gie_12-2018
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EDITORIAL<br />
Ziele verfolgen und Chancen nutzen!<br />
FOTO: MAGMA<br />
Im laufenden Jahr konnten viele Eisen- und Stahl<strong>gie</strong>ßereien<br />
auf Grund der Nachfrage mehr produzieren<br />
und ihre Geschäftstätigkeit ausweiten. Der Nichteisen-<br />
Bereich läuft nach wie vor auf hohem Produktionsniveau.<br />
Das Bild ist für die Gießereibetriebe nicht einheitlich<br />
und je nach der Abnehmerstruktur gibt es auch<br />
rückläufige Bestellmengen. Schon seit dem Jahreswechsel<br />
2017/<strong>2018</strong> wurden durch Konjunkturindikatoren<br />
erste Zeichen eines Abschwunges signalisiert.<br />
Es sieht so aus, dass eine lange Wachstumsphase der<br />
produzierenden Industrie sich einem vorläufigen Höhepunkt<br />
nähert und durch die eher zunehmenden Unsicherheiten<br />
das wirtschaftliche Umfeld auch für die Gießereibranche<br />
im nächsten Jahr schwierig werden könnte.<br />
FOTO: FRIEDRICH LOHMANN GMBH<br />
Es ist ein Novum in der Branche:<br />
die Verbindung aus Hochregallager<br />
und Formanlage mit Gießprozess.<br />
Eingeführt hat diese<br />
Neuentwicklung jetzt die Friedrich<br />
Lohmann GmbH in Witten.<br />
Kurios: Gegossen wird in vier<br />
Metern Höhe (siehe Seite 66).<br />
In Deutschland fehlt seit Jahren eine Wirtschaftspolitik, die unter den globalen Randbedingungen<br />
auch unsere unmittelbaren eigenen Interessen wirkungsvoll verfolgt, ganz zu<br />
schweigen von einer klaren Industriepolitik. Durch Sonntagsreden und mit allgemeinen<br />
Statements wird keine vernünftige Grundlage für die Unternehmensplanung geliefert, es<br />
werden weder konkrete Ziele noch Wege aufgezeigt, die unternehmerisches Handeln mit<br />
dem Blick nach vorne fördern. Ob es um die Behandlung der Diesel-Problematik, die Elektromobilität,<br />
die digitale Transformation, die zukünftige Ener<strong>gie</strong>versorgung oder die Infrastrukturerneuerung<br />
und -verbesserung geht – über alles wird geredet, aber Entscheidungen,<br />
die zum Handeln führen, bleiben aus.<br />
Es geht uns wirklich gut in Deutschland, das ist aber nicht das Resultat einer guten politischen<br />
Führung, sondern das Ergebnis von Menschen, die weiterkommen wollen, die ihre<br />
Ziele individuell verfolgen und ihre Chancen nutzen. So ist es auch in der Gießereibranche;<br />
wir haben uns unsere Erfolge selbst erarbeitet. Das müssen wir auch in Zukunft und wir<br />
sind insgesamt dafür gut aufgestellt. Persönlich hoffe ich, dass wir durch die sich abzeichnenden<br />
Veränderungen eine klarere Perspektive und vernünftige Rahmenbedingungen für<br />
zukunftsorientiertes Handeln bekommen. Unsere Arbeit können und wollen wir gern selbst<br />
machen!<br />
Allen Lesern der GIESSEREI wünsche ich ein friedliches und frohes Weihnachtsfest und<br />
alles Gute im neuen Jahr, insbesondere Gesundheit, Zufriedenheit und Erfolg!<br />
Ihr<br />
Dr.-Ing. Erwin Flender<br />
Präsident des Bundesverbandes der Deutschen GIeßerei-Industrie e. V.<br />
GIESSEREI 105 <strong>12</strong>/<strong>2018</strong> 3
INHALT<br />
FOTO: FRANK WIEDERMEIER<br />
FOTO: MAGMA<br />
FOTO: RIVA<br />
30<br />
NE-Sandguss<br />
REPORT<br />
Dietermann Guss gilt als einer der führenden<br />
Sandguss-Allrounder in Europa. Das<br />
macht die Gießerei zu einem gefragten Partner<br />
einer verlässlichen Zusammenarbeit<br />
für fachmännischen NE-Sandguss.<br />
44<br />
Quantitative Vorhersage<br />
TECHNOLOGIE & TRENDS<br />
Der Gießprozess wird heute umfänglich<br />
mittels Simulation beschrieben. Die Ergebnisse<br />
werden in anderen CAE-Anwendungen<br />
als Eingangsgröße genutzt, um deren<br />
Berechnungen genauer zu machen.<br />
56 <br />
Edelstahlguss<br />
SPEKTRUM<br />
Mit der Fertigung von Gussknoten für ein<br />
XXL-Oberlicht in Mekka haben die Edelstahlwerke<br />
Schmees in Langenfeld Gießerei-<br />
Know-how und die Bereitschaft zu unternehmerischem<br />
Risiko unter Beweis gestellt.<br />
60 <br />
Fachkräftemangel<br />
UNTERNEHMEN & MÄRKTE<br />
Gegengewichte für die Staplerindustrie<br />
sind das Geschäft der<br />
Eisen<strong>gie</strong>ßerei Dinklage. Die<br />
Auftragsbücher sind voll, aber<br />
die Personaldecke ist dünn.<br />
FOTO: ANDREAS BEDNARECK<br />
4 GIESSEREI 105 <strong>12</strong>/<strong>2018</strong>
REPORT<br />
29 Formvollendeter NE-Sandguss<br />
Elmar Oyen, Frank Wiedemeier<br />
FOSCHUNG & INNOVATION<br />
38 Mit einem digitalen Produktionsabbild für die Zukunft gerüstet<br />
TECHNOLOGIE & TRENDS<br />
44 Vom Wärmezentrum zum abgesicherten Bauteilverhalten<br />
Corinna Thomser, Mathias Bodenburg, Jörg Christian Sturm<br />
INTERVIEW<br />
50 Auch in unruhigen Zeiten erfolgreich<br />
Dr. Markus Wirtz, Geschäftsführer des Schwingungstechnik-Experten<br />
Jöst im Gespräch mit der GIESSEREI<br />
SPEKTRUM<br />
56 Gießerei-Know-how sichert Großauftrag aus Nahost, Klaus Vollrath<br />
UNTERNEHMEN & MÄRKTE<br />
60 Volle Auftragsbücher - knappe Personalressourcen, Robert Piterek<br />
66 Zur Hochform aufgelaufen, Michael Vehreschild<br />
72 Kunst<strong>gie</strong>ßerei mit Persönlichkeit, Karin Hardtke<br />
ESSAY<br />
76 Leichtbau in der automobilen Zukunft - Perspektiven für den Guss<br />
Elmar Beeh<br />
BERUF & KARRIERE<br />
80 Berufliche Herausforderung hat Priorität, Susanne Garcia<br />
84 Gießereitechnik: Nicht nur Beruf, sondern Berufung, Karin Hardtke<br />
RUBRIKEN<br />
3 Editorial<br />
6 Aktuelles<br />
88 Patente<br />
94 News<br />
102 Medien & Bücher<br />
104 Firmenschriften<br />
105 VDG intern<br />
106 Personalien<br />
108 Termine<br />
1<strong>12</strong> Tagungen: Ledebur-Kolloquium <strong>2018</strong><br />
<strong>12</strong>4 Stellenmarkt/Kontakte/Sonstiges<br />
<strong>12</strong>5 Inserentenverzeichnis<br />
<strong>12</strong>6 Vorschau/Impressum<br />
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GIESSEREI 105 <strong>12</strong>/<strong>2018</strong> 5
AKTUELLES<br />
FOTO: EISENGIESSEREI BAUMGARTE<br />
6 GIESSEREI 105 <strong>12</strong>/<strong>2018</strong>
Foto des<br />
Monats:<br />
Designer-<br />
Waschkaue!<br />
Zeitlose Optik, neue Lüftungs- und Klimatechnik<br />
sowie eine von der Abwärme der<br />
Kompressoren gespeiste Fußbodenheizung<br />
zeichnen die sanierte Waschkaue<br />
aus. So können sich die Mitarbeiter der Eisen<strong>gie</strong>sserei<br />
Baumgarte nach der Schicht<br />
komfortabel umziehen und duschen. Original<br />
ist nur die Korbanlage, mit der die<br />
Kleidung zur Decke hochgezogen wird.<br />
Hat auch Ihr Unternehmen interessante<br />
Bildmotive? Senden Sie Ihre Bildvorschläge<br />
an: soschinski@bdguss.de oder per<br />
Post an die Bildredaktion, Giesserei,<br />
Hansa allee 203, 40549 Düsseldorf.<br />
GIESSEREI 105 <strong>12</strong>/<strong>2018</strong> 7
AKTUELLES<br />
FOTO: MESAGO<br />
Weltpremieren und Rekorde auf der Formnext<br />
> FORMNEXT <strong>2018</strong>: Rekordergebnisse<br />
auf mehreren Ebenen: Die Formnext <strong>2018</strong><br />
hat mit zahlreichen Weltpremieren die<br />
Dynamik der aufstrebenden Branche demonstriert.<br />
Die internationale Leitmesse<br />
für Additive Fertigung und moderne industrielle<br />
Produktion beeindruckte zudem<br />
mit einer neuen Bestmarke bei der Besucherzahl:<br />
26 919 Fach- und Führungskräfte<br />
besuchten vom 13. bis 16.11.<strong>2018</strong> in<br />
Frankfurt am Main die Formnext und<br />
übertrafen damit den bereits hohen Vorjahreswert<br />
um 25 %.<br />
Mit 632 Ausstellern aus 32 Nationen<br />
verzeichnete die Formnext auch hier ein<br />
Rekordergebnis. Besucher konnten entlang<br />
der gesamten Prozesskette Lösungen<br />
und Inspirationen entdecken, mit denen<br />
sie ihre eigene Produktion noch effizienter<br />
aufstellen können. Neben einem<br />
breiten Angebot zukunftsweisender Innovationen<br />
präsentierte die Formnext auch,<br />
wie Additive Fertigung und Industrie 4.0<br />
mehr und mehr verschmelzen und so intelligente<br />
und automatisierte Fertigungsprozesse<br />
entstehen.<br />
Unternehmen wie 3D Systems, Arburg,<br />
BigRep, EOS, HP, Multec, OR Laser,<br />
Stratasys, Trumpf, Voxeljet präsentierten<br />
zahlreiche Weltpremieren aus der gesamten<br />
Prozesskette.<br />
„Die Entwicklung der Formnext sucht<br />
ihresgleichen“, so Sascha F. Wenzler, Bereichsleiter<br />
Formnext beim Veranstalter<br />
Mesago Messe Frankfurt GmbH. „Die hohe<br />
Innovationsdichte war unvergleichlich<br />
und sorgte für ein pulsierendes Messeerlebnis.<br />
Zusammen mit unserer enorm dynamischen<br />
Branche zeigt die Formnext<br />
den Weg für die künftige Entwicklung modernster<br />
Fertigungsindustrien.“<br />
Von der hohen Qualität der Innovationen<br />
und Exponate zeigten sich auch die<br />
Besucher begeistert. „Die Show ist nach<br />
wie vor der Benchmark für Veranstaltungen<br />
im AM-Bereich. In Bezug auf Netzwerke und<br />
