06.10.2018 Lindauer Bürgerzeitung
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28 6. Oktober 2018 · BZ Ausgabe KW 40/18<br />
MOBIL<br />
Was darf die Polizei und was darf ich?<br />
Kontrolle von Autofahrern: Antworten auf rechtliche Fragen<br />
Auch wenn das Gewissen noch so<br />
rein ist: Sobald ein Autofahrer im<br />
Rückspiegel das Polizeiauto mit<br />
dem Signal „Bitte folgen“ sieht<br />
oder mit der Kelle aus dem Verkehr<br />
gewunken wird, stellt sich<br />
ein mulmiges Gefühl ein. Und<br />
immer überlegt man sich unwillkürlich:<br />
Was darf die Polizei und<br />
was sind meine Rechte? Hier sind<br />
Antworten auf Fragen im Zusammenhang<br />
mit einer Polizeikontrolle:<br />
➣ Welche Papiere muss ich als<br />
Autofahrer immer dabei haben?<br />
„Mit sich führen sollte man<br />
immer den Führerschein und<br />
die Zulassungsbescheinigung<br />
Teil I, früher Fahrzeugschein<br />
genannt“, so Jürgen Frenz,<br />
Partneranwalt von Roland Rechtsschutz<br />
aus der Kanzlei Wittmann<br />
und Partner in Mönchengladbach.<br />
Habe der Fahrer bei einer<br />
Kontrolle die Dokumente nicht<br />
parat, könne dies als Ordnungswidrigkeit<br />
mit einer Geldbuße<br />
von zehn Euro geahndet werden:<br />
„Man kann die Dokumente<br />
nachreichen - an der<br />
Ordnungswidrigkeit ändert<br />
das aber nichts.“<br />
➣ Muss der Fahrer Verkehrsverstöße<br />
zugeben, wenn die<br />
Polizei ihn danach fragt?<br />
Von Jürgen Frenz kommt<br />
dazu ein klares Nein: „Niemand<br />
ist verpflichtet, einen<br />
Verkehrsverstoß zuzugeben.<br />
Der Fahrer darf auch schweigen.“<br />
➣ Bin ich verpflichtet, der<br />
Durchführung eines Alkoholoder<br />
Drogenschnelltests zuzustimmen?<br />
„Als Verkehrsteilnehmer darf<br />
ich einen Atemalkohol- oder<br />
Drogenschnelltest grundsätzlich<br />
verweigern. Diese Tests<br />
hätten nämlich in einem Strafverfahren<br />
vor Gericht ohnehin<br />
keinerlei Beweiskraft“,<br />
erläutert Rechtsanwalt Frenz.<br />
Verweigere ein Verkehrsteilnehmer<br />
den Atemalkohol- oder<br />
Drogenschnelltest, so müssten<br />
die Polizisten entscheiden, ob<br />
sie einen Bluttest durchführen<br />
lassen. Dafür bräuchten sie<br />
allerdings einen richterlichen<br />
oder staatsanwaltschaftlichen<br />
Beschluss: „Wenn die Beamten<br />
keinen Richter oder Staatsanwalt<br />
erreichen und Gefahr im<br />
Verzug besteht, dürfen sie ohne<br />
den Beschluss durch einen<br />
Arzt Blut abnehmen lassen.“<br />
Hierfür müssten dann aber<br />
konkrete Hinweise auf einen<br />
Alkohol- oder Drogenmissbrauch<br />
vorliegen. Dies sei beispielsweise<br />
der Fall, wenn der<br />
Fahrzeugführer eine Alkoholfahne<br />
habe oder es im Fahrzeug<br />
nach Drogen rieche.<br />
➣ Darf die Polizei den Kofferraum<br />
meines Fahrzeugs durchsuchen?<br />
Wenn Autofahrer mit der Kelle aus dem Verkehr gewinkt werden, stellt sich bei vielen automatisch ein<br />
mulmiges Gefühl ein.<br />
BZ-Foto: djd/Roland Rechtsschutz-Versicherungs-AG/Gerhard Seybert<br />
Es gibt klare Regeln, die festlegen,<br />
was Polizisten während<br />
einer Verkehrskontrolle überprüfen<br />
dürfen, erklärt Jürgen<br />
Frenz. Dazu zählten die Feststellung<br />
der Identität des Fahrers,<br />
die Überprüfung von<br />
Warndreieck, Warnweste und<br />
Verbandskasten, die Verkehrssicherheit<br />
