlich einfache, verständliche und verbindliche Regelungen für die Zuwanderung zu<br />

uns. Regeln, die verständlich sind für Deutsche und für Menschen, die zu uns kommen wollen. Die sollten<br />

nämlich nachvollziehen können, ob sie eine Perspektive haben oder nicht. Wir sollten endlich<br />

zugeben: Deutschland ist als wirtschaftsstarke Nation sehr attraktiv für Arbeitswillige aus ärmeren Ländern.<br />

Warum geben wir einigen von ihnen nicht die Chance, bei uns und mit uns ihr Glück zu machen?<br />

Warum sind wir nicht großzügig und wagen einen Neuanfang in unserer Zuwanderungspolitik?<br />

Miteinander arbeiten hat immer zu einem friedlichen Miteinander geführt. Das war schon zu Odysseus‘<br />

Zeiten so, und das sollte auch künftig so bleiben.<br />

Quelle: Storz<br />

Herzlichst Ihre<br />

Susanne Gräfin Kesselstatt<br />

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