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Schön ist es hier sowieso: Wanderschäfer Edgar Marquardt oberhalb von Pelm. Seine Schafe hat er immer im Blick. Hütehund Benny ist immer mit dabei.<br />
KEINE FALSCHE ROMANTIK<br />
Edgar Marquardt ist Wanderschäfer. Einer von noch wenigen. Immer an der frischen Luft, 800 Vierbeinern<br />
bei der Weidearbeit zusehen - ein Traumberuf? Wenn es so einfach wäre.<br />
Die Unruhe hat gerade nur Einer. Benny, Altdeutscher<br />
Hütehund, langweilt sich entschieden und umkreist<br />
seinen Chef, bis der ihn mit scharfem Kommando zu sich ruft.<br />
Von seinem Standort aus hat Edgar Marquardt aus Hinterhausen<br />
mal wieder einen traumhaften Blick. Er geht über die Wildwiese<br />
hinüber hoch zur Kasselburg. Wenn er will. Ruhe herrscht an<br />
diesem strahlenden Sommertag. Um ihn herum fast Stille. Nur<br />
ein leises Schmatzen und Zupfen ist zu hören: 800 Lämmer und<br />
Schafe, vorwiegend Merinos, sind bei der Arbeit. Ein Hektar an<br />
einem Tag. „Kann auch mehr sein“, meint Edgar Marquardt, der<br />
Wanderschäfer.<br />
Was er gerade sieht, gefällt ihm jedenfalls. Nicht wegen des<br />
Fernblicks. Sein Kapital, die 800, auch die drei schwarzen<br />
Schafe irgendwo mittendrin und vier seiner zehn Böcke, sind bei<br />
der Arbeit. Immer wieder lösen sich langsam kleine Herden aus<br />
dem Verbund, ziehen gemütlich zu noch hoch stehendem Grün<br />
weiter. „Wenn es so ist, ist alles gut“, urteilt der 55-Jährige und<br />
lehnt entspannt auf seinem Schäferstab. Seit dem frühen Morgen<br />
ist er unterwegs, mit seiner Frau hatte er zuvor das Benötigte an<br />
Netzen aus dem kleinen Kombi geholt und den neuen Standort<br />
eingezäunt. Und dann war er wie immer mit seinen 800<br />
losgezogen. Benny, von Marquardt ausgebildet, auf der einen,<br />
er selbst auf der anderen Seite der Herde; oder mal er davor und<br />
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Benny dahinter. Je nachdem. Das macht der gelernte Schlosser<br />
seit 20 Jahren so. Nach der Lamm-Zeit der Muttertiere und der<br />
Schafschur im Winter ist er ab April bis Ende Januar unterwegs.<br />
Je nach Witterung. Ein ungewohnter Anblick für Autofahrer und<br />
Wanderer. In diesen Monaten ist das theoretisch sieben Tage die<br />
Woche möglich, bei fast jedem Wind und Wetter. „Wenn wir<br />
durch Birgel müssen, geht es sogar über die Hauptstraße“, so<br />
Marquardt, dem wie in der Regel Wald- und Feldwege entschieden<br />
lieber ist.<br />
Ziel sind eigene Flächen, die von Anderen, die ihn buchen, oder<br />
die Pflege von nicht befahrbaren Naturschutzflächen im Auftrag<br />
der Landesregierung. Der Wanderschäfer hat mit dem Land<br />
Pflegeverträge geschlossen und bekommt für seine Arbeit dann<br />
einen Zuschuss. In Extremsommern wie dem gerade zu Ende<br />
gegangenen, hat Marquardts Herde den Zusatzauftrag, durch<br />
Beweidung die Brandgefahr auf den Wiesen und Weiden zu<br />
verringern. Und immer sind 800 Merinos das beste Mittel, die<br />
Verbuschung der Kulturlandschaft zu verhindern.<br />
Den Blick hat der Wanderschäfer unterdessen ununterbrochen<br />
auf seine Herde gerichtet. Natürlich habe er den lieben Tag lang<br />
so auch Zeit nachzudenken, doch er muss gleichzeitig aufmerksam<br />
bleiben. Steht ein Schaf nur still, den Kopf gesenkt, hinkt<br />
es vielleicht? Alles kann Symptom für eine Erkrankung oder