Technolo<strong>gie</strong>n ist die Formnext weltweit führend“,<br />
so Simon Marriott, Company Director<br />
des australischen Unternehmens Innovative<br />
Manufacturing CRC.<br />
Neben ihrer hohen Innovationsdichte<br />
diente die Formnext auch als wichtige<br />
Businessplattform. Es wurden zahlreiche<br />
Geschäftsabschlüsse und Maschinenverkäufe<br />
vereinbart, junge Unternehmen fanden<br />
Investment- und Businesspartner.<br />
Auch für Einsteiger in die Additive Fertigung<br />
war die Formnext mit ihrem umfangreichen<br />
Rahmenprogramm die richtige<br />
Adresse. Produzierende Unternehmen<br />
konnten individuell erfahren, wie sie die<br />
Potenziale der Additiven Fertigung erschließen<br />
können. Auf dem erstmals zusammen<br />
mit dem US Commercial Service<br />
veranstalteten transatlantischen „AM<br />
Standards Forum“ diskutierten Experten<br />
aus Europa und den USA die internationalen<br />
Entwicklungen von Produktionsnormen.<br />
Darüber hinaus tauschten rund 850<br />
Experten aktuellste Erfahrungen und Erkenntnisse<br />
aus der AM-Welt auf der „TCT<br />
conference @ Formnext“ aus.<br />
Die Position als weltweite Leitmesse<br />
der Additiven Fertigung und der modernen<br />
industriellen Produktion hat die Formnext<br />
<strong>2018</strong> mit einer Internationalität der Besucher<br />
von 49 % deutlich gefestigt. Fach- und<br />
Führungskräfte zahlreicher weltbekannter<br />
Unternehmen interessierten sich für das<br />
vielseitige Angebot auf der Messe. Dazu<br />
zählten auch Vertreter von führenden<br />
OEMs und Zulieferbetrieben unter anderem<br />
aus Luft- und Raumfahrt, Automotive,<br />
Öl- und Gasindustrie, Medizintechnik,<br />
Dentalindustrie, Maschinenbau sowie<br />
Bauindustrie und Architektur.<br />
Im kommenden Jahr findet die<br />
Formnext vom 19. bis 22.11.2019 erstmals<br />
in den Messehallen 11 und <strong>12</strong> auf<br />
dem Messegelände in Frankfurt am Main<br />
statt. Als Premiere präsentiert sich die<br />
USA als erstes Partnerland auf der<br />
Formnext. Die Vereinigten Staaten haben<br />
eine lange Tradition im Bereich Additive<br />
Fertigung und sind eines der wichtigsten<br />
internationalen Ausstellerländer. Eine<br />
sehr aktive Gründerszene hat zudem in<br />
den vergangenen Jahren immer wieder<br />
weltweit bedeutende Start-ups hervorgebracht.<br />
„Die USA spielen als Anbieter und<br />
Anwender von Additiver Fertigung eine<br />
führende Rolle, der wir mit der Wahl des<br />
Partnerlandes Rechnung tragen“, so Sascha<br />
F. Wenzler. Geplant sind unter anderem<br />
ein umfangreiches Aktionsprogramm<br />
und verschiedene Länderspecials.<br />
www.formnext.de<br />
8 GIESSEREI 105 <strong>12</strong>/<strong>2018</strong>
AKTUELLES<br />
Einsatz des „Discinspectors“<br />
zur<br />
automatischen<br />
Prüfung von Defekten<br />
bei Bremsscheiben.<br />
FOTO: INSPECTOMATION<br />
Kernschießanlagenhersteller übernimmt inspectomation<br />
> LAEMPE MÖSSNER SINTO: Die<br />
Laempe Mössner Sinto GmbH, Barleben,<br />
eines der weltweit führenden Unternehmen<br />
im Bereich Kernmachereitechnolo<strong>gie</strong>,<br />
setzt ihre Digitalisierungsstrate<strong>gie</strong><br />
fort und baut sich mit der Übernahme<br />
des Prüfanlagenherstellers inspectomation<br />
weitere wichtige Kernkomponenten<br />
für Industrie 4.0 im eigenen Haus auf.<br />
Mit der Mannheimer inspectomation systems<br />
GmbH verfügt der Maschinen- und<br />
Anlagenbauer jetzt über eine hundertprozentige<br />
Tochtergesellschaft, die sich über<br />
20 Jahre lang im Markt eine hoch angesehene<br />
Spezialkompetenz in Sachen automatischer<br />
Sichtprüfung erarbeitet hat.<br />
„Wir richten uns auf den Markt von<br />
morgen aus. Neben der weiteren Verbesserung<br />
firmeninterner Prozesse und damit<br />
letztlich auch der Fertigungszeiträume<br />
sind es natürlich vor allem die Verbesserung<br />
und Ausweitung unseres Produktund<br />
Serviceangebots auf der Basis technologischer<br />
Innovationen, mit denen wir<br />
bei Gießereien schon jetzt besonders<br />
punkten können“, erklärt Andreas Mössner,<br />
Geschäftsführer von Laempe Mössner<br />
Sinto. „Wir freuen uns, dass die frühere<br />
inpectomation GmbH nun unter unserem<br />
Dach ein neues Zuhause gefunden<br />
hat – gemeinsam können wir unseren<br />
Kunden nicht nur Lösungen rund um die<br />
Kernherstellung anbieten, sondern gleichzeitig<br />
eine aussagekräftige Prüfung der<br />
Kerne ermöglichen.“<br />
Die automatische Sichtprüfung ist für<br />
Laempe Mössner Sinto ein weiterer wichtiger<br />
Baustein auf dem Weg zum Komplettanbieter<br />
für Kernmachereien mit<br />
integrierter Qualitätssicherung. Sie ermöglicht<br />
ein großes Einsparpotenzial<br />
durch den Entfall manueller Prüfungen<br />
und stellt rund um die Uhr eine objektive,<br />
zuverlässige und reproduzierbare hohe<br />
Prüfqualität sicher. Darauf bauen bereits<br />
zahlreiche inspectomation-Bestandskunden,<br />
darunter etwa Brembo, Eisenwerk<br />
Brühl GmbH, First Automotive Works<br />
(FAW), Fritz Winter Eisen<strong>gie</strong>ßerei GmbH<br />
& Co. KG, GF Casting Solutions, Nemak,<br />
Volkswagen und die ZF Friedrichshafen<br />
AG.<br />
Zentrales Produkt von inspectomation<br />
ist das vielfach in Kermachereien und<br />
Formanlagen eingesetzte, robuste System<br />
„Core-Vision“. Es prüft Kerne, Kernmontagen<br />
und Formen 100 % inline ohne<br />
Taktzeitverlängerung und kann dabei<br />
über Schattenwurf selbst kleinste Fehler<br />
feststellen. Über gängige Schnittstellen<br />
und Feldbusse kann „Core-Vision“ an die<br />
Steuerung der Produktionslinie angeschlossen<br />
werden. Individuell lässt sich<br />
definieren, welche Fehler zu einem Alarm<br />
oder Anlagenstopp führen. Das Zusatzmodul<br />
„Core-Vision Statistics“ hinterlegt<br />
alle Prüfzyklen und -ergebnisse in einer<br />
Datenbank und bietet damit die Grundlage<br />
für die weitere Verbesserung der<br />
Fertigungsqualität. „Core-Vision“ ist bereits<br />
in mehreren Kernfertigungslinien<br />
von Laempe integriert, wird jetzt sukzessive<br />
weiterentwickelt und dient auch als<br />
Basis zukünftiger innovativer Produkte<br />
und Systemlösungen.<br />
Zusätzlich bietet inspectomation eine<br />
automatische dreidimensionale Sichtprüfung:<br />
Der „3-D-Flexinspector“ wurde in<br />
intensiver Zusammenarbeit von Experten<br />
aus Gießereien, IT und Qualitätssicherung<br />
entwickelt. Er gewinnt dreidimensionale<br />
Daten durch Lasertriangulation. Seine<br />
Schnelligkeit und Genauigkeit verdankt<br />
er modernster Kamera- und Informationstechnolo<strong>gie</strong>,<br />
seine Flexibilität wird durch<br />
marktführende Robotertechnik unterstützt.<br />
Innerhalb der vordefinierten Toleranzgrenzen<br />
können mit dieser Technolo<strong>gie</strong><br />
qualitätsrelevante Fehler wie Kaltlauf,<br />
Ziehstellen, Verschlüsse durch<br />
Kernbruch, Grate, Sandstellen, Beschädigungen<br />
durch die Handhabung oder Bearbeitung<br />
und mehr gefunden werden. Sie<br />
misst Abstände, Durchmesser, Höhenunterschiede<br />
und andere geometrische Daten,<br />
kann Reliefschriften erkennen und<br />
speichern. Das hinzugewonnene Portfolio<br />
umfasst zudem auch die Lüfterschlitzund<br />
Oberflächenkontrolle belüfteter<br />
Bremsscheiben: „Discinspector“ ist eine<br />
hochpräzise arbeitende Lösung, mit der<br />
die Automobilzuliefererindustrie bislang<br />
bereits Millionen von Bremsscheiben auf<br />
Defekte in den Lüftungskanälen geprüft<br />
hat.<br />
www.laempe.com<br />
10 GIESSEREI 105 <strong>12</strong>/<strong>2018</strong>
AKTUELLES<br />
Ministerpräsident Kretschmer diskutierte<br />
mit ostdeutschen Gießereien<br />
> BDG-LANDESVERBAND OST: Im<br />
Rahmen des Ostdeutschen Gießereitages<br />
des BDG-Landesverbands Ost, der jährlich<br />
in Chemnitz stattfindet, diskutierte<br />
der sächsische Ministerpräsident Michael<br />
Kretschmer am 14. November mit zahlreichen<br />
Vertretern ostdeutscher Gießereien.<br />
Zu Beginn der Veranstaltung berichtete<br />
der Vorsitzende des BDG-Landesverbands<br />
Ost, Mario Mackowiak, über die<br />
aktuelle Konjunktur der Gießerei-Industrie.<br />
Mit rund 1,8 Mrd. Euro Umsatz und<br />
ca. 11 000 Beschäftigten in <strong>12</strong>0 Betrieben<br />
hat die Gießerei-Industrie einen bedeutenden<br />
Stellenwert in den ostdeutschen<br />
Bundesländern.<br />
Die überwiegend mittelständisch geprägte<br />
Branche steht in einem besonders<br />
intensiven internationalen Wettbewerb.<br />
Zahlreiche politische und administrative<br />
Entscheidungen und Auflagen beeinflussen<br />
die Handlungsmöglichkeiten der Gießer.<br />
Mackowiak beschrieb einige der derzeitigen<br />
Schwerpunktthemen, welche die<br />
anwesenden Gießer in ihrer täglichen Arbeit<br />
beschäftigen. Ministerpräsident<br />
Kretschmer betonte vor seinem Vortrag,<br />
