VSAO JOURNAL Nr. 5 - Oktober 2018
Energie - Onkologie Pharmazeutische Medizin Einheitliche Finanzierung - ja, aber
Energie -
Onkologie
Pharmazeutische Medizin
Einheitliche Finanzierung - ja, aber
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Nr. 5 Oktober 2018
Verband Schweizerischer Assistenz- und Oberärztinnen und -ärzte
Association suisse des médecins-assistant(e)s et chef(fe)s de clinique
Associazione svizzera dei medici assistenti e capiclinica
VSAO JOURNAL
Energie
• Onkologie
• Pharmazeutische Medizin
• Einheitliche Finanzierung – ja, aber
INHALT
Titelbild: aebi, grafik & illustration, bern
EDITORIAL
5 Das, was von innen wirkt
POLITIK
7 Gesundheitspolitik
EFAS: vier Buchstaben und viele Fragen
10 Auf den Punkt gebracht:
Wer definiert den Notfall?
WEITERBILDUNG /
ARBEITSBEDINGUNGEN
11 «Es steht und fällt mit den Menschen»
14 Laufbahnberatung ist angelaufen
15 Lesen lernen: Balken ist nicht gleich
Balken
16 «Ärzte für Ärzte» für Menschen
in Nordsyrien
FOKUS ENERGIE
25 Erfolg beginnt im Kopf
27 Meister der Energieverwertung
30 «Wie viel Energie darfs denn sein?
32 «Doping» fürs Stromnetz
34 Wenn Helfer hilflos sind
38 Schwimmen in Schwärmen spart
Energie
PERSPEKTIVEN
40 Fachserie – Aktuelles aus der
Onkologie – Spätfolgen nach einer
Krebserkrankung im Kindesalter:
Heilung mit Nebenwirkungen
42 Aus der «Praxis»: Medikamentöse
Senkung des LDL-Cholesterins
50 Das erlesene Objekt: Der letzte Stich
VSAO
18 Sektion Aargau
19 Sektion Basel
20 Sektion Bern
21 Sektion Zürich/Schaffhausen
22 VSAO-Rechtsberatung
23 VSAO-Inside
MEDISERVICE VSAO-ASMAC
52 Briefkasten
53 Wie halten Sie es mit Hausrat-,
Privathaftpflicht- und Rechtsschutzversicherung?
VORSORGESTIFTUNG VSAO
55 Stabsübergabe bei der Vorsorgestiftung
VSAO
58 Impressum
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Prof. Dr. med. Thomas J. Müller
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Nr. 5 Oktober 2018
VSAO JOURNAL ASMAC
3
STS 0292
LE
VIGARO
247
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Dr. med. Maurice Redondo, FMH Hämatologie, Spezialist für Labormedizin FAMH, Bereichsleiter Produktion West
Dr. sc. nat. ETH Diana Ciardo, Spezialistin für Labormedizin FAMH, Stv. Leiterin Corelab, Stv. Leiterin Mikrobiologie
PD Dr. phil. II Christian Kalberer, Spezialist für Labormedizin FAMH, Stv. Leiter Corelab
Dr. med. Sabine Nann-Rütti, FMH Innere Medizin, Hämatologie, Spezialistin für Labormedizin FAMH, Stv. Leiterin Corelab
Dr. rer. nat. Kristina Vollmer, Spezialistin für Labormedizin FAMH, Stv. Leiterin Corelab
Dr. phil. II Fabrice Stehlin, Kandidat Spezialist für Labormedizin FAMH, Gruppenleiter Corelab
Redaktion
Dr. med. Maurice Redondo, FMH Hämatologie, Spezialist für Labormedizin FAMH, Bereichsleiter Produktion West
EDITORIAL
Foto: Severin Novacki
Catherine Aeschbacher
Chefredaktorin VSAO-Journal
Das, was von innen wirkt
Die ersten Energielieferanten der Menschheit wurden für ihre
Taten nicht eben gut entlöhnt: Prometheus, der das Feuer
brachte, landete als «Vogelfutter» angekettet an einem Felsen,
der Lichtbringer Luzifer wurde gar zum Teufel degradiert.
Obgleich heute kein Stromanbieter mehr den Zorn der Götter
auf sich zieht, ist Energie im engeren Sinn ein höchst umstrittenes
Thema geblieben. In unserem Schwerpunkt befassen wir
uns aber weder mit dem Atomausstieg, noch mit Erdöl, Braunkohle
oder Windrädern, sondern mit einem breiteren Verständnis
des Begriffs. Ursprünglich bedeutete das Wort Energie
«Wirksamkeit» oder «was von innen wirkt». Und so fragen wir
nach der Wirksamkeit von Energiepräparaten oder von modernen
Batterien. Wir widmen uns der mentalen Stärke ebenso
wie den Energie verschleissenden Patienten, aber auch den
ausgeklügelten Energiesparmethoden von Insekten und Fischschwärmen.
Die Rubrik «Gesundheitspolitik» dreht sich hauptsächlich um
die einheitliche Finanzierung von ambulanten und stationären
Behandlungen. Eine auf den ersten Blick einleuchtende
Idee, deren Umsetzung aber komplex und umstritten ist. Noch
immer einer definitiven Lösung harrt die Zulassungssteuerung.
Und da bislang kein Vorschlag die Mehrheit der Parlamentarier
zu überzeugen vermochte, zeichnet sich eine weitere Verlängerung
der aktuell gültigen Regelung ab.
«Alles steht und fällt mit den Menschen»: Mit diesen Worten
bilanziert die Pädiaterin Dina-Maria Jakob ihre Weiterbildung.
Sie macht den Auftakt der neuen Serie «Ich als Assistenzärztin
bzw. als Assistenzarzt» in der Rubrik «Weiterbildung».
Die Mischung aus Porträt und Interview lässt ehemalige und
aktuelle Assistenzärztinnen und -ärzte zu Wort kommen und
vermittelt ein Bild ihrer Weiterbildung.
In derselben Rubrik nehmen wir mit der Kolumne «Lesen lernen»
eine bestens bekannte Serie wieder auf. Lukas Staub,
klinischer Epidemiologe und Redaktionsmitglied des VSAO-
Journals, wird künftig wiederum Hilfestellung beim Lesen wissenschaftlicher
Studien bieten. Wir werden auch ein Online-
Dossier mit allen bisher erschienenen Beiträgen zusammenstellen.
Nr. 5 Oktober 2018
VSAO JOURNAL ASMAC
5
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POLITIK
GESUNDHEITSPOLITIK
EFAS: vier Buchstaben
und viele Fragen
Die einheitliche Finanzierung von ambulanten und stationären Behandlungen (EFAS) hat sich zu
einem Topthema der Schweizer Gesundheitspolitik gemausert. Der VSAO sagt Ja zum Grundsatz,
aber Nein zum Vorschlag der Nationalratskommission. Störend sind vor allem das Ausblenden
medizinischer Aspekte und die Stärkung der Versicherer.
Marcel Marti, Leiter Politik und Kommunikation/stv. Geschäftsführer VSAO
Bei EFAS trifft «mausern» den Nagel auf
den Kopf. Denn bereits in der Wintersession
2009 hatte Nationalrätin Ruth Humbel
die parlamentarische Initiative «Finanzierung
der Gesundheitsleistungen aus
einer Hand. Einführung des Monismus»
eingereicht. Es sei unbestritten, «dass
grundlegende Fehlanreize in unserem
System auf die unterschiedliche Finanzierung
des ambulanten und stationären
Bereiches zurückzuführen sind», führte
die Aargauer CVP-Vertreterin ins Feld. Bestritten
war dagegen das «Wie weiter?».
Für die Umsetzung liegt deshalb erst jetzt
ein Entwurf auf dem Tisch – geschlagene
neun Jahre später. Denn inzwischen sind
sich alle politischen Kräfte zumindest
darin einig, dass auch in diesem Bereich
handeln nottut. Und zwar eben jetzt.
Milliarden verschieben
Der aktuelle Vorschlag stammt von der
Kommission für soziale Sicherheit und
Gesundheit des Nationalrats (SGK-N). Darum
gehts: Heute werden ambulante Leistungen
komplett durch die Krankenversicherungen
gedeckt, also über Prämien.
Leistungen im stationären Bereich tragen
zu mindestens 55 Prozent die Kantone
und zu maximal 45 Prozent die Versicherer.
Nach dem Willen der SGK-N würden
die Krankenkassen künftig alle ambulanten
und stationären Behandlungen vergüten
(ausgenommen die Langzeitpflege).
Die Kantone wiederum sollen an die Kosten,
die ihnen nach Abzug von Franchise
und Selbstbehalt der Versicherten verbleiben,
einen Beitrag von mindestens 25,5
Prozent leisten. Dieser Prozentsatz, im
Durchschnitt der Jahre 2012 bis 2015 rund
7,5 Milliarden Franken, sei so festgelegt,
dass der Wechsel zur einheitlichen Finanzierung
für die Kantone wie die Versicherer
insgesamt kostenneutral ausfällt. Sagt
die Kommission.
Verhärtete Fronten
Doch schon in ihren Reihen prallten die
Meinungen hart aufeinander. 15 Mitglieder
stimmten dem Entwurf zu, sieben
lehnten ihn ab. Eine Minderheit aus SP-
Vertreterinnen will im Parlament nicht
auf das Projekt eintreten. Es schaffe neue
Fehlanreize und verpflichte die Kantone
zur Mitfinanzierung von ambulant erbrachten
Leistungen, ohne dass sie den
ambulanten Bereich steuern und die
Rechnungen kontrollieren könnten. Eine
andere, bürgerliche Minderheit möchte
die Kantonsgelder den Versicherern nicht
aufgrund der entstandenen Kosten zuweisen,
sondern als Pauschalbetrag pro
Versichertem. Im Verbund mit dem Risikoausgleich
führe dies dazu, dass die
Versicherer einen stärkeren Anreiz hätten,
sich für eine effiziente Versorgung einzusetzen.
Bei der einheitlichen Finanzierung medizinischer Leistungen geht es um die Umverteilung
von Steuergeldern. So viel steht fest – vieles andere jedoch noch überhaupt nicht.
(® Stockfotos-MG/Fotolia.com)
Bis Mitte September lief die Vernehmlassung
zum Kommissionsentwurf. Auch der
VSAO reihte sich unter die Kritiker ein –
obschon er EFAS grundsätzlich begrüsst.
«Aus unserer Sicht gehört die gesundheitliche
Grundversorgung der Bevölkerung
zum Service public», sagt Verbandsvize-
Nr. 5 Oktober 2018
VSAO JOURNAL ASMAC
7
POLITIK
präsidentin Patrizia Kündig. So gesehen
weise das Projekt der SGK-N gravierende
Mängel auf. Zwar sei es richtig, die einheitliche
Finanzierung medizinischer
Leistungen als Massnahme mit Potenzial
zur Kostendämpfung im Gesundheitswesen
zu betrachten – sie könne in der Tat
zur Beseitigung von Fehlanreizen beitragen.
«Die Kommission konzentriert sich
aber einseitig auf eine rechnerische Umverteilung
von Mitteln von den Kantonen
zu den Versicherern. Andere zentrale Faktoren
insbesondere medizinischer und
politischer Natur werden ausser Acht gelassen.»
Wo bleibt die Medizin?
Der VSAO erachtet es als wichtig, dass sich
die Ärztinnen und Ärzte beim Entscheid
über eine ambulante oder stationäre Behandlung
einbringen können. Im Zweifelsfall
muss ihre fachliche Beurteilung
den Ausschlag für den Entscheid geben.
Zulassungssteuerung: Fortsetzung des Providuriums?
An ihrer vorletzten Sitzung hat sich die Kommission für soziale Sicherheit und Gesundheit des Nationalrats
(SGK-N) zur künftigen Zulassungssteuerung beraten (vgl. «VSAO-Journal» Nr. 4 vom August
2018). Dazu fand eine breite Anhörung statt, zu der Vertretungen der Kantone, der Ärzteschaft – darunter
der VSAO –, der Spitäler, Apotheker, Patienten und Versicherer eingeladen waren. Im Anschluss
beschloss die SGK-N eine parlamentarische Initiative, um die Geltungsdauer der aktuellen Zulassungsbeschränkung
vorsorglich um weitere zwei Jahre zu verlängern, d.h. bis 30. Juni 2021.
Grund: Die Kommission will die Vorlage des Bundesrats zur Zulassung im Zusammenhang mit ihrem
Entwurf zur einheitlichen Finanzierung der Leistungen im ambulanten und im stationären Bereich
(EFAS, siehe Hauptartikel) beraten. Mit der Initiative will sie verhindern, dass die bestehenden Zulassungsbeschränkungen
Mitte 2019 ersatzlos auslaufen und in der Übergangszeit bis zur definitiven
Regelung viele Ärzte auf den Markt drängen.
Mehr zum Thema: www2.vsao.ch, Rubrik Gesundheitspolitik/Zulassungssteuerung
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PC statt Patient: Das ist die Realität in Schweizer Spitälern. Gerade junge Ärztinnen und
Ärzte sitzen heute mehr im Büro als am Krankenbett. So nicht, sagt der VSAO.
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Kündig unterstreicht: «Es darf nicht sein,
dass EFAS zu Einbussen bei der Behandlungsqualität
führt. Deshalb muss eine
Änderung des Systems – in welcher Form
sie auch erfolgt – von einer Evaluation
begleitet sein. Denn die Patientinnen und
Patienten sollten bei der Versorgung einen
Mehrwert haben.»
Ein weiterer Schwachpunkt sind die Kompetenzen.
Die Kantone sollen Einweg-
Pauschalüberweisungen leisten. Wie in
Zukunft ihre Mitsprache- und Mitwirkungsrechte
bei der Gesundheitsversorgung
sowohl im ambulanten als auch im
stationären Bereich aussehen, ist ungeklärt.
Klar wäre allerdings, dass die Macht
der Krankenversicherer (nochmals) gestärkt
würde. «Damit sind wir nicht einverstanden»,
erklärt Patrizia Kündig.
«Denn wo bleiben da die demokratischen
Kontrollmöglichkeiten bei der Verwendung
der Steuergelder?»
Keinen Kuhhandel bitte
Ebenso ablehnend steht der VSAO der Idee
gegenüber, die Kantone für EFAS zu gewinnen,
indem das Geschäft mit der Neuregelung
der Zulassung zum Arztberuf
verknüpft und bei Letzterer die kantonalen
Kompetenzen erweitert werden – quasi
als Kompensation. «Eine Mitfinanzierung
der ambulanten Leistungen durch
die Kantone muss mit einem angemessenen
Instrumentarium zur direkten Mitsteuerung
einhergehen. Und Mitfinanzierung
bedeutet eine duale Finanzierungslösung
und keinen Monismus der Krankenkassen»,
so die Vizepräsidentin.
Zu guter Letzt: Zwar argumentiert die
SGK-N, dass sie die Verlagerung von statio
när zu ambulant fördern möchte und
ambulante Behandlungen in der Regel
günstiger seien. Was das Kostenwachstum
bremse. Nähere Angaben oder gar Zahlen
zum kostendämpfenden Potenzial des
Modells fehlen aber. Dessen Auswirkungen
auf die Krankenkassenprämien, die
zu begleichen für immer mehr Menschen
zur Herausforderung wird, sind also mit
einem grossen Fragezeichen zu versehen.
Ebenso die Konsequenzen für die Kantonskassen.
■
Mehr zum Thema: www2.vsao.ch,
Rubrik Stellungnahmen/Positionen
8 VSAO JOURNAL ASMAC Nr. 5 Oktober 2018
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POLITIK
Auf den PUNKT gebracht
Wer definiert den Notfall?
Diesen Frühling wurde in den Medien
über einen Todesfall berichtet, der mich
heute noch betrübt und wütend macht.
Letztes Jahr verstarb im Kanton Graubünden
ein Mann an Aids, weil die Krankenkasse
die Gesuche um Übernahme der
Behandlungskosten mehrmals abgelehnt
hatte. Wie kann es so weit kommen, dass
heutzutage in der Schweiz jemand an einer
Krankheit stirbt, mit der man ein
nahezu normales Leben mit üblicher Lebenserwartung
führen kann, sofern sie
medikamentös behandelt wird?
Der Patient stand auf der kantonalen
«schwarzen Liste für säumige Prämienzahler».
Auf dieser Liste werden Menschen
aufgeführt, die auch nach Betreibung und
Lohnpfändungen ihre Krankenkassenprämien
nicht bezahlen können, also
Angelo Barrile
Nationalrat /Vizepräsident VSAO
diejenigen, bei denen es kein Geld mehr
zu holen gibt. Es handelt sich folglich
nicht um Personen, die nicht zahlen
möchten, sondern schlicht und einfach
nicht mehr dazu in der Lage sind. Bei
Betroffenen dürfen in Kantonen mit solchen
Listen nur Notfallbehandlungen
stattfinden. Das erklärt, warum ein chronisch
kranker Mann mehrmals um die
Bezahlung der für sein Überleben notwendigen
Medikation gebeten, die Krankenkasse
dies jedoch mit Verweis auf einen
nicht vorliegenden Notfall abgelehnt hat.
Als dann der lebensbedrohliche Notfall
eintrat, war es zu spät.
Wenn ich mir vorstelle, was es für das involvierte
medizinische Personal und die
Kranken bedeutet, hilflos zuschauen zu
müssen, wie eine nicht mal so teure Behandlung
verweigert wird, schaudert es
mich. Der hippokratische Eid verkommt
so zur Farce. Seit der Einführung des KVG
vor über 20 Jahren gilt in der Schweiz das
Prinzip, dass niemandem wegen finanziel
ler Probleme die notwendigen medizinischen
Leistungen verweigert werden
sollen. Und trotzdem kommt es immer
wieder vor, dass in Kantonen mit schwarzen
Listen genau dieses Prinzip und das
verfassungsmässige Recht auf Leben wegen
eines administrativen Entscheids
verletzt werden. Das darf einfach nicht
sein!
Wir wissen alle, dass gewisse Erkrankungen
frühzeitig behandelt werden müssen
und können, damit es später nicht zu
Komplikationen und dadurch zu Mehrkosten
und mehr Leiden kommt. Es ist
auch meine ärztliche Pflicht als behandelnder
Arzt, dem Patienten nicht zu
schaden. Wenn ich zum Zuschauen gezwungen
und damit zum Komplizen der
Leistungsverweigerung gemacht werde,
kann und darf ich das nicht akzeptieren!
Folglich ist es richtig, dass die behandelnden
Ärztinnen und Ärzte mehrere Gesuche
an die Krankenkasse geschrieben
haben. Und es entspricht leider dem Gesetz,
dass Letztere eine solche Behandlung
nicht übernehmen musste. Anstatt uns
aber zu fragen, wer nun die Schuld trägt,
sollten wir als Ärztinnen und Ärzte lieber
unsere Konsequenzen ziehen. Das heisst:
einerseits die Verweigerung der Behandlung
verweigern und andererseits dafür
kämpfen, dass sich solche tragischen und
unnötigen Fälle nicht mehr ereignen. Wir
müssen unsere Stimme erheben – stellvertretend
für die kranken Menschen, die
sich nicht wehren können – und den
Krankenkassen, der Politik sowie der Bevölkerung
in Erinnerung rufen, worum es
in der Medizin geht. Wir retten Leben,
behandeln Krankheiten, betreiben Prävention
und setzen uns für das Wohl unserer
Patientinnen und Patienten ein.
Denn wo soll das sonst hinführen, wenn
ich als Hausarzt dazu gezwungen werde,
mir bei jedem Patienten zu überlegen, ob
er schuld ist an seiner Situation oder
nicht? Und ich dann je nach Antwort entscheiden
muss, ob ich alle Therapiemöglichkeiten
ausschöpfen oder ihn mit einer
Minimalmedizin bestrafen soll? ■
10 VSAO JOURNAL ASMAC Nr. 5 Oktober 2018
WEITERBILDUNG / ARBEITSBEDINGUNGEN
«Es steht und fällt mit
den Menschen»
Dina-Maria Jakob als Schreinerin? Doch, kann sie sich vorstellen. Aber höchstens nebenbei,
fürs Kreative. «Denn ich habe das Privileg, jeden Tag eine Arbeit zu tun, die ich will»,
erklärt die Pädiaterin. Mit ihr startet die neue Journal-Serie «Ich als Assistenzärztin», eine
Mischung aus Porträt und Blick auf die Weiterbildung früher und heute.
Marcel Marti, Leiter Politik und Kommunikation/stv. Geschäftsführer VSAO
Wer sich mit Dina-Maria Jakob unterhält,
hört von ihr immer wieder das Wort
Mensch. Alles stehe und falle letztlich mit
den Personen, lautet die Lebenszwischenbilanz
der 37-Jährigen. Sowohl in Bezug
auf ihren eigenen Karriereweg zur Pädiaterin
als auch allgemein, wenn die Rede
von der Weiterbildung ist. Wobei Karriere
die Sache nicht wirklich trifft. Denn geplant
war im Berufsleben der gebürtigen
Thunerin eigentlich gar nichts – oder
wenigstens nicht so, wie es nun gekommen
ist.
Frau Jakob, Ärztin – ein
Traumberuf schon für die
junge Dina?
Gar nicht, nein: Ich sah mich nie im weissen
Doktorkittel. Nach dem Gymnasium
habe ich Betriebswirtschaft und im Nebenfach
Sport zu studieren begonnen.
Doch diese Wahl erwies sich als falsch –
ich fand es langweilig. Ausser die Anatomievorlesung
im Sport. Sie war der Auslöser,
zur Medizin zu wechseln.
Von der Welt der Zahlen in die
des Menschlichen und allzu
Menschlichen? Von aussen
gesehen ein radikaler Bruch.
Auch aus der Innensicht. Rasch habe ich
aber festgestellt, dass mich alles in der
Medizin interessiert, weil es das Leben ist,
etwas Fassbares, das immer mit uns als
Menschen zu tun hat.
Und Sie begannen sich
speziell für die Pädiatrie
zu interessieren?
Nein, das lief ebenfalls anders. Ich wollte
in die Allgemein- oder Innere Medizin.
Das erste Jahr nach dem Staatsexamen
2008 absolvierte ich als Internistin in der
Herz- und Gefässchirurgie des Berner Inselspitals.
Dann folgten fünf Assistenzjahre
in der Pädiatrie, wieder in der Insel und
im Freiburger Kantonsspital. Ja, und anschliessend
legte ich in diesem Gebiet die
Facharztprüfung ab.
Wann und wie hat es auf
diesem Weg bei Ihnen Klick
gemacht?
Entscheidend waren meine erste Vorgesetzte
in der Herz- und Gefässchirurgie
und mein aktueller Chef, damals mein
Doktorvater. Beide sah und sehe ich fachlich
wie persönlich als Vorbilder. Sie verstanden
es, mich nebst meiner eigenen
Neugier zu motivieren und mitzureissen.
Zudem merkte ich bei der Arbeit in der
Pädiatrie, dass Kinderärzte menschlicher
sind. Und Kinder sprechen mich mit ihrer
Naivität, Spontaneität und Ehrlichkeit an.
Heute ist Dina-Maria Jakob erneut im
Inselspital angestellt, als Oberärztin in
der Kinderkardiologie. Nach der Facharztprüfung
brach sie allerdings erst
mal in neue und gefährliche Gefilde
auf: in den Tschad und den Irak, beides
für «Ärzte ohne Grenzen». Sie habe den
Menschen dort mit ihrer medizinischen
Als Assistenzärztin werde einem nicht alles auf dem Serviertablett serviert –
man müsse sich die Informationen auch selber suchen, sagt Dina-Maria
Jakob. «Und sich bewusst sein, dass man bei seinem Berufsweg viel selber
bestimmen kann.» (® Inselspital Bern)
Nr. 5 Oktober 2018
VSAO JOURNAL ASMAC
11
WEITERBILDUNG / ARBEITSBEDINGUNGEN
Tätigkeit etwas geben, etwas schenken
wollen. Aus Dankbarkeit für das sichere
und gute Leben in der Schweiz, das
nicht selbstverständlich sei. «Ich habe
bei diesen rund einjährigen Einsätzen
gelernt, dass das Leben in anderen
Kulturen einen anderen Stellenwert
besitzt als bei uns. Wenn dort ein Kind
stirbt, stirbt es eben – man kann ja
wieder eins haben. So denkt man.»
