Neue Szene Augsburg 2018-12
Stadtmagazin für Augsburg
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»Es hat mich stark beeindruckt, wie<br />
respektvoll und menschlich Mitarbeiter<br />
und Fans beim FCA miteinander<br />
umgehen.«<br />
FCA-Kapitän Daniel Baier und Filmemacher Franz Stepan<br />
Bradford City erzählt eine lineare Entwicklungsgeschichte, vom Kauf der<br />
deutschen Eigentümer eines englischen Profiklubs über das Playoff-Endspiel<br />
im Wembley Stadion bis zum Start in die nächste Saison. Der Film „Mehr als<br />
nur 90 Minuten“ hingegen ist eine Art Bestandsaufnahme, der ein Portrait des<br />
FC <strong>Augsburg</strong> im Jubiläumsjahr zeigt. Mit einem großen historischen Rückblick<br />
auf eine unglaublich bewegte Geschichte.<br />
Hand auf’s Herz. Was wussten sie denn über den FCA, bevor die<br />
Anfrage ins Haus flatterte?<br />
Als Münchner Fußballfan verfolge ich seit meinem sechsten Lebensjahr<br />
die Spiele vom TSV 1860, vom FC Bayern und später dann auch noch von<br />
der SpVgg Unterhaching. So hatte ich den FC <strong>Augsburg</strong> immer im Blick. Ich<br />
war auch Zuschauer bei dem legendären 100.000-Zuschauer-Spiel im Olympiastadion<br />
1973, dem 1:1 gegen 1860. 45 Jahre später Kapitän Alwin „Winni“<br />
Fink persönlich kennenzulernen, der mir spontan das „Du“ anbot, hätte ich<br />
mir nicht träumen lassen.<br />
Mit Sicherheit haben sie im Laufe der Filmarbeiten in <strong>Augsburg</strong> viele<br />
und auch tiefe Einblicke in das Vereinsleben gewinnen können.<br />
Am Anfang war ich mir nicht sicher, wie spannend und emotional der<br />
Film werden kann. Deshalb war vor einem Jahr auch noch keine Produktion<br />
in Spielfilmlänge geplant. Aber schon kurz nach Beginn der Dreharbeiten<br />
war klar, dass es schade wäre, diese unglaubliche Erfolgsgeschichte in einen<br />
engen zeitlichen Rahmen zu pressen. Wir hatten so viele beeindruckende<br />
Persönlichkeiten vor der Kamera, welche die Werte des FCA emotional bewegend<br />
und überzeugend vermitteln.<br />
Welchen Eindruck haben Sie dadurch vom FCA bekommen?<br />
Für mich war total verblüffend, dass ein hoch professionell geführter Bundesligaverein<br />
sich all die bodenständigen, familiären Werte bewahrt hat, die<br />
man eher vom engen Zusammenhalt eines kleinen Amateurvereins kennt. Es<br />
hat mich stark beeindruckt, wie respektvoll und menschlich Mitarbeiter und<br />
Fans miteinander umgehen. Und das macht in meinen Augen, wenn ich den<br />
FC <strong>Augsburg</strong> mit anderen Vereinen vergleiche, letztlich den Erfolg aus.<br />
Sie selbst sind ein glühender Fußball-Fan und Mitglied des FC Bayern.<br />
Ist ein guter Einblick in dieses Geschäft eine zwingende Voraussetzung,<br />
um so einen Film überhaupt machen zu können?<br />
Einerseits macht es das Einarbeiten und das Verständnis für alles leichter,<br />
andererseits achte ich auf Abstand. Ich stelle mir immer Freunde vor, die so ein<br />
Thema nicht interessiert und überlege dann, wie der Film aussehen muss, dass<br />
sie ihn spannend finden. Zuerst soll so ein Film selbstverständlich die FCA-Familie<br />
begeistern, wenn wir es aber schaffen, dass über Fußballfans hinaus Menschen<br />
sich für den FCA interessieren und verblüfft sind, wie toll die Geschichte<br />
und die beteiligten Akteure sind, dann haben wir unser Ziel erreicht.<br />
Sind Sie auch ein bisschen zum FCA-Fan geworden?<br />
Mittlerweile bin ich sogar Mitglied des FC <strong>Augsburg</strong>, schaue mir alle<br />
Spiele des FCA an (was bedeutet, dass ich oft auf zwei Monitore schauen<br />
muss) und möchte über den Film hinaus einen engen Kontakt zum Club<br />
halten. Immer in der Hoffnung, dass mich die FCA-Familie, die mir ans Herz<br />
gewachsen ist, dauerhaft aufnimmt.<br />
Der FC <strong>Augsburg</strong> ist nicht der FC Bayern und hatte viele Jahre nur<br />
wenig öffentliche Präsenz in den Medien. Wie schwierig war es, an<br />
Film- und Fotomaterial der Vereinsgeschichte heranzukommen?<br />
Tatsächlich war es nicht einfach an Bewegtbildmaterial zu kommen.<br />
Glück hatten wir, dass wir auf tolles Super 8-Material aus den 1970er Jahren<br />
eines glühenden FCA-Fans zurückgreifen konnten, auf das gut organisierte<br />
Foto-Archiv des Vereins sowie auf das umfangreiche Archiv der <strong>Augsburg</strong>er<br />
Allgemeinen und des Bayerischen Fernsehens.<br />
Der Verein hatte natürlich seine Vorstellungen, wie der Club im Film<br />
dargestellt werden sollte. Hat man als Regisseur dennoch die Freiheit,<br />
seine eigenen Empfindungen miteinzubringen?<br />
Der Club hat intern im Vorfeld sehr genau besprochen, was im Film vorkommen<br />
sollte und mir dann die erforderliche Freiheit in der Gestaltung<br />
gelassen. Ab der ersten Rohschnittfassung haben wir bei drei Abnahmen in<br />
München gemeinsam den Feinschliff festgelegt und dann in enger Abstimmung<br />
an der finalen Fassung gearbeitet. Besonders erwähnenswert ist die<br />
von Beginn an große Unterstützung der Dreharbeiten durch den Verein, vor<br />
allem durch Michael Ströll, Dominik Schmitz und Jakob Kunz, von Mannschaft<br />
und Trainerstab, Mitarbeitern und Fans.<br />
Was war die größte Herausforderung im Laufe der Arbeiten?<br />
Wie immer die Unmengen an Material in den Griff zu bekommen und<br />
auf die ein oder andere schöne Geschichte oder <strong>Szene</strong> verzichten zu müssen.<br />
Was ist ihre ganz persönliche Lieblingsszene in dem Film?<br />
Da habe ich sehr viele. Um drei zu nennen: Evi Heindl mit der Story über<br />
ihren Besuch in der Wohnung von Joseph Babatunde, die spielerische Leichtigkeit<br />
von Tim Binder aus der U<strong>12</strong> oder die jeden Laien staunend machende<br />
Taktikerklärung von Manuel Baum mit der „ballnahen und der ballfernen<br />
Raute“.