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o7_Pruem_Oktober18

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wiederum ist das Problem bekannt: Berufsgenossenschaften<br />

und die Chefs selbst müssen auf das<br />

Tragen von Hörschutz achten. Der HNO-Ärztin<br />

macht eine andere Berufsgruppe Sorgen: „Wenn<br />

Patienten im Straßenbau arbeiten, höre ich immer<br />

wieder: Gehörschutz ist lästig und unbequem“.<br />

Zur HNO-Ärztin kommen auch Patienten, die<br />

mitten im Pürmer Stadtgebiet wohnen. Am<br />

Hahnplatz kreuzen sich die Bundesstraßen B410<br />

und 265. Lärmschutzfenster haben die meisten<br />

Wohn- und Einzelhandelsgeschäfte entlang der<br />

Zufahrtstraßen zur „Guten Stube“ der Abteistadt<br />

schon lange. Alles kein Problem – meinen Stadtbürgermeisterin<br />

Mathilde Weinandy, Architekt<br />

Maik Bömer, verantwortlich für den Umbau des<br />

Hahnplatzes und Christine Kausen, Vorsitzende<br />

des Gewerbevereins „Prüm aktiv“: „Wir wollen<br />

den Verkehr ja in die Stadt holen“, so Kausen.<br />

Warum sonst der ganze Umbau des Platzes nach<br />

Jahrzehnte langer Planung? Verkehrslärm?<br />

Prüm und die 44 Orte der Verbandsgemeinde<br />

– das sind jedenfalls verschiedene Welten,<br />

vor allem in den Orten entlang der B 51. Nach<br />

Paragraph 47d des Bundesimmissionsschutzgesetzes<br />

hat der Bauausschuss am 22. Juni diese Jahres<br />

den Lärmaktionsplan für die VG verabschiedet,<br />

dessen Inhalt trotz vorheriger öffentlicher Pflichtauslegung<br />

im vergangen Frühjahr weitgehend<br />

unbekannt ist.<br />

Dabei enthält das zehnseitige Dokument, das<br />

im Internet abrufbar ist – Bemerkenswertes: Von<br />

mindestens 55 dB(A) – das ist der langfristige<br />

24-Stunden-Lärmpegel tagsüber laut Weltgesundheitsorganisation,<br />

der nicht überschritten werden<br />

sollte, sind im VG-Gebiet entlang 29,84 Kilometern<br />

A60, 17,60 Kilometer B51 und 6,4 Kilometer<br />

der B 410 zwischen Watzerath und Prüm 3976<br />

Menschen auf 33,7 Quadratkilometern Fläche in<br />

2311 Wohnungen betroffen. Für diese Gebiete<br />

sind Lärmkarten aufzustellen, die allerdings, wie<br />

schon erwähnt, keinen Rechtsanspruch auf Lärmschutzmaßnahmen<br />

ergeben. Und berücksichtigt<br />

wurden keine Kreis- oder Landesstraßen neben<br />

den genannten Hauptverkehrsstraßen.<br />

Die Gebiete, die betroffen sind, sind im Lärmaktionsplan<br />

aufgeführt: Teile der Ortsgemeinde<br />

Watzerath, der Stadtteil Niederprüm, in Prüm<br />

selbst aber auch die Bahnhofstraße, die untere<br />

Hahnstraße, die Ritzstraße und die Heldstraße.<br />

Ganz so einfach ist die Sachlage also auch in<br />

Prüms Stadtmitte nicht. Lärmprobleme gibt es<br />

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auch in den Dörfern der VG: Teile Dausfelds und<br />

