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Berlin-Brandenburgisches Handwerk <strong>11</strong> I <strong>2018</strong><br />
Foto: Riko Best/Fotolia<br />
Fahrverbot droht<br />
Nach den Urteilen aus Hamburg, Frankfurt/Main und Stuttgart muss<br />
auch das Land Berlin Fahrverbote für Diesel-Pkw und -Lkw verhängen. Das<br />
hat das Verwaltungsgericht Berlin am 9. Oktober <strong>2018</strong> nach einer Klage<br />
der Deutschen Umwelthilfe angeordnet.<br />
Damit wird das Land Berlin bis<br />
spätestens 31. März 2019 verpflichtet,<br />
insgesamt elf Straßenabschnitte an<br />
der Leipziger Straße, Reinhardtstraße,<br />
Brückenstraße, Friedrichstraße, dem<br />
Kapweg, Alt-Moabit, der Stromstraße und<br />
Leonorenstraße für Dieselfahrzeuge bis<br />
zur Klasse Euro 5 zu sperren.<br />
Fahrverbote ab Mitte<br />
des kommenden Jahres<br />
Als Zeitrahmen haben die Richter festgelegt,<br />
dass die Fahrverbote anschließend<br />
innerhalb von zwei bis drei Monaten umgesetzt<br />
werden müssen. Regine Günther,<br />
Senatorin für Umwelt, Verkehr und Klimaschutz,<br />
sagte in einer Videobotschaft auf<br />
ihrer Webseite, die Fahrverbote würden<br />
bis Juli 2019 eingeführt werden.<br />
Die bislang ergriffenen Maßnahmen<br />
haben nicht ausgereicht, um die im Luftreinhalteplan<br />
festgelegten Grenzwerte<br />
einzuhalten. Dieser liegt für Stickstoffdioxid<br />
(NO 2<br />
) bei i. H. v. 40 µg/m 3 im Stadtgebiet<br />
Berlin. Günther kritisierte, die<br />
Fahrverbote seien ein Ergebnis der Tatenlosigkeit<br />
der Bundesregierung sowie des<br />
betrügerischen Verhaltens der Autoindustrie.<br />
Die Berufung zum Oberverwaltungsgericht<br />
Berlin-Brandenburg wurde von<br />
der Kammer wegen der grundsätzlichen<br />
Bedeutung der Sache zwar zugelassen,<br />
aber das Land Berlin wird hiervon wohl<br />
keinen Gebrauch machen. Jedoch will<br />
es jetzt Ausnahme-, Übergangs- sowie<br />
Härtefallregelungen prüfen. Für Berliner<br />
Handwerksbetriebe wäre es wirtschaftlich<br />
nicht tragbar, wenn Firmenfahrzeugen<br />
oder Kunden des Handwerks die Zufahrt<br />
verwehrt würde.<br />
Für <strong>11</strong>7 weitere Straßenteilstücke muss<br />
Berlin ebenfalls Maßnahmen prüfen,<br />
um die Luft sauberer zu halten. Eine<br />
flächendeckende Fahrverbotszone – etwa<br />
entsprechend der Umweltzone innerhalb<br />
des S-Bahn-Rings – ist erst einmal<br />
vom Tisch, da laut Rechtsprechung der<br />
Grundsatz der Verhältnismäßigkeit nicht<br />
gewahrt sei. Auf Hinweis des Gerichts zog<br />
die Deutsche Umwelthilfe, die die Fahrverbote<br />
vor Gericht eingefordert hatte, einen<br />
entsprechenden Antrag kurzfristig zurück.<br />
Moderne Euro-6-Diesel theoretisch<br />
von Fahrverbot nicht ausgeschlossen<br />
Selbst diejenigen, die im Zuge des<br />
Dieselgipfels ihren alten gegen einen<br />
vermeintlich sauberen Euro-6-Diesel<br />
getauscht hatten, sind zukünftig nicht<br />
auf der sicheren Seite. Nur die Euro-6d-<br />
TEMP-Diesel gelten als emissionsarm<br />
und stoßen durchschnittlich 76 Prozent<br />
weniger NOx aus als Euro-6b-Diesel.<br />
Das hatte der ADAC in seinem EcoTest<br />
ermittelt. Vieles ist immer noch unklar.<br />
„Sollte ein modernes Dieselfahrzeug<br />
im Realbetrieb trotz guter Messwerte<br />
deutlich zu hohe NOx-Werte haben,<br />
wäre auch theoretisch ein Fahrverbot für<br />
solche Fahrzeuge nicht auszuschließen”,<br />
wird Matthias Knobloch vom ACE Auto<br />
Club Europa auf der Webseite von<br />
www.berlin.de zitiert. Betroffen wären in<br />
Berlin mehr als 200 000 Dieselfahrer.<br />
Aktuell hat sich Bundeskanzlerin Angela<br />
Merkel in die Diskussion eingebracht und<br />
will vor dem Hintergrund der anstehenden<br />
Hessen-Wahl Fahrverbote in Frankfurt/Main<br />
notfalls per Gesetz abwenden.<br />
Dort, wo Grenzwerte nur geringfügig<br />
überschritten würden, wolle ihre Partei<br />
für diese Fälle das Immissionsschutzgesetz<br />
so ändern, dass Fahrverbote bei<br />
geringer Überschreitung als unverhältnismäßig<br />
eingestuft würden. Verkehrsminister<br />
Andreas Scheuer erklärte kurz vor<br />
Redaktionsschluss, dass es mit den von<br />
ihm favorisierten Nachrüstsätzen bis zu<br />
deren Genehmigung durch das Kraftfahrtbundesamt<br />
bis zu anderthalb Jahre<br />
dauern könne.<br />
sa