dass er die lösungsorientierte Kritik und<br />
Problemdarstellung der Gießer sehr<br />
schätze und ging dann insbesondere auf<br />
die Ener<strong>gie</strong>politik und dabei besonders<br />
auf die Kohlekommission sowie das Bekenntnis<br />
zur Aufrechterhaltung der Braunkohleverstromung,<br />
die Deponiesituation<br />
Sachsens Ministerpräsident Kretschmer auf dem ostdeutschen Gießereitag. Kretschmer<br />
will osteuropäische Fachkräfte u. a. für die ostdeutsche Gießerei-Industrie anwerben.<br />
in den Regionen sowie die Genehmigungsverfahren<br />
und deren verwaltungstechnischen<br />
Besonderheiten ein.<br />
Dabei stellte er auch den Stellenwert<br />
der Gießerei-Industrie nicht nur für die<br />
Region Chemnitz heraus. Besonders interessant<br />
für die rund 30 anwesenden<br />
Vertreter aus ostdeutschen Gießereien<br />
und der TU Bergakademie Freiberg waren<br />
seine Bemerkungen über das geplante<br />
Programm zur Anwerbung osteuropäischer<br />
Fachkräfte für die sächsische Industrie<br />
in Zusammenarbeit mit der Bundesagentur<br />
für Arbeit.<br />
In der anschließenden Diskussion mit<br />
Kretschmer wurde deutlich, dass das Fehlen<br />
von Fachkräften die Interessenlage<br />
der meisten ostdeutschen Gießereien betrifft.<br />
Fehlendes Fachpersonal behindert<br />
gegenwärtig den Wachstumsprozess der<br />
mittelständischen Betriebe.<br />
Kretschmer betonte, dass er mit diesem<br />
Programm aktiv zur Lösung des Problems<br />
beitragen möchte. Er appellierte<br />
auch an die Schulen und Bildungsträger,<br />
sich weiter zu öffnen und den Kontakt zur<br />
Industrie zu suchen bzw. zu verstärken.<br />
www.bdguss.de<br />
FOTO: BDG<br />
Konferenz und Sonderschau zur additiven Fertigung<br />
> GIFA: Bei der kommenden GIFA vom<br />
25. bis 29. Juni 2019 verknüpfen eine Sonderschau<br />
und eine Fachkonferenz die additive<br />
Fertigung mit dem Gießereiwesen<br />
und nehmen damit die gemeinsamen Potenziale<br />
für die Zukunft der Fertigung in<br />
den Fokus. Beide Veranstaltungen werden<br />
in Halle 13 der Messe Düsseldorf stattfinden<br />
– die Sonderschau über den gesamten<br />
Messeverlauf hinweg, die Fachkonferenz<br />
am 26. Juni 2019, dem zweiten Messetag.<br />
Ob im Modell- und Formenbau, in der Kernherstellung<br />
oder im direkten Metalldruck<br />
– Gießereien und ihren Zulieferern erschließen<br />
sich durch die additive Fertigung<br />
neue Potenziale. Dieser Tatsache tragen<br />
die beiden Events Rechnung. Die Fachkonferenz<br />
„Metall-3-D-Druck“ am 26. Juni thematisiert<br />
in Form von Fachvorträgen folgende<br />
Top-Themen:<br />
> Wie Gießereien vom 3-D-Druck profitieren<br />
> Innovationen beim Metall-3-D-Druck<br />
> Digitale Prozesskette<br />
> Qualitätssicherung<br />
> Blick über den Tellerrand<br />
Konferenzleiter und Moderator ist Sebastian<br />
Bremen, Leiter des Aachener Zentrums<br />
für 3-D-Druck und Group Manager<br />
Laser Powder Bed Fusion des Fraunhofer-<br />
Instituts für Lasertechnik (ILT). Veranstalter<br />
der Fachkonferenz ist der Süddeutsche<br />
Verlag. <br />
www.gifa.de<br />
www.sv-veranstaltungen.de/de/<br />
event/3d-druck-metall<br />
Additive Fertigungsverfahren bieten Gießereien<br />
zahlreiche Möglichkeiten – die direkten additiven<br />
Verfahren können das Produktportfolio<br />
um Metallteile in kleiner Stückzahl ergänzen,<br />
indirekte Verfahren machen Sandkerne<br />
und -formen sowie Modelle von höchster Komplexität<br />
möglich, die die Gestaltungsfreiheit<br />
beim Gießen weiter vergrößert.<br />
FOTO: ANDREAS BEDNARECK<br />
<strong>12</strong> GIESSEREI 105 <strong>12</strong>/<strong>2018</strong>
Richtfest in Augsburg<br />
Das Fraunhofer IGCV in Augsburg aus der Vogelperspektive.<br />
> FRAUNHOFER IGCV: Mit einem Richtfest<br />
ist am 7. November das planmäßige<br />
Ende der Rohbauarbeiten für das neue<br />
Institutsgebäude der Fraunhofer-Einrichtung<br />
für Gießerei-, Composite- und Verarbeitungstechnik<br />
IGCV gefeiert worden.<br />
Der Neubau entsteht im Rahmen des<br />
Verbundprojektes Green Factory Bavaria<br />
und ist der zweite Gebäudekomplex des<br />
Fraunhofer IGCV am Standort. Hauptsitz<br />
der Fraunhofer-Einrichtung ist Augsburg,<br />
wo Leitung, Verwaltung sowie die Forschungsbereiche<br />
Automatisierung, Verarbeitung<br />
und Composites angesiedelt<br />
sind. Am Standort Garching wird eine Abteilung<br />
Gießereitechnik neu aufgebaut.<br />
Mittelfristiges Ziel der Einrichtung ist es,<br />
sich zu einem Fraunhofer-Institut weiterzuentwickeln.<br />
Bis Ende 2019 entstehen<br />
auf dem 11 770 m 2 großen Baufeld ein<br />
Institutsgebäude mit rund 6900 m 2 sowie<br />
ein Parkhaus mit etwa 4900 m 2 Brutto-<br />
Grundfl äche. Beide Baukörper sind auf<br />
dem Baufeld so angelegt, dass der Komplex<br />
später durch bis zu zwei zusätzliche<br />
Gebäude erweitert werden kann. Institutsgebäude<br />
und Parkhaus bestehen aus<br />
zwei beziehungsweise vier Stockwerken<br />
und sind rund elf Meter hoch. Architektonisch<br />
besticht der Neubau durch die<br />
sogenannte Spine. Dabei handelt es sich<br />
um einen langen Verbindungsgang in beiden<br />
Stockwerken, der so konstruiert ist,<br />
dass er zu einer Brücke umfunktioniert<br />
werden kann. So lässt sich bei einer Erweiterung<br />
unkompliziert ein zusätzliches<br />
Gebäude erschließen.<br />
Der Innenausbau ist seit September<br />
<strong>2018</strong> im Gange. Zu den Herausforderungen<br />
zählen insbesondere das intensive<br />
Schnittstellenmanagement zwischen<br />
Technischer Gebäudeausrüstung (TGA)<br />
und Elektronik aufgrund der späteren Nutzung<br />
als Institutsgebäude mit Labor, Büro<br />
und Werkhalle.<br />
Das Fraunhofer IGCV betreibt produktionstechnische<br />
Forschung mit direktem<br />
Anwendungsbezug und bündelt Knowhow<br />
in den Bereichen Leichtbaugusstechnolo<strong>gie</strong>n,<br />
Faserverbundwerkstoffe und<br />
automatisierte Fertigung. Die Kompetenzen<br />
erstrecken sich von Materialwissenschaften<br />
über Strukturmechanik bis hin<br />
zur Fertigungstechnik und zur Produktion.<br />
Mit dem Bestreben, den Ressourcenverbrauch<br />
in produzierenden Unternehmen<br />
nachhaltig zu senken und einen Technolo<strong>gie</strong>vorsprung<br />
zu erreichen, generieren<br />
die ca. <strong>12</strong>5 Wissenschaftlerinnen und<br />
Wissenschaftler Innovationen für die<br />
deutsche Industrie.<br />
www.igcv.fraunhofer.de<br />
FOTO: HENNING LARSEN GMBH<br />
Unternehmensgruppe mit neuer Geschäftsführung<br />
> FEINGUSS BLANK: Nach fast sieben<br />
Jahren ändert sich die Führungsspitze in<br />
der Unternehmensgruppe BLANK in Riedlingen.<br />
„Feinguss BLANK ist in den vergangenen<br />
Jahren stetig gewachsen und<br />
musste sich den damit verbundenen Herausforderungen<br />
stellen. Nun ist es Zeit<br />
für eine Veränderung“, teilte der Beiratsvorsitzende<br />
Alexander Blum mit. Gesellschafterfamilie<br />
und Beirat bedanken sich<br />
bei den bisherigen Geschäftsführern Axel<br />
Breitling und Ingo Bitzer für die erbrachten<br />
Leistungen und wünschen beiden weiterhin<br />
großen beruflichen Erfolg und persönlich<br />
alles Gute. Für die Unternehmensgruppe<br />
BLANK übernimmt Dr. Wolfgang<br />
Blank interimsweise die Geschäftsführung.<br />
Er vertritt bereits seit 2014 als Sprecher<br />
der Geschäftsführung in der BLANK<br />
Holding GmbH die Interessen der Gesellschafterfamilie.<br />
www.feinguss-blank.de<br />
GIESSEREI 105 <strong>12</strong>/<strong>2018</strong> 13
AKTUELLES<br />
Von Hanoi nach Silbitz<br />
Hoang Nam Nguyen<br />
aus Hanoi absolviert<br />
seine Ausbildung<br />
im 8000 km<br />
entfernten Silbitz.<br />
> SILBITZ GUSS: Hoang Nam Nguyen<br />
ist gerade einmal 19 Jahre alt, hat sein<br />
Abitur in der Tasche und begann vergangenen<br />
Monat seine Ausbildung bei der<br />
Silbitz Group GmbH. Innerhalb von dreieinhalb<br />
Jahren wird der junge Erwachsene<br />
aus Hanoi in Silbitz eine Ausbildung<br />
zum Elektroniker für Betriebstechnik absolvieren.<br />
Bevor Hoang Nam Ende Oktober in<br />
Frankfurt landete, absolvierte er in Hanoi<br />
einen Sprachkurs, um Deutschkenntnisse<br />
auf dem Sprachlevel B2 zu erreichen. Als<br />
angehender Elektroniker für Betriebstechnik,<br />
die an hochmodernen Maschinen arbeiteten,<br />
muss die Sprache beherrscht<br />
werden. „Wir sehen diesen ersten Versuch<br />
mit einem Azubi aus Vietnam als<br />
große Chance in der Nachwuchskräftegewinnung.<br />
In Zeiten von Fachkräftemangel<br />
und globalisierten Märkten müssen<br />
sich Unternehmen international und interkulturell<br />
öffnen, um am Markt zu bestehen“,<br />
so Christian Blödner, Personalleiter<br />
der Silbitz Group.<br />
Der erste Kontakt zum jungen Vietnamesen<br />
wurde über die bsw – Beratung,<br />
Service & Weiterbildung GmbH hergestellt.<br />