Man müsse die Welten dort und hier
aber voneinander trennen, in der
Wahrnehmung wie in der Bewertung.
Man dürfe nicht überall und für alles
dieselben Massstäbe anlegen.
Apropos Bewertung und Inselspital:
Sie sprechen sehr positiv
über Ihre Vorgesetzten während
der Assistenzzeit. Gilt das
im Rückblick für die gesamte
Weiterbildung?
Die Einführung durch die erwähnte Leitende
Ärztin im ersten Assistenzjahr war
in der Tat sehr gut. Ich habe ihr Herzblut
für die Sache gespürt, wurde von ihr an
der Hand genommen und geführt, hatte
aber zugleich auch viele Freiheiten und
Entscheidungskompetenzen. Vor den
Nachtschichten – 14 Stunden, in denen
ich in der Herz- und Gefässchirurgie die
alleinige Verantwortung für 30 bis 40 Patienten
trug – gab es eine gute Übergabe.
Meine Chefin nahm sich immer die dafür
nötige Zeit. Und bei Fragen durfte ich sie
nach Feierabend ohne Aussicht auf Tadel
anrufen. Der Oberarzt war ebenfalls mit
Rat und Tat da. Deshalb meine Überzeugung:
Es steht und fällt mit den Menschen.
Zudem hat man immer die Wahl.
Man muss sich in der Weiterbildung bewusst
sein, dass man bezüglich des künftigen
Berufswegs viel selber bestimmen
kann.
Diese Selbstbestimmung: Wie
setzt man sie durch? Sie waren
ja in der Weiterbildung nicht
die einzige Assistenzärztin.
Erstens ist es wichtig zu erkennen, dass
einem nicht alles auf dem Silbertablett
serviert wird. Man muss sich die Informationen
suchen, dann erhält man sie auch.
Gut, da muss man halt manchmal ein
bisschen penetrant sein. Aber sonst lernt
man nichts. Zweitens sollte man zeigen,
dass man verantwortungsbewusst ist, die
Verantwortung erkennt und übernehmen
will. So wird man als Person wahrgenommen
und bleibt nicht einfach eine Nummer.
Hat Ihnen das Studium als
Vorbereitung auf die Arbeit
im Spital geholfen?
Nicht wirklich. Man ist nicht auf das vorbereitet,
was einen erwartet. Aber das ist
auch nicht möglich. Wenn man nachts
bei einem frisch operierten Herzpatienten
zum ersten Mal die Batterie des provisorischen
Herzschrittmachers wechseln muss,
ist das einfach ein Moment, in dem das
Leben an einem seidenen Faden hängt
und die Nerven flattern. Andererseits gab
es im Studium schon Dinge, die fehlten
und die man hätte machen müssen. Kurse
zur Kommunikation etwa oder zum
Umgang mit seinen Ängsten. Oder der
Hinweis, dass man als Ärztin gut organisiert
sein sollte. Das habe ich mir selber in
der praktischen Arbeit angeeignet.
Dina-Maria Jakob sagt, sie habe durch
ihren Job das Privileg, das machen zu
können, was sie wirklich wolle und ihr
gefalle. Sie gehe jeden Tag gerne arbeiten.
Okay, auch in der Medizin drehe
sich immer mehr um Finanzen und
Zahlen und weniger um den Menschen.
Leider. Trotzdem: Etwas anderes
möchte sie nicht. Ausser sich vielleicht
mal in einer Schreinerei ausprobieren.
Natürlich nur als Hobby.
Sie sagt es, wie sie alles sagt bei diesem
Interview: klar, knapp, schnörkellos.
Genauso tritt sie als Mitglied im Geschäftsausschuss
des VSAO auf. Nicht als
Vielrednerin, die zu allem und jedem
etwas weiss oder zu wissen meint.
Umso mehr hört man zu, wenn sie sich
äussert. Dann stets eloquent. Manchmal
mehr nach Bauchgefühl und unverblümt
als nach Abwägung sämtlicher
Für und Wider. Man spürt dabei
ihren Drang, dass es vorangeht, in der
Diskussion wie in der diskutierten Sache.
Selbst jetzt, im Zweiergespräch,
wenn sie in ihren Erinnerungen kramen
oder sich die Antwort zurechtlegen
muss: Alles passiert rasch, und ihr aufmerksamer
Blick wendet sich sogleich
wieder neugierig dem Fragesteller zu:
Was kommt als Nächstes?
Die Administration in den Spitälern wächst und wächst. Vieles werde doppelt und dreifach
erfasst – man wolle sich rechtlich absichern, erzählt die Kinderkardiologin. «Früher war
alles auf Papier, nun ist es mehr und mehr elektronisch – und dennoch druckt man sich
alles aus.» (® BillionPhotos.com)
Bei all dem Positiven: Es dürfte
in Ihrer Weiterbildung auch
Tiefpunkte gegeben haben.
Die gabs, ja. Zum Beispiel mein zweites
Assistenzjahr, nach dem Wechsel von der
Herz- und Gefässchirurgie in die Pädiatrie.
Da habe ich mich zunächst wie ein
kleines Mädchen gefühlt, das nichts selber
entscheiden kann. Es wäre in dieser Situation
hilfreich gewesen, wenn mir jemand
vermittelt hätte, was es alles an Berufswe-
12 VSAO JOURNAL ASMAC Nr. 5 Oktober 2018
WEITERBILDUNG / ARBEITSBEDINGUNGEN
gen gibt. Dies sollte frühzeitig geschehen,
weil man es so früh noch nicht selber
weiss. Negativ erlebt habe ich zudem, dass
die Chefs Bewerbungsgespräche mit Kandidaten
für Assistenzstellen hatten, ohne
sich darauf vorzubereiten. Auch der Unterricht
für die Studierenden wurde nicht
geplant. Solche Dinge hatten für viele
Vorgesetzte keinen Stellenwert, angesichts
von vermeintlich Wichtigerem wie der
Forschung.
Wie sah es mit den Arbeitszeiten
und Teilzeit aus?
Damals war noch die Zeit mit Schichten
von zwei bis drei Wochen am Stück. Für
mich persönlich kein Problem; ich hatte
ja danach eine Woche frei. Doch ich weiss,
wie andere darunter gelitten haben. In der
Herz- und Gefässchirurgie gab es nur wenige
Mitarbeitende in Teilzeit. Die Männer
waren in der Mehrheit, und wir sprechen
von der Chirurgie, wo häufig besonders
lange gearbeitet wird. Es herrschte und
herrscht die Meinung, wer früher geht, sei
kein guter Arzt. Mit dem Gesamtarbeitsvertrag
im Kanton Bern ist es wesentlich
besser geworden. Meine Arbeitswoche
dauert bei einem Vollzeitpensum 46 Stunden,
verbunden mit 30 Tagen Ferien. Ich
bin derzeit zu 90 Prozent angestellt.
In der Kinderklinik dürfte die
Mentalität eine etwas andere
sein als bei den Chirurgen.
Dort gibt es seit einigen Jahren mehr Teilzeitstellen,
auch bei den Oberärztinnen,
das stimmt. Allerdings erinnere ich mich
noch an die grossen Debatten, als sich
zwei Assistenzärztinnen eine Stelle teilen
wollten. Und es ist überhaupt nicht so,
dass Frauen als Vorgesetzte immer Verständnis
haben für das Bedürfnis nach
Teilzeit.
Stichwort Administration: zwei
Drittel der Zeit im Büro, ein
Drittel am Krankenbett – eine
«Ich als Assistenzärztin»
In seiner neuen Serie lässt das «VSAO-Journal» Assistenzärztinnen
und -ärzte zu Wort kommen – frühere wie
heutige, mit verschiedenen Biografien und aus allen
Teilen der Schweiz. Die Artikel sollen ein vielschichtiges,
weil persönliches Bild der Weiterbildung und beruflichen
Laufbahnen zeichnen. Sind Sie interessiert, mitzumachen?
Dann schreiben Sie bitte an marti@vsao.ch.
Aufteilung, die Sie aus Ihrem
Alltag kennen?
Ich kann es für mich nicht beziffern. Sicher
ist: Die Administration wächst und
wächst. Vieles wird doppelt und dreifach
erfasst – man will sich rechtlich absichern.
Zu Beginn meiner Laufbahn war
noch vieles auf Papier, nun ist es mehr
und mehr elektronisch – und dennoch
druckt man sich alles aus. Faxgeräte,
sonst fast überall aus der Arbeitswelt verschwunden,
stehen nach wie vor hoch im
Kurs. Ein weiterer Punkt sind die unzähligen
Telefonate, weil Datenerfassungssysteme
nicht kompatibel sind.
Bemerken die Patienten die
Leerläufe hinter den Kulissen?
Ja. Aufmerksame Patienten realisieren
Doppelspurigkeiten und die unzureichende
interne Kommunikation, wenn sie fünf
Personen im weissen Kittel über das Gleiche
informieren oder sich zwei widersprechen.
Nach wie vor wird die administrative
Flut jedoch in den Spitälern nicht als
dringendes Problem wahrgenommen.
Daher ist es richtig, dass der VSAO mit
seiner Kampagne «Medizin statt Bürokratie!»
den Finger auf die wunden Punkte
legt und Gegensteuer gibt.
Alles lässt sich nicht ändern. Zumindest
nicht sofort. Umso wichtiger ist es, beim
Blick zurück und auf die nächste Ärztegeneration
die Ansatzpunkte zu erkennen.
Zuerst bei sich. Dina-Maria
Jakob erklärt, sie habe damals als Assistenzärztin
etwas erst spät realisiert:
dass sich ihr nie mehr in ihrem Berufsleben
eine solche Gelegenheit bieten
wird, in derart zahlreiche medizinische
Bereiche hineinzuschauen. Vielleicht
hätte sie die Hauptpersonen in ihrem
beruflichen Umfeld, von denen sie profitieren
durfte, noch mehr ausfragen
sollen.
Und was ist Ihre Haupterkenntnis
auf die Weiterbildung
allgemein bezogen?
Ärztinnen und Ärzte, die ihr ganzes Herzblut
in die Medizin stecken und sich entsprechend
in der Weiterbildung engagieren,
muss man ehren, das muss man
honorieren. Sie gehören für mich mindestens
auf dieselbe Stufe wie die Forscher.
Und die Medizin darf nicht vergessen, dass
der Mensch im Zentrum steht – bereits
beim Staatsexamen nicht: Heute finden
die Prüfungen mit Puppen und Tablets
statt, bei mir seinerzeit mit echten Patienten.
Das ist zentral für die Empathie. Die
Weiterbildung braucht einfach mehr Gewicht,
etwa durch klare Abläufe und Vorgaben,
die eingehalten werden. Man
müsste die Assistenzärzte auch vermehrt
zu kritischem Denken und Hinterfragen
erziehen, wozu Erklärungen zu ihren
Rechten gemäss Arbeitsgesetz gehören.
Nicht zuletzt sollten sie genügend Kapazitäten
für das eigene Lernen haben. Und
ich denke an ganz simple Dinge wie konstruktive
Kritik und Lob – was selbstverständlich
sein sollte, ist zwischen Krankenbett
und Bürotisch zu oft Mangelware.
Womit wir beim Schlusssatz
wären. Bitte formulieren sie
ihn zu Ende: «Ich als Assistenzärztin
…»
… war immer schnell, direkt und eventuell
sogar ein wenig vorlaut – ohne über
sämtliche Folgen meiner Worte nachzudenken.
■
Nr. 5 Oktober 2018
VSAO JOURNAL ASMAC
13
WEITERBILDUNG / ARBEITSBEDINGUNGEN
Laufbahnberatung ist angelaufen
«Coach my Career» nimmt Fahrt auf. Seit August finden die ersten Laufbahnberatungen von
erfahrenen Ärztinnen und Ärzten für den Nachwuchs statt – erst mal und testweise in der
Deutschschweiz. Die Projektverantwortlichen denken aber bereits an den Sprung über die Saane.
Marcel Marti, Leiter Politik und Kommunikation/stv. Geschäftsführer VSAO
Hinter «Coach my Career» steht die FMH
zusammen mit den Partnern VSAO, mfe,
VLSS, swimsa und SIWF. Das Angebot
richtet sich an Personen in der ärztlichen
Weiterbildung. Es soll den Zeitraum vom
letzten Studienjahr bis zur Oberarzttätigkeit
abdecken. Zur Förderung und Beratung
des Nachwuchses gesucht sind sowohl
kürzlich pensionierte als auch aktive
Chef- und Kaderärzte sowie Hausärzte.
Wichtig ist nebst dem fachlichen Beziehungsnetz
die Erfahrung in Weiterbildungsfragen.
Ein Mentee,
zwei Mentoren
Es gehe bei «Coach my Career» aber nicht
um verdeckte Rekrutierungsgespräche,
betont Jürg Unger-Köppel, Mitglied des
Zentralvorstands der FMH. «Deshalb werden
die Mentees stets von zwei Mentoren
betreut: von einem fachkundigen und einem
fachfremden.» Der Leiter des Departements
«Stationäre Versorgung und Tarife»
beim Ärztedachverband betreut das
Projekt seit dessen Start im vergangenen
Jahr. Und freut sich über die Zwischenbilanz:
«Bisher konnten wir zehn jungen
Ärztinnen und Ärzten zwanzig Coaches
zuteilen.» Dabei sind nicht nur die auf dem
Anmeldeformular gewünschten Beratungsschwerpunkte
massgebend. Die geografische
Nähe zum Beispiel spielt wenn
immer möglich ebenfalls eine Rolle.
Mit der Administration und Organisation
befasst sich Markus Gubler vom Verein der
Leitenden Spitalärzte der Schweiz (VLSS).
Der VLSS hat dazu auf seiner Website eine
eigene Rubrik aufgeschaltet. «Wir hoffen
natürlich nach dem guten Echo beim
Start, dass es nun neue Anmeldungen
gibt», so der Vereinssekretär. Vor einigen
Wochen hätten die Treffen zwischen Mentees
und Mentoren begonnen. Vorgesehen
sei im Normalfall ein einmaliges Gespräch
von maximal zwei Stunden Dauer.
«Dafür empfiehlt sich ein ruhiger, neutraler
Ort ausserhalb des Arbeitsumfelds.»
Wünschen es die Mentees und sind die
Coaches einverstanden, können auch Folgegespräche
vereinbart werden. Um zu
überprüfen, wie das Konzept ankommt,
erhalten die Teilnehmenden im Nachgang
einen Fragebogen. «Wir werden die Rückmeldungen
gezielt auswerten und falls
erforderlich Änderungen vornehmen»,
stellt Gubler in Aussicht.
Keine versteckte Rekrutierung,
sondern eine fachneutrale Beratung:
Das ist die Idee des Projekts
unter Federführung der FMH.
(® zvg)
Mit Herzblut statt
für Geld
Die Projektgruppe erwägt derweil schon,
die Laufbahnberatung auch in der Westschweiz
zu lancieren. Konkret entschieden
ist jedoch noch nichts. Fest steht hingegen,
dass «Coach my Career» weiterhin auf
Freiwilligenarbeit beruhen und folglich
eine Herzensangelegenheit der Mentoren
sein soll. Studierende bezahlen für eine
Beratung 50, Assistenzärzte 150 Franken.
«Nicht um Gewinn zu machen», präzisiert
Jürg Unger-Köppel, «sondern zur
Deckung der allgemeinen Unkosten.»
Falls am Ende Geld in der Kasse bleiben
sollte, werde der Betrag für einen wohltätigen
Zweck gespendet. ■
Feedback-Pool
(D)ein kleiner, aber wertvoller
Beitrag für eine gute
Weiter- und Fortbildung
Um im Bereich der ärztlichen Weiter- und Fortbildung Meinungen
unserer Mitglieder zu einem Thema einholen zu
können, wurde der Feedback-Pool eingerichtet.
Macht mit, und helft dem VSAO damit, den Horizont im Ressort
Weiterbildung etwas zu erweitern und Überlegungen
breiter abzustützen.
Weitere Infos unter www.vsao.ch und Anmeldung per E-Mail
an ribeaud@vsao.ch.
Deine Erfahrung zählt!
Visitationen bilden ein Element für das Überprüfen und Sicherstellen
der Weiterbildungsqualität an einer Weiterbildungsstätte.
Ein Visitationsteam, bestehend aus Vertretern des
SIWF, der entsprechenden Fachgesellschaft und des VSAO,
besucht die Klinik; vor Ort können die Umsetzung des Weiterbildungskonzeptes
und die Verhältnisse überprüft werden. Ziel
ist es, im Sinne einer positiv-konstruktiven Rückmeldung
mögliche Verbesserungspotenziale zu erkennen und zu nutzen.
Assistenz- und Oberärztinnen und -ärzte, die gerne für den
VSAO Visitationen begleiten möchten, melden sich bei Sabrina
Ribeaud, unserer Sachbearbeiterin für Weiterbildung/Visitationen
im VSAO (ribeaud@vsao.ch).
14 VSAO JOURNAL ASMAC Nr. 5 Oktober 2018
WEITERBILDUNG / ARBEITSBEDINGUNGEN
A B C D E F ...
a b c d e f ...
LESEN LERNEN
Balken ist nicht gleich Balken
Lukas Staub, klinischer Epidemiologe, Redaktionsmitglied des VSAO-Journals
Wissenschaftliche Publikationen und Vorträge
leben von guten grafischen Darstellungen
der Resultate, die uns einen
schnellen Überblick der Daten ermöglichen.
Der Typ der verwendeten Grafik
hängt dabei von der Art der Daten ab.
Bei kategoriellen Daten interessieren uns
die Häufigkeiten der möglichen Kategorien.
Diese werden meist mit Balkendiagrammen
dargestellt (Abbildung 1). In
unserem Beispiel repräsentiert die Höhe
jedes Balkens die absolute Häufigkeit einer
der vier Diagnosen. Die Balken berühren
sich nicht, da die Diagnosen voneinander
unabhängig sind.
Kontinuierliche Daten können wir mithilfe
von Histogrammen darstellen (Abbildung
2). Im Gegensatz zum Balkendiagramm
wird hier nur eine einzige Variable
gebraucht, die in Klassen eingeteilt
wird. Es entstehen konsekutive, nicht
überlappende Intervalle, die in der Regel
die gleiche Breite aufweisen. Die Fläche
der resultierenden Balken ist proportional
zu den Häufigkeiten der Klassen. Eine
gute Grafik zeichnet sich durch eine optimale
Wahl der Anzahl Klassen, Klassengrenzen
und Skalen aus. Um das Kontinuum
der Achse zu unterstreichen, berühren
die Balken sich.
Unabhängig von der Art der Grafik müssen
wir die Achsen immer exakt beschriften,
denn die Y-Achse kann absolute oder
relative Häufigkeiten darstellen. Je einfacher
eine Abbildung, umso klarer ist ihre
Aussage. Dreidimensionale Grafiken sind
in der Wissenschaft verpönt und nur dann
zulässig, wenn die dritte Dimension eine
zusätzliche Information enthält. ■
70
1. Balkendiagramm
60
Absolute Häufigkeit
50
40
30
20
10
0
Angina pectoris Myokardinfarkt Lungenembolie Pneumothorax
Diagnose
50
2. Histogramm
Relative Häufigkeit [%]
40
30
20
10
0
0–10 11–20 21–30 31–40 41–50 51–60
Alter [Jahre]
Nr. 5 Oktober 2018
VSAO JOURNAL ASMAC
15
WEITERBILDUNG / ARBEITSBEDINGUNGEN
«Ärzte für Ärzte» für Menschen
in Nordsyrien
100 Ärzte in der Schweiz finanzieren eine Arztstelle in Nordsyrien: Das ist das Ziel von «Ärzte für
Ärzte». Mehr über das Projekt ist demnächst an einer Informationsveranstaltung im Raum Bern zu
erfahren – oder schon jetzt in diesem Artikel.
Marcel Marti, Leiter Politik und Kommunikation/stv. Geschäftsführer VSAO
Wer den Menschen im syrischen Bürgerkriegsgebiet
helfen will, sollte sich den
26. Oktober rot in der Agenda anstreichen.
Denn an besagtem Freitag orientiert der
Verein «delta – develop life through action»
Interessierte über sein Projekt «Ärzte
für Ärzte». Der Anlass findet um
19.30 Uhr in der «Heitere Fahne» in Wabern
bei Bern statt. «Seit Beginn des
Kriegs ist die medizinische Versorgung in
Syrien zusammengebrochen», erklärt
Vereinspräsidentin Monika Müller. Drei
Viertel aller Krankenhäuser seien zerstört,
die Hälfte der Ärzteschaft geflohen.
«Nordsyrien, das vom IS besetzt war, weist
die schlechteste Gesundheitsversorgung
im Land auf. Die verbliebenen Mediziner
verrichten ihre Arbeit für die lokale Bevölkerung
unter extrem schwierigen Umständen.»
Deshalb wolle man den dortigen
Berufskollegen beistehen. «Und das
geht nur über internationale Solidarität.
Zudem möchten wir den syrischen Ärzten
eine Perspektive geben, um eine weitere
Abwanderung und damit noch stärkere
Unterversorgung zu verhindern.»
1 Prozent für Dr. Basrawi
Die Hilfe erfolgt über direkte Lohnzahlungen,
Hilfsgüterlieferungen und den Wiederaufbau
von zerstörten Praxen. Gemäss
delta gab es bislang fünf Lieferungen von
Medikamenten sowie Labor- und medizinischem
Material im Gesamtwert von
34 000 Franken. «Seit Januar bezahlen
wir auch die Anstellung von Ali Basrawi,
einem Doktor aus Kobane», führt Müller
aus. «Nach seiner Flucht nach Deutschland
entschied er sich, quartalsweise in
seine Heimat zurückzukehren und dort
zu praktizieren. Er ist Orthopäde und hat
während seiner Einsätze über 1000 Patienten
behandelt und mehr als 100 Operationen
durchgeführt.» Am erwähnten
Informationsanlass Ende Oktober werde
er über seine Arbeit vor Ort berichten.
Im Norden Syriens wütete die Terrorgruppe Islamischer Staat (IS). Die Folgen
für die Zivilbevölkerung waren und sind verheerend – auch aus medizinischer
Sicht. (® Verein «delta»)
Nun sucht das Projekt in der Schweiz 100
Ärzte, die 2019 ein Prozent ihres Lohns
spenden und so das 100-Prozent-Stellenpensum
von Basrawi zu deutschen Konditionen
finanzieren. Vielleicht lässt sich
die Unterstützung sogar ausdehnen:
«Wenn jeder und jede von uns 50 Franken
im Monat beiträgt, würde es schon für drei
bis fünf syrische Ärzte reichen. Diese ver-
16 VSAO JOURNAL ASMAC Nr. 5 Oktober 2018
WEITERBILDUNG / ARBEITSBEDINGUNGEN
dienen etwa 800 Franken monatlich»,
rechnet die Vereinspräsidentin vor.
Der Appell für die gute Sache trägt erste
Früchte: Aktuell liegen drei verbindliche
Rückmeldungen für ein persönliches
und/oder finanzielles Engagement vor.
Aber es brauche mehr, heisst es bei delta.