des Fahrzeugs sowie<br />
die Fahrtauglichkeit des Fahrzeugführers:<br />
„Das Durchsuchen<br />
des Fahrzeuginneren<br />
sowie des Kofferraums setzt<br />
dagegen einen Durchsuchungsbeschluss<br />
voraus. Mit einer Ausnahme:<br />
bei Gefahr im Verzug,<br />
beispielsweise wenn der Polizist<br />
den Geruch von Cannabis<br />
feststellt.“<br />
➣ Muss der Polizist Angaben<br />
über seine Person machen?<br />
Dashcams im Auto sind jetzt erlaubt<br />
BGH-Urteil: Videoaufnahmen dürfen nun auch vor Gericht ausgewertet werden<br />
Meist wird das Filmmaterial aus der Dashcam nicht benötigt, aber<br />
im Falle eines Falles muss es deutlich zeigen, wie sich die Ereignisse<br />
vor, beim und nach dem Unfall entwickelt haben. BZ-Foto: djd/Nextbase<br />
Aufzeichnungen von Videokameras<br />
im Auto dürfen zur Aufklärung<br />
von Unfällen nun auch von Gerichten<br />
ausgewertet werden. Das<br />
hat der Bundesgerichtshof (BGH)<br />
im Mai 2018 in einem Grundsatzurteil<br />
(AZ: VI ZR 233/17) entschieden.<br />
Der BGH sieht solche<br />
Videobeweise als überaus wertvoll<br />
bei Haftungsfragen an. Denn<br />
häufig herrsche in den entsprechenden<br />
Verfahren eine Beweisnot<br />
aufgrund der Schnelligkeit<br />
des Verkehrsgeschehens. Auch<br />
Unfallgutachten würden häufig<br />
nicht weiterhelfen.<br />
Aktuell akzeptieren schon<br />
zahlreiche deutsche Kfz-Versicherer<br />
im Schadensfall Videomaterial,<br />
das mit einer sogenannten<br />
Dashcam aufgenommen<br />
wurde, um Streitfälle zu<br />
lösen. Nach der Entscheidung<br />
des BGH dürfte der Einsatz von<br />
Dashcams hierzulande weiter<br />
stark zunehmen - bereits jetzt<br />
sind sie die am schnellsten<br />
wachsende Kategorie innerhalb<br />
der Consumer-Electronics-Sparte.<br />
Hauptfunktion einer Dashcam<br />
ist die Aufzeichnung von Ereignissen,<br />
die sich auf der Straße<br />
abspielen. Meist wird das Filmmaterial<br />
nicht benötigt - aber<br />
im Falle eines Falles muss es<br />
deutlich zeigen, wie sich die<br />
Ereignisse vor, beim und nach<br />
dem Unfall entwickelt haben.<br />
„So mancher Autofahrer<br />
würde sich nach einer Verkehrskontrolle<br />
gerne beschweren.<br />
Dafür muss er aber zumindest<br />
den Namen des Polizisten<br />
wissen, gegebenenfalls auch<br />
den Dienstgrad und das Polizeirevier.<br />
Als Bürger hat man<br />
auf diese Informationen aber<br />
kein Anrecht“, stellt Roland-<br />
Partneranwalt Jürgen Frenz<br />
klar. „Seit Oktober 2017 besteht<br />
für Polizeibeamte keine<br />
Legitimations- und Kennzeichnungspflicht<br />
mehr: Es genügt<br />
vielmehr, wenn sie eine Polizeiuniform<br />
tragen.“<br />
BZ/DJD<br />
Dieser Videobeweis kann entscheidend<br />
sein, wenn es darum<br />
geht, dem Fahrer oder Halter zu<br />
helfen, die Schuldfrage zu klären<br />
und einen Versicherungsanspruch<br />
geltend zu machen.<br />
Videobeweise sollten deshalb<br />
in entsprechender Qualität<br />
erfasst werden, damit Details<br />
wie die Nummernschilder<br />
anderer Fahrzeuge erkennbar<br />
sind. Dashcams müssen darüber<br />
hinaus in der Lage sein,<br />
bei Tag und Nacht sowie bei<br />
guten und schlechten Witterungsverhältnissen<br />
qualitativ<br />
hochwertige Videos aufzunehmen.<br />
BZ<br />
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