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Berliner Kurier 13.11.2018

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SERIE<br />

Teil 4<br />

Geheimnisvolle<br />

Orte der Stadt<br />

UNTER<br />

BERLIN<br />

Unter Berlin, da liegt<br />

eine geheimnisvolle<br />

Welt der Tunnel und<br />

Gewölbe, der Bunker<br />

und Keller. Es ist das<br />

Reich verborgener<br />

Stadtgeschichten, die<br />

dem tiefen Vergessen<br />

anheimgefallen sind,<br />

und unterirdischer<br />

Anlagen, die, von der<br />

breiten Bevölkerung<br />

gänzlich unbemerkt,<br />

einem öffentlichen<br />

Zweck dienen. Jeden<br />

Besucher versetzen<br />

diese Unterwelten<br />

in ungläubiges<br />

Erstaunen, manch<br />

einen in inbrünstige<br />

Begeisterung. Diese<br />

Serie bringt Licht in<br />

das Dunkel einiger<br />

besonderer Orte<br />

dieser Welt und<br />

offenbart ihre<br />

Geheimnisse.<br />

In den Kammern<br />

des Echos<br />

Die Wasserspeicher<br />

speic<br />

in Prenzlauer er Berg<br />

Von<br />

MICHAEL BRETTIN<br />

Es gluckst und gurgelt,<br />

rumpelt und röchelt,<br />

plitscht und platscht.<br />

Kommen die Geräusche<br />

aus der vorderen oder der<br />

hinteren Kammer?<br />

Das Licht spielt einem auch<br />

Streiche. In jeder Kammer,<br />

zweieinhalb mal zweieinhalb<br />

Meter flächig, hängt eine dieser<br />

kellertypischen Lampen,<br />

deren ovale Schirme in Metallkörbchen<br />

stecken. Ihre<br />

Leuchtkräfte schwanken; sie<br />

zeichnen mal scharfe, mal<br />

schemenhafte Schattenrisse.<br />

Hallo, -allo, lo, -o ..? Herr<br />

Rollmann, -mann, -an, -n ..?<br />

Die Wände, verwaschenes<br />

Ziegelmauerwerk, bis zu sechs<br />

Meter hoch, werfen sich die<br />

Wortfetzen zu, immer und immer<br />

wieder.<br />

Und eine der Kammern hat<br />

Herrn Rollmann geschluckt.<br />

Der Kammergang, die Rundbögen,<br />

das Tonnengewölbe:<br />

Das Bauwerk könnte eine<br />

frühchristliche Krypta oder eine<br />

römische Katakombe oder<br />

eine etruskische Grabkammer<br />

sein –alles in allem ein Totenreich.<br />

Hallo, -allo, lo, -o ..?<br />

Niemand ist zu sehen, Herr<br />

Rollmann ist jetzt aber zu hören.<br />

„Es ist ein übererdetes<br />

Bauwerk, es gilt daher als unterirdisch.“<br />

Seine Stimme<br />

hallt. „Das Wasser stand hier<br />

früher bis zur<br />

Decke.“ Er<br />

taucht wieder<br />

auf, in einer<br />

Kammer, in<br />

der sich ein dickes<br />

Rohr von der Decke bis<br />

zum Boden krümmt, rostgebräunt,<br />

versiegelt. „Ein alter<br />

Wasserzulauf.“<br />

Die Wände werfen<br />

sich Wortfetzen zu,<br />

immer wieder<br />

Großer Wasserspeicher<br />

heißt der Bau; er befindet sich<br />

unter einem Hügel, der umschlossen<br />

ist von Belforter,<br />

Diedenhofer und Kolmarer<br />

Straße sowie Knaackstraße in<br />

Prenzlauer<br />

Berg; der Kleine<br />

Wasserspeicher<br />

liegt<br />

gleich nebenan.<br />

Und Niko<br />

Rollmann ist Vorsitzender des<br />

Vereins unter-berlin, der in<br />

den Speichern Führungen<br />

macht.<br />

Bis vor gut hundert Jahren<br />

speicherte das große Rund, das<br />

einen Durchmesser von fast 40<br />

Metern hat, Wasser; heute<br />

speichert es Klänge. Das Bauwerk<br />

besteht aus fünf gemauerten<br />

Ringen: einem äußeren<br />

Ring, in dem sich 35 miteinander<br />

verbundene Kammern<br />

aneinanderreihen, und vier innen<br />

gelegenen Ringen (Ringkammern),<br />

die dreieinhalb<br />

Meter breit sind. Ihr Nebeneinander<br />

bewirkt eine einmalige<br />

Akustik: Echo-Effekte, die<br />

an jeder Stelle anders sind.

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