Denn bis jetzt stehen das sechsköpfige
Projektteam sowie einzelne Mitglieder für
die Kosten gerade. Davon wurde ein Teil
ergänzend durch kleinere Fundraising-
Kampagnen und zweckneutrale Spenden
gedeckt. «Wir sind also dringend auf weitere
Unterstützung angewiesen», sagt
Monika Müller.
■
Der Verein delta
«delta – develop life through action» ist ein 2011 gegründeter gemeinnütziger Verein
in Bern. Er unterstützt Menschen mit niedrigem sozioökonomischem Status. Derzeit
laufen dazu sieben Projekte in den Bereichen Medizin, Soziales und Bildung, darunter
«Ärzte für Ärzte».
Der Verein zählt 28 Mitglieder und acht freiwillige Mitarbeitende, die alle ehrenamtlich
tätig sind. Auch neun Assistenz- und Oberärztinnen und -ärzte machen mit.
Gemäss Statuten kann bei delta jede Person Mitglied werden, dies nach Einreichung
eines kurzen Motivationsschreibens und Wahl durch den Vorstand. Der Mitgliedschaftsbeitrag
beläuft sich auf 100 Franken jährlich und dient der Bestreitung der
administrativen Kosten. «delta» ist steuerbefreit; Spenden lassen sich somit von den
Steuern abziehen.
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Nr. 5 Oktober 2018
VSAO JOURNAL ASMAC 17
VSAO
SEKTION AARGAU
Relative
Minuszeiten
Im Umgang mit Spitälern erleben wir als
Sektion teilweise Situationen, bei denen
man nur staunen kann, wie mit Mitarbeitern
umgegangen wird. Als Beispiel ist
nachfolgend die anonymisierte Korrespondenz
einer Assistenzärztin mit einer
Rehabilitationsklinik abgebildet. Die Assistenzärztin
hatte aufgrund eines personellen
Engpasses auf Bitten ihres Chefarztes
auf den Bezug zweier Ferientage verzichtet
und stattdessen gearbeitet. Es war
abgemacht, dass ihr diese zwei Ferientage
dafür ausbezahlt würden, da ihr Arbeitsverhältnis
endete. Entgegen dieser Abmachung
versuchte die Rehabilitationsklinik
dann aber, das Ferienguthaben mit dem
negativen Zeitsaldo bezüglich vertraglich
definierter Sollarbeitszeit von 50 Stunden
pro Woche nachträglich zu verrechnen,
d.h. nicht auszuzahlen. Da können wir
nur den Kopf schütteln.
Hinzu kommt: Der negative Zeitsaldo war
ohne Verschulden der Assistenzärztin entstanden.
An der Klinik sind die normalen
Arbeitstage nämlich mit jeweils 9 Stunden
hinterlegt. Seitens Arbeitgeber wird davon
ausgegangen, dass die Zeitdifferenz zur
vertraglich definierten Sollarbeitszeit von
50 Stunden durch zusätzliche Dienste an
den Wochenenden oder Tage mit Dienstarztfunktion,
die länger als normale Tage
dauern, abgebaut wird. Im Falle der betroffenen
Assistenzärztin entstand die relative
Minuszeit durch das Leisten der
normalen Arbeitstage wie vorgegeben. Die
im normalen Alltag entstandene relative
Minuszeit konnte durch den geplanten
Wochenenddienst und die langen Tage
mit Dienstarztfunktion nicht ausgeglichen
werden. An der Klinik entstehen relative
Minuszeiten auch im Rahmen von
Nachtdiensten aufgrund der darauf folgenden
Kompensationstage.
Relative Minuszeiten bezüglich definierter
Sollarbeitszeit können dann nicht dem
Mitarbeiter angelastet werden, wenn diese
ohne Verschulden des Mitarbeiters entstanden
und beispielsweise im Dienstsystem
begründet sind.
■
Philipp Rahm,
Co-Präsident der Sektion Aargau
Von:
Datum:
An:
Betreff: Re:
Chefarzt
Assistenzärztin
Liebe Frau Kollegin *
Obwohl ich die Gründe Ihrer Kündigung nachvollziehen kann, bedauere ich es sehr,
dass Sie die Klinik * vorzeitig verlassen. Ich schätze Sie persönlich sehr. Dass Sie bereit
sind, bis Ende März uns zur Verfügung zu stehen, schätze ich ebenfalls sehr. Ich habe
noch mit * vom Personaldienst gesprochen. Grundsätzlich wäre es tatsächlich so, dass
Ferien auch ausbezahlt werden können, falls die betrieblichen Gegebenheiten dies
erfordern. Mit dem krankheitsbedingten Ausfall von * sind wir personell momentan
wirklich sehr knapp; obwohl wir aktiv rekrutieren. Wenn es für Sie also in Ordnung
wäre, würden wir gerne Ihr Ferienguthaben auszahlen.
Überlegen Sie es sich in Ruhe. Sie würden uns damit sehr entgegenkommen.
Ich wünsche Ihnen einen schönen Abend
Freundliche Grüsse
Dr. *, Chefarzt
Von:
Datum:
An:
Betreff: Re:
Assistenzärztin
CEO
Sehr geehrter *
Von Januar bis März 2018 war ich in der Klinik * angestellt. Gegen Ende der Anstellung
habe ich auf Bitte von Dr. * aufgrund personeller Engpässe anstelle zweier Ferientage
gearbeitet. Er hat mir versprochen, dass die Ferientage ausbezahlt werden.
Seitens HR verweigert man mir aber trotz expliziter Abmachung die Auszahlung und
verrechnet das Ferienguthaben mit relativer Minuszeit bezüglich einer 50-Std.-Woche,
die aber nicht durch mich verschuldet ist, sondern dadurch zustande kommt, dass die
normalen Arbeitstage mit nur 9 Std. hinterlegt und geplant sind. Seitens HR wird
behauptet, es sei so geregelt, dass diese Minuszeiten durch zusätzliche Dienste bzw.
Mehrstunden durch Tagdienste oder Wochenenddienste aufgeholt werden müssten.
Da die Nichtauszahlung der Ferien und Begründung des HR gemäss meiner Rechtsauffassung
nicht korrekt ist, habe ich mich an unseren Berufsverband gewandt. Demgemäss
wäre es gesetzeswidrig, wenn bestehende relative Minuszeit durch z.B. zusätzliche
Dienste an Wochenenden aufgeholt werden müsste, da damit zwangsläufig die
Höchstarbeitszeitgrenze nicht eingehalten würde. Dem Mitarbeiter nicht durch ihn verschuldete
Minuszeit anzulasten, ist nicht korrekt. In meinem Fall sowieso nicht, da dies
anders vereinbart wurde. Dr. Philipp Rahm, Co-Präsident der Sektion Aargau, wird sich
separat noch bei Ihnen melden, da auch andere Punkte nicht korrekt sind.
Ich bitte Sie um Veranlassen der Auszahlung meines Ferienguthabens – wie mit Herrn
Dr. * vereinbart.
Freundliche Grüsse
Von:
Datum:
An:
Betreff: Re:
HR
Assistenzärztin
Sehr geehrte Frau *
Wir nehmen Bezug auf Ihre untenstehende Nachricht an * und teilen Ihnen in Rücksprache
Folgendes mit: Basierend auf Ihrem rechtsgültigen Arbeitsvertrag mit Festhaltung
der wöchentlichen Arbeitszeit, dem Arbeitszeitmodell für Assistenzärzte mit veranlasster
Information zu Beginn Ihrer Anstellung und unserem Zeiterfassungssystem
PEP, welches sämtliche Soll- und Ist-Stände korrekt und schlüssig abbildet, halten wir
von Seiten Unternehmens- und Geschäftsleitung sowie HR weiter an unserer Handhabung
fest. Wir nehmen jedoch zur Kenntnis, dass Sie nicht bereit sind, für diesen Betrag
aufzukommen und werden daher im Sinne eines grosszügigen Entgegenkommens
sowie ohne Präjudiz und Anerkennung einer Rechtsschuld auf den Betrag verzichten
und Ihnen die zwei Ferientage mit dem Juli-2018-Lohn entsprechend vergüten. Zuletzt
möchten wir festhalten, dass wir Ihre Aussagen im Rahmen von Vereinbarungen zur
Kenntnis nehmen, uns diese jedoch nicht bekannt sind.
Ihre Haltung und die Art Ihrer Kommunikation empfinden wir als wenig partnerschaftlich
und bedauern sie sehr.
Besten Dank für Ihre Kenntnisnahme und freundliche Grüsse
HR Klinik *
18 VSAO JOURNAL ASMAC Nr. 5 Oktober 2018
VSAO
SEKTION BASEL
Zähflüssige
GAV-Verhandlungen
in Basel
Das Thema «Spitalfusion» gewinnt in
Basel und Liestal spürbar an Lebendigkeit,
je näher die entscheidenden Schritte kommen,
die in die Zusammenlegung des
Unispitals Basel mit dem Kantonsspital
Basel-Land und dessen Standorte Liestal,
Bruderholz und Laufen münden sollen.
Gemäss dem Stand der Dinge vor Redaktionsschluss
dieser Ausgabe des VSAO-
Journals zeichnete sich ab, dass eine
Volksabstimmung im Februar 2019 in
beiden Basler Kantonen die grösste und
letzte Hürde vor einer konkreten Umsetzung
der geplanten Fusion bilden dürfte.
Dieses riesige Projekt, das in aller ersten
Linie dem Sparzwang im Gesundheitswesen
geschuldet ist, treibt – logischerweise
– auch den VSAO beider Basel seit geraumer
Zeit um. Er ist Teil einer Fachgruppe,
die aus je zwei Delegierten von fünf Berufsverbänden
und Gewerkschaften aus
den einschlägigen Berufen besteht. Diese
Kommission vertritt seit mehreren Monaten
die Arbeitnehmenden in den Verhandlungen
um einen neuen Gesamtarbeitsvertrag
(GAV) mit der Arbeitgeberseite, die
aus Führungskräften der Spitäler Basel
und Liestal besteht.
Auf der Tischseite der Arbeitgeber ist man
sich, so scheint es, schon bewusst, dass der
GAV-Verhandlungspartner auf der Arbeitnehmerseite
insgesamt rund 10 000 Menschen
aus den verschiedenen Spitalberufen
vertritt. Und damit auch eine beträchtliche
Anzahl potentiell Abstimmender im
kommenden Februar – ohne ein Ja der
Stimmbevölkerung wird es schlicht keine
Spitalfusion geben.
In beiden Kantonen, ausgeprägter aber sicher
im Stadtkanton, könnte es eng werden
und auf jede Stimme ankommen – womit
Parolen an die Mitglieder der fünf Verbände
einiges Gewicht haben werden. Minimalvoraussetzung,
den eigenen Mitgliedern
ein Ja zur Fusion zu empfehlen, wird
aber ohne Zweifel der neue Gesamtarbeitsvertrag
sein, den die Arbeitnehmerverbände
unter dem Strich akzeptieren können.
Nach einigen Verhandlungsmonaten mit
etlichen Sitzungen, an denen mitunter
auch um einen einzigen Begriff gerungen
wurde, ist eine Prognose, wann und in
welcher Form der neue GAV vorliegt, noch
sehr schwierig. Klar ist, dass am Ziel, den
GAV vor Ende 2018 mit klaren Verhandlungsergebnissen
vorlegen zu können,
nicht gerüttelt wird.
Aber ebenso ausser Zweifel steht, dass die
Verhandlungspartner in den ersten Monaten
nicht gut vorankamen. Entsprechend
war auch der Inhalt eines Mediencommuniqués,
das die Arbeitnehmervertretung
im August versandte und das der VSAO
seinen Mitgliedern auch als Newsletter
zukommen liess.
Darin liessen die fünf Verbände der Arbeitnehmerseite
unter anderem dies verlauten:
«… eine aussagekräftige Zwischenbilanz
zu den Verhandlungen ist nach
mehreren halbtägigen Sitzungen und
bei Halbzeit des geplanten Verhandlungs-Fahrplanes
noch nicht möglich,
da es für nahezu alle relevanten
Kernthemen wie Löhne, Arbeitszeiten,
Nachtarbeits-Zuschläge oder Kündigungsfristen
noch zweite Lesungen
benötigen wird. Dass die Verhandlungen
schleppend und zähflüssig verlaufen,
liegt nach Ansicht der Arbeitnehmer-Vertreter
zum einen an der Komplexität
der Thematik, zum andern an
den teils unterschiedlichen Berufsgattungen,
die im riesigen Gesundheitswesen
tätig sind. Und zum dritten, weil
die Arbeitnehmerverbände nicht akzeptieren
können, dass materielle Konsequenzen
der Fusion auf die Arbeitnehmenden
abgewälzt werden sollen …»
Und den Mitgliedern unserer VSAO-Sektion
sei an dieser Stelle zusätzlich Folgendes
bestätigt: Parallel zu den ordentlichen
GAV-Sitzungen verhandelt der VSAO Basel
mit Präsident Miodrag Savic und Geschäftsführerin
Claudia von Wartburg an
der Spitze mit den Arbeitgebern jene GAV-
Bereiche, die innerhalb der Spitalberufe
ausschliesslich Ärzte und Ärztinnen betreffen,
in zusätzlichen Gesprächen. ■
Josef Zindel,
Öffentlichkeitsbeauftragter
der Sektion Basel
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Nr. 5 Oktober 2018
VSAO JOURNAL ASMAC
19
VSAO
SEKTION BERN
Nora Bienz
arbeitet seit dem 1. September
20 Prozent für den VSAO Bern
An der Mitgliederversammlung im Frühling
2018 haben wir einen Aufruf lanciert
und eine Ärztin oder einen Arzt gesucht,
welche/r sich während eines Jahres im
Umfang von 20 Prozent im Bereich Öffentlichkeitsarbeit
und Kommunikation
für unsere Anliegen einsetzt. Erfreulicherweise
konnte unsere Präsidentin Nora
Bienz per 1. September 2018 ihr Pensum
im Spital reduzieren und diese Stelle übernehmen.
Diese Konstellation ist ideal und
erlaubt uns, viele Projekte intensiv voranzutreiben.
Die Umsetzung
der bezahlten Pause gestützt auf
Art. 3.6.1 Abs. 1 Ziffer c GAV
Im Gesamtarbeitsvertrag Berner Spitäler
und Kliniken (GAV) ist festgehalten, welche
Pausen vom Arbeitgeber zu bezahlen
sind. Diese Pausenregelungen geben mit
einer Ausnahme zu keinen Diskussionen
Anlass. Im Artikel 3.6.1 GAV Abs. 1 ist unter
Ziffer c festgehalten, dass bei einer
geplanten täglichen Arbeitszeit von mehr
als neun Stunden neben den beiden Kurzpausen
30 Minuten bezahlte Mittagspause
zu entschädigen sind. Dies unabhängig
davon, ob aus zwingenden dienstlichen
Gründen durchgehende Rufbereitschaft
angeordnet wurde oder nicht.
Der VSAO Bern hat sich mit den Arbeitgebern
darauf geeinigt, dass diese halbe
Stunde Mittagspause nicht zwingend als
Arbeitszeit gilt. Die halbe Stunde muss
aber 1:1 kompensiert oder ohne Zuschlag
ausbezahlt werden. Wir sind überzeugt,
dass dies eine faire Lösung ist und hoffen,
dass dieser Artikel nun in den dem GAV
angeschlossenen Spitälern flächendeckend
umgesetzt wird.
3.6.1. Bezahlte Pausen
1 Die Arbeit ist durch Pausen von folgender
Mindestdauer zu unterbrechen:
a. eine Viertelstunde bei einer geplanten
täglichen Arbeitszeit von mehr als
4 Stunden,
b. eine halbe Stunde bei einer geplanten
täglichen Arbeitszeit von mehr als
sieben Stunden; diese Pausenzeit wird
in zwei Pausen von je 15 Minuten
bezogen,
c. eine Stunde bei einer geplanten
täglichen Arbeitszeit von mehr als
neun Stunden. Diese Pause beinhaltet
zwei Mal 15 Minuten Kurzpause
und 30 Minuten Essenspause.
2 Pausen sind einzuplanen und zu beziehen.
Nicht bezogene Pausenzeit ergibt
keinen Anspruch auf Kompensation.
3 Wird aus zwingenden dienstlichen
Gründen durchgehende Einsatzbereitschaft
angeordnet, gelten alle Pausen
als Arbeitszeit.
4 Während der Nacht gelten alle Pausen
als Arbeitszeit.
■
Janine Junker,
Geschäftsführerin VSAO Bern
Kitaplatz gesucht – der VSAO hilft
Wenn Sie einen Betreuungsplatz für Ihr Kind suchen, denken Sie daran: Seit 2011 unterstützt
Ihr Verband Sie bei dieser zeitaufwendigen Aufgabe. Eine Anfrage mittels Online-Formular beim VSAO genügt und Sie
erhalten Informationen zu verfügbaren Plätzen in Ihrer Wunschregion und die entsprechenden Kontaktdaten
der Tagesstätten. Weitere wichtige Informationen und das Formular finden Sie unter der neuen Rubrik Arztberuf und Familie
auf der VSAO-Homepage www.vsao.ch.
20 VSAO JOURNAL ASMAC Nr. 5 Oktober 2018
VSAO
SEKTION ZÜRICH /
SCHAFFHAUSEN
Die Vision
der Mitgliedervernetzung
Seit Ende 2017 verfolgt der VSAO Zürich
hartnäckig die Vision, unseren Mitgliedern
einen geschützten digitalen Raum
anzubieten, in dem sie sich vernetzen
können. Etwas Ähnliches gibt es mit dem
deutschen Online-Ärztenetzwerk Coliquio,
einem digitalem Forum exklusiv für
Ärzte, welches den Austausch unter Kolleginnen
und Kollegen ermöglicht.
Nach zahlreichen Vorabklärungen und
einer Evaluation der Möglichkeiten durch
Kommunikationsexperten und unter Mithilfe
von IT-affinen Medizinern haben
wir im März 2018 mittels Umfrage das
Bedürfnis unserer Mitglieder abgeklärt.
Erstaunlicherweise nahmen 427 von unseren
4700 Mitgliedern an der Umfrage
teil, davon 49 Prozent Assistenzärzte und
51 Prozent Oberärzte. Auch wenn sich die
Befragten am Arbeitsplatz grundsätzlich
gut vernetzt fühlen und einen persönlichen
Kontakt bevorzugen, so würden
doch 84 Prozent der Befragten eine VSAO-
Plattform begrüssen.
Unsere Vision ist ein Forum, in welchem
einfach und rasch Informationen zu
Arbeitsbedingungen, real gelebter Weiterbildungskultur,
in Bezug auf bestimmte
Arbeitsstellen oder Spitalinternas
in Erfahrung gebracht werden können.
Ein Forum für den Austausch mit
Fachexpertinnen und -experten oder zur
Prüfungsvorbereitung zum Facharzt.
Also wertvolle Insiderinformationen von
Mitglied zu Mitglied, denn unser Knowhow
ist immens.
Durch die Umfrage in unserer Vision
bestätigt, haben wir im Frühling die
Arbeitsgruppe «Online-Plattform» gebildet
und sind nun in technische Sphären
eingetaucht. Wir haben ein Pflichtenheft
für das zu erarbeitende Forum
erstellt, befassen uns nun mit der inhaltlichen
Darstellung, dem Datenschutz
und dem Roll-out-Plan. Da das Projekt
anderes Know-how braucht als das vorhandene
medizinische und juristische
Wissen der Geschäftsleitung und der
operativen Führung, sehen wir uns stetig
neuen Herausforderungen gegenüber,
z.B.: Was kaufen wir an Expertise
ein, was eignen wir uns selber an? Ein
herausforderndes und interdisziplinäres
Projekt, das uns derzeit auf Trab hält.
Immer hin- und hergerissen zwischen
der potentiellen Erfolgsgeschichte und
den Zweifeln, ob das Ganze zum Fliegen
gebracht werden kann. Schliesslich wird
dieses Forum nur abheben, wenn es bei
Euch ankommt, Euch zur Partizipation
motiviert und Euch einen Mehrwert
bringt.
■
«Je üppiger die Pläne blühen, desto
verzwickter wird die Tat!»
(Zitat von Erich Kästner)
Jana Siroka (Präsidentin) und
Susanne Hasse (Geschäftsführerin)
COACHING
Arztberuf & Familie / Privatleben
Telefonische Beratung:
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Nr. 5 Oktober 2018
VSAO JOURNAL ASMAC
21
VSAO
§
Rechtsberatung
Christian Bruchez,
Jurist der Sektion Genf
Eine Privatklinik stellt einen
Assistenzarzt an, damit
dieser die Weiterbildung
zur Erlangung des Schwerpunktes
für Ophthalmochirurgie
absolvieren kann.
Sein Arbeitsvertrag hält
fest, dass sich die mutmasslichen
Kosten für
diese Weiterbildung für
die Privatklinik auf
CHF 500 000.– belaufen.
Aufgrund dieser Kosten
beinhaltet der Arbeitsvertrag
eine Klausel, die besagt,
dass der Arzt verpflichtet
ist, nach
Erlangung des Schwerpunktes
weiterhin für eine
Dauer von vier Jahren für
die Privatklinik zu 100 Prozent
als Facharzt zu arbeiten.
Der Arbeitsvertrag beinhaltet
zudem eine
Klausel, wonach der Arzt
verpflichtet ist, die Kosten
dieser Weiterbildung in
Höhe von CHF 300 000.–
zurückzuerstatten, falls er
die Weiterbildung unterbricht
oder den Schwerpunkt
nicht erlangt. Im
Falle einer vorzeitigen Auflösung
des Arbeitsverhältnisses
aufgrund eines Rücktritts
oder einer fristlosen
Kündigung aus wichtigen
Gründen sieht der Arbeitsvertrag
eine Rückzahlungspflicht
der Weiterbildungskosten
in der Höhe von
CHF 300 000.– im ersten
Jahr, von CHF 225 000.– im
zweiten Jahr, von CHF
150 000.– im dritten Jahr
und von CHF 75 000.– im
vierten Jahr vor. Ist eine
solche Klausel zulässig?
Kann der Arzt, falls er nach
Erlangung des Schwerpunktes
für Ophthalmochirurgie
keine vier Jahre
in dieser Privatklinik weiterarbeiten
will, seinen Vertrag
kündigen, ohne die
Summe von CHF 300 000.–
zurückerstatten zu müssen?
Das Gesetz sieht vor, dass der Arbeitgeber
dem Arbeitnehmer alle durch die Ausführung
der Arbeit notwendig entstehenden
Auslagen zu ersetzen hat. Es präzisiert,
dass Abreden, wonach der Arbeitnehmer
die notwendigen Auslagen ganz oder teilweise
selbst zu tragen habe, nichtig sind
(Art. 327a Abs. 3 OR).
Allgemein hat der Arbeitnehmer die Kosten
für eine Ausbildung, die nicht in Zusammenhang
mit einem bestimmten
Arbeitgeber oder einem bestimmten Produkt
steht, selber zu tragen. Als solche
gelten Kosten für Ausbildungen, die dem
Arbeitnehmer einen dauerhaften Vorteil
auf dem Arbeitsmarkt verschaffen (beispielsweise
die Kosten einer universitären
Weiterbildung im Ausland zur Erlangung
eines Weiterbildungstitels). Wenn der Arbeitgeber
die Kosten einer solchen Weiterbildung
übernimmt, die grundsätzlich
vom Arbeitnehmer zu berappen sind,
kann er mit dem Arbeitnehmer eine Vereinbarung
abschliessen, in welcher sich
Letzterer verpflichtet, ihm im Falle eines
Rücktritts vor Ablauf einer bestimmten
Frist die Kosten ganz oder teilweise zurückzuerstatten.