Die bsw a<strong>gie</strong>rt unter dem Dach<br />
des Bildungswerks der Sächsischen Wirtschaft,<br />
betreut das Projekt „Auszubildende<br />
aus Vietnam“ und wird auch die Silbitz<br />
Group weiterhin während der Ausbildungsphase<br />
unterstützen. „Die Sprache<br />
und die Kultur sind ganz klar die schwierigsten<br />
Barrieren, jedoch sehen wir uns<br />
hier als Unternehmen in der Pflicht Hoang<br />
Nam bei seinem Start in Deutschland<br />
bestmöglich zu unterstützen und ihn bei<br />
uns herzlich willkommen zu heißen. Das<br />
bedeutet intensive persönliche Betreuung,<br />
die aber auch alle anderen Auszubildenden<br />
bei der Silbitz Group erfahren.<br />
Wer jedoch so interessiert am Unternehmen<br />
und dem gesamten Berufsbild des<br />
Elektronikers ist, der wird mit Sicherheit<br />
einen sehr guten Start bei uns haben“, so<br />
Ronny Keppler, Ausbildungsleiter der Silbitz<br />
Group.<br />
Nach einer Werksführung am ersten<br />
Ausbildungstag durch die Gießereistandorte<br />
in Silbitz und Zeitz, stehen nun erst<br />
einmal spannende Monate in der Berufsschule<br />
in Gera bevor, wo Hoang Nam in<br />
das bereits seit August laufenden Ausbildungsjahr<br />
einsteigen wird.<br />
www.silbitz-group.com<br />
FOTO: SILBITZ GUSS<br />
Großaufträge von internationalem Hersteller<br />
Elektrische Kühlmittelpumpe<br />
CWA 400<br />
der Rheinmetall-<br />
Tochter Pierburg.<br />
> RHEINMETALL AUTOMOTIVE: Der<br />
Düsseldorfer Rheinmetall Konzern hat von<br />
einer international operierenden Automobilherstellergruppe<br />
Großaufträge für elektrisch<br />
angetriebene Pumpen des Typs<br />
CWA 400 mit einem Laufzeitvolumen von<br />
215 Mio. Euro erhalten.<br />
Bei dem gebuchten Geschäft handelt<br />
es sich einerseits um eine Laufzeitverlängerung<br />
und andererseits um den Neuanlauf<br />
eines Motorenprojektes. Die Produktion<br />
der elektrischen Kühlmittelpumpen<br />
erfolgt im Pierburg-Werk in Hartha, Sachsen.<br />
Sie werden verwendet für den Hauptkühlkreislauf<br />
von 4-Zylinder-Motoren mit<br />
2 l Hubraum, die in europäischen wie auch<br />
chinesischen Fahrzeugtypen zum Einsatz<br />
kommen. Die Lieferung erfolgt an einen<br />
europäischen Standort des Kunden sowie<br />
an verschiedene Produktionswerke der<br />
Gruppe in China.<br />
Die regelbaren elektrischen Kühlmittelpumpen<br />
erlauben eine bedarfsgerechte<br />
Steuerung des Kühlmittelstromes und<br />
ermöglichen damit in Abhängigkeit von<br />
der Außentemperatur und dem Lastzustand<br />
des Motors Kraftstoffeinsparungen<br />
in der Größenordnung von bis zu 4 %.<br />
Durch ihre Unabhängigkeit vom mechanischen<br />
Antriebssystem des Motors sind<br />
sie außerdem für Hybrid- und reine Elektroanwendungen<br />
prädestiniert. Dazu ist<br />
der Pumpentyp auch in einer Variante für<br />
Bordnetze mit 48 Volt vorhanden.<br />
www.rheinmetall-automotive.com<br />
FOTO: RHEINMETALL AUTOMOTIVE<br />
14 GIESSEREI 105 <strong>12</strong>/<strong>2018</strong>
Neues Strahlmittelwerk im spanischen Balmaseda<br />
> WINOA: Der französische Strahlmittelhersteller<br />
WINOA, Le Cheylas, hat ein<br />
neues Werk in Balmaseda im spanischen<br />
Baskenland eröffnet. Es ist nach eigenen<br />
Angaben die branchenweit modernste<br />
und effizienteste Fabrik. Produziert werden<br />
metallische Strahlmittel auf moderne<br />
und umweltfreundliche Weise. Winoa hat<br />
dazu über 20 Mio. Euro investiert. Das<br />
Werk hat eine Fläche von 30 000 m² und<br />
umfasst vier miteinander verbundene Fabrikgebäude,<br />
die maßgeblich zu einem<br />
optimalen Warenfluss und effizienten Produktionsprozessen<br />
führt.<br />
Der Bau der Anlage begann im Juni<br />
2016 und wurde im zweiten Quartal <strong>2018</strong><br />
fertiggestellt. Offizieller Eröffnungstermin<br />
war der 3. Oktober <strong>2018</strong>. Die Anlage verfügt<br />
über Induktionsöfen, Wärmebehandlungsöfen,<br />
Siebstationen sowie Lagerungs-<br />
und Verpackungsstraßen. Diese<br />
werden durch weitere Systeme unterstützt,<br />
welche die besten verfügbaren<br />
Technolo<strong>gie</strong>n zur Wasserkontrolle und<br />
Luftbehandlung nutzen. „Dies ist eine vollautomatisierte<br />
und zentral gesteuerte Anlage.<br />
Mit ihrer Hilfe können wir Strahlmittel<br />
von höchster Qualität auf effiziente<br />
Im spanischen Balmaseda stellt WINOA seit Anfang Oktober Strahlmittel u. a. für Strahlanlagen<br />
in Gießereien her.<br />
und flexible Weise produzieren und uns<br />
besser und schneller an die sich verändernden<br />
Anforderungen unserer Kunden<br />
anpassen. Darüber hinaus können wir uns<br />
auf die Produktion von Premiumprodukten<br />
konzentrieren, die unseren Kunden<br />
einen Mehrwert bieten“, betont Luis Resusta,<br />
Managing Director von WINOA Iberica.<br />
Die WINOA-Gruppe hat eine Vereinbarung<br />
mit den örtlichen Behörden in<br />
Balmaseda, der Regionalverwaltung von<br />
Biscay sowie der Re<strong>gie</strong>rung des Baskenlands<br />
geschlossen. Es wurden spezielle<br />
Filtersysteme installiert, um eine saubere<br />
Umgebung innerhalb und außerhalb der<br />
Anlage sicherzustellen, sowie Wärmerückgewinnungssysteme,<br />
LED-Beleuchtung<br />
mit Bewegungssensoren und eine<br />
Wasserbehandlungsanlage.<br />
www.winoagroup.com<br />
FOTO: WINOA<br />
GIESSEREI 105 <strong>12</strong>/<strong>2018</strong> 15
AKTUELLES<br />
Fertigung von Batteriequerträgern für E-Autos<br />
> HANDTMANN: Die Unternehmensgruppe<br />
Handtmann plant eine neue Halle<br />
an ihrem Standort in der Sehmatalstraße<br />
im sächsischen Annaberg-Buchholz. Dort<br />
sollen ab 2020 Batteriequerträger für<br />
Elektroautos gefertigt werden. Bereits<br />
seit 1992 gehört der Betrieb zur Handtmann<br />
Unternehmensgruppe mit Sitz im<br />
oberschwäbischen Biberach an der Riß.<br />
Ein internationaler Automobilkonzern<br />
hat den Bereich Handtmann Leichtmetallguss<br />
mit der Produktion von Batteriequerträgern<br />
beauftragt. Die Laufzeit des<br />
Auftrags ist zunächst auf acht Jahre festgelegt.<br />
Der Umfang beläuft sich auf rund<br />
2 Mio. Stück pro Jahr. „Wir freuen uns<br />
sehr, dass wir diesen Auftrag erhalten haben<br />
und uns gegen die internationalen<br />
Wettbewerber durchsetzen konnten.<br />
Handtmann liefert eine hohe Qualität.<br />
Trotzdem müssen wir immer darauf achten,<br />
dass unsere Produktionskosten und<br />
damit unsere Preise im weltweiten Vergleich<br />
mithalten können“, erläutert Dr.<br />
Michael Hagemann, Geschäftsführer<br />
Leichtmetallguss bei Handtmann.<br />
Dieser Auftrag stellt den Einstieg in die<br />
Großserienherstellung für Bauteile der<br />
Elektromobilität dar. Produktionsbeginn<br />
für die Batteriequerträger ist im April<br />
2020. Der neue Auftrag wird in der Handtmann<br />
Leichtmetall<strong>gie</strong>ßerei in Annaberg-<br />
Buchholz bearbeitet werden, zu der auch<br />
ein Standort für mechanische Bearbeitung<br />
im sieben Kilometer entfernten Königswalde<br />
gehört. „Wir sind froh, dass dieser Auftrag<br />
nach Annaberg-Buchholz gegangen<br />
ist. Wir werden jetzt alles tun, damit das<br />
Die Handtmann Leichtmetall<strong>gie</strong>ßerei Annaberg GmbH im Sehmatal hat einen Großauftrag<br />
im Bereich Elektromobilität erhalten, durch den 30 neue Arbeitsplätze entstehen.<br />
Vertrauen in unsere Mannschaft weiterhin<br />
wächst“, erklärt Joachim Reuter, Werkleiter<br />
bei Handtmann in Annaberg-Buchholz.<br />
Derzeit sind dort mehr als 350 Mitarbeiterinnen<br />
und Mitarbeiter beschäftigt. Mit<br />
dem neuen Auftrag entstehen ca. 30 neue<br />
Arbeitsplätze in der Gießerei und in der<br />
mechanischen Fertigung.<br />
Die für den Großauftrag benötigte Halle<br />
entsteht auf geschichtsträchtigem<br />
Grund: Wo 400 Jahre lang die Herrenmühle<br />
stand (abgebrannt um 1900), wurde bereits<br />
seit 1926 eine Metall<strong>gie</strong>ßerei betrieben<br />
(DKW, Auto-Union, in der DDR-Zeit<br />
VEB MZ). Zwei Gebäude aus der Anfangszeit<br />
dieser Gießerei werden im Spätherbst<br />
abgerissen, um Platz für die neue Halle zu<br />
schaffen. Danach entstehen ab Frühjahr<br />
2019 an gleicher Stelle Gebäude, die nach<br />
modernstem Stand der Technik ausgerüstet<br />
werden. Die Detailplanungen für den<br />
mehr als 3000 m² umfassenden Neubau<br />
und die Ausstattung laufen auf Hochtouren.<br />
Dabei werden in bewährter Art und<br />
Weise einheimische Partner und Lieferanten<br />
einbezogen. In Königswalde ist nach<br />
aktuellem Stand für die Realisierung dieses<br />
Neuauftrages kein Neubau notwendig.<br />
Allerdings werden die vorhandenen Gebäude<br />
mit automatischer und hocheffizienter<br />
Bearbeitungs- und Montagetechnik ausgestattet.<br />
www.handtmann.de<br />
FOTO: HANDTMANN<br />
16 GIESSEREI 105 <strong>12</strong>/<strong>2018</strong>
Kupolofen bei Saint Gobain PAM Deutschland in Saarbrücken-Brebach. Der Gießerei stehen umfangreiche Restrukturierungen bevor.<br />