der Dausfelder Höhe, Ellwerath, der Bereich der<br />

Siedlungen Weinsheimer Held, Brühlborn und<br />

Rommersheimer Held, Hermespand, Willwerath,<br />

Neuendorf, Teile von Winringen, Heisdorf, Feuerscheid<br />

und von Orlenbach sind erfasst.<br />

Ralf Morsch steht vor dem Mehrfamilienhaus,<br />

Wie alle Gewerbevereine, ob in Hillesheim oder Gerolstein,<br />

lehnt auch Christine Kausen für „Prüm aktiv“<br />

Maßnahmen, die Verkehr aus der Stadt halten, ab. In<br />

Prüm hat sie ein Zusatzargument: „Warum denn sonst<br />

der Umbau des Hahnplatzes, wenn wir nicht die Leute<br />

ins Zentrum holen wollen?“<br />

Ralf Morsch zeigt auf den Lärmschutzwall oberhalb<br />

eines Neubaugebietes vor Schlossheck. Warum die<br />

Aufschüttung nicht weiter gezogen wurde, um Verkehrslärm<br />

von der nahen A60 abzuhalten, weiß er<br />

auch nicht.<br />

Schöne „Landmusik“? Landmaschinenhändler Jürgen<br />

Stein in Hillesheim mit einem Rasenmäher: Warnaufkleber<br />

zeigen die maximale Dezibelstärke des Gerätes an.<br />

das kurz vor der Fertigstellung ist. Hier, im<br />

Neubaugebiet vor Schlossheck hat der LBM vor<br />

Jahren einen mittlerweile dicht bewachsenen<br />

mehrere Meter hohen Schutzwall gebaut. Er<br />

soll die Anwohner vor allem vor dem LKW-<br />

Zielverkehr von und zur Großmolkerei ARLA und<br />

der nahen A60-Anschlussstelle schützen. Morsch<br />

ist skeptisch, denn der Wall endet - warum auch<br />

immer - genau in Höhe der unterhalb vorbeiführenden<br />

Autobahn: „Je nachdem, wie der<br />

Wind steht, denken Sie, Sie wohnen neben der<br />

A60“. Dass Architektin Sabine Strunk eine ganze<br />

Reihe von Lärmschutzmaßnahmen beim Neubau<br />

berücksichtigen musste –Schlafzimmer hinten<br />

raus zum Beispiel – wirkt da fast schon absurd.<br />

Denn hinten raus geht’s Richtung Schutzwall,<br />

der da ja gerade endet. 466.421 Euro sind im<br />

„Lärmaktionsplan“ der Verbandsgemeinde Prüm<br />

jedenfalls an „Lärmschadenskosten“ veranschlagt.<br />

Der errechnet sich kompliziert: Umgebungslärm<br />

verursacht oberhalb von Lärmpegeln in der Nacht<br />

von 40dB(A) oder 50 dB(A) am Tag quantifizierbare<br />

jährliche Kosten. Zum Beispiel Gesundheitskosten<br />

und Wertverlust von Immobilien. Diese<br />

Kosten werden in der Regel nicht vom Lärmverursacher<br />

(zum Beispiel der LKW-Verkehr bei<br />

Schlossheck) getragen. Es sind „externe Kosten“.<br />

Was nun? Darauf gibt der Lärmaktionsplan der<br />

VG-Prüm leider keine Antwort<br />

Wer in die Eifel zieht, der tut es auch der angenommenen<br />

Ruhe wegen. Und man muss trotz<br />

alledem klar und satirisch feststellen: Die Eifel ist<br />

nicht New York, das niemals schläft! In der Region<br />

stört in den allermeisten Fällen höchstens mal<br />

die „Dorfmusik“, wie es Monika Kramp nennt.<br />

Sie und Ehemann Ralf wohnen im klitzekleinen<br />

Flesten bei Kerpen. Wenn der Rasenmäher knattert,<br />

der Freischneider oder die Kreissäge kreischt,<br />

der Laubsauger heult, der Bull-Dog durchs Dorf<br />

röhrt – so ist es eben. Nicht rund um die Uhr,<br />

nicht gleichzeitig. Kann aber auch vorkommen.<br />

Jürgen Stein, Landmaschinenhändler in Hillesheim,<br />

vertreibt das Sortiment der verschiedensten<br />

Gartenarbeit-Geräuschemacher. „50 Prozent der<br />

Kunden setzen bei den Rasenmähern mittlerweile<br />

auf Akku statt Motorantrieb“. Leiser statt<br />

bis zu 97 dB(A) lauten Modellen, bei denen<br />

der Hersteller das Tragen von Gehörschutz per<br />

Warnplakette empfehlen muss. Sein Tipp zum<br />

Thema: „Mähroboter mit Akku. Da hören Sie<br />

nichts mehr!“<br />

Das wäre ganz im Sinne der Weltgesundheitsorganisation<br />

WHO, die am 10. Oktober neue Leitlinien<br />

für Umgebungslärm in der EU veröffentlich<br />

hat. Zugrunde liegen wissenschaftliche Studien<br />

zu gesundheitlichen Schäden durch Lärm. Neu<br />

ist die Liste der Verursacher: Freizeitaktivitäten<br />

zum Beispiel - und Lärm durch Windturbinen.<br />

Das könnte in der Region das nächste<br />

Stichwort sein.

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