Im vorliegenden Fall ist die Sachlage anders,
da die Privatklinik den Assistenzarzt
beschäftigt und dessen Weiterbildung sicherstellt.
Sie verlangt aber nicht die
Rückerstattung von effektiven Kosten, die
sie dem Assistenzarzt zwecks Finanzierung
einer Weiterbildung ausserhalb des
Spitals mit Nutzen für dessen berufliche
Zukunft vorgeschossen hat. Die Klinik
fordert die Rückerstattung der mutmasslichen
Kosten, die für sie durch diese Weiterbildung
in ihren Räumlichkeiten entstehen.
Wenn eine Klinik einen Assistenzarzt zum
Zwecke der Weiterbildung anstellt, sind die
Betreuung und Weiterbildung Teil der
Pflichten des Arbeitgebers, wie in einem
Lehrvertrag. Entsprechend muss der Chefarzt
oder der für die Weiterbildung verantwortliche
Arzt Gewähr für die Einhaltung
des vorgeschriebenen Weiterbildungsprogramms
bieten. Die Investition des Arbeitgebers
in die Weiterbildung wird zudem
bereits bei der Festsetzung eines gegenüber
einem Facharzt tieferen Lohnes berücksichtigt.
Daher können die Kosten, die
der Arbeitgeber aufgrund dieser internen
Weiterbildung vermutet, nicht mit den
effektiv von einem Dritten in Rechnung
gestellten Kosten für eine Weiterbildung
des Arbeitnehmers ausserhalb des Unternehmens
gleichgesetzt werden.
Aufgrund der Fakten und auch wenn diese
Frage bis heute noch nie vom Bundesgericht
beurteilt wurde, kann davon ausgegangen
werden, dass die im Arbeitsvertrag
vorgesehene Rückzahlungsverpflichtung
für angebliche interne Weiterbildungskosten
rechtswidrig ist. Falls der Arzt also
nach Erlangung seines Schwerpunktes
unter Einhaltung der vertraglichen Kündigungsfrist
seine Kündigung einreicht, kann
der Arbeitgeber meiner Meinung nach die
Zahlung der gemäss Vertrag vorgesehenen
CHF 300 000.– nicht einfordern. ■
22 VSAO JOURNAL ASMAC Nr. 5 Oktober 2018
VSAO
-INSIDE
Verband Schweizerischer Assistenz- und Oberärztinnen und -ärzte
Association suisse des médecins-assistant(e)s et chef(fe)s de clinique
Associazione svizzera dei medici assistenti e capiclinica
Patrizia Kündig
Wohnort: Bern
Im VSAO seit: 2013
Der VSAO für Dich in drei Worten:
tatkräftig, vernetzt, freundlich
Einem ihrer Hobbys kann sie auch beim
VSAO gut nachgehen: dem Lesen. Denn
Patrizia Kündig, zuvor Präsidentin der
Sektion Graubünden, sitzt seit letztem
Dezember im Geschäftsausschuss. Im
Juni übernahm sie im Verband zusätzlich
das zweite Vizepräsidium. In dieser Rolle
kann sich die 30-Jährige nicht über mangelndes
Aktenstudium beklagen. Zu verlieren
droht sie sich darin aber nicht –
ihre Ziele nämlich sind klar: «Ich will,
dass wir in der Medizin vom patriarchalischen
Ideal eines Arztes wegkommen, der
80 Stunden pro Woche schuftet. Was wir
brauchen, ist ein Arbeitsumfeld, in dem
sowohl der einzelne Patient als auch die
Ärztin in Weiterbildung ihren Stellenwert
haben.»
Patrizias Herzblut für Weiterbildungsfragen
und bessere Arbeitsbedingungen
fliesst schon lange. Genauer: «Seit meinem
Studium. Damals habe ich mich in
der swimsa engagiert. Der nächste logische
Schritt war das Engagement im
VSAO.» Dabei lerne sie viel über verborgene
Zusammenhänge und treffe spannende
Menschen. An beidem mangelt es
ihr allerdings auch bei ihrer aktuellen
Tätigkeit nicht. In ein, zwei Jahren will
die Assistenzärztin Anästhesiologie im
Inselspital Bern ihren Abschluss als
Fachärztin machen. Und ihren beruflichen
Weg anschliessend als Oberärztin
an einem mittelgrossen Spital fortsetzen;
«mit guter Work-Life-Balance», wie
sie augenzwinkernd unterstreicht. Denn
sonst würden ihre zwei anderen privaten
Leidenschaften, für die ihr der VSAO
keine Gelegenheit bieten kann, wohl auf
der Strecke bleiben – das Sporttreiben
und das Kochen.
■
Nr. 5 Oktober 2018
VSAO JOURNAL ASMAC
23
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KARDIOLOGIE
9. – 10. November 2018
14 h 1A Credits SGK / 15 Credits SGAIM
DIABETES
15. – 17. November 2018
21 Credits SGAIM / 21 Credits SGED /
6 Credits SVDE
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16 Credits SGMO / 16 Credits SGH /
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FOKUS ENERGIE
Erfolg beginnt im Kopf
Muskeln kann man trainieren, die mentale Stärke genauso. Die Erkenntnisse und Techniken der
Sportpsychologie helfen nicht nur Sportlern, ihre Ziele zu erreichen und mit Rückschlägen
umzugehen. Sie unterstützen alle, die sich besser fokussieren und motivieren wollen und die
länger durchhalten möchten. Das Spektrum der Sportpsychologie reicht deshalb weit über
Trainingsräume und Arenen hinaus.
Romana Feldmann, lic. phil., Fachpsychologin für Sportpsychologie FSP
Immer häufiger wird der Kopf als Faktor
genannt, welcher im Spitzensport über
Erfolg oder Misserfolg entscheidet. Denn
nur ein möglichst optimales Zusammenspiel
von Physis und Psyche schafft die für
Siege nötigen Voraussetzungen. Mentale
Stärke ist jedoch nicht nur im Spitzensport
gefragt. Sportpsychologie dient auch zur
Unterstützung in der Verletzungsrehabilitation
oder kommt all jenen zugute, die
ihren Lebensstil zu mehr Bewegung hin
verändern möchten.
Alle Teile müssen passen
Laura ist professionelle Langläuferin. Ihre
Karriere verläuft erfolgreich, die zahlreichen
Trainings absolviert sie noch immer
mit viel Motivation und Leidenschaft.
Trotzdem war für sie klar, auch Mentaltraining
in ihren Alltag zu integrieren.
«Wenn du im entscheidenden Moment
nicht voll da bist und den Erfolg nicht um
jeden Preis willst, dann wirst du ganz
schnell nach hinten gereicht», berichtet
sie. Dank Mentaltraining hat sie beispielsweise
gelernt, wie sie im Wettkampf ihre
Aufmerksamkeit steuern oder mit dem
Druck gelassener umgehen kann. In regelmässigen
Sitzungen mit dem Sportpsychologen
hat sie aber auch ihren Lebensstil
überdacht und ihre Einstellung optimiert:
Nebst viel physischem Training
muss Laura auch auf eine ausgewogene
Ernährung achten, Zeit in soziale Medien
investieren, sich um Sponsoren kümmern,
sich vermarkten. Und irgendwann
sollte sie noch ihr persönliches Umfeld
pflegen. Das geht nur mit einem guten
Zeitmanagement, ausreichender und gezielter
Erholung und der Überzeugung,
dass der Sport Beruf und Leidenschaft
zugleich sein darf. Denn als Profisportlerin
hat sie einen 24-Stunden-Job, welcher
auch einen Grossteil der Freizeit in Anspruch
nimmt.
Für Laura gehört Mentaltraining genauso
wie das physische Training zu ihrem Alltag.
Das Coaching und ihre Übungen
würden ihre Persönlichkeitsentwicklung
positiv beeinflussen, sagt sie. Sie übernehme
mehr Verantwortung für ihr Denken,
Fühlen und Handeln. Das stärke auch ihr
Selbstvertrauen.
Negativspirale beenden
Nur in Ausnahmefällen verläuft eine Karriere
geradlinig. Auch Martin, 20-jähriger
Mittelstreckenläufer, macht diese Erfahrung.
Er investiert viel: Fast täglich Training
nach Plan, diverse Trainingslager im
In- und Ausland, eine Ausbildung, welche
mit den vielen Trainingsstunden vereinbar
ist; der soziale Kontakt beschränkt
sich vorwiegend auf Trainingskollegen.
Obwohl er alles dem Sport unterordnen
muss, ist er von seinem Weg überzeugt
und träumt davon, sich an einem Grossanlass
international messen zu können.
Doch seit einigen Jahren ist er immer wieder
verletzt: Muskelzerrungen, Sehnenab
Der Weg zum Sieg wird dank mentalem Training einfacher. (® sportpoint/fotolia.com)
Nr. 5 Oktober 2018
VSAO JOURNAL ASMAC
25
FOKUS ENERGIE
risse und Verstauchungen zwingen ihn zu
Pausen oder erfordern gar Operationen
und Reha. Durch den Hinweis seines behandelnden
Arztes hat er nach der letzten
Achillessehnenoperation mit einem sportpsychologischen
Coaching gestartet. Die
Vorbehalte, er sei doch nicht psychisch
krank, sind dabei schnell verflogen! Er
macht die Erfahrung, dass er dadurch
auch während der Reha-Phase einen Beitrag
zur Heilung leisten kann, was sich
deutlich positiv auf seine Stimmung auswirkt.
Bisher liessen ihn die Enttäuschung über
die Verletzung und die verpassten Ziele
sowie die nur langsamen Fortschritte in
der Genesung in eine Negativspirale und
depressive Stimmung verfallen. Zusammen
mit dem Sportpsychologen lernt er,
seine Energie auch in dieser Phase zielführend
einzusetzen. Zielsetzungen sind dabei
von besonderer Wichtigkeit. Nicht nur
Leistungsziele auf einen Wettkampf hin,
sondern Tages- und Wochenziele, die dem
sonst leeren Tagesplan Struktur geben:
endlich mal einen Freund anrufen, etwas
Besonderes kochen, einen Spaziergang
machen. Das Leistungsdenken muss dabei
der aktuellen Situation angepasst werden,
so dass auch kleine Fortschritte als Erfolgserlebnisse
erfahren werden können.
Mit Visualisierungsübungen kann sich
Martin zur bewussten Erholung mental
an einen «persönlichen Ort» zurückziehen,
er kann zur Motivationssteigerung
erfolgreiche Karriereerlebnisse abrufen
und sein Schmerz- und Körpergefühl positiv
verändern.
Dass der Rehabilitationsverlauf durch die
Anwendung mentaler Techniken günstig
beeinflusst werden kann, ist wissenschaftlich
belegt. Das psychische Befinden wird
von den Betroffenen positiver eingeschätzt,
und es werden mehr sogenannte secondary
gains erkannt, Vorteile der Verletzung.
So erkennt beispielsweise Martin,
dass er sich vermehrt seiner Erholung
widmen muss, wodurch er Verletzungen
präventiv vorbeugen und ein Übertraining
verhindern kann.
Breite Anwendungspalette
Der Leistungssport ist nur ein Teilbereich
der sportpsychologischen Tätigkeit. Sämtliche
Bereiche, bei welchen es um Leistung
und Entwicklung geht, können von der
Sportpsychologie profitieren. Ob im Beruf
oder beim Hobby: Es geht darum, seine
Leidenschaft dem persönlichen Können
entsprechend auszuüben. Bei allfälligen
Blockaden oder Ängsten, schwierigen systemischen
Gegebenheiten oder beim
Wunsch nach Entwicklung und Optimierung
kann ein (sport-)psychologisches
Coaching Unterstützung bieten. Potentialabklärung,
Problemanalyse, Zielsetzung,
systematisches Training zur Entwicklung
der mentalen Stärke sind einige
Möglichkeiten. Auch im Gesundheitsbereich,
beispielsweise beim Entwickeln eines
aktiven Lebensstils, kann mit sportpsychologischen
Techniken der innere
Schweinehund langfristig gezähmt oder
eine Verletzungsrehabilitation unterstützt
werden.
Mentale Stärke ist nicht etwas, das uns in
die Wiege gelegt wird, mit dem wir von
Natur her ausgestattet sind oder eben
nicht. Mentale Stärke kann erlernt werden.
Dafür braucht es vor allem eins:
Übung! Je nach Anliegen und persönlichen
Voraussetzungen des Ratsuchenden
braucht es unterschiedlich viel Einsatz
und Zeit.
Ziel des sportpsychologischen Coachings
sollte sein, den Ratsuchenden zu unterstützen
und zu befähigen, selbständig an
seinen Themen zu arbeiten. So findet die
Sportpsychologie nicht ausschliesslich in
einem Praxisraum statt, sondern auch im
Alltag – mit konkreten Übungen. In vielen
Fällen ist es sinnvoll, die jeweilige Situation
auch interdisziplinär mit dem Arzt,
Physiotherapeuten oder Trainer zu besprechen.
■
Kontakt:
www.romanafeldmann.ch
Unter www.sportpsychologie.ch bietet
die Swiss Association of Sport Psychology
SASP weitere Informationen. Tagungshinweis:
«Umgang mit Angst
und Depression im Spitzensport», 9.
November 2018, zusammen mit der
SGSM und PUK ZH.
FOKUS ENERGIE
Je nach Lebensalter eine andere Lebensweise: Das Tagpfauenauge als Raupe und als Schmetterling.
(Raupe ® claudiaevans26/fotolia.com; Schmetterling ® Aggi Schmid/fotolia.com)
Meister der Energieverwertung
Insekten bilden nicht nur die grösste Gruppe aller Tierarten, sie sind auch hochgradig spezialisiert.
Das zeigt sich bereits am Lebenszyklus: Vom Ei über die Larve bis hin zum ausgewachsenen Tier
ändern sich z.T. Nahrung und Lebensraum. So wird der Konkurrenzdruck um die dringend benötigte
Energie verringert. Und das Spektrum der Energiequellen reicht vom Nektar bis zum Mist.
PD Dr. Daniel Burckhardt, Naturhistorisches Museum Basel
Energie wird von Insekten, wie auch von
allen anderen Organismen, benötigt, um
leben zu können. Alle Lebensfunktionen
wie Atmung, Verdauung und Ausscheidung,
Synthesen und innere Transportvorgänge,
Fortpflanzung und jegliche Art
von Bewegung hängen davon ab. Die
Umwelt liefert die Energie, und zwar in
Form von chemischer Energie, die als
Nahrung aufgenommen wird. Da das Insekt
ständig Energie braucht, aber nicht
kontinuierlich Nahrung aufnehmen
kann, muss es bei günstigen Bedingungen
mehr Nahrung aufnehmen, als es im Augenblick
braucht. Der Überschuss wird im
Körper gespeichert, manchmal in besonderen
Organen wie dem Fettkörper, und
bei Bedarf wieder mobilisiert. Einige Vorgänge
brauchen besonders viel Energie, so
z.B. die Fortpflanzung oder der Flug, hier
kann der Sauerstoffverbrauch um das
Hundertfache ansteigen. Es ist also wichtig,
dass das Insekt seine Energiereserven
rasch mobilisieren und dann ebenso
rasch wieder zurück zur Anhäufung von
Reserven wechseln kann. Dieser Umschaltprozess
ist gut reguliert und wird
durch Hormone gesteuert.
Vom Ei zur Imago
Die Entwicklung eines Insektes beginnt
mit dem Ei, aus dem eine Larve schlüpft,
je nach Gruppe auch Raupe, Engerling,
Made oder Nymphe genannt, die sich
mehrere Male häutet, bevor dann das ausgewachsene
Insekt, die Imago, schlüpft.
Den Larven kommt im grossen Umfang
die Aufgabe zu, die nötigen Energiereserven
anzulegen. Bei Heuschrecken ernähren
sich die Jugendstadien ähnlich wie die
Adulten und leben im gleichen Lebensraum.
Bei den höher entwickelten Insekten
wie Käfern oder Schmetterlingen bildet
das letzte Larvenstadium eine von
aussen inaktiv scheinende Puppe, die
keine Nahrung aufnehmen kann. Bei
Schmetterlingen und Käfern ernähren
sich die Larven anders als die Adulten und
sind oft auch in anderen Lebensräumen
zu finden. Während die Raupen vom Tagpfauenauge
auf Brennnesseln leben, deren
Blätter sie verzehren, fliegen die Falter
auf Wiesen umher und ernähren sich vom
Nektar der Blumen. Diese Spezialisierung
erlaubt es der Raupe, sich funktionell und
ökologisch ganz an die Nahrungsaufnahme
anzupassen, und dem Falter, sich auf
die Fortpflanzung und Verbreitung zu
konzentrieren. Durch die stark verschiedenen
Lebensweisen der Larven und der
Imagines wirkt ein verschiedener Selektionsdruck
auf die beiden Stadien. Dieses
Phänomen ist eine Erklärung für die
enorme Artenzahl von Insekten mit vollständiger
Entwicklung, den Holometabolen.
Von den etwa 1,5 Millionen Arten
beschriebener Organismen sind etwa eine
Million Insekten und 800 000 Holometabolen.
Durch Spezialisierung haben sich über
Millionen von Jahren verschiedenste Anpassungen
entwickelt, dank derer Insekten
aus allen denkbaren Nahrungsquellen
Energie gewinnen können. Das Spektrum
reicht von den Pflanzenfressern wie
Schmetterlingsraupen oder Blattkäfern
Nr. 5 Oktober 2018
VSAO JOURNAL ASMAC
27
FOKUS ENERGIE
über Räuber wie Laufkäfer oder Libellenlarven,
die andere Insekten, aber auch
Schnecken oder sogar kleine Wirbeltiere
fressen, über Parasiten und Parasitoide
wie Flöhe, Läuse oder Schlupfwespen, die
sich an oder in anderen Tieren entwickeln,
die Letzteren auf Kosten des Lebens
ihrer Wirte, und über Detritus- und Pilzfresser
wie die Maden der Pilzmücken bis
hin zu den Mistkäfern, deren Engerlinge
sich im Dung von Wirbeltieren entwickeln.
Perfekter Kreislauf
Ein schönes Beispiel solcher Anpassungen
liefern die Pflanzenläuse, die mit den bekannteren
Wanzen und Zikaden verwandt
sind. Wie bei diesen sind die Mundwerkzeuge
zu einem Saugrüssel umgewandelt,
in dem sich je ein Paar von Stech- und
Saugborsten befinden, mit denen die flüssige
Nahrung aufgenommen wird. Zu den
Pflanzenläusen zählen wir die Blattläuse,
Blattflöhe, Schildläuse und Weissen Fliegen.
Es handelt sich hier um kleine Insekten,
unter denen sich aber wichtige Schädlinge
in Land- und Forstwirtschaft befinden.
Blattläuse, deren grösste Artenvielfalt
in der Nordhemisphäre zu finden ist,
können durch ihre komplizierten Entwicklungszyklen
auch kurzlebige, krautartige
Pflanzen rasch besiedeln und diese effizient
als Nahrungsquelle ausschöpfen. Bei
der Grünen Pfirsichblattlaus überwintern
die Eier auf Pfirsich oder Schlehen. Im
Frühling schlüpfen daraus Larven, die sich
zu ungeflügelten Weibchen entwickeln
und sich parthenogenetisch (durch Jungfernzeugung)
vermehren. Es folgen zwei
bis drei Generationen auf dem Winterwirt,
von denen die letzte geflügelte Weibchen
hervorbringt, die rasch auf krautartige
Pflanzen, die Zwischenwirte, fliegen und
sich dort wieder parthenogenetisch und
flügellos vermehren. Im Herbst, wenn die
Nebenwirte welken, werden wieder geflügelte
Tiere produziert, dann aber Weibchen
und Männchen, die zurück auf den Winterwirt
fliegen, wo sie sich paaren und die
Weibchen die Eier zur Überwinterung ablegen.
Blattläuse, die nur kurze Zeit ohne
Nahrungsaufnahme leben können, können
so temporär vorhandene Futterquellen
optimal ausnützen.
Eine andere Art von Anpassung finden wir
bei vielen Schildläusen. Aus dem Ei, das
meist aus zweigeschlechtlicher Fortpflanzung
stammt, schlüpft die Eilarve, die
Beine besitzt und sehr beweglich ist. Diese
sucht sich einen für die Nahrungsaufnahme
günstigen Ort auf der Pflanze aus, wo
sie einen Wachsschild über sich ausscheidet,
unter dem sie sich entwickelt. Die
weiteren Larvenstadien und das Weibchen,
das larvenförmig ist, besitzen keine
Beine und verlassen ihren Schild nicht.
Ihre Mundwerkzeuge sind immer in die
Pflanze eingesenkt und sie saugen kontinuierlich
Pflanzensaft. Die Männchen,
die Beine und Flügel, aber keine Mundwerkzeuge
besitzen, suchen die Weibchen
auf und paaren sich, womit der Zyklus
abgeschlossen ist. Der Schild schützt die
Larven und Weibchen vor dem Austrocknen
sowie vor Räubern wie Marienkäfer
oder Blumenwanzen.
Die Pflanzenläuse ernähren sich von
Pflanzensäften, oft vom Siebteil (Phloem)
mit den Assimilaten, die hauptsächlich
Zucker, Aminosäuren und Wasser enthalten.
Der Phloemsaft bildet eine sehr unausgeglichene
Nahrung für die Insekten,
da ein Überfluss an Zucker und Wasser mit
dem Mangel an Stickstoff einhergeht.
Dank der Symbiose mit Bakterien, die sich
in speziellen Organen, den Bakteriomen,
befinden können, kann Stickstoff angereichert
werden. Um die Verdauung nicht mit
einem Überschuss von Wasser und Zucker
zu belasten, finden wir bei den Pflanzenläusen
eine besondere Anpassung im
Darm, wo Vorder- und Hinterteil vom Mitteldarm
schlingenartig verbunden sind.
Wasser und Zucker werden so zum grossen
Teil vom Vorderdarm direkt in den Enddarm
geleitet und dort als Honigtau ausgeschieden.
Dieser wird mitunter von
Bienen gesammelt und dann vom Menschen
zum sogenannten Waldhonig verarbeitet.
Ob wohl alle Geniesser des Waldhonigs
wissen, woher dieser stammt? ■
28 VSAO JOURNAL ASMAC Nr. 5 Oktober 2018
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FOKUS ENERGIE
Wie viel Energie darfs denn sein?
Supplemente aufbereitet in Drinks, Riegeln, Tabletten, Gels usw. gibt es in riesiger Zahl und
jährlich kommen viele weitere hinzu. All diese Nahrungsergänzungsmittel sollen Defizite
vermindern bzw. verhindern. Welche aber machen wirklich Sinn und wann? Risiken bergen
Supplemente insbesondere im Sport, da sie mit verbotenen Substanzen kontaminiert sein
könnten.
Dr. Joëlle Flück, Sport- und Ernährungswissenschaftlerin Sportmedizin Nottwil und
Geschäftsführerin Swiss Sports Nutrition Society
Jährlich erscheinen neue Supplemente
bzw. Nahrungsergänzungsmittel auf dem
ohnehin schon riesigen Markt. Es ist
schwierig, den Überblick zu behalten oder
die Supplemente evidenzbasiert einschätzen
zu können. Dieser Artikel erklärt kurz
und knapp, welche Supplemente in spezifischen
Situationen durchaus Sinn machen
können und von welchen man eher
die Finger lassen sollte. Zudem beschreibt
dieser Text, wo man die betreffenden Informationen
zur Wirkung und Anwendung
von Supplementen finden kann.
Supplemente sollen mit Bedacht und
sinnvoll eingesetzt werden. Dies sollte
unter Einbezug einer Fachperson auf die
individuelle Situation abgestimmt erfolgen.