FOTO: SAINT GOBAIN<br />
Restrukturierung der Gussrohrproduktion<br />
> SAINT-GOBAIN PAM: Der zum französischen<br />
Saint-Gobain-Konzern gehörende<br />
Schleuder<strong>gie</strong>ßer Saint-Gobain PAM<br />
Deutschland beabsichtigt, seine Produktion<br />
in Europa neu aufzustellen. Teil des<br />
Planes sei es, den Standort Saarbrücken-<br />
Brebach auf die Produktion von Rohren<br />
mit Spezialbeschichtung und Flanschrohren<br />
zu konzentrieren und hier weiter zu<br />
investieren, heißt es in einer Pressemitteilung<br />
des Unternehmens. Rohre mit<br />
Spezialumhüllung sind für besonders anspruchsvolle<br />
Umweltbedingungen geeignet<br />
und/oder erlauben eine besonders<br />
umweltschonende Verlegung.<br />
Das Gießen von Rohren soll bis Ende<br />
2019 von Saarbrücken-Brebach in die<br />
Saint-Gobain PAM-Standorte im französischen<br />
Lothringen verlagert werden. Vom<br />
Standort Saarbrücken aus will das Unternehmen<br />
seinen Kunden mit künftig etwa<br />
100 Mitarbeitern Komplettlösungen aus<br />
einer Hand bieten. Diese Lösungen sollen<br />
Rohre, Formstücke, Armaturen, Kanalguss<br />
und verschiedene Dienstleistungen<br />
umfassen.<br />
Durch die geplante Zusammenlegung<br />
der Produktionskapazitäten soll der Geschäftsbereich<br />
Rohrleitungsguss im Kontext<br />
einer seit Jahren sinkenden Nachfrage<br />
nach Trinkwasser- und Abwasserrohren<br />
insgesamt gestärkt und für die<br />
Zukunft wettbewerbsfähig gemacht werden.<br />
„Zwischen 2008 und 2017 ist der<br />
Absatz von Gussrohren in Europa um<br />
über 50 % geschrumpft“, beschrieb Geschäftsführer<br />
Dr. Burkhard Schmolck die<br />
Geschäftsentwicklung gegenüber der<br />
GIESSEREI. Angesichts von auf den<br />
Markt drängenden asiatischen Wettbewerbern<br />
und fehlenden Anzeichen für<br />
eine Markterholung sei die Teilverlagerung<br />
der Produktion die beste Lösung,<br />
nannte er weitere Ursachen für die geplante<br />
Restrukturierung der Gussrohrproduktion.<br />
Das Unternehmen will alles in seiner<br />
Kraft Stehende tun, um die besten Perspektiven<br />
zu finden und die 170 von der<br />
Teilverlagerung betroffenen Mitarbeiter<br />
mit individuellen Lösungen zu unterstützen.<br />
Laut Dr. Schmolck soll die Produktion<br />
noch bis Ende 2019 wie bisher weitergehen.<br />
In der Zwischenzeit sollen Gespräche<br />
zur Vermittlung der betroffenen<br />
Mitarbeiter stattfinden. Anfragen anderer<br />
Gießereien, die Fachkräfte aus Saarbrücken-Brebach<br />
zu übernehmen, gebe es<br />
bisher nicht, so Dr. Schmolck.<br />
<br />
www.saint gobain.de<br />
GIESSEREI 105 <strong>12</strong>/<strong>2018</strong> 17
AKTUELLES<br />
Pfälzische Traditions<strong>gie</strong>ßerei kauft SLR-Gruppe<br />
> GIENANTH: Eine neue Ära in der Geschichte<br />
von Gienanth aus Eisenberg beginnt.<br />
Die Traditions-Gießerei aus der<br />
Pfalz stellt sich mit dem Zukauf von drei<br />
Firmen an verschiedenen Standorten in<br />
Europa neu auf und setzt damit Zeichen<br />
für den internationalen Wettbewerb.<br />
Mit dem Kauf übernimmt das Unternehmen<br />
die Produktionswerke der SLR<br />
Gruppe in Österreich und Tschechien.<br />
Dabei bleiben die bestehenden Produktionsstätten<br />
sowohl der bestehenden<br />
Gruppe als auch der neu aufgekauften<br />
Unternehmen allesamt in ihrer Form bestehen.<br />
Der Zukauf erweitert das ohnehin<br />
breite Leistungsportfolio der<br />
Gienanth-Gruppe um die automatisierte<br />
Eisengussproduktion auf horizontalen<br />
Formkästen und um Kompetenzen im<br />
Bereich Gussnachbearbeitung von der<br />
Zerspanung über Grundierung und Lackierung<br />
bis zu Logistikdienstleistungen.<br />
Neben dem Stammwerk von Gienanth<br />
in Eisenberg und der Handform<strong>gie</strong>ßerei<br />
Fronberg Guss in Bayern gehen damit insgesamt<br />
drei neue Gesellschaften in die<br />
Unternehmensgruppe über:<br />
> Die Maschinenform<strong>gie</strong>ßerei SLR-Gusswerk<br />
II Betriebsgesellschaft m.b.H.<br />
mit Sitz im österreichischen Steyr –<br />
Dr. Hans-Jürgen Brenninger, Vorsitzender der Geschäftsführung (l.) nach der Vertragsunterzeichnung:<br />
„Wir erschließen mit dem Zukauf ganz neue Absatzmärkte. (...) Die neuen<br />
Werke sind die optimale Ergänzung zu den deutschen Standorten.“<br />
zukünftig Gienanth Steyr Guss GmbH<br />
> Die SLR-Metallbearbeitungs-Gesellschaft<br />
m.b.H., ortsgleich ansässig –<br />
zukünftig Gienanth Steyr MBA GmbH<br />
> sowie das Metallbearbeitungswerk<br />
SLR-Czechia s.r.o. mit Sitz im tschechischen<br />
Kaplice/Bujanov – zukünftig<br />
Gienanth Czechia s.r.o.<br />
Durch den Zusammenschluss der beiden<br />
Gruppen unter dem Dach der Gienanth-<br />
Gruppe entsteht eine der führenden Gießereigruppen<br />
im deutschsprachigen<br />
Raum und darüber hinaus.<br />
www.<strong>gie</strong>nanth.com<br />
FOTO: GIENANTH<br />
Neues Schulungszentrum verbessert Ausbildung<br />
Gute Aussichten für Auszubildende bei Fritz Winter: „Wir sind Zukunft!“<br />
> FRITZ WINTER: Die Ausbildung in der<br />
Fritz Winter Eisen<strong>gie</strong>ßerei wird noch attraktiver.<br />
Rund 750 000 Euro investiert das<br />
Unternehmen in den Umbau und die Erweiter<br />
ung seines Schulungszentrums in Stadtallendorf,<br />
das am 1. August 2019 seine<br />
Pforten öffnen soll. Damit untermauert<br />
Fritz Winter nicht nur seinen Ruf als attraktiver<br />
Arbeitgeber und größter regionaler<br />
Ausbilder, sondern setzt auch ein Zeichen<br />
gegen den vielerorts grassierenden<br />
Fachkräftemangel. „Fehlende Auszubildende<br />
sind bei uns zwar unmittelbar kein Thema,<br />
wir nehmen aber sehr wohl wahr, dass<br />
in Deutschland viele Branchen vom Fachkräftemangel<br />
betroffen sind. Mit dem neuen<br />
Schulungszentrum wollen wir diesem<br />
Trend entgegenwirken, denn die Ausbildung<br />
junger Menschen genießt bei Fritz<br />
Winter einen enorm hohen Stellenwert“,<br />
so Personalleiter Andreas Fiedler.<br />
Das in die Jahre gekommene alte Ausbildungszentrum<br />
konnte nicht mehr mit<br />
der Entwicklung und dem Anspruch des<br />
zukunftsorientierten, international a<strong>gie</strong>renden<br />
Gießereiunternehmens Schritt halten.<br />
Ambiente, Ausstattung, sanitäre Einrichtungen<br />
– all das wird nun auf einen<br />
zeitgemäßen und modernen Stand gebracht.<br />
Außerdem erfährt das Ausbildungszentrum<br />
durch einen Anbau eine<br />
deutliche Vergrößerung. Fritz Winter bildet<br />
jährlich rund 45 Jugendliche im gewerblichen<br />
und drei im kaufmännischen Bereich<br />
aus. 14 spannende Ausbildungsberufe<br />
stehen zur Auswahl. www.fritzwinter.de<br />
FOTO: FRITZ WINTER<br />
18 GIESSEREI 105 <strong>12</strong>/<strong>2018</strong>
Rekordaufträge für E-Mobility-Markt in China<br />
> GF CASTING SOLUTIONS: Die Gießereigruppe<br />
GF Casting Solutions, eine<br />
Division von GF, Schaffhausen, Schweiz,<br />
liefert künftig eine große Anzahl von<br />
Leichtbaukomponenten für Elektrofahrzeuge<br />
der neusten Generation in China.<br />
Die neuen Aufträge chinesischer und europäischer<br />
Automobilhersteller belaufen<br />
sich auf rund 370 Mio. Schweizer Franken<br />
(325 Mio. Euro).<br />
Ein Großauftrag über 235 Mio. Schweizer<br />
Franken (206 Mio. Euro) umfasst Elektroantriebskomponenten<br />
aus Leichtmetall<br />
für eine komplett neu entwickelte E-Fahrzeug-Plattform<br />
eines bekannten europäischen<br />
Autoherstellers.<br />
Die Leichtbauteile werden ab 2019<br />
von GF Casting Solutions am Standort<br />
Suzhou produziert. Dieser Großauftrag ist<br />
Teil einer ganzen Serie von neuen Aufträgen<br />
für Elektrofahrzeuge, welche in den<br />
letzten Monaten für eine Gesamtsumme<br />
von rund 370 Mio. Schweizer Franken erteilt<br />
wurden.<br />
Die große Anzahl neuer Aufträge unterstreicht<br />
die Kompetenz von GF Casting<br />
Schmelzeabstich in der Leichtmetall<strong>gie</strong>ßerei in Suzhou.<br />
Solutions im Bereich Leichtbau im schnell<br />
wachsenden E-Mobility-Markt in China.<br />
Leichtbau-Design ist ein wichtiger Faktor,<br />
um die Reichweite von Elektrofahrzeugen<br />
zu verbessern. 30 % aller weltweiten Aufträge,<br />
welche die Division <strong>2018</strong> erhalten<br />
hat, betrafen Komponenten und Lösungen<br />
für Hybrid- und Elektrofahrzeuge. Bezogen<br />
auf den chinesischen Markt liegt dieser<br />
Anteil bei über 50 %.<br />
<br />
<br />
www.gfcs.com<br />
FOTO: GF CASTING SOLUTIONS<br />
Neuer Vorsitzender der Geschäftsführung<br />
FOTO: HANDTMANN<br />
Freut sich auf die neue Aufgabe im<br />
Geschäftsbereich Leichtmetallguss:<br />
Wolfgang Schmidt<br />
> HANDTMANN GRUPPE: Zum 1. Oktober<br />
<strong>2018</strong> hat Wolfgang Schmidt (53)<br />
die Position des Vorsitzenden der Geschäftsführung<br />
der Firmen Albert Handtmann<br />
Metallgusswerk GmbH & Co. KG,<br />
