BARACK OBAMA
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Amerikaner hinter einer Erzählung von moralischem<br />
und politischem Fortschritt zu einen. Er musste dabei<br />
nicht unbedingt der Held dieser Erzählung sein,<br />
sondern konnte einfach als ihr krönender Abschluss<br />
erscheinen. In den folgenden Monaten machte Obama<br />
schamlose Anleihen bei der Sprache und der Symbolik<br />
einer epochalen amerikanischen Bewegung und übertrug<br />
sie auf den Kampf um die Präsidentschaft.<br />
Barack Obama war von seinem Freund John Lewis nach<br />
Selma eingeladen worden, einem altgedienten Kongressabgeordneten<br />
aus Atlanta. Lewis, Ende sechzig, beleibt<br />
und kahlköpfig, war auf dem Kapitol und unter den<br />
Afroamerikanern nicht so sehr als Abgeordneter<br />
bekannt wie als ein allseits anerkannter Griot, ein<br />
moralisches Vorbild und ein runzlig gewordener Wahrheitskünder<br />
der Bürgerrechtsbewegung. Als King für<br />
die SCLC in Alabama organisierte, war Lewis Vorsitzender<br />
des SNCC gewesen. Lewis war bei fast jedem<br />
wichtigen Marsch dabei. Er war an der Spitze unzähliger<br />
Demonstrationen und bei Begegnungen mit John<br />
Kennedy und Lyndon Johnson im Oval Office an Kings<br />
Seite. Er war der jüngste – und militanteste – der vielen<br />
Sprecher auf dem Marsch auf Washington im Jahr 1963<br />
gewesen; nun war er der einzige von ihnen, der noch<br />
lebte. John Lewis sei jeden Tag seines Lebens ein Held<br />
gewesen, sagten die Leute, aber jetzt fühlte er sich ganz<br />
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