Zudem sind Supplemente als Ergänzung
und nicht als Ersatz für die Basisernährung
gedacht. Grundsätzlich werden
die Supplemente in vier verschiedene
Kategorien klassifiziert (http://www.ssns.
ch / sportsnutrition / supplemente / supplementguide/).
Die Klassifikation berücksichtigt
die Inhaltsstoffe des Supplements,
deren Wirkmechanismen sowie
auch deren Einfluss auf die Gesundheit
und die sportliche Leistungsfähigkeit. Es
wird empfohlen, Supplemente zu verwenden,
deren Wirkung durch evidenzbasierte
Literatur abgestützt ist und somit in
spezifischen Situationen die Leistung
bzw. Erholung positiv beeinflussen können.
Nachfolgend werden die vier Kategorien
näher beleuchtet.
A-Supplemente
Die «A-Supplemente» sind die wirkungsvollsten
Nahrungsergänzungsmittel. Sie
beinhalten jene Supplemente, welche im
Sport in gewissen Situationen durchaus
ihre Berechtigung haben und durch gute
wissenschaftliche Evidenz begründet
werden. In dieser Kategorie findet man
(® ronstik/fotolia.com)
30 VSAO JOURNAL ASMAC Nr. 5 Oktober 2018
FOKUS ENERGIE
Supplemente verschiedener Art. So gehören
die bekanntesten Sportnahrungsmittel
wie Sportgetränke, Gels, Energieriegel,
Produkte für den Mahlzeitenersatz
sowie auch Produkte zur Regeneration
in diese Kategorie. Gerade bei den Sportgetränken,
Gels und Energieriegeln
konnte klar gezeigt werden, dass der
Einsatz solcher Kohlenhydratpräparate
im Sport durchaus ihre Berechtigung
haben. Bei langen Ausdauereinheiten
oder -wettkämpfen kann es schon einmal
vorkommen, dass die Glykogenspeicher
entleert werden und extern Energie
zugeführt werden muss, um die Leistung
auf gleichem Niveau aufrechterhalten zu
können. So konnte beispielsweise gezeigt
werden, dass die Leistung massiv verbessert
werden kann, wenn statt Wasser
kohlenhydrathaltige Getränke bzw. Supplemente
bei einem Ausdauerwettkampf
zum Einsatz kommen. Auch die medizinischen
Supplemente wie Probiotika,
Eisen, Kalzium, Vitamin D und Multivitaminpräparate
können bei Athleten zur
Anwendung kommen, insbesondere
dann, wenn eine aktuelle Mangelerscheinung
vorliegt oder wenn der Athlet
eine akute Magen-Darm-Erkrankung
auskurieren muss. Weitere Supplemente
dieser Kategorie werden als Performance-Supplemente
beschrieben und
zeigen in gewissen Sportarten mit spezifischen
Anforderungsprofilen (bspw.
Belastungsdauer und -intensität, Produktion
von Milchsäure, Konzentrationsfähigkeit
des Athleten etc.) eine Verbesserung
der Leistung gegenüber einem
Placebopräparat. Diese drei Supplemente
sind namentlich Bicarbonat, Koffein
und Kreatin.
B-Supplemente
Der Einsatz von «B-Supplementen» kann
durchaus Sinn machen, jedoch ist die
wissenschaftliche Evidenz noch nicht ausreichend
vorhanden. Ein Einsatz dieser
Supplemente scheint trotzdem möglich,
jedoch sollte er sehr individuell und personalisiert
erfolgen. Aktuell zählen Beta-
Alanin, Carnitin, Glucosamin, HMB und
Randensaft zu den B-Supplementen. Bei
ihnen allen konnte in gewissen Situationen
ein Effekt auf die Gesundheit, Leistung
oder Regeneration nachgewiesen
werden. Trotzdem ist ein Einsatz nicht in
jedem Fall sinnvoll und muss jeweils von
einer ausgewiesenen Sporternährungs-
Fachperson individuell beurteilt und abgeschätzt
werden.
C- und D-Supplemente
«C- und D- Supplemente» sind Wirkstoffe,
welche man nicht im Einsatz sehen
möchte. Zum einen, weil keine wissenschaftliche
Evidenz gegeben ist (C-Supplemente)
und zum anderen, weil sie ein
erhöhtes Risiko aufweisen, mit verbotenen
Substanzen kontaminiert zu sein (D-
Supplemente). So zum Beispiel Colostrum,
welches generell im Sport nicht verboten
ist, bei dem jedoch unklar ist, ob dessen
Inhaltsstoffe einen positiven Dopingtest
aufgrund von verbotenen Substanzen auslösen
könnten. Die Supplemente dieser
Kategorie sind für alle Sportler tabu!
Risiken
Jede Einnahme eines künstlich hergestellten
Supplements birgt schlussendlich die
Gefahr, dass es durch die Herstellung und
Produktion mit verbotenen Substanzen
kontaminiert wurde. Bei Supplementen,
welche im Internet bestellt werden, ist das
Risiko umso grösser, da meist weder die
Qualität der Herstellung noch jene der
Produktion ersichtlich ist. Gerade solche
Supplemente sind vom Athleten absolut zu
meiden. Es gibt bereits heute Firmen, welche
die Reinheit der Supplemente anhand
einer Prüfung auf verunreinigte Stoffe
untersuchen. Leider ist eine komplette
Prüfung aller verbotenen Substanzen zu
teuer, deshalb wird nur ein gewisser Teil
davon durch die Firmen überprüft. Das
Risiko, ein kontaminiertes Supplement zu
erwischen, kann vermindert werden,
wenn Supplemente nicht aus dem Internet
bestellt werden, Herstellungsprozess und
-qualität ersichtlich sind oder wenn man
Produkte der grössten Schweizer Sportnahrungsfirmen
verwendet, welche ihre
Produkte auf Verunreinigungen testen
lassen.
Empfehlung
Generell wird empfohlen, jede Supplementation,
sei sie medizinisch bedingt
oder sportlich indiziert, mit einer Sporternährungs-Fachperson
abzusprechen.
Zudem soll die Supplementation auf das
Anforderungsprofil der Sportart abgestimmt
werden, so dass eine Supplementation
wirkungsvoll durchgeführt werden
kann. Eine Supplementation bei jugendlichen
Athleten oder Athleten, welche über
Trainingsreize ihr volles Potential noch
nicht ausgeschöpft haben, wird generell
nicht empfohlen. Eine individuelle Betreuung
und Beratung ist so letztlich das
A und O jeder Supplementation. ■
Swiss Sports
Nutrition Society
Die Swiss Sports Nutrition Society
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und zu den einzelnen Supplementen
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Nr. 5 Oktober 2018
VSAO JOURNAL ASMAC
31
FOKUS ENERGIE
«Doping» fürs Stromnetz
Die erneuerbaren Energien können das Stromnetz an die Belastungsgrenze bringen: Schwankungen
der Einspeiseleistung von Wind- und Photovoltaikkraftwerken müssen dynamisch ausgeglichen
werden, sonst droht ein Blackout. Doch die Konzession neuer Pumpspeicherkraftwerke ist heutzutage
kaum mehr möglich. Die ETH Zürich forscht daher an Batteriespeichersystemen der Zukunft.
Dr. Ing. André Hillers, Dipl. Ing. Simon Fuchs, Prof. Dr. Ing. Jürgen Biela, Institut für Hochleistungselektronik (HPE) der ETH Zürich
Um körperliche Spitzenleistungen zu erbringen,
verfügt der Mensch über eine
ausgeklügelte Kaskade von biologischen
Energiespeichern: Die am schnellsten abrufbare
Energie lagert in den (Muskel-)
Zellen selbst, ist jedoch in ihrer Menge
stark begrenzt. Mittelfristig kann der Organismus
auf Glykogen und Fett zurückgreifen,
aber auch hier gilt: Irgendwann
muss Nahrung von aussen zugeführt und
in verwertbare Energie umgewandelt werden.
Die grössten Vorräte befinden sich
also im Wanderrucksack, im eigenen
Kühlschrank und auf den Feldern unserer
Bauern.
Auch in der elektrischen Energieerzeugung
ist man auf eine Kaskade von Speichern
angewiesen. Da das Netz den Strom
lediglich leitet, gilt: Alles was verbraucht
wird, muss zum gleichen Zeitpunkt auch
erzeugt werden. Der kurzfristigste Speicher
ist dabei – so kurios das klingen mag
– vom Prinzip her ein einfaches Schwungrad,
wie es aus dem Physikunterricht in
der Mittelschule bekannt ist. Da die meiste
elektrische Energie auch heute noch
mittels grosser drehender Turbinen erzeugt
wird, geht selbst beim Ausfall eines
Kern- oder Kohlekraftwerks das Licht
nicht sofort aus. Die Generatoren der verbleibenden
Kraftwerke werden im Fehlerfall
jedoch erst einmal zunehmend langsamer.
Für diesen Fall haben die Betreiber
natürlich vorgesorgt. Ein paar Schrecksekunden
reichen aus, um im Netz vorgehaltene
zusätzliche Kapazitäten abzurufen
und damit Energieverbrauch und
-erzeugung wieder auszubalancieren. Im
Normalfall ist diese Regelung so schnell
und präzise, dass der Verbraucher davon
gar nichts mitbekommt.
Mit und ohne Schwung
in die Zukunft
Nun haben Solarzellen jedoch keine rotierende
Masse, und Windkraftwerke weisen
aufgrund ihrer aerodynamischen
Eigenschaften nur ein begrenztes Trägheitsmoment
auf. Am Institut für Energieübertragung
und Hochspannung (EEH)
der ETH Zürich wurde entsprechend errechnet,
dass ein zunehmender Ersatz
klassischer Kohle- und Kernkraft durch
erneuerbare Energien das Netzverhalten
im Fehlerfall verschlechtern kann. Genau
hier können Batteriespeichersysteme Abhilfe
schaffen. Im Gegensatz zu Wasserkraftwerken
können sie die gespeicherte
Energie innert Sekundenbruchteilen zur
Verfügung stellen und so einen wertvollen
Teil zur Stabilisierung des Netzes beitragen
[1].
Selbst wenn die Zeiträume etwas anders
sind, ist dieses Prinzip mit der Glykose und
dem Fettstoffwechsel im menschlichen
Organismus vergleichbar: Ein Pumpspeicherkraftwerk
kann sehr viel Energie
speichern, braucht jedoch einen kurzen
Moment zum Anlauf – ähnlich der Fettverbrennung
bei längerer und mässiger
körperlicher Anstrengung. Die Glykogenspeicher
in Muskeln und Leber machen
Energie hingegen nahezu unmittelbar
nach Belastungsbeginn verfügbar, sind
aber nach einem intensiven Workout relativ
rasch entladen. Auch ein Batteriespeicher
muss meist direkt wieder aufgefüllt
werden, nachdem er zum Einsatz
gekommen ist.
Ein vielversprechender Anwendungsfall
für Batteriespeicher im Stromnetz ist daher
das Vorhalten schnell verfügbarer
(Regel-)Energie mit zeitlich begrenzter
Notwendigkeit – der Netzbetreiber spricht
von Primär- und Sekundärregelung.
Ein vom in der Schweiz ansässigen Technologieunternehmen
ABB entwickelter
und im Jahre 2011 von den Elektrizitätswerken
Zürich (EWZ) in Betrieb genommener
Prototyp bestätigt diese Hypothese.
Eine Fallstudie auf Basis der gewonnenen
Betriebsdaten bescheinigt einem zukünftigen,
skalierten System eine positive
wirtschaftliche Bilanz [2]. Dies ist insbesondere
von grosser Bedeutung, da die
geologischen und regulatorischen Gegebenheiten
in der Schweiz einer nennenswerten
Konzession neuer Pumpspeicherkraftwerke
im Wege stehen. Obwohl die
Schweiz aktuell über 50 Prozent des eigenen
Energiebedarfs aus Wasserkraft deckt,
stellen also auch hierzulande wettbewerbsfähige
Batteriespeicher eine Schlüsseltechnologie
für den erfolgreichen Einsatz
von erneuerbaren Energien dar.
Ganzheitliche
Optimierung
Eine wichtige Herausforderung ist dabei
die eigentliche Anbindung der Batterie ans
Stromnetz. Die Chemie erlaubt es einzelnen
Batteriezellen, nur Gleichstrom bei
einer niedrigen Gleichspannung bereitzustellen.
Heutige Netze arbeiten jedoch mit
Wechselspannung, deren Spannungswert
sehr hoch gewählt wird, um eine effiziente
Übertragung zu ermöglichen. Um eine
Batterie ins Netz einzubinden, muss also
die Gleich- in eine Wechselspannung umgeformt
und die Spannung selbst stark
erhöht werden. Dem Bau entsprechender
Konverter ist ein gesamtes Teilgebiet der
Elektrotechnik gewidmet: die Leistungselektronik.
Da fast jeder Anwendungsfall eine ganzheitliche
Betrachtung und Optimierung
erfordert, können leistungselektronische
Systeme in ihrer Gesamtheit sehr komplex
werden. Der Anspruch, ein solches System
so kompakt und so effizient wie möglich
zu bauen, füllt dabei nicht selten gesamte
Doktorarbeiten. Während seiner Dissertation
am Institut für Hochleistungselektronik
(HPE) der ETH Zürich hat André
Hillers zusammen mit ABB Schweiz, dem
Bundesamt für Energie (BFE) und den
Elektrizitätswerken Zürich (EWZ) neue
Lösungen erforscht, um sehr grosse Batteriespeicher
ins Netz einzubinden. Mit
Erfolg. Die neuen Technologien auf Basis
Modularer Multilevel-Konverter erlauben
höchste Effizienzen und geringste Bauvo
32 VSAO JOURNAL ASMAC Nr. 5 Oktober 2018
FOKUS ENERGIE
André Hillers hat während seiner Dissertation über 15 studentische Arbeiten betreut. Sein Prototyp stellt nicht nur
die Grundlage für die Forschung von Simon Fuchs und dessen Studentin Mingkun Liu dar, sondern wird in Zukunft
als integraler Bestandteil der Laborinfrastruktur von anderen Forschenden am Institut für Hochleistungselektronik
genutzt werden (v.l.n.r. Dipl. Ing. Simon Fuchs, MSc. Ing. Mingkun Liu und Dr. Ing. André Hillers vor ihrem Versuchsaufbau).
lumina [3]. Einziger Wermutstropfen: Im
Moment ist man der Chemie noch etwas
voraus. «Obwohl Grund zur Annahme
besteht, dass selbst heutige Batterien den
erhöhten Belastungen der neuen Speichersysteme
gewachsen sind, fehlt ein
formaler Nachweis über die gesamte Nutzungsdauer.
Dieser ist nicht ganz einfach
zu erbringen, denn für Speicher im
Stromnetz sprechen wir von Einsatzzeiträumen,
die ein Jahrzehnt deutlich übersteigen»,
fasst Hillers zusammen.
Die Forschung am Institut für Hochleistungselektronik
konzentriert sich daher
auch nicht nur auf Batteriespeichersysteme.
«Um ein solch komplexes System als
Prototyp zu entwickeln, muss man im
Team zusammenarbeiten. Viele der Technologien,
die wir für den Speicher benötigen,
wurden übergreifend von mehreren
Forschern entwickelt und werden in Zukunft
auch in anderen Projekten sowie in
der Lehre eingesetzt», erläutert Jürgen
Biela. Das hilft den Forschenden, sich auf
die wesentlichen neuen Forschungen zu
konzentrieren.
«Bezogen auf die Anwendung der neuen
Batteriespeichertechnologien gilt es nun
die geschaffenen Möglichkeiten zu nutzen»,
bekräftigt André Hillers. «Denn
momentan existieren noch keine Anreize,
besonders schnelle Regelkraftwerke ins
Netz einzubinden. Dass unlautere Leistungssteigerung
im Radsport verboten ist,
leuchtet mir ein. Im Rennen um das stabilste
und sicherste Stromnetz der Zukunft
könnten jedoch gerade die schnellen Ansprechzeiten
von Batteriespeichersystemen
entscheidende Wettbewerbsvorteile
bieten – ganz legal.»
■
References
[1] T. Borsche, A. Ulbig und G. Andersson, «Impact
of Frequency Control Reserve Provision
by Storage Systems on Power System Operation»
in IFAC World Congress 2014.
[2] M. Koller, «Evaluating the Business Case for
BESS in the Primary Frequency Control Market»
in Energy Storage World Forum 2015.
[3] A. Hillers und J. Biela, «Systematic Comparison
of Modular Multilevel Converter Topologies
for Battery Energy Storage Systems
Based on Split Batteries» in European Conference
on Power Electronics and Applications
(EPE) 2015.
Nr. 5 Oktober 2018
VSAO JOURNAL ASMAC
33
FOKUS ENERGIE
Wenn Helfer hilflos sind
Sie rauben einem buchstäblich den letzten Nerv, bringen einen an die Grenze der Geduld und des
Mitgefühls und starten einen Teufelskreis, der endlos Energie verschlingt. Schwierige Patienten
sind glücklicherweise eher selten, können jedoch bei Ärztinnen und Ärzte veritable Krisen auslösen.
Was aber macht einen Patienten schwierig und wie soll man darauf reagieren?
Gerhard Dammann, Ärztlicher Direktor, Psychiatrische Dienste Thurgau
Viele Kolleginnen und Kollegen haben
sich nicht nur für das Medizinstudium
entschieden, weil sie sich für den menschlichen
Körper, die Entstehung von Krankheiten
und die Behandlung interessierten,
sondern weil der Arztberuf zusätzlich eine
intensive interpersonelle Beziehung zwischen
Arzt, Patienten und Angehörigen
ermöglicht und erfordert. Bis vor einigen
Jahren wurde ein Arzt in erster Linie an
seinen fachlichen Qualifikationen gemessen.
War er ein guter Kommunikator oder
gar Gesprächstherapeut, war dies allenfalls
eine willkommene Zusatzqualifikation.
Hier findet gegenwärtig ein gewisses
Umdenken statt. Es gibt sogar Studien, die
zeigen, dass kommunikationsstärkere
Medizinstudenten sich prospektiv in der
Praxis als die erfolgreicheren Mediziner
erweisen, eine Sichtweise, die Einfluss auf
die Entwicklung des problemorientierten
Lernens (PoL) nach dem Harvard-Modell
genommen hat.
Interessanterweise sind die meisten Patientinnen
und Patienten, über alle Altersstufen
hinweg, trotz Leiden, Schmerzen,
Einschränkungen oder Beunruhigung
letztlich erstaunlich «einfach» im Kontakt,
d.h. meist freundlich, interessiert
und geduldig. Selbst viele psychiatrische
Patienten, um die es im Folgenden nicht
primär gehen soll, sind – anders als ihr
Ruf – zwar in einer psychisch schwierigen
Situation, aber deswegen nicht unbedingt
«schwierige Patienten». Sie sind im Gegenteil
oft dankbar, wenn man ihnen mit
etwas Zeit, Respekt und möglichst wenig
informellem Zwang begegnet.
Schwierigkeiten mit bestimmten Patienten
(fast analog zu solchen mit bestimmten
Vorgesetzten) stellen eine erhebliche
Belastung dar. Sie können nicht selten als
einschneidend oder Hilflosigkeit erzeugend
erlebt werden, mehr noch als die rein
physische oder intellektuelle Arbeitsbelastung,
die Ärzte im Alltag eines Operationssaals,
einer Hausarztpraxis, eines Ambulatoriums
oder einer Intensivstation zu
bewältigen haben. Wir Ärzte sind grundsätzlich
bereit, sehr viel Lebenszeit, Kraft
und Energie in die Arbeit zu investieren.
Allerdings erwarten wir dafür (bewusst
oder unbewusst) eine Form von «Belohnung»,
die sich in höherer sozialer Anerkennung,
Gestaltungsmöglichkeiten oder
sehr gutem Gehalt, aber eben auch in
Wertschätzung im Arbeitsumfeld zeigen
kann. Trifft dies nicht zu, dann geraten
Menschen gerade in psychosozialen Berufen
besonders schnell in eine so genannte
Gratifikationskrise.
Unangenehm und
unbeliebt
Was sind nun Faktoren, die dazu führen,
dass wir Patienten als anstrengend oder
gar als «energieraubend» empfinden?
Grundsätzlich gibt es nicht den «schwierigen
Patienten», sondern eine ganze
Reihe von schwierigen Konstellationen,
die zumeist mit bestimmten Verhaltensweisen
von Patienten (oder deren Angehörigen)
zusammenhängen sowie im Behandelnden
bestimmte Gegenübertragungsreaktionen
(Resonanz) hervorrufen.
Verschiedene empirische Untersuchungen
haben gezeigt, dass Ärzte und Pflegepersonal
sehr wohl zwischen «angenehmen»
und «unangenehmen» bzw. «beliebten»
und «unbeliebten» Patienten unterscheiden.
Der «schwierige Patient» ist der Extremfall
des unangenehmen und unbeliebten
Patienten, der uns weit häufiger
begegnet. Sein Gegenteil könnte man als
den «idealen Patienten» bezeichnen. Wiederkehrende
objektive Faktoren (Geschlecht,
Alter, Krankheitsform, selbst
psychopathologische Charakteristika), die
hier unterscheiden würden, gibt es interessanterweise
kaum. Folgende Patientencharakteristika
werden gelegentlich genannt:
• Chronisch kranker Patient (anders als
akut erkrankter Patient) (negative
Vorerfahrungen, Patient wird oft
selbst zum Experten, «Diplom-
Asthmatiker» etc.)
• Psychosomatische Patienten (kein
klarer Organbefund)
• Anspruchsvollere Patienten (Lehrerberuf
u. Ä.)
• Patienten mit Abhängigkeitserkrankungen
• Alte Patienten (autoritätsgläubiger,
teilweise umständlicher etc.)
• Patienten des eigenen Geschlechts
werden tendenziell (beim Pflegepersonal
untersucht) eher abgelehnt
Der Versuch einer Klassifikation von
«schwierigen Patienten» stammt aus den
80er Jahren von James Groves:
1. Die Abhängigen (dependent clingers)
(unstillbarer Hunger nach Präsenz;
«Dauerredner»; klare Grenzen der Verfügbarkeit
aufzeigen; Dynamik: Verlassenheits-
oder Trennungsängste)
2. Die Forderer (entitled demanders) (haben
das Gefühl, dass man sie nicht
optimal behandelt, teilweise Drohungen;
Dynamik: oft verbirgt sich dahinter
eine narzisstische Selbstwertproblematik)
3. Die manipulativen Hilfeablehner (binden
den Arzt durch immer neue Symptome
und weisen ihn gleichzeitig von
sich, da keine Behandlung etwas bringt;
Dynamik: passiv-aggressive Bindungsproblematik)
4. Die selbstdestruktiven Verleugner (Dynamik:
Wiederholung von oft traumatisierenden
Lebenserfahrungen)
Auf Seiten der Medizinerinnen und Mediziner
werden folgende Aspekte genannt,
die den Umgang mit Patienten generell
erschweren:
• Die Unfähigkeit, mit einer hilflos
machenden Situation umzugehen
(Ungeduld etc.)
• Das Selbstbild/Identität als Arzt
(reiner «Organmediziner»)
34 VSAO JOURNAL ASMAC Nr. 5 Oktober 2018
FOKUS ENERGIE
• Autoritativer Stil («Ich weiss, was
gut für ihn ist. Er muss sich helfen
lassen.»)
• Verständnis für psychische Probleme
(Kennt man Anteile bei sich selbst?