Handtmann Systemtechnik GmbH &<br />
Co. KG und Handtmann Leichtmetall<strong>gie</strong>ßerei<br />
Annaberg GmbH übernommen.<br />
Wolfgang Schmidt wird gemeinsam mit<br />
Dr. Michael Hagemann, Geschäftsführung<br />
Vertrieb, und Josef Ludwig, Geschäftsführung<br />
Produktion, die Zukunft des Geschäftsbereiches<br />
Leichtmetallguss gestalten.<br />
Wolfgang Schmidt baut auf breite Erfahrung<br />
in den Branchen Eisen-, Stahlund<br />
Aluminiumgusserzeugung, Stahlerzeugung<br />
und Stahlverarbeitung, Schmieden<br />
und Anlagenbau auf. Zuletzt war er<br />
als Mitglied der Geschäftsführung bei der<br />
Georgsmarienhütte Holding GmbH mit<br />
Sitz in Georgsmarienhütte tätig.<br />
„Die Handtmann Leichtmetallgussgruppe<br />
hat sich in den vergangenen Jahren<br />
strukturell gut aufgestellt und ein starkes<br />
Wachstum generiert, gepaart mit<br />
wichtigen Alleinstellungsmerkmalen, die<br />
ich gemeinsam mit dem Team weiterentwickeln<br />
werde, um die Erfolgsstory fortzuführen.<br />
Ich freue mich auf die neue Aufgabe<br />
und bin überzeugt, dass wir diese<br />
Herausforderung erfolgreich meistern<br />
werden.“<br />
Thomas Handtmann, Geschäftsführer<br />
der Handtmann Unternehmensgruppe<br />
begrüßt Wolfgang Schmidt herzlich: „Mit<br />
Hilfe seines Fachwissens und seiner beruflichen<br />
Erfahrung hoffen wir, die kommenden<br />
Herausforderungen meistern und<br />
den technischen Wandel aktiv mitgestalten<br />
zu können.“ Die Handmann-Gruppe<br />
beschäftigt 2300 Mitarbeiter bei einem<br />
Jahresumsatz von rd. 625 Mio. Euro.<br />
www.handtmann.de<br />
GIESSEREI 105 <strong>12</strong>/<strong>2018</strong> 19
AKTUELLES<br />
FOTO: ABB<br />
Mit einer Investition von 150 Mio. US-Dollar soll die bislang fortschrittlichste Roboterfabrik Realität werden. Ende 2020 soll der Betrieb in<br />
Shanghai aufgenommen werden.<br />
Die fortschrittlichste Roboterfabrik der Welt<br />
> ABB: Das schweizerische Technolo<strong>gie</strong>unternehmen<br />
ABB hat Ende Oktober die<br />
Investition von 150 Mio. Dollar (131 Mio.<br />
Euro) zum Bau der weltweit fortschrittlichsten<br />
Roboterfabrik im chinesischen<br />
Shanghai bekannt gegeben. Dort werden<br />
Roboter Roboter herstellen. Die neue Produktionsstätte<br />
Kangqiao befindet sich in<br />
der Nähe des bereits bestehenden, weitläufigen<br />
ABB-Robotikcampus. In dem neuen<br />
Werk werden ABBs führende digitale<br />
Technolo<strong>gie</strong>n wie das digitale Angebot<br />
ABB Ability, hochmoderne kollaborative<br />
Roboter und Spitzenforschungseinrichtungen<br />
im Bereich der Künstlichen Intelligenz<br />
zur fortschrittlichsten und ökologisch<br />
nachhaltigsten Fabrik der Zukunft<br />
kombiniert, hieß es seitens ABB. Der Betrieb<br />
wird voraussichtlich Ende 2020 aufgenommen.<br />
Die Ankündigung stellt einen wichtigen<br />
Meilenstein für den bedeutendsten<br />
Roboterhersteller in China und eine wichtigste<br />
Wachstumsinvestition in den größten<br />
Robotikmarkt der Welt dar. Mit insgesamt<br />
fast 138 000 Einheiten wurde 2017<br />
jeder dritte Roboter weltweit nach China<br />
verkauft. Heute beschäftigt ABB rund<br />
5000 Mitarbeiter in Shanghai und mehr<br />
als 2000 Ingenieure, Technolo<strong>gie</strong>-Experten<br />
und Projektverantwortliche an 20<br />
Robotik-Standorten im ganzen Land. Seit<br />
1992 hat der Konzern insgesamt mehr<br />
als 2,4 Mrd. US-Dollar (2,1 Mrd. Euro) in<br />
China investiert und beschäftigt lokal<br />
18 000 Mitarbeiter.<br />
Die neue Fabrik in Shanghai wird über<br />
selbstlernende Maschinen sowie digitale<br />
und kollaborative Lösungen verfügen, die<br />
sie zu einer der fortschrittlichsten, automatisiertesten<br />
und flexibelsten Fabriken<br />
in der Robotikindustrie machen werden.<br />
Ein am Betriebsgelände integriertes Forschungs-<br />
und Entwicklungslabor wird die<br />
Innovationszyklen im Bereich der Künstlichen<br />
Intelligenz beschleunigen. Im Rahmen<br />
der neuen, von ABB vor kurzem vorgestellten<br />
Portfoliostrate<strong>gie</strong>, wird der<br />
neue Standort dazu beitragen, die Roboterproduktion<br />
sowohl in der Breite (Roboter-Typen)<br />
als auch in der Tiefe (Varianten<br />
zu jedem Roboter-Typ) dramatisch<br />
zu erweitern. Damit werden umfassendere<br />
und schnellere Anpassungen an die<br />
Bedürfnisse der Kunden möglich.<br />
Mit diesem erweiterten Robotikangebot<br />
kann ABB eine nahezu unlimitierte<br />
Anzahl an maßgeschneiderten Lösungen<br />
bereitstellen. „Mit dieser Fabrik setzen<br />
wir genau den Rat um, den wir auch unseren<br />
Kunden jeden Tag geben: Investiert<br />
in flexible und agile Automationslösungen,<br />
um mit jeder erdenklichen Entwicklung<br />
des Marktes wachsen zu können“, sagte<br />
Sami Atiya, Präsident der ABB-Division<br />
Robotics and Motion. „ABB ist stolz darauf,<br />
ihren Kunden in China und in aller<br />
Welt mit Lösungen zur Seite zu stehen,<br />
die alle Vorteile der neuesten Technolo<strong>gie</strong>n<br />
nutzen, um die Herausforderungen<br />
der individualisierten Massenfertigung,<br />
schnellerer Produktzyklen und permanenter<br />
Veränderungen zu meistern, die heute<br />
– auch in unseren eigenen Fabriken –<br />
zur neuen Normalität geworden sind.“<br />
Von der neuen Fabrik in Shanghai wird<br />
ein digitaler Zwilling geschaffen, der dem<br />
Management, Entwicklern, Bedienungsund<br />
Wartungsexperten mit intuitiven Benutzeroberflächen<br />
die bestmöglichen Entscheidungsgrundlagen<br />
liefern wird. Unter<br />
anderem werden mit den ABB Ability Connected<br />
Services Informationen über den<br />
Zustand und die Leistung von ABB-Robotern<br />
in der Fabrik gesammelt und analysiert,<br />
um potenzielle Störungen frühzeitig<br />
erkennen und kostenintensive Betriebsausfälle<br />
vermeiden zu können. Darüber<br />
hinaus bietet ABB Ability weitere fortschrittliche<br />
digitale Lösungen, mit denen<br />
sich die Leistung, Zuverlässigkeit oder der<br />
Ener<strong>gie</strong>verbrauch deutlich verbessern lassen.<br />
Zudem ermöglichen sie den Zugang<br />
zu den weltbesten Plattformen wie zum<br />
Beispiel der Microsoft Azure Enterprise<br />
Cloud, dem ersten internationalen Public<br />
Cloud Service in China.<br />
Die neue Fabrik wird eine flexible<br />
Raumaufteilung ermöglichen, die auf mit-<br />
20 GIESSEREI 105 <strong>12</strong>/<strong>2018</strong>
einander verbundenen Automationsinseln<br />
anstelle fixer Fertigungslinien basiert. In<br />
der gesamten Fabrik werden automatisierte<br />
Logistiklösungen von ABB eingesetzt<br />
werden, darunter auch automatisch<br />
gesteuerte Fahrzeuge, die Robotern<br />
selbstständig auf ihrem Weg durch die<br />
Produktion folgen und sie mit Teilen von<br />
lokalen Stationen versorgen können. So<br />
kann die Produktion rationell und ohne<br />
zusätzliche Kapazitätserweiterungen an<br />
Veränderungen im chinesischen Roboter-<br />
Markt angepasst und skaliert werden.<br />
Per Vegard Nerseth, Managing Director<br />
des Geschäftsbereichs Robotics bei<br />
ABB: „Es gibt eine starke Verschiebung,<br />
weg von der Betrachtung von Fabrikgrößen<br />
und Wachstumsinvestitionen, um<br />
künftige Anforderungen erfüllen zu können.<br />
Das Konzept hinter unserer neuen<br />
Fabrik ist, die intelligenteste und flexibelste<br />
Nutzung von jedem Quadratmeter Produktionsfläche<br />
zu ermöglichen. Dazu<br />
kombinieren wir agile Automationslösungen<br />
mit den großartigen Fähigkeiten unserer<br />
Mitarbeiter.“<br />
Um den Trend zur individualisierten<br />
Massenfertigung zu unterstützen und ein<br />
Höchstmaß an Produktivität und Flexibilität<br />
zu gewährleisten, wird das neue Werk<br />
in Shanghai ABBs SafeMove2 Software<br />
umfassend nutzen. Sie ermöglicht Menschen<br />
und Robotern, sicher in unmittelbarer<br />
Nähe zueinander zu arbeiten.<br />
Zudem werden auch ABBs zweiarmige<br />
YuMi Roboter eine enge Zusammenarbeit<br />
bei den vielen Kleinteilemontagen ermöglichen,<br />
die zur Herstellung eines ABB-Roboters<br />
erforderlich sind.<br />
www.abb.com<br />
Roboter bauen Roboter:<br />
ABBs neue Roboterfabrik<br />
in Shanghai<br />
https://bit.ly/2S53LDL<br />
Mit Prozess- und Fertigungs-Know-how<br />
zu wirtschaftlicher E-Mobilität<br />
> VOIT AUTOMOTIVE: Niemand kann<br />
sicher vorhersagen, wann der Tipping<br />
Point erreicht ist und rein elektrisch angetriebene<br />
Fahrzeuge eine signifikante<br />
Marktdurchdringung erreichen werden.<br />
Außerhalb der Fachwelt ist auch weitgehend<br />
unbekannt, mit welchen Antriebsmodulen<br />
E-Mobilität bereits heute wirtschaftlich<br />
dargestellt werden kann. Eine<br />
nicht zu vernachlässigende Rolle spielt<br />
z. B. die elektrische Achse, die neben der<br />
Batterie eine Schlüsselkomponente im E-<br />
Auto darstellt. Sie zeitnah und schnell auf<br />