Berufliche Erfahrungen in der
Psychiatrie/Psychotherapie)
• Eigene Lebenssituation (narzisstische
Krisen, die einen dünnhäutiger
werden lassen)
Es sind dann insbesondere folgende Verhaltensweisen,
die einen Patienten zum
«energieraubenden Patienten» machen
können:
• Aggressives Sprachverhalten
• Fragt zu viel
• Wutausbrüche in der Praxis (bezichtigt
den Arzt, unfähig zu sein, ihm
nicht helfen zu wollen)
• Theatralische Inszenierungen (Übertriebener
Ausdruck von Gefühlen)
• Hohes Misstrauen oder Kränkbarkeit
des Patienten
• Häufiges Anfordern von Hilfe (ruft in
der Nacht an, weil er nicht schlafen
kann)
• Mangelndes Befolgen von Regeln (z.B.
Warten) in der Praxis oder geringe
Compliance (lehnt Untersuchungen
ab; Verweigern der Mitarbeit)
• Andauerndes Verlangen nach
Anerkennung
• Streitsüchtiges Verhalten (Bestehen
auf den eigenen Rechten, Andeutung
von Drohungen juristischer Art) bzw.
überkritische Personen
• Starkes Jammern (demonstratives
Schmerzgebaren und Klagen)
• Aufsuchen auch anderer Ärzte ohne
Überweisung oder auch aus Undankbarkeit
• Erhebliche Sprachprobleme
• Hartnäckiges Schweigen, oder
uninteressiert, indolent
• «Klebrigkeit»
• Suiziddrohungen und Suizidversuche
oder aber selbstverletzendes Verhalten
• «Hypochondrisches» Verhalten (ständiges,
wechselndes Klagen, krank zu
sein)
• Unter-Druck-Setzen des Arztes (etwa
um eine Krankschreibung zu erhalten)
• Distanzlosigkeit bis hin zu sexualisierendem
Verhalten
Dies führt dann in unterschiedlicher Ausprägung
zu folgenden Gegenübertragungsreaktionen:
• Frustration, Ärger beim Arzt
• Vermeidungsverhalten dem Patienten
gegenüber (etwa wenn er anruft)
• Unsicherheit bis zu Ohnmachtsgefühlen
• Insuffizienzgefühle und Scham
• Gegenaggression
• Vermehrte (z.B. diagnostische) Aktivität
(die aber oft nicht weiterhilft)
• Resignatives Aufgeben
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Nr. 5 Oktober 2018
VSAO JOURNAL ASMAC
35
FOKUS ENERGIE
Glücklicherweise selten, aber nachhaltig: Schwierige Patienten können Ärztinnen und Ärzte in einen Energie verschleissenden
Teufelskreis ziehen. (® fancystudio – Fotolia.com)
nes Wissens und häufig auch seiner persönlichen
Geduld, seines Mitgefühls und
seiner Integrität kommen. Er wird dann
u. U. ungerecht und zum hilflosen Helfer.
Konsequenzen für die Arzt-Patient-Beziehung
können so sein (manchmal als
Teufelskreis zu verstehen):
• Widerstand beim Patienten
• Stress beim Arzt
• Die Effizienz leidet (Zeit, Kosten,
frustrane Therapien und diagnostische
Abklärungen)
• Behandlungserfolg wird gefährdet
• Behandlungsabbruch (der dann nicht
selten sogar gewünscht wird)
• Unter Umständen auch ökonomische
Folgen (Multiplikatorenfunktion von
unzufriedenen Klienten)
Folgende Überlegung kann hilfreich sein:
«Ich als Helfer erlebe den Patienten als
schwierig, undankbar, uneinsichtig (nicht
compliant). Vielleicht erlebt mich der Patient
auch als schwierig, ich erfülle nicht
seine Erwartungen, gehe nicht genug auf
ihn ein, finde nicht die richtige Lösung für
die Erkrankung etc.»
Hilfreiche Gespräche benötigen neben
objektiver Zeit folgende Voraussetzungen:
Empathie (Verstehen der inneren Erlebniswelt
des Patienten), Wertschätzung und
Echtheit (Authentizität).
Bei der Kommunikation sollte Folgendes
beachtet werden:
• Gut und klar informieren (und Fachsprache
vermeiden)
• Nachfragen und Missverständnisse
auflösen
• Bei Aggression: Grund für den Ärger
herausfinden, Gegenaggression
vermeiden
• Aktiv Bedürfnisse des Gegenübers
ansprechen
• Wahlmöglichkeiten lassen (verhindert
Widerstand und stärkt Autonomie des
Patienten)
Wichtig ist es auch zu versuchen, mögliche
Motive des Patienten zu «übersetzen»:
1. Welche Motive unterstelle ich dem
Patien ten? («Warum äussert er die
Schmerzen so übertrieben?») (Selbstreflexion)
2. Was will der Patient erreichen? (Verständnis)
3. Was sucht er eigentlich? (Dynamik)
4. Wieso trägt er es auf diese (dysfunktionale)
Art und Weise vor? (Konzept des
Widerstandes)
5. Wie könnte vermehrt auf die eigentlichen
Bedürfnisse eingegangen werden?
(Unterstützende Strategie)
6. Kann versucht werden, ihm die Interaktionsproblematik
zu erklären?
Empfehlenswert in einer angespannten
Situation ist ferner folgende Interaktionsbzw.
Kommunikationsstrategie, wenn für
den Behandler die Anerkennung des subjektiven
Faktors und der Bedeutung von
Beziehungen in der Medizin möglich ist:
• Der Umgangston sollte besonders
zuvorkommend sein
• Die Aggression des Patienten zunächst
als solche annehmen
36 VSAO JOURNAL ASMAC Nr. 5 Oktober 2018
FOKUS ENERGIE
• Bewusstmachen der inhaltlichen
Divergenz («Wir sind uns einig, uneins
zu sein.»)
• Klärung: Ist der Konflikt auf der
Inhalts- oder Beziehungsebene zu
verstehen?
• Überführen des unlösbaren Teils in
ein prinzipiell lösbares Problem
• Den ersten Schritt tun, d.h. auf den
Patienten zugehen
• Weg von einer Problemorientierung
hin zu einer Lösungsorientierung
Hilfe suchen
Deutlich wird, dass diese Verhaltensweisen,
und ob wir sie als stressig erleben,
immer auch mit uns zu tun haben. Nach
dem deutschen Psychosomatikprofessor
Gerd Rudolf sollte der Arzt den (psychosomatisch
kranken) Patienten dann zum
Psychiater, Fachpsychotherapeuten oder
Psychologen etc. überweisen, «wenn er
die Fragen seiner Patienten nicht mehr
beantworten kann». Hilfreich sind auch
so genannte Balint-Gruppen (benannt
nach dem ungarisch-englischen Arzt
Michael Balint), wo geleitete, regelmässige
Diskussionsgruppen zur Besprechung
von Problemsituationen angeboten werden.
Sie dienen der Psychohygiene («anderen
geht es auch so»), einem besseren
Verständnis von Dynamiken, der Auflösung
von Verstrickungen und schliesslich
auch der eigene Persönlichkeitsentwicklung
(Selbsterfahrungsanteil). Allerdings
sind sie zeitlich aufwendig und werden
nicht direkt honoriert (nähere Hinweise:
www.balint.ch).
Babyboomer ticken anders
Grundsätzlich gibt es Hinweise, dass sich
in den kommenden Jahren die narzisstische
Thematik verschärft. Auf die genügsame
Nachkriegsgeneration, die nun ins
Hochbetagtenalter eintritt, folgt die Generation
der 68er, die deutlich anspruchsvoller
ist. Damit wird die Zahl der anspruchsvolleren
Patienten zunehmen.
Dieser Wandel sollte von uns Ärzten aktiv
gestaltet und nicht einfach beklagt werden.
Das weitverbreitete Konzept vom
«schwierigen Patienten» sollte ersetzt
werden durch ein Modell «der nicht gelingenden
Interaktion». Damit fände weniger
eine Distanzierung vom Patienten statt
und der Arzt würde sich selbst als beteiligten
Handelnden sehen. Zusammenfassend
würde so anerkannt, dass der Patient
in einem intensiven Interaktionsprozess
als schwierig «erlebt» wird, dass dieser
Prozess jedoch veränderbar ist. ■
Literaturhinweise:
Gert Kowarowsky, Der schwierige Patient. Kommunikation
und Patienteninteraktion im
Praxisalltag, 2., überarbeitet Auflage, Kohlhammer
2011.
Linus Geisler, Arzt und Patient – Begegnung im
Gespräch, 5., erw. Auflage, pmi Verlag 2008.
Nr. 5 Oktober 2018
VSAO JOURNAL ASMAC
37
FOKUS ENERGIE
Schwimmen in Schwärmen
spart Energie
Forscher der ETH Zürich klärten die bisher ungelöste Frage, ob Fischschulen Energie sparen.
Dies gelang ihnen, indem sie die komplexen physikalischen Strömungssysteme detailliert auf
dem Supercomputer «Piz Daint» simulierten und mit einem Algorithmus des Verstärkenden
Lernens (Reinforcement Learning) kombinierten.
Simone Ulmer, Redaktorin Wissenschaft und Technologie am Swiss National Supercomputing Centre (CSCS) 1
Das Schwarmverhalten von Fischen fasziniert
Ingenieure wie Biologen gleichermassen.
Denn Fische in Schwärmen schwimmen
in einem Strömungsumfeld, das voll
von mechanischer Energie ist, erzeugt
durch die Bewegungen der Fische. Forscher
vom Computational Science & Engineering
Lab (CSElab) der ETH Zürich
konnten nun die Frage, ob Fische einen
energetischen Vorteil haben, wenn sie in
Schwärmen schwimmen, mit Ja beantworten.
Zugleich erlangten sie über diesen
Vorgang detaillierte Kenntnisse, die sich
auf energieeffiziente Schwärme von
Schwimm- oder Flugrobotern auswirken
könnten.
Präzise Simulation der
Fluiddynamik
Die Wissenschaftler entwickelten in ihrer
Studie eine hochdetaillierte Simulation
des komplexen Zusammenspiels von
schwimmenden Fischen und ihrem Strömungsumfeld.
Bis anhin wurden derartige
Simulationen mit stark vereinfachten
Modellen durchgeführt, die die Fluiddynamik
der schwimmenden Fische nicht
exakt berechneten. Der Supercomputer
«Piz Daint» am Nationalen Hochleistungsrechenzentrum
der Schweiz (CSCS)
ermöglichte nun erstmals rechenintensive
State-of-the-Art-Simulationen ohne Vereinfachungen.
Zugleich kombinierten die Forscher die
realitätsnahen Strömungssimulationen
erstmals mit einem Algorithmus des Verstärkenden
Lernens (Reinforcement Learning),
einem wirkungsstarken Algorithmus
aus dem Bereich Maschinelles Lernen.
Derartige Lernalgorithmen wurden
bis anhin in Computerspielen wie etwa
«Go» genutzt, um es dem Computer zu
ermöglichen, den Menschen zu schlagen.
Reinforcement Learning in komplexen
physikalischen Systemen benötigt Tausende
von Näherungsschritten und wurde
deshalb bis anhin noch nie für solche
verwendet. Der Algorithmus erinnere an
den Pawlow’schen Hund, sagen die Forscher
des CSElab: Die Agenten erlernen,
durch Belohnung eine optimale Strategie
zu entwickeln, um ihr Ziel zu erreichen.
Hier kam dieser Algorithmus nun zum
Einsatz, um die Fische für ein optimales
Schwimmverhalten zu trainieren und
autonom entscheiden zu lassen, wie sie
auf die unsteten Strömungsfelder, die ihre
Artgenossen erzeugen, am effizientesten
reagieren. «Wir schufen die mathematischen
Rahmenbedingungen und gaben
den Fischen lediglich das Ziel vor, so effizient
wie möglich zu schwimmen», sagt
Guido Novati, Doktorand am CSElab und
Entwickler der den Simulationen zugrunde
liegenden Software. Überraschend
seien die Fische, um Energie zu sparen, in
der Wirbelströmung der anderen geschwommen,
auch wenn es ihnen möglich
gewesen sei, unabhängig voneinander
zu schwimmen.
Lernen aus der
Visualisierung
In ihren Simulationen betrachteten die
Forscher sowohl zweidimensional wie
auch dreidimensional das Schwimmverhalten
von bis zu drei Fischen in unterschiedlichen
Konfigurationen. Sie heben
hervor, dass derartige Simulationen bis
anhin nie mehr als einen Fisch in drei
Dimensionen betrachtet hätten. Sie analysierten
jedes Detail jedes einzelnen Strömungswirbels,
um das Verhalten der Fische
zu verstehen.
«Intuitiv nimmt man an, dass die Fische
den unruhigen Bereichen ausweichen
und in ruhigen Bereichen schwimmen.
Ein Nachfolger interagiert sinnvoll mit dem von zwei führenden Fischen erzeugten Wirbelnachlauf,
was seine Schwimmeffizienz erheblich steigert. (® CSElab/ETH Zürich)
1 Dieser Beitrag erschien erstmals am 6. Juni
2018 am Swiss National Supercomputing
Centre (CSCS).
38 VSAO JOURNAL ASMAC Nr. 5 Oktober 2018
FOKUS ENERGIE
Doch stattdessen lernen sie, direkt in die
Wirbel hineinzuschwimmen», sagt Siddhartha
Verma, Postdoc am CSE lab.
Verma und Novati haben die Studie, die
kürzlich online in den Proceedings of the
National Academy of Sciences (PNAS)
publiziert wurde, unter der Leitung von
ETH-Professor Petros Koumoutsakos
durchgeführt.
Die Forscher stellten fest, dass die Fische
beim Schwimmen dann am meisten
Energie sparen, wenn sie nicht wie bisher
angenommen hintereinander schwimmen,
sondern sich leicht versetzt zur
Schwimmrichtung ihres Anführers positionieren.
In dieser Position nutzen sie die
durch die Schwimmbewegung des Anführers
generierten Strömungswirbel, indem
sie diese mit ihrem Kopf abfangen und
aufspalten. Die Fragmente leiten sie dann
ihrem Körper entlang. Der Verlauf der
aufgespaltenen Wirbel versorgt dabei die
Fische mit Schub, ohne dem Anführer
Energie zu rauben.
Autonome Roboter
«Damit gelang es uns zu zeigen, dass Fische,
die sich passend in einem Schwarm
positionieren, aus der dort herrschenden
Fluiddynamik Energie ziehen können»,
sagt Verma. Er betont, dass in ihren Simulationen
zwar nicht alle Aspekte effizienten
Schwimmverhaltens von Fischen untersucht
worden seien. Aber es sei klar,
dass die entwickelten Algorithmen und die
dabei gelernte Physik in autonom
schwimmende oder fliegende Roboter
transferiert werden könnten.
Ein autonomer Schwimm- oder Flugroboter
kann unerwartete Strömungsverhältnisse
bewältigen – beispielsweise Ware
anliefernde Flugdrohnen während starker
Winde oder Drohnen bei der Suche und
Rettung in einem Sturm. «Es gibt auch
Überlegungen, Flugzeuge mit ähnlichen
Zielen über bestimmte Strecken in Formationen
fliegen zu lassen, um Treibstoff zu
sparen. Der von uns entwickelte Algorithmus
könnte hier ebenfalls zum Einsatz
kommen», sagt Novati.
Die Forscher sind begeistert von den Möglichkeiten,
die ihnen diese neue Kombination
von präzisen und komplexen Strömungssimulationen
mit Reinforcement
Learning ermöglicht. Sie hoffen, dass
künftig auch andere Forscher beginnen,
maschinelles Lernen vernünftig in ihre
Simulationen einzubeziehen. ■
Literaturhinweis
Verma S, Novati G, Koumoutsakos P: Efficient
collective swimming by harnessing vortices
through deep reinforcement learning,
PNAS published ahead of print May 21, 2018.
https://doi.org/10.1073/pnas.1800923115
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Nr. 5 Oktober 2018
VSAO JOURNAL ASMAC
39
PERSPEKTIVEN
FACHSERIE – AKTUELLES AUS DER ONKOLOGIE:
SPÄTFOLGEN NACH EINER KREBSERKRANKUNG IM KINDESALTER
Heilung mit Nebenwirkungen
Die Erfolgsquote ist höchst erfreulich: 80 Prozent aller an Krebs erkrankten Kinder und Jugendlichen
in der Schweiz können geheilt werden. Weniger erfreulich sind die Nebenwirkungen, die teilweise
lange nach Abschluss der Behandlung mit gravierenden Folgen auftreten können. Entsprechend
wichtig ist die kontinuierliche, multidisziplinäre Beobachtung und Behandlung der Betroffenen.
Katrin Scheinemann, Associate Professor of Pediatrics McMaster University Canada 1,2,3
1 Pädiatrische Hämatologie/Onkologie, Universitätskinderspital beider Basel und Universität Basel;
2 Pädiatrische Hämatologie/Onkologie, Klinik für Kinder und Jugendliche Kantonsspital Aarau;
3 Department of Pediatrics, McMaster University Hamilton Canada
Jedes Jahr erkranken in der Schweiz ca.
300 Kinder und Adoleszente (
PERSPEKTIVEN
nimmt die Inzidenz der Spätfolgen über
die Zeit zu, d.h. je länger das Therapie ende
weg ist, desto höher steigen die Risiken, an
einer Spätfolge zu erkranken. Bei den bisherigen
Studien zeichnet sich auch noch
kein Plateau dieser Entwicklung ab – daher
ist eine lebenslange Nachsorge vorgesehen.
Diese Zahlen sind seit der ersten
Survivor-Generation in den späten 1970er
Jahren erhoben worden.
Kinder und Jugendliche mit der Diagnose
eines ZNS (zentrales Nervensystem)-Tumors
weisen die meisten und schwersten
Spätfolgen auf (5). Über 80 Prozent haben
mindestens eine Spätfolge: Am häufigsten
sind hormonelle Ausfälle, gefolgt von neurologischen
Folgekrankheiten. Aber auch
neurokognitive und psychosoziale Spätfolgen
sind sehr prävalent – dies führt zu
einer deutlichen Beeinträchtigung der
Lebensqualität. Die intensive Therapie
eines ZNS-Tumors, insbesondere die
Strahlentherapie, führt zur Abnahme des
Intelligenzquotienten, damit zu einer erniedrigten
Rate einer normalen Schulausbildung,
was sich gravierend auf den Berufseinstieg
und die weitere Berufslaufbahn
auswirkt (6).
Risiken verringern
Die Gestaltung der lebenslangen Nachsorge
wird fortlaufend den neuesten Erkenntnissen
angepasst. Man versucht weltweit,
standardisierte Risikogruppen festzulegen
und damit die Frequenz und Intensität der
Nachsorge zu steuern. Da die Therapieoptionen
der Krebserkrankungen im Kindes-
und Jugendalter von Beobachtung
über alleinige operative Therapie bis zu
sehr intensiver multimodaler Therapie
inklusive Stammzelltransplantation reichen,
machen entsprechende Risikogruppen
in der Nachsorge Sinn. Hiermit stellt
sich auch die Frage, ob man bei genügend
langem, unauffälligem Verlauf bei der
Überprüfung bestimmter Organsysteme
dieses Screening mit der Zeit wieder abschliessen
kann. Diese Frage ist im Moment
für das Screening der Kardiotoxiziät
bei gewissen Grunderkrankungen in Kanada
beantwortet worden: Diese Studie
hat gezeigt, dass nach zehn Jahren mit
unauffälligem Screening mittels Echokardiographie
und Elektrokardiogramm
dieses wieder beendet werden kann (7).
Welches sind nun die häufigsten Spätfolgen?
In der Tabelle sind exemplarisch einige
sehr häufige Spätfolgen erwähnt mit
ursächlichem Agens und den häufigsten
Grunderkrankungen (8).
Spätfolge Ursächliches Agens Grunderkrankung
Nephrotoxizität Ifosfamid, Cisplatin ZNS-Tumore, Weichteilsarkome
Ototoxizität
Platinumderivate,
ZNS-Tumore
Hirnbestrahlung
Knochennekrose Steroide Leukämien, Lymphome
Kardiotoxizität
Anthrazykline/thorakale Leukämien, Lymphome
Bestrahlung
Endokrinologische Defizite Hirnbestrahlung ZNS-Tumore
Zweitmalignome alle alle
Fatigue unklar alle
Posttraumatische Belastungsstörung
alle
alle
Fertilität Cyclophosphamid, Bestrahlung ZNS-Tumore, Leukämien,
Weichteilsarkome
Das Risiko für solide Zweitmalignome
wird im Wesentlichen durch eine Radiotherapie
beeinflusst. Daher sind in den
letzten Jahren Alternativen zur Strahlentherapie
wie zum Beispiel Hochdosistherapie
und anschliessende Stammzelltransplantation
entwickelt worden. Aber
auch die Modifikation der Dosis (kleinstmögliche
wirksame Dosis) und der Bestrahlungstechnik
(Intensitätsmodulierte
Radiotherapie IMRT) sowie der Bestrahlungsart
(Photonen vs. Protonen) in den
letzten Jahren können dieses Risiko verkleinern.
Zusammenfassend hat sich in der jüngeren
Vergangenheit die Nachsorge als eigenständiges
Untergebiet der pädiatrischen
Onkologie entwickelt. Grosse Kinderonkologien
in den USA und Kanada
haben eigenständige Unterabteilungen,
die sich nur mit der Nachsorge (klinische
Versorgung und Forschung) beschäftigen.
Im Vergleich zu anderen Ländern steht in
der Schweiz eine einheitliche nationale
Strategie und Organisation erst am Anfang.
Trotzdem sind in den letzten Jahren
viele kleine Schritte auf dem Gebiet der
Forschung und Versorgung unternommen
worden, um die optimale Nachsorge
der Survivors zu ermöglichen. Nachsorge
ist aber nur als multidisziplinärer Ansatz
erfolgreich – neben vielen medizinischen
Spezialisten sind auch die spezialisierte
Pflege, die Sozialarbeit, Rehabilitationsdienste
wie Ergo- und Physiotherapie als
auch die psychologischen Disziplinen und
verschiedene Berufs- und Karriereberatungsstellen
unter anderem wichtige Akteure.
■
Referenzen
[1] https://www.kinderkrebsregister.ch/fileadmin/KKR08/uploads/pdf/Jahresberichte/
Annual_Report_SCCR_2015_2016_Einzel_web.pdf.
[2] Brock PR, Knight KR, Freyer DR et al.: Platinum-induced
ototoxicity in children: a
consensus review on mechanisms, predisposition,
and protection, including a new International
Society of Pediatric Oncology
Boston ototoxicity scale. J Clin Oncol 2012;
30: 2408–2417.
[3] Phillips SM, Padgett LS, Leisenring WM et
al.: Survivors of childhood cancer in the
United States: prevalence and burden of
morbidity. Cancer Epidemiol Biomarkers
Prev. 2015 Apr; 24(4): 653–63.
[4] Oeffinerger KC, Mertens AC, Sklar CA et al.:
Chronic health conditions in adult survivors
of childhood cancer. N Engl J Med 2006; 355:
1572–82.
[5] Armstrong GT: Long-term Survivors of
Childhood Central Nervous System Malignancies:
The Experience of the Childhood
Cancer Survivor Study. Eur J Paediatr Neurol.
2010; 14(4): 298–303.
[6] Vinchon M, Baroncini M, Leblond P et al.:
Morbidity and tumor-related mortality
among adult survivors of pediatric brain
tumors: a review. Childs Nerv Syst. 2011;
27(5): 697–704.
[7] Ramjaun A, AlDuheiby E, Ahmed S et al.:
Echocardiographic detection of cardiac dysfunction
in childhood cancer survivors: how
long is screening required? Pediatric Blood
and Cancer 2015; 62: 2197–2203.
[8] Langer T, Schuster S, Eggert A: Nachsorge
nach onkologischen Erkrankungen. Monatsschrift
Kinderheilkunde 2015; 163:
112–119.
Nr. 5 Oktober 2018
VSAO JOURNAL ASMAC
41
PERSPEKTIVEN
AUS DER «PRAXIS»
Medikamentöse Senkung
des LDL-Cholesterins
LDL-LOWERING DRUGS
Jens Barthelmes 1 und Isabella Sudano 1,2
1 Kardiologie, Universitäres Herzzentrum, Universitätsspital Zürich
2 Universität Zürich
* Der Artikel erschien ursprünglich in der «Praxis»
(2017), 106 (17): 933–940.
MEDISERVICE VSAO-Mitglieder können die «Praxis»
zu äusserst günstigen Konditionen abonnieren. Details
siehe unter www.hogrefe.ch/downloads/vsao.
Im Artikel verwendete Abkürzungen:
CETP Cholesterinester-Transferprotein
CK Kreatinkinase
LDL-C LDL-Cholesterin
MTP Mikrosomales Triglycerid-Transferprotein
ULN Upper Limit of Normal / oberer Normwert
PAVK Periphere arterielle Verschlusskrankheit
PCSK9 Proproteinkonvertase Subtilisin/Kexin Typ 9
SAMS Statin-assoziiertes Muskelsymptom
Einleitung
Nichtmedikamentöse Massnahmen (Tabakentwöhnung,
Ernährungsumstellung,
regelmässige Bewegung mit mindestens
30–45 min aerobem Training dreimal
wöchentlich, Gewichtsabnahme bei Übergewicht)
sollten immer eine notwendige
medikamentöse Behandlung begleiten
(siehe auch P. Suter in diesem Heft, S.
927–932). Durch Lebensstil-Veränderungen
kann das LDL-Cholesterin nur um
10–20 % reduziert werden. Allerding wird
die Qualität der LDL-Partikel positiv beeinflusst:
Eine Ernährung reich an Antioxidantien
(Früchte, Gemüse, Nüsse, …)
kann die Oxidation von LDL vermindern
und dadurch womöglich einen günstigen
Effekt auf das Herzkreislaufsystem erzielen.
Im Gegensatz zur amerikanischen Richtlinie
empfehlen aktuelle Leitlinien von
AGLA und ESC das Konzept der an Zielwerten
orientierten Senkung des LDL-
Cholesterins in Abhängigkeit von individuellen
Risken [42], s. auch W. Riesen in
diesem Heft, S. 921–926. Die Behandlungsindikation
bei Hypercholesterinämie
hängt grundsätzlich vom jeweiligen kardiovaskulären
Gesamtrisiko ab, das individuell
zu evaluieren ist [42] (Tab. 1).
Statine
Statine hemmen die HMG-Coenzym-A-
Reduktase in der Leber und damit die
Cholesterinproduktion. Als Antwort hierauf
werden die LDL-Rezeptoren hochreguliert
und damit die Entfernung der LDL
in die Leber stimuliert.
Zu dieser Medikamentenklasse gehören
verschiedene Wirkstoffe (Atorvastatin,
Sortis ® 10–80 mg/Tag; Rosuvastatin,
Crestor ® 10–40 mg/Tag; Fluvastatin,
Lescol ® 20–80 mg/Tag; Pravastatin, Selipran
® 10–40 mg/Tag; Simvastatin,
Zocor ® 20–80 mg/Tag; Pitavastatin,
Livazo ® 1, 2 oder 4 mg/Tag) die sich betreffend
Wirksamkeit, Metabolismus und
Interaktionspotenzial unterscheiden
(Tab. 2). Dabei sollte die Statin-Therapie
bis zum Erreichen der LDL-Cholesterinzielwerte
aufdosiert werden.
Bei Hypercholesterinämie sind Statine die
Therapie der ersten Wahl, da der klinische
Nutzen am besten dokumentiert ist.
Die CTT (Cholesterol Treatment Trialists)
Collaboration fasste Daten von 27 randomiserten
Studien (mit ca. 174 000 Teilnehmern)
zusammen, die Statine vs
Plazebo oder High-Intensity- vs Low-Intensity-Statin
verglichen [1, 2]: im Durchschnitt
verminderte die Reduktion des
LDL-Cholesterins um 1 mmol/l die relativen
Risiken für kardiovaskuläre Ereignisse
um 21 %, für kardiovaskulären Tod
um 20 % und für Gesamtmortalität um
10 %. Diese positiven Effekte von Statinen
wurden sowohl in der Sekundärprävention
(nach einem kardiovaskulären Ereignis)
als auch in der Primärprävention [3,
4] beobachtet. Allerdings ist die absolute
Wirksamkeit dieser Behandlung bei Patien
ten mit hohem Risiko stärker, z.B. in
der Sekundärprävention, als bei Patienten
mit niedrigem Risiko, z.B. in der Primärprävention:
je höher das kardiovaskuläre
Risiko, desto weniger Patienten müssen
zur Vermeidung eines Ereignisses behandelt
werden (Number Needed to Treat,
NNT).
Statine zeichnen sich durch hohe Sicherheit
und befriedigende Verträglichkeit aus.
Häufigste Nebenwirkungen sind Veränderungen
der Leberwerte und diffuse Myalgien
[5, 6]. Trotz ihres in Studien guten
Sicherheitsprofils werden Statine zwei
Jahre nach initialer Verordnung nur noch
von 25 % der Patienten zur primären Prävention
bzw. von 40 % zur sekundären
Prävention nach akutem Koronarsyndrom
eingenommen [7, 8].
Die Prävalenz von Myalgien wird auf
5–10 % geschätzt und ist der häufigste
Grund für einen Therapieabbruch [5] Bemerkenswert
ist, dass unter plazebokontrollierter
Re-Exposition nach Myalgie
unter Statin-Therapie 50 % der Statinintoleranten
auch Symptome unter Plazebo
berichten [9]. Wichtige Risikofaktoren für
das «Statin-assoziierte Muskelsymptom»
(SAMS) sind Alter >80 Jahren, weibliches
Geschlecht, niedriges Körpergewicht, genetische
Faktoren, intensiver Sport,
Schilddrüsen-Dysfunktion, Alkoholkonsum,
Konsum bestimmter Lebensmittel
(Grapefruit oder Cranberry Juice) oder
Einnahme von Medikamenten, die den
Stoffwechsel der Statine beeinflussen können
[5].
Besonders wichtig für die Prävalenz des
SAMS ist das Interaktionspotenzial des
eingenommenen Statins. Die meisten Statine
werden hauptsächlich über das Cytochrom
P450-System metabolisiert. Lova
42 VSAO JOURNAL ASMAC Nr. 5 Oktober 2018
PERSPEKTIVEN
Kardiovaskuläres
Gesamtrisiko
(SCORE) %
LDL-Cholesterin
PERSPEKTIVEN
Symptome
CK
Muskelbeschwerden Normale CK Wird oft «Myalgie» genannt. Könnte im Zusammenhang mit einer Statin-Therapie
stehen. Die Kausalität ist fraglich wegen mangelnder Evidenz bei sehr seltenen starken
Muskelschmerzen in ranomdomisierten, doppelblinden Studien Statin vs Plazebo.
Muskelbeschwerden
CK > ULN ULN
PERSPEKTIVEN
Soll ein Statin trotz fraglich statinabhängiger Muskelsymptome fortgesetzt oder wieder angesetzt werden?
Symptomatisch + CK
PERSPEKTIVEN
höht. Im Gegensatz dazu dürfen Fenofibrat
oder Bezafibrat zusammen mit einem
Statin verabreicht werden und stellen die
Wirkstoffe erster Wahl bei hypercholesterinämischen
Patienten mit metabolischem
Syndrom dar, wenn diese unter
einem Statin allein keine genügende Senkung
des LDL-Cholesterins erreichen.
Allerdings zeigte in kontrollierten Studien
die Statin/Fenofibrat-Kombination keine
stärkere Senkung der kardiovaskulären
Ereignisse als die Monotherapie mit einem
Statin. In Post-hoc-Analysen fand man
allerdings die Rate kardiovaskulärer Ereignisse
durch ein Fibrat in der Subgruppe
von Patienten mit hohen Triglyzeridund
tiefen HDL-Cholesterinwerten signifikant
gesenkt [19, 20].
Anionenaustauschharze
Cholestyramin, Quantalan ® 4–24 g/Tag;
Colestipol, Celestid ® 5–30 g/Tag.
Anionenaustauschharze binden Gallensäuren
im Darm und unterbrechen damit
den enterohepatischen Kreislauf, was zu
einer Senkung des LDL-Cholesterins
führt. Die Kombination dieses Medikamentes
mit Statin kann bei therapieresistenten
Patienten erwogen werden [21, 22].
Ein Zusatznutzen wurde nie untersucht,
da verfügbare Studien aus der Zeit vor der
Statinentwicklung stammen. Einschränkend
ist zudem die Medikationsadhärenz
vermutlich aufgrund mehrmals täglicher
Einnahme des unangenehm schmeckenden
Pulvers und häufiger gastrointestinal
unerwünschter Wirkungen.
PCSK9-Hemmer
Alirocumab, Praluent ® 75 mg oder
150 mg alle zwei Wochen; Evolocumab,
Repatha ® 140 mg alle zwei Wochen oder
420 mg einmal pro Monat.
Diese vollhumanen monoklonalen Antikörper
senken die Plasma-Konzentration
von PCSK9 und führen dadurch zur Erhöhung
der LDL-Rezeptordichte und somit
Senkung der Plasmaspiegel von LDL-
Cholesterin. Ausserdem wird die Plasma-
Konzentration des Lipoprotein(a) gesenkt
[23] (siehe auch F. Kronenberg in diesem
Heft, S. 949–954).
Zusammenfassung
Hypercholesterinämie ist einer der am umfassendsten dokumentierten modifizierbaren kardiovaskulären
Risikofaktoren. Wir diskutieren die Grundpfeiler der medikamentösen Therapie bei Hypercholesterinämie
in der Primär- und Sekundärprävention. Dabei stehen Indikation, klinisches Outcome
und Verträglichkeit etablierter Therapien mit Statinen, Ezetimib und Fibraten sowie innovative Ansätze
wie die Hemmung der PCSK9 im Fokus. Unser Übersichtsartikel befasst sich auch mit spezifischen
Indikationen wie familiärer Hypercholesterinämie und Sekundärprävention bei Patienten mit kardiovaskulären
Ereignissen sowie mit Therapieoptionen bei Patienten mit Statinintoleranz.
Schlüsselwörter: Cholesterin, Statin, Ezetimib, PCSK9-Hemmer, kardiovaskuläres Risiko
Abstract
Hypercholesterolemia is one of the best documented modifiable cardiovascular risk factors. We discuss
the basics of drug therapy for hypercholesterolemia in primary and secondary prevention. The focus
is on the indication, clinical outcome and tolerability of established therapies, such as statins, ezetimibe,
and fibrates, as well as innovative approaches, such as PCSK9 inhibitors. The article aims to
provide an overview of the available data with special attention to the treatment of familial hypercholesterolemia,
the role of LDL reduction in secondary prevention and therapy options for patients with
statin intolerance.
Keywords: Cholesterol, statin, ezetimibe, PCSK9 inhibitors, cardiovascular risk
Résumé
L’hypercholestérolémie représente l’un des facteurs de risque cardiovasculaire modifiable les mieux
documentés. Seront discutées ici les bases du traitement médicamenteux dans la prévention primaire
et secondaire. L’attention sera portée sur l’indication, le devenir clinique et la tolérance de traitements
bien établis, à savoir les statines, l’ézétimibe et les fibrates, de même que l’approche innovante constituée
par les inhibiteurs de la PCSK9. Cet article a pour but de revoir les données disponibles, avec une
attention particulière portant sur l’hypercholestérolémie familiale, le rôle de la diminution des taux
de LDL-cholestérol dans la prévention secondaire et les options thérapeutiques pour les malades intolérants
aux statines.
Mots-clés: Cholestérol, statine, ézétimibe, inhibiteur de la PCSK9
PCSK9-Hemmer revolutionieren durch
ihre Galenik und starke Wirksamkeit die
Therapieoptionen im Bereich des Lipidmanagements.
Sie sind besonders wichtig
für Hochrisikopatienten und Patienten
mit familiärer Hypercholesterinämie, welche
mit anderen lipidsenkenden Therapien
keine ausreichende LDL-C-Senkung
erreichen können. Zwei Medikamente
dieser Klasse sind in der Schweiz zugelassen,
Alirocumab und Evolocumab, deren
Wirksamkeit und Sicherheit in den Studien
programmen ODYSSEY bzw. PROFI
CIO evaluiert werden. Bei Hochrisiko-Patienten
[11], Patienten mit familiärer
Hypercholesterinämie [24, 25] sowie Patien
ten mit Statinintoleranz [26–28] wurde
gezeigt, dass diese Medikamente sehr
effektiv LDL senken, nämlich um 50–70 %
zusätzlich zur Statinwirkung [29–35]
und um ca. 50 % als Monotherapie ohne
Statin [36, 37]. Dabei werden die PCSK9
Hemmer sehr gut toleriert. Die bisherigen
Resultate relevanter Studien sind in einem
kürzlich publiziertem Review [43] zusammengefasst.
Besonders erwähnenswert sind die Studien
GLAGOV [32] und FOURIER [33], da
diese klinische Endpunkte untersuchten.
In der plazebokontrollierten GLAGOV-
Studie [32] wurden 968 Patienten mit
symptomatischer koronarer Herzerkrankung
eingeschlossen und 1:1 randomisiert
in einen Arm mit Statin-Monotherapie
vs. Statin-Therapie plus Evolocumab
(420 mg/Monat subkutan injiziert).
Die Last der intrakoronaren Atherosklerose
wurde mit intravaskulärem Ultraschall
(IVUS) evaluiert. Nach 18 Monaten Therapie
wurde die IVUS-Messung wiederholt
und der primäre Endpunkt (prozentuale
Änderung der Plaque-Last) sowie der sekundäre
Endpunkt (Änderung des totalen
Plaque-Volumens) bestimmt. Zusätzlicher
Endpunkt war der Anteil an Patienten, die
eine Ab- bzw. Zunahme ihrer Plaque-Last
erfuhren.
Das LDL-Cholesterin wurde unter Kombinationstherapie
im Vergleich zur Statin-
Monotherapie eindrücklich reduziert
(0,95 vs 2,4 mmol/l; p
PERSPEKTIVEN
Key messages
• Erhöhtes LDL-Cholesterin ist mit erhöhter kardiovaskulärer Morbidität und Mortalität assoziiert.
• Die Senkung des LDL-Cholesterins durch Statine, Ezetimib und PCSK9-Hemmer reduziert das
Risiko kardiovaskulärer Ereignisse.
• Die Zielwerte des LDL sind abhängig vom kardiovaskulären Risiko-Profil des Patienten.
• Die medikamentöse Standardtherapie erfolgt durch Statine. Werden unter maximal tolerierter Statindosis
die Zielwerte für LDL-Cholesterin nicht erreicht, kann Ezetimib ergänzt werden.
• Wenn die Zielwerte weit verfehlt sind, können insbesondere in der Sekundärprävention oder bei
familiärer Hypercholesterinämie Statine mit PCSK9-Hemmern kombiniert werden.
Lernfragen
1. Welche Optionen hat ein Patient, der in der Sekundärprävention unter einer Statin-Monotherapie
seine Zielwerte nicht erreicht? (Mehrfachauswahl)
a) Dosis-Erhöhung
b) Kombination mit Ezetimib
c) Kombination mit Anionenaustauscherharzen
d) Kombination mit Fenofibrat
e) Kombination mit PCSK9-Hemmern
2. Wie ist das optimale Vorgehen bei einer CK-Erhöhung auf das über 4-Fache des oberen Normalwerts?
(Mehrfachauswahl)
a) Bei Muskelschmerzen: Statin weitergeben und nach drei Monaten kontrollieren.
b) Ohne Muskelbeschwerden: Statin stoppen.
c) Bei Muskelschmerzen: Statin absetzen, Kontrolle und Provokationsversuch durch Wiederbeginn
der Statin-Therapie.
d) Statin absetzen und Kontrolle nach vier Wochen.
3. Bei welchen Patienten sollte ein Einsatz von PCSK9-Hemmern erwogen werden? (Mehrfachauswahl)
a) Bei Patienten mit familiärer Hypercholesterinämie und LDL-Cholesterin 3,2 mmol/l unter
Statin.
b) Bei Patienten mit Myokardinfarkt und LDL-Cholesterin von 2,8 mmol/l unter Statin und Ezetimib.
c) Bei Patienten mit familiärer Hypercholesterinämie, Myokardinfarkt und Statinintoleranz mit
LDL-Cholesterin von 3,7 mmol/l unter Ezetimib.
d) Bei Patienten mit familiärer Hypertriglyzeridämie nicht am Ziel unter Fibraten.
e) Bei Patienten mit progredienter peripherer arterieller Verschlusskrankheit (PAVK) und LDL-
Cholesterin von 3,4 mmol/l unter Kombinationstherapie von Statin und Ezetimib.
notherapie erreicht werden (p
PERSPEKTIVEN
rin oder Dextran-Sulfat enthalten, extrakorporal
entfernt. Das Verfahren wird für
gewöhnlich einmal in der Woche durchgeführt.
Parallel wird die Hypercholesterinämie
weiterhin mit Medikamenten
behandelt. Die klinische Wirksamkeit
dieser Therapie lässt sich nur schlecht
durch klassische randomisierte, plazebokontrollierte
und doppelblinde Studien
evaluieren. Ergebnisse relativ grosser Register-Studien
sprechen dafür, dass durch
diese Therapie kardiovaskuläre Ereignisraten
gesenkt werden. Die Therapie wird
schon heute sehr selten eingesetzt und
ihre Indikation wird durch die PCSK9-
Hemmer noch stärker reduziert [38, 39].
MTP-Hemmer
Ziel des Einsatzes von MTP-Hemmern
(Lomitapid, Juxtapid ® ) ist die Senkung
der Produktion von Lipoproteinen in
Darm und Leber. Obwohl MTP-Hemmer
das LDL-Cholesterin bis ca. 50 % senken,
ist der Einsatz dieser Therapie durch deutliche
Erhöhung der Leberwerte und Leberverfettung
limitiert [40]. ■
Manuskript angenommen: 24.5.2017
Interessenskonflikt: Die Autoren erklären,
dass kein Interessenskonflikt besteht.
PD Dr. med. Isabella Sudano,
PhD
Kardiologie
Universitäres Herzzentrum
Universitätsspital Zürich
Rämistrasse 100
8091 Zürich
isabella.sudano@usz.ch
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placebo-controlled trial. Lancet 2015; 385:
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center in Germany. Atheroscler Suppl 2015;
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Hemmung mit Antikörpern: die Resultate
der Phase-III Studienprogramme. Cardiovasc
Med 2017; 20: 123–131.
Antworten zu den Lernfragen
1. Alle Antworten sind richtig.
2. Antworten a) und c) sind richtig.
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Nr. 5 Oktober 2018
VSAO JOURNAL ASMAC
49
PERSPEKTIVEN
D as erleseneObjekt
Der letzte Stich
Prof. Iris Ritzmann, Medizinhistorikerin in Zürich
Instrumente wie diese Ahle gehörten zum
Set jedes Sattlers oder Schuhmachers. Der
abgerundete Griff ermöglicht, den langen,
leicht gebogenen Metallstift einhändig zu
führen, denn das spitze Metall gleitet ohne
grosse Kraftanstrengung durch dickes
Leder. Das zugehörige Etui mit hübscher
Bordüre, einer samtenen Innenauskleidung
und zwei zierlichen Verschlüssen
weist allerdings darauf hin, dass dieses
Instrument vermutlich einem bessergestellten
Besitzer gehörte.
auch die Angst, lebendig begraben zu
werden.
Das spitze Instrument bot Abhilfe, und
zwar auf die radikalste Art: Gegen ein
gewisses Entgelt sollten Ärzte nach der
Todesfeststellung den finalen Herzstich
vollziehen. Spätestens nach dieser Anwendung
wurde der Verstorbene definitiv als
tot betrachtet und konnte guten Gewissens
begraben werden. Hatte man testamentarisch
einen Herzstich festgelegt, wie es
beispielsweise der österreichische Schriftsteller
und Arzt Arthur Schnitzler getan
hatte, brauchte man sich nicht zu sorgen,
als Scheintoter gefangen im dunklen Sarg
aufzuwachen, stundenlang um Hilfe zu
schreien und schliesslich verzweifelt zu
sterben. Es waren solche Geschichten, die
zum Bau ausgeklügelter Friedhofsanlagen
mit Bewegungsmeldern führten: Über
einen Glockenzug konnte der lebendig
Begrabene einen Alarm auslösen.
Das Berliner Medizinhistorische Museum
der Charité widmet sich diesem Skandalthema
in einer vielschichtigen und
lehrreichen Ausstellung. Dort trägt das
ahlenförmige Instrument den Namen
«Herzstichmesser», auch wenn es keine
Schneide aufweist. Es stammt aus der
Pathologisch-anatomischen Sammlung
im Wiener Narrenturm, die 1796 gegründet
wurde, aber erst 180 Jahre später mit
dem Sammeln von Instrumenten begann.
Auch das Bestattungsmuseum am Wiener
Zentralfriedhof besitzt ein Herzstichmesser,
das auf 1900 datiert wird und effektiv
einem Messer und nicht einer Ahle gleicht.
Ganz leise regen sich Zweifel, ob das ahlenförmige
Ausstellungsobjekt wirklich
Ärzte zu potentiellen Mördern machte –
oder nicht einfach Löcher durch Leder
bohrte.
■
Sie haben es längst erraten: Es handelt
sich natürlich nicht um eine Schusterahle,
sondern um ein ärztliches Instrument
aus der Zeit um 1800. Doch wozu wurde
es gebraucht? Bereits vor über 200 Jahren
dominierten Skandalthemen die Presse,
die Wissenschaft und schliesslich auch
den Alltag. Sie wurden von einzelnen Meinungsmachern
hochgepuscht, erfassten
die Bevölkerung in Wellen und dauerten
so lange an, wie sie Menschen zu ängstigen
vermochten. Ein solches Thema war
Sonderausstellung «Scheintot – über die
Ungewissheit des Todes und die Angst,
lebendig begraben zu werden»
20. April 2018 bis 31. März 2019
Berliner Medizinhistorisches Museum der Charité, Charitéplatz 1, 10117 Berlin
Öffnungszeiten:
Di, Do, Fr, So 10–17 Uhr
Mi und Sa 10–19 Uhr
Mo
geschlossen
50 VSAO JOURNAL ASMAC Nr. 5 Oktober 2018
MEDISERVICE VSAO-ASMAC
Unsere Angebote – Ihre Vorteile
MEDISERVICE VSAO-ASMAC hat mit folgenden Unternehmen Zusammenarbeitsverträge
abgeschlossen und kann deren Versicherungslösungen anbieten:
Allianz Suisse
• Motorfahrzeugversicherung
• Hausrat- und Privathaftpflichtversicherung
• Berufs- und Betriebshaftpflichtversicherung
• Geschäftsversicherung
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• Unfallversicherung UVG
• UVG-Zusatzversicherung
Helvetia
• Berufs- und Betriebshaftpflichtversicherung
• Geschäftsversicherung
• Technische Versicherung
ZURICH
• Motorfahrzeugversicherung
• Hausrat- und Privathaftpflichtversicherung
• Gebäudeversicherung
• Reiseversicherung
• Krankentaggeldversicherung
Visana
• Unfallversicherung UVG
• UVG-Zusatzversicherung
• Krankentaggeldversicherung
AXA-ARAG
• Rechtsschutzversicherung (Privat-, Verkehrs- und Berufsrechtsschutz)
Innova
• Krankentaggeldversicherung
Schweizerische Ärzte-Krankenkasse
• Krankentaggeldversicherung / Invaliditäts-Taggeld
Assura · Concordia · Sanitas · Swica · Visana
• Krankenzusatzversicherungen
Versicherung der Schweizer Ärzte Genossenschaft
• Lebensversicherung
Nutzen Sie unsere Kooperationspartner und profitieren Sie von
den Vorteilen und Rabatten.