den Markt zu bringen, ist ein Ziel, das<br />
derzeit die großen First Tier-Supplier und<br />
ihre Zulieferer wie VOIT aus St. Ingbert<br />
antreibt. Im Prinzip sind Konzept und Anwendung<br />
der Elektrifizierung im Antriebsstrang<br />
bestechend einfach, wenn da nicht<br />
einige diffizile, ursächliche Herausforderungen<br />
an die Supplier bestünden.<br />
Was einfach klingt, hat es natürlich in<br />
sich, wenn man in die Produktentwicklung<br />
und das Thermalmanagement geht, denn<br />
viele Bauteile der elektrischen Achse bedürfen<br />
einer eigenen Kühlung. Trotz des<br />
hohen Wirkungsgrades von Elektromaschinen<br />
von über 90 % verbleiben bis zu<br />
10 % Verlustleistung, die als Wärme abzuführen<br />
ist. Bei einem Drehstrom-Asynchronantrieb<br />
von 400 kW bedeutet das<br />
immerhin 40 kW. Wegen der erheblichen<br />
Wärmeleistung in den engen Bauräumen<br />
scheiden die üblicherweise genutzten<br />
Kühlrippen am Außengehäuse aus. Stattdessen<br />
bietet es sich an, die Wärmeabfuhr<br />
mit einem Kühlmantel um den Elektromotor<br />
zu leiten, der mit integrierten<br />
Kanälen für eine Flüssigkeitskühlung konzipiert<br />
ist. Diese zu erzeugen, ist aber eine<br />
fertigungstechnische Herausforderung,<br />
die nur wenige Zulieferer sowohl<br />
Komponenten für die Elektrifizierung im Antriebsstrang.<br />
prozesstechnisch als auch in wirtschaftlicher<br />
Serienfertigung angehen und beherrschen<br />
und die frühzeitig in die Bauteilentwicklung<br />
des OEM oder First Tier-<br />
Lieferanten einfließen muss.<br />
Dazu hat VOIT Automotive eine großserienfähige<br />
Lösung entwickelt. Statt einen<br />
Salzkern in den Gießprozess des Kühlmantels<br />
einzubringen, der bei jedem einzelnen<br />
Teil wieder ausgewaschen werden<br />
muss, arbeitet VOIT z. B. bei Statorträgern<br />
mit einem Innenring mit Kanalstrukturen<br />
und Außenring. Anstelle einer Abdichtung<br />
und Verschraubung hat VOIT das Verfahren<br />
des Rührreibschweißens weiterentwickelt<br />
und großserientauglich gemacht,<br />
sodass seinen Kunden – zwei führenden<br />
deutschen OEM – diese sofort einbaufähigen<br />
Gehäuseeinheiten bereits seit Frühjahr<br />
<strong>2018</strong> für eine Vielzahl elektrifizierter<br />
Modelle zur Verfügung stehen. Diese moderne<br />
Fertigungstechnolo<strong>gie</strong> des Rührreibschweißens<br />
in Serie lässt neue Gestaltungsmöglichkeiten<br />
beim Design<br />
gekühlter Elektromotoren als auch Leistungselektronik<br />
zu.<br />
Dieses Prozess-Know-how erweitert<br />
das Leistungsspektrum des Unternehmens,<br />
dessen fertigungstechnische Kerndisziplinen<br />
in den Bereichen Umformtechnik,<br />
Aluminiumdruckguss, Mechanische<br />
Bearbeitung und Werkzeugbau liegen.<br />
VOITs Kunden sind große OEM und First<br />
Tier-Lieferanten, VOITs Komponenten<br />
(> 100 Mio. Stück pro Jahr) finden sich<br />
weltweit in 45 Marken und über 250 Fahrzeugmodellen.<br />
Das saarländische Unternehmen fertigt<br />
heute sowohl Powertrain-Komponenten für<br />
Fahrzeuge mit Verbrennungsmotor, als<br />
auch für Hybridgetriebe und rein elektrische<br />
Antriebe. Ergänzt werden diese Produkte<br />
um konventionelle und elektrifizierte<br />
Nebenaggregate sowie Komponenten für<br />
Fahrerassistenzsysteme und autonomes<br />
Fahren.<br />
www.voit.de<br />
FOTO: ZEITRAUM/VOIT AUTOMOTIVE<br />
GIESSEREI 105 <strong>12</strong>/<strong>2018</strong> 21
AKTUELLES<br />
Studierende des<br />
Studiengangs Maschinenbau/Produktion<br />
und Management<br />
besuchten<br />
gemeinsam mit<br />
Studiengangsleiter<br />
Prof. Lothar Kallien<br />
die Schüle Druckguss<br />
GmbH in<br />
Schwäbisch Gmünd.<br />
FOTO: HS AALEN<br />
Exkursion zu Schüle Druckguss<br />
> HS AALEN: Im Rahmen der Vorlesung<br />
Gießereitechnik 2 besuchte Prof.<br />
Kallien, Leiter des Gießereilabors der<br />
Hochschule Aalen, mit Studierenden<br />
des 7. Semesters die Schüle Druckguss<br />
GmbH in Schwäbisch Gmünd. Die Schüle-Gruppe<br />
gilt als Technolo<strong>gie</strong>- und Qualitätsführer<br />
im Bereich der Fertigung<br />
hochpräziser Druckgussteile für<br />
Systemlie feranten der internationalen<br />
Automobilbranche sowie der Heiz- und<br />
der Ventiltechnik. Die Gruppe hat über<br />
800 Mitarbeiter an drei Standorten.<br />
Nach einer Einführung durch den Geschäftsführer<br />
Dr. Thilo Pfeil und den Prokuristen<br />
Klaus Bareiß begann die Führung<br />
durch die neue Fertigungshalle in<br />
der Getriebeteile für ZF gefertigt werden.<br />
Der Produktionsprozess erfolgt auf<br />
vier Fertigungslinien. Von der Gießzelle<br />
bis hin zum einbaufertigen Teil erfolgt<br />
die Fertigung vollautomatisch, inklusive<br />
der verschiedenen Bearbeitungsschritte<br />
wie dem vollautomatischen Feinwuchten<br />
unter immer wiederkehrender<br />
Qualitätskontrolle durch optische Messtechniken<br />
und Wirbelstromrissprüfung.<br />
So war die Exkursion eine große Bereicherung<br />
für die Studierenden des Studiengangs<br />
Maschinenbau/Produktion<br />
und Management.<br />
www.hs-aalen.de/de/facilities/71<br />
Technolo<strong>gie</strong>partner für Post Processing von AM-Bauteilen<br />
> RÖSLER: Mit dem Launch von AM solutions<br />
bündelt die Rösler Oberflächentechnik<br />
GmbH, Untermerzbach, ihre jahrelangen<br />
Aktivitäten im Bereich Post Processing<br />
additiv gefertigter Bauteile in<br />
einer auf diese Fertigungstechnolo<strong>gie</strong><br />
spezialisierten Marke. Rösler ist in der<br />
Gießereibranche für seine Gleitschliffund<br />
Stahlanlagen bekannt.<br />
Das Angebot von AM solutions umfasst<br />
ein breites Portfolio an Services und<br />
automatisierten Technolo<strong>gie</strong>lösungen<br />
entlang der AM-Prozesskette. Als Spezialist<br />
für die Oberflächenbearbeitung konventionell<br />
gefertigter Bauteile verfügt<br />
Rösler über 80 Jahre Erfahrung und umfassendes<br />
Know-how. Basierend auf diesem<br />
Wissen entwickelt das Unternehmen<br />
in eigenen Labors und Testzentren seit<br />
vielen Jahren Lösungen für die automatisierte<br />
und reproduzierbare Nachbearbeitung<br />
additiv gefertigter Werkstücke. Mit<br />
der Einführung der Marke AM solutions<br />
setzt Rösler diese Entwicklung nun fort.<br />
Unter diesem Signet, das sich ausschließlich<br />
mit Lösungen für die additive Fertigung<br />
beschäftigt, sind Expertise und Kapazitäten<br />
gebündelt.<br />
Das umfassende Portfolio von AM solutions<br />
beinhaltet Dienstleistungen und<br />
Lösungen entlang der AM-Prozesskette.<br />
Und das unabhängig davon, in welcher<br />
3-D-Drucktechnolo<strong>gie</strong> und aus welchem<br />
Werkstoff die Teile gefertigt wurden und<br />
welche Anforderungen an die Oberfläche<br />
gestellt werden. Dafür kooperiert Rösler<br />
eng mit namhaften Unternehmen.<br />
Die Services schließen Dienstleistungen<br />
für die nachbearbeitungsgerechte<br />
Auslegung bzw. Optimierung des Werkstücks<br />
und/oder Druckprozesses ebenso<br />
ein wie die Hardware-Beratung. Im Bereich<br />
Post Processing und Oberflächenfinish<br />
bietet AM solutions für jeden Prozessschritt<br />
der Nachbearbeitung – vom<br />
Entpulvern über das Entfernen von Stützstrukturen<br />
und Einglätten bis zum Polieren<br />
und Färben technisch und wirtschaftlich<br />
optimierte, automatisierte Verfahren<br />
aus einer Hand. Dies ermöglicht, dass die<br />
Nachbearbeitung prozesssicher und mit<br />
reproduzierbarem Ergebnis durchgeführt<br />
werden kann. Dabei stehen die Maschinen<br />
und Anlagen nicht nur als Einzellösung<br />
zur Verfügung, sondern auch als an<br />
kundenspezifischen Anforderungen angepasstes,<br />
verkettetes Gesamtsystem mit<br />
manuellem, teil- oder vollautomatisiertem<br />
Teilehandling.<br />
Um die Anlagen und Systeme in eine<br />
IoT-basierte AM-Fertigung zu integrieren,<br />
verfügen sie über entsprechende Schnittstellen.<br />
Dadurch lassen sich digital vernetzte<br />
Produktionsprozesse von der Konstruktion<br />
bis zum bedarfsgerecht nachbehandelten<br />
Werkstück aufbauen. AM<br />
solutions steht dabei ebenfalls mit Knowhow<br />
und Erfahrung zur Seite. Den ersten<br />
Auftritt hatte AM solutions auf der<br />
Formnext vom 13. bis 16. November<br />
<strong>2018</strong> in Frankfurt.<br />
www.rosler.com<br />
22 GIESSEREI 105 <strong>12</strong>/<strong>2018</strong>
Innovationspreis <strong>2018</strong> für Münchener Gießer<br />
Den Innovationspreis des Deutschen Kupferinstituts erhielten in diesem Jahr die beiden<br />
TUM-Doktoranden Tim Mittler und Thomas Greß (v. l. n. r.) für ihre Arbeit über das<br />
Strang<strong>gie</strong>ßen von Kupfer-Hybridhalbzeugen.<br />
> DEUTSCHES KUPFERINSTITUT: Für<br />
ihre herausragende Arbeit zum Thema<br />
Verbundstrang<strong>gie</strong>ßen zeichnete das Deutsche<br />
Kupferinstitut die beiden Garchinger<br />
TUM-Doktoranden Tim Mittler und Thomas<br />