Falls Sie bereits eine Versicherung bei einer der oben genannten Versicherungen besitzen,
dann prüfen Sie einen Übertritt in unsere Kollektivverträge. Wir unterstützen Sie gerne dabei.
Für Auskünfte wenden Sie sich bitte an:
MEDISERVICE VSAO-ASMAC
Telefon 031 350 44 22
info@mediservice-vsao.ch
Nr. 5 Oktober 2018
VSAO JOURNAL ASMAC
51
MEDISERVICE VSAO-ASMAC
BRIEFKASTEN
Ich habe kürzlich mein Mietobjekt zurückgegeben und nun von meinem
ehemaligen Vermieter eine hohe Schlussrechnung erhalten. Bei der
Abgabe hatte der Vermieter nur wenige Punkte bemängelt. Muss ich
die Rechnung dennoch vollumfänglich bezahlen?
Nach Beendigung des Mietverhältnisses sehen sich die Mieter von Wohn- oder Geschäftsliegenschaften
manchmal mit beträchtlichen Forderungen des Vermieters konfrontiert,
die unter Umständen nicht alle berechtigt sind. Wer die gesetzlichen Bestimmungen
kennt, kann sich besser vorbereiten – und sich entsprechend wehren.
Sowohl für Wohnungen als auch für Geschäftsräume gilt:
Die normale Abnutzung des Mietobjekts wird durch den Mietzins abgegolten. Vom ausziehenden
Mieter sind lediglich die Kosten für Schäden, die durch übermässige Abnutzung
während der Mietdauer entstanden sind, zu bezahlen. Der Vermieter muss die
Schäden beweisen. Zu übernehmen sind indessen nur jene Schäden, die vom Vermieter
rechtzeitig gerügt werden. Zudem richten sich die zu übernehmenden Kosten für den
Ersatz von beschädigten Gegenständen nach deren Zeitwert. Ist der Zeitwert des beschädigten
Gegenstands bereits vollständig abgelaufen, so können die Ersatzkosten dem
Mieter nicht belastet werden. Kleine Reparaturen hingegen, die ohne Fachwissen selbst
ausgeführt werden können, sind vom Mieter zu übernehmen, ebenso der Ersatz von
Kleingegenständen wie Glühbirnen, selbst wenn der Zeitwert bereits abgelaufen ist.
Alexandra Pestalozzi, Rechtsanwältin
Immobilienrecht AXA-ARAG
AXA-ARAG bietet MEDISERVICE VSAO-Mitgliedern
eine Rechtsschutzversicherung zu
sehr vorteilhaften Konditionen an. Haben Sie
noch weitere Fragen? Wenden Sie sich an
Ihren Ansprechpartner bei MEDISERVICE
VSAO-ASMAC unter Telefon 031 350 44 22
oder per E-Mail info@mediservice-vsao.ch.
Das Protokoll – Sicherheit für beide Seiten:
Im bei der Rückgabe erstellten Protokoll werden vom Vermieter die vom Mieter zu übernehmenden
Schadenspositionen sowie allfällige weitere Kosten – beispielsweise für die
Nachreinigung – festgehalten. Dieses Protokoll dient dem Vermieter als Basis für die
Schlussrechnung und sollte sorgfältig geprüft werden. Im Zweifelsfall kann der Mieter
einen Vorbehalt anbringen oder die Unterschrift verweigern. In einem beidseitig unterzeichneten
Protokoll festgehaltene Schäden gelten als anerkannt.
Spezialfall Mieterausbauten:
Wenn der Mieter eigene Mieterausbauten in den Mieträumlichkeiten eingebaut hat, gelten
für diese Mieterausbauten spezielle Bestimmungen. Idealerweise sollten die Vereinbarungen
zu der Frage, was bei der Beendigung des Mietverhältnisses mit den Mieterausbauten
geschieht, im Mietvertrag detailliert festgehalten sein. Erfahrungsgemäss sehen entsprechende
Mietvertragsbestimmungen oftmals vor, dass die Mieterausbauten vom Mieter
zurückzubauen sind, sofern der Vermieter die Mieterausbauten nicht übernehmen will.
Zurück zu der eingangs gestellten Frage:
Als Mieterin müssen Sie demnach Schäden – unter Berücksichtigung des Zeitwerts – nur
übernehmen, wenn diese rechtzeitig (im Protokoll oder ggf. auf andere Weise) gerügt wurden
und der Vermieter die Schäden sowie die übermässige Abnutzung nachweisen kann.
Wenn Sie selbst nicht mehr weiterkommen: Bei Streitigkeiten mit Ihrem Vermieter steht
Ihnen Ihre Rechtschutzversicherung zur Seite. ■
Das müssen Sie wissen:
• Kleine Unterhaltsarbeiten und der Ersatz von Kleingegenständen gehen zulasten
des Mieters.
• Normale Abnutzung wird durch die Miete abgegolten.
• Prüfen Sie bei Mieterausbauten Ihren Mietvertrag auf allfällige Regelungen.
• Die Kosten für übermassige Abnutzung sowie allfällige Schäden müssen nur dann
übernommen werden, wenn der betreffende Mangel bei der Abgabe rechtzeitig
gerügt wurde.
• Die Kosten für Ersatz und Schadensbehebung richten sich nach der Lebensdauer
des betreffenden Gegenstands.
• Prüfen Sie das Abgabeprotokoll sorgfältig und bringen Sie gegebenenfalls einen
Vorbehalt an – oder verweigern Sie die Unterschrift.
52 VSAO JOURNAL ASMAC Nr. 5 Oktober 2018
MEDISERVICE VSAO-ASMAC
Wie halten Sie es mit Hausrat-,
Privathaftpflicht- und Rechtsschutzversicherung?
Die Schweizerinnen und Schweizer neigen angeblich dazu, sich zu überversichern. In der Tat
ist nicht jede Versicherung auch wirklich notwendig. Ganz sicher keine Kompromisse sollten Sie
bei der Hausrat-, bei der Privathaftpflicht- und bei der Rechtsschutzversicherung machen. Diese
gehören in jeden Haushalt.
Hannes Bichsel, Produktmanager bei Visana
Hausratversicherung:
empfohlen
Beim Thema Hausratversicherung sind
sich alle Experten für einmal einig: Obwohl
sie von Gesetzes wegen nicht obligatorisch
ist, gehört sie unbedingt in jeden
Haushalt. Bereits ein kleiner Brand oder
ein Rohrbruch können einen Schaden von
mehreren zehntausend Franken anrichten.
Die Hausratversicherung schützt Ihr
Eigentum gegen die finanziellen Schäden
eines solches Ereignisses. Auch bei anderen
Beschädigungen oder bei einem Diebstahl
hilft die Hausratversicherung.
Privathaftpflichtversicherung:
empfohlen
Ebenfalls zu den unverzichtbaren Versicherungen
gehört die Privathaftpflichtversicherung.
Sie kommt jeweils zum Tragen,
wenn Sie jemandem einen Schaden zufügen.
Zum Beispiel bei einem Zusammenstoss
beim Velofahren oder auf den Ski.
Eine Privathaftpflichtversicherung beinhaltet
meist eine Garantiesumme von
mindestens fünf Millionen Franken. Die
Jahresprämie für eine ganze Familie bewegt
sich in bescheidenem Rahmen, wenn
man bedenkt, welche Risiken sie abdeckt.
Sie erhalten eine leistungsstarke Versicherung
bereits ab rund 100 Franken.
Mehr als ein Krankenversicherer
Visana ist nicht «nur» ein Krankenversicherer, wir verfügen auch über mehr als 20 Jahre Erfahrung
mit Hausrat-, Privathaftpflicht-, Rechtsschutz- und Gebäudeversicherungen. Unsere sogenannten
Directa-Produkte belegen in unabhängigen Prämienvergleichen (zum Beispiel des Westschweizer
Konsumentenmagazins «Bon à savoir») stets einen Spitzenplatz. Sie finden den Vergleich auf www.
visana.ch/privathaftpflicht.
Exklusive Prämienrabatte auf die Zusatzversicherungen
Dank der Partnerschaft des MEDISERVICE VSAO-ASMAC mit Visana erhalten Sie und alle Mitglieder
in Ihrem Haushalt einmalige Prämienrabatte auf die Zusatzversicherungen der Visana:
• Bis zu 20% Kollektivrabatt auf die Spitalzusatzversicherung
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Unser Geschenk an Sie: Coop-Gutschein im Wert von CHF 30.–
Vereinbaren Sie am besten gleich einen Beratungstermin und erhalten Sie als Dankeschön einen
Coop-Gutschein im Wert von CHF 30.–. Gerne beraten wir Sie in unserer Visana-Geschäftsstelle
oder bei Ihnen zu Hause. Hier können Sie uns erreichen:
Visana Services AG, Weltpoststrasse 19, 3000 Bern 15, Telefon 0848 848 899
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Rechtsschutzversicherung:
empfohlen
Die Rechtsschutzversicherung (Privat-,
Verkehrs- und/oder Gesundheitsrechtsschutz)
gehört ebenfalls zu den freiwilligen
und von Experten empfohlenen Versicherungen.
Rechtliche Auseinandersetzungen
am Arbeitsplatz, mit der Vermieterin oder
bei einem Verkehrsunfall können rasch
sehr teuer werden. Da hilft eine professionelle
Beratung und Unterstützung. Gut zu
wissen: Eine Verkehrsrechtsschutzversicherung
ist nicht nur für Automobilistinnen
oder Automobilisten empfehlenswert. Auch
wenn Sie einen Roller, ein E-Bike oder ein
Rennvelo lenken, profitieren Sie vom Verkehrsrechtsschutz.
Ebenso als Buspassagier
oder als Fussgänger.
Das bietet eine gute Rechtsschutzversicherung
• Sie übernimmt Leistungen bis zu
250 000 Franken im versicherten
Schadenfall
• Sie deckt Kosten für Expertisen, Gutachten
oder Prozessentschädigungen
• Sie übernimmt Anwalts- und Prozesskosten
• Sie bietet juristischen Beistand durch
Spezialisten und/oder durch eine kostenlose
telefonische Rechtsauskunft
• Sie hat keinen Selbstbehalt und keine
Mindeststreitwertsumme
Gebäudeversicherung:
meist obligatorisch
Wenn Sie selber über Wohneigentum verfügen,
haben Sie vermutlich eine Gebäudeversicherung
abgeschlossen. In den meisten
Kantonen ist diese obligatorisch. Sie
schützt Ihre eigenen vier Wände gegen
Schäden infolge Feuer- und Elementarereignisse,
Wasserschäden und Glasbruch.
Die Gebäudeversicherung übernimmt auch
Schäden durch Elementarereignisse, beispielsweise
durch Hagel, Erdrutsch,
Schneedruck oder Überschwemmung. Neben
den Basisleistungen der Gebäudeversicherung
können Sie bei Bedarf weitere
Leistungen einschliessen, beispielsweise
Schäden durch Marder, Nager oder Insekten
sowie durch Vandalismus mit Sprayereien.
Sie können zudem Ihre Solaranlagen
mit einer Zusatzversicherung einschliessen
lassen. ■
Nr. 5 Oktober 2018
VSAO JOURNAL ASMAC
53
Wir beraten Ärztinnen und Ärzte, weil wir sie gut verstehen.
Lassen Sie sich von uns einen gratis Versicherungs-Check-Up
verschreiben. Und danach sprechen wir über Ihre Personenversicherung,
Sach- und Vermögensversicherung und Unfallversicherung.
www.mediservice-vsao.ch
VORSORGESTIFTUNG VSAO
Stabsübergabe bei der
Vorsorgestiftung VSAO
Nach mehr als 20 Jahren an der Spitze der Vorsorgestiftung des VSAO tritt Peter Scotton
als Geschäftsführer zurück. Seine Funktion übernimmt der bisherige Leiter der Versichertenverwaltung
Christoph Rytz. Die Pensionskasse der angestellten Ärztinnen und Ärzte
ist sehr robust aufgestellt und geht auch 2018 von einem erfolgreichen Anlagejahr aus.
Christoph Rytz, Leiter der Geschäftsstelle
Liebe Versicherte
Das Geschäftsjahr 2017 war durch ein
aussergewöhnlich positives Börsenjahr
geprägt, von dem auch wir profitieren
konnten. Die Konsumentenstimmung
verbesserte sich spürbar, jedoch blieben
die Zinsen nach wie vor auf einem historisch
tiefen Niveau, was die Anleger dazu
verleitete, grössere Risiken einzugehen.
Mit unserer unveränderten vorsichtigen
Anlagestrategie konnten wir in diesem
Umfeld eine Gesamtperformance von
10,43 Prozent erarbeiten. Im Vergleich
mit anderen Pensionskassen lagen wir
deutlich über dem Branchendurchschnitt
von 7,3 Prozent (gemäss UBS-Barometer).
Die Gefahr einer Blasenbildung und
von Kurskorrekturen, welche zu Beginn
dieses Jahres eingesetzt haben, haben
den Stiftungsrat dazu bewogen, wichtige
Beschlüsse zur Verwendung des sehr guten
Anlageergebnisses zu fällen. Beim
Entscheid, wie das Ergebnis verteilt wurde,
berücksichtigte der Stiftungsrat sowohl
die langfristige finanzielle Stabilität
der Stiftung als auch die Interessen der
Rentnerinnen, Rentner und versicherten
Personen.
In einem ersten Schritt wurden sämtliche
technischen Rückstellungen gebildet sowie
die Wertschwankungsreserve, basierend
auf unserer Risikofähigkeit bei der
Anlagestrategie, auf die maximale Zielgrösse
geäufnet. Zudem wurde eine Rückstellung
für eine künftige Senkung des
technischen Zinssatzes (zu erwartende
Verzinsung des Kapitals der künftigen
Rentnerinnen und Rentner) von heute
zwei Prozent auf 1,5 Prozent vorgenommen.
In einem zweiten Schritt wurde für
die Rentnerinnen und Rentner der bisher
aufgeschobene Teuerungsausgleich eingebaut.
In einem dritten Schritt wurde
aufgrund der bereits im Jahr 2016 beschlossenen
Senkung der Umwandlungssätze
per 1. Januar 2018 allen 45- bis
54-jährigen versicherten Personen eine
Zusatzverzinsung von 0,75 Prozent und
den über 55-jährigen eine solche von 1,5
Prozent zum Ausgleich der künftigen
Rentenkürzung gutgeschrieben. In einem
vierten Schritt wurde allen per Ende 2017
versicherten Personen eine einmalige Zusatzverzinsung
von vier Prozent gutgeschrieben,
dies zusätzlich zu der bereits
im November 2016 beschlossenen Verzinsung
des Alterssparkapitals von 1,25 Prozent.
Zu guter Letzt konnte zu Lasten der
Jahresrechnung 2017 noch eine Rückstellung
für beschlossene Leistungsverbesserungen
(Höherverzinsung 2018 – zwei
Prozentpunkte über der vom Bundesrat
festgelegten Mindestverzinsung von einem
Prozent) gebildet werden. Mit der
Auflösung der vorgenannten Rückstellung
im Jahr 2018 können wir sicherstellen,
dass im laufenden Jahr die Höherverzinsung
trotz möglicher Kurskorrekturen an
den Finanzmärkten gewährleistet ist und
somit die Jahresrechnung 2018 nicht belasten
wird.
Im Frühling dieses Jahres wurde der Jahresabschluss
mit der neuen Verwaltungssoftware
erstellt. Mit dem reibungslosen
Ablauf der Abschlussarbeiten können wir
sehr zufrieden sein. Es bestätigt, dass sich
die Einführung der neuen Software auf
den 1. Januar 2017 gelohnt hat. Mit der
neuen Software und den tiefen Verwaltungskosten
von CHF 111 je Versichertendossier
(die durchschnittlichen Verwaltungskosten
gemäss Swisscanto Vorsorge
AG liegen bei CHF 337 je Versichertendossier)
werden wir auch in Zukunft konkurrenzfähig
bleiben.
Der provisorische Deckungsgrad per 31. Juli
2018 betrug erfreuliche 114,50 Prozent.
Abschied …
Peter Scotton hat sich nach 21 Jahren erfolgreicher
Geschäftsführung entschieden,
ab dem 1. Juli 2018 kürzerzutreten. Er hat
unsere Stiftung nach unternehmerischen
Grundsätzen sehr umsichtig, effizient und
kostenbewusst geführt. Peter Scotton wird
sich im Mandatsverhältnis weiterhin unseren
noch laufenden und künftigen Bauprojekten
widmen. Zudem bleibt er uns
auch als Verwaltungsratspräsident der vor
zehn Jahren gegründeten PK Immo AG
(100-prozentige Tochtergesellschaft der
Vorsorgestiftung VSAO) erhalten. Diese
kümmert sich vorwiegend um die Bewirtschaftung
unserer Immobilien im Grossraum
Bern, Seeland und Solothurn, betreut
aber ebenso erfolgreich Liegenschaften
anderer Pensionskassen und weitere
Drittmandate. Für den bisher geleisteten
Einsatz danke ich Peter Scotton herzlich.
Peter Scotton
… und Neuanfang
Der Stiftungsrat hat mich per 1. Juli 2018
zum neuen Leiter der Geschäftsstelle gewählt.
Ich freue mich sehr über das mir
geschenkte Vertrauen und ebenso freue
ich mich auf die neue Herausforderung.
Nr. 5 Oktober 2018
VSAO JOURNAL ASMAC
55
• Geriatrie/Depressionen
• TripAdvisor für Ärztejobs
Nr. 1 Februar 2018
Verband Schweizerischer Assistenz- und Oberärztinnen und -ärzte
VSAO JOURNAL
Associazione svizzera dei medici assistenti e capiclinica
Association suisse des médecins-assistant(e)s et chef(fe)s de clinique
Nachwuchs
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Publikation2018
VORSORGESTIFTUNG VSAO
Zu meinem beruflichen Werdegang:
Nach erfolgreichem Abschluss der
kaufmännischen Ausbildung war ich
während vier Jahren beim KIGA des Kantons
Bern, Abteilung Arbeitslosenkasse, als
Sachbearbeiter und Gruppenleiter tätig.
Während der Anstellungszeit beim Altersund
Versicherungsamt der Stadt Bern,
Abteilung Ergänzungsleistungen, begann
ich die Ausbildung zum Sozialversicherungsfachmann
mit eidgenössischem
Fachausweis und schloss diese im September
2000 erfolgreich ab. Noch während
der Ausbildung zum Sozialversicherungsfachmann
trat ich die Stelle als stv.
Leiter Versichertenverwaltung bei der
Vorsorgestiftung VSAO an und wurde per
1. Januar 2004 zum Abteilungsleiter befördert.
Während den letzten 18 Jahren
absolvierte ich die Ausbildung für Berufsbildnerinnen
und Berufsbildner, besuchte
die Fachschule für Personalvorsorge und
schloss im Herbst 2013 den Lehrgang Pensionskassenleiter
mit dem eidgenössischen
Diplom erfolgreich ab. Mit Besuchen
von gezielten Fachseminaren halte
ich mein Fachwissen stets auf dem Laufenden.
Mit meiner nun langjährigen Erfahrung
im Bereich der beruflichen Vorsorge sowie
mit der Gewissheit, dass ich auf langjährige,
gut ausgebildete, engagierte und
innovative Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter
zählen kann, können unsere Geschäftspartner,
die Versicherten sowie die
angeschlossenen Arbeitgeber weiterhin
auf unsere professionelle und dienstleistungsorientierte
Arbeit zählen.
Ausblick
Bewegen sich die Finanzmärkte weiterhin
im Bereich der Monate Mai, Juni und Juli
und erfolgen in den kommenden Monaten
keine massiven Kurskorrekturen, so können
wir erneut von einem erfolgreichen
Anlagejahr ausgehen. Sobald die Revision
der EDV und der Informationssicherheit
abgeschlossen ist, werden wir den Versicherten
und allen angeschlossenen Arbeitgebern
unsere Online-Plattform zur Verfügung
stellen. Die Plattform wird den Versicherten
die Möglichkeit bieten, verschiedene
Simulationen von Geschäftsfällen
(Berechnung max. Einkaufssumme,
Pensionierung, Lohnerhöhungen etc.) vorzunehmen.
Ebenfalls können Zivilstandsund
Adressänderungen mutiert und uns
mitgeteilt werden. Sämtliche Arbeitgeber
werden die Möglichkeit haben, die Einund
Austritte, die Lohnänderungen und
weitere Mutationen online zu melden. Wir
erhoffen uns, dass mit der Online-Plattform
die täglich anfallende Papierflut reduziert
werden kann und somit die Umwelt
entsprechend entlastet wird.
Hypothekarzinssätze für Neugeschäfte gültig ab
01.07.2018
Libor-Hypotheken
Ich wünsche Ihnen einen schönen, goldenen
Herbst.
Hypothekarzinssätze
3-Monats-Libor-Hypothek in CHF max. 70% des Belehnungswertes 0.800%
Hypothekarzinssätze Variable Hypotheken für Neugeschäfte gültig ab 01.07.2018
Variable Hypothek 1. Rang max. 70% des Belehnungswertes 1.750%
Variable Hypothek 2. Rang max. 10% des Belehnungswertes (amortisationspflichtig) 2.000%
Libor-Hypotheken
Festhypotheken
3-Monats-Libor-Hypothek Laufzeit 5 Jahre in CHF max. 70% des Belehnungswertes max. 70% des Belehnungswertes 1.000%
0.800%
Laufzeit 10 Jahre max. 70% des Belehnungswertes 1.200%
Variable Hypotheken
Anpassung bestehende Geschäfte per: –
Variable Änderungen Hypothek der Zinskonditionen 1. Rang bleiben vorbehalten. max. 70% des Belehnungswertes 1.750%
Christoph Rytz
Variable Hypothek 2. Rang max. 10% des Belehnungswertes (amortisationspflichtig) 2.000%
Festhypotheken
Laufzeit 5 Jahre max. 70% des Belehnungswertes 1.000%
Laufzeit 10 Jahre max. 70% des Belehnungswertes 1.200%
Anpassung bestehende Geschäfte per: -
Änderungen der Zinskonditionen bleiben vorbehalten.
Nr. 5 Oktober 2018
Taux d'intérêts hypothécaires
VSAO JOURNAL ASMAC
57
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IMPRESSUM
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Nr. 5 • 37. Jahrgang • Oktober 2018
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Im Auftrag des VSAO
Redaktion
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Giacomo Branger, Franziska Holzner-Arnold, Kerstin
Jost, Lukas Staub, Anna Wang, Sophie Yammine
Geschäftsausschuss VSAO
Anja Zyska (Präsidentin), Patrizia Kündig (Vizepräsidentin),
Angelo Barrile (Vizepräsident), Nora Bienz,
Christoph Bosshard, Michel Clément, Karin Etter,
Marius Grädel-Suter, Dina-Maria Jakob, Gert Printzen,
Miodrag Savic, Sergio Sesia, Hervé Spechbach, Robin
Walter (swimsa)
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WEMF/SW-Beglaubigung 2017: 21 842 Expl.
Erscheinungshäufigkeit: 6 Hefte pro Jahr.
Für VSAO-Mitglieder im Jahresbeitrag inbegriffen.
ISSN 1422-2086
Ausgabe Nr. 6/2018 erscheint im Dezember 2018.
Thema: Wunder
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Ruelle du Temple 4, CP 20, 1096 Cully, contact@asmaval.ch
Zentralschweiz (LU, ZG, SZ, GL, OW, NW, UR)
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58 VSAO JOURNAL ASMAC Nr. 5 Oktober 2018
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