Greß aus. Eine unabhängige Jury aus<br />
Industrie und Forschung prämiert mit<br />
dem mit 2500 Euro dotierten Innovationspreis<br />
jährlich eine Arbeit über neue<br />
Anwendungen von Kupfer und Kupferle<strong>gie</strong>rungen.<br />
Am 20. November <strong>2018</strong> überreichten<br />
Vertreter des Deutschen Kupferinstituts<br />
den beiden Forschern ihre Auszeichnung<br />
im Rahmen des diesjährigen<br />
Kupfersymposiums in Bochum.<br />
Das Strang- und Verbund<strong>gie</strong>ßen ist seit<br />
Jahren einer der Forschungsschwerpunkte<br />
des Lehrstuhls für Umformtechnik und<br />
Gießereiwesen der Technischen Universität<br />
München. Die mit dem Innovationspreis<br />
prämierte Forschungsarbeit „Strang<strong>gie</strong>ßen<br />
und umformtechnische Weiterverarbeitung<br />
von stoffschlüssig verbundenen<br />
Kupfer-Hybridhalbzeugen“ untersucht eine<br />
besonders ener<strong>gie</strong>- und ressourceneffiziente<br />
Prozesskette zur Herstellung von<br />
Kupfer-Schichtverbunden. Hierbei wird<br />
das Fügen von zwei unterschiedlichen<br />
Kupferwerkstoffen in einen einzigen<br />
Strang<strong>gie</strong>ßprozess integriert. Aufwendige<br />
Oberflächenvorbehandlungen der Fügepartner<br />
– wie sie beispielsweise beim<br />
Walzplattieren erforderlich sind – können<br />
somit entfallen. Die Ausbildung einer kohäsiven<br />
Bindung wird durch die Gießwärme<br />
unterstützt, was ein signifikantes Ener<strong>gie</strong>einsparpotenzial<br />
bei der Herstellung<br />
von Hybridbauteilen auf Kupferbasis bedeutet.<br />
Ergänzend zur <strong>gie</strong>ßtechnischen<br />
Verfahrensentwicklung wurde die umformtechnische<br />
Weiterverarbeitbarkeit<br />
des neuartigen Hybridhalbzeuges mittels<br />
Kaltwalzen und anschließendem Stanzprozess<br />
erfolgreich nachgewiesen.<br />
www.kupferinstitut.de<br />
FOTO: DEUTSCHES KUPFERINSTITUT<br />
Übernahme von KLEIN Stoßwellentechnik<br />
> KLEIN ANLAGENBAU: Zum 1. Oktober<br />
hat die KLEIN Anlagenbau AG, Niederfischbach,<br />
sämtliche Gesellschaftsanteile<br />
der KLEIN Stoßwellentechnik GmbH,<br />
ebenfalls ansässig in Niederfischbach,<br />
erworben. KLEIN Anlagenbau baut damit<br />
die Kompetenz auf dem Gebiet der Gießereianlagentechnik<br />
aus. Seit 1998 bedient<br />
die KLEIN Stoßwellentechnik GmbH<br />
mit ihren Produkten und Serviceleistungen<br />
vorwiegend die internationale Automobilindustrie<br />
und deren Zulieferer. Unter<br />
der Schutzmarke Cerabite werden Gussteile<br />
mittels Kondensator-Unterwasserentladungen<br />
gereinigt. Mit diesem speziellen<br />
Verfahren entfernt man nach dem<br />
Gießprozess Sandkerne, Keramikkerne,<br />
Schlichten und Späne aus komplexen<br />
Gussteilen wie z. B. Motorblöcken oder<br />
Motorköpfen. Das Verfahren ist durch den<br />
Einsatz moderner Robotertechnik vollautomatisch<br />
und für den Serienbetrieb ausgelegt.<br />
Zwischenzeitlich wird die Stoßwellentechnik<br />
auch in Produktbereichen außerhalb<br />
des Automobilsektors eingesetzt.<br />
Das Leistungsspektrum der KLEIN Stoßwellentechnik<br />
beinhaltet Versuchsaufbauten<br />
in einem Technikum, Konzeption und<br />
Fertigung der Komplettanlagen, Montage<br />
und Inbetriebnahme sowie Wartung und<br />
Service.<br />
Auf der Suche nach einer Nachfolgelösung<br />
für die KLEIN Stoßwellentechnik<br />
führte der Inhaber Reinhold Thewes seit<br />
längerer Zeit intensive Gespräche mit<br />
dem Vorstand der KLEIN Anlagenbau. Im<br />
Fokus seiner Überlegungen stand dabei<br />
die langfristige Sicherung sämtlicher Arbeitsplätze.<br />
Diese Zielsetzung wird durch<br />
den Unternehmensverkauf an die ortsnahe,<br />
im gleichen Branchenumfeld tätige<br />
Gesellschaft und den Fortbestand aller<br />
Arbeitsverhältnisse sichergestellt. Als<br />
Tochtergesellschaft der KLEIN Anlagenbau<br />
wird die KLEIN Stoßwellentechnik<br />
mit ihrem bisherigen Produkt- und Leistungsportfolio<br />
weiterhin am Markt präsent<br />
sein. Das Know-how bleibt im Unternehmen<br />
und die Kontinuität in den<br />
Geschäftsbeziehungen ist gewährleistet.<br />
Im Übrigen haben die beiden Unternehmen<br />
gemeinsame Wurzeln. Beide Gesellschaften<br />
sind Nachfolgeunternehmen<br />
der Firma Alb. Klein GmbH & Co. KG,<br />
Niederfischbach. Die Integration des Produktbereiches<br />
Stoßwellentechnik ist für<br />
die KLEIN Anlagenbau mit ihren Vorständen<br />
Thorsten Brandt und Joachim Buchen<br />
ein weiterer wichtiger Schritt zur<br />
Fortentwicklung des Unternehmens. Neben<br />
der Gießereianlagentechnik hat man<br />
sich auch als weltweit führender Anbieter<br />
von Besandungsanlagen für Schienenfahrzeuge<br />
etabliert. Gemeinsam werden<br />
beide Gesellschaften im Laufe des<br />
ersten Quartals 2019 den Firmenneubau<br />
in Freudenberg, Industriegebiet Hommeswiese<br />
– Produktionsfläche 2800 m 2 ,<br />
Bürotrakt 1300 m 2 – beziehen.<br />
www.klein-ag.de<br />
GIESSEREI 105 <strong>12</strong>/<strong>2018</strong> 23
AKTUELLES<br />
FOTO: PRIVAT<br />
Drei Fragen an...<br />
Prof. Gotthard Wolf, Direktor, und Dr.-Ing. Claudia Dommaschk, stellvertretende<br />
Direktorin des Gießerei-Instituts der TU Bergakademie Freiberg. Beim diesjährigen<br />
Ledebur-Kolloquium vom 25. bis 26. Oktober, das mehr als 250 Gießereifachleute besuchten,<br />
kamen neben Vorträgen zu dünnwandigem Stahlguss, ressourcen schonendem<br />
Handform<strong>gie</strong>ßen oder modularen Fertigungslinien auch die sinkenden Studierendenzahlen<br />
in den traditionellen Ingenieurwissenschaften zur Sprache.<br />
Die GIESSEREI hakte nach.<br />
Welche Beobachtungen haben Sie bei<br />
den Studierendenzahlen im Fach Gießereitechnik<br />
gemacht und wie erklären<br />
Sie sich diese Entwicklung?<br />
Prof. Gotthard Wolf: Wir sehen bei der<br />
Anzahl der Studierenden in den sogenannten<br />
MINT-Fächern (Mathematik, Informatik,<br />
Naturwissenschaft, Technik)<br />
deutschlandweit einen leicht rückläufigen<br />
Trend, diese Entwicklung geht an Freiberg<br />
und unserer Fakultät „Werkstoffwissenschaft<br />
und Werkstofftechnolo<strong>gie</strong>“ nicht<br />
vorbei, somit auch nicht an der Gießereitechnik.<br />
Insgesamt ist die Zahl der Ingenieurstudenten<br />
in Freiberg deutlich zurückgegangen,<br />
in unserer Fakultät auf fast die<br />
Hälfte. Dass wir uns als Institut dabei im<br />
Verhältnis noch ganz gut schlagen, ist<br />
zwar positiv, aber auch bei uns geht die<br />
Zahl der Studienanfänger momentan<br />
merklich zurück.<br />
Die Ursachen sind vielfältig und teilweise<br />
nur schwer nachzuweisen, aber wir<br />
sollten uns nichts vormachen, die Zeiten<br />
erfordern Maßnahmen zur Berufswerbung.<br />
Wir sehen bei den jungen Leuten<br />
einen klaren Trend hin zur BWL, Aussagen<br />
wie „irgendwas mit Design, Marketing<br />
oder etwas für die Umwelt“ hören<br />
wir als Berufswunsch häufig. Und wenn<br />
ein Ingenieurstudium, dann eher Informatik<br />
oder E-Technik. Technologische<br />
Fächer und Werkstofftechnik sind derzeit<br />
nicht allzu gefragt. Und das nicht nur in<br />
Freiberg.<br />
Aus unserer Sicht ist die öffentliche<br />
Wahrnehmung von Ingenieuren im Allgemeinen<br />
immer noch viel zu gering. Weder<br />
bei Lehrern an den Schulen noch in den<br />
Medien bekommen Ingenieure und Technik<br />
genügend Aufmerksamkeit, zu häufig<br />
existieren noch die Vorstellungen von<br />
Dreck, Lärm und schwerer Arbeit beim<br />
Gedanken an Maschinenbau und Gießereitechnik.<br />
Berufe am Schreibtisch sind<br />
da wesentlich „cooler“.<br />
Dr. Claudia Dommaschk: Es kommt<br />
noch hinzu, dass der Trend hin zum Leben<br />
in Großstädten zunimmt, die jungen<br />
Leute zieht es eher dorthin, „wo was los<br />
26 GIESSEREI 105 <strong>12</strong>/<strong>2018</strong>
ist“ – z.B. nach Berlin oder München.<br />
Und da spielt Freiberg nun leider nicht<br />
in der gleichen Liga. Freiberg ist eine relativ<br />
kleine Stadt, vielen unbekannt, für<br />
viele zu weit weg mit einer relativ<br />
schlechten Verkehrsanbindung. Nicht<br />
zuletzt hat auch die derzeitige politische<br />
Lage in Sachsen und deren Berichterstattung<br />
in den Medien dazu geführt,<br />
dass unsere Universität und damit auch<br />
unsere Studienrichtung Gießereitechnik<br />
nicht oben auf der Prioritätenliste von<br />
in- und ausländischen Studierenden<br />
steht. Das Bild von Sachsen ist momentan<br />
leider nicht das beste.<br />
Das sind hier alles keine ganz neuen<br />
Erkenntnisse, die Probleme sind uns sehr<br />
wohl bekannt und wir müssen gemeinsam<br />
etwas tun, damit die Studierendenzahlen<br />
wieder steigen.<br />
Was muss passieren, damit sich diese<br />
Entwicklung wieder umkehrt?<br />
Prof. Gotthard Wolf: Wir haben auf die<br />
sinkenden Zahlen bereits rea<strong>gie</strong>rt, müssen<br />
aber noch mehr tun. Neben dem<br />
Diplomstudiengang bieten wir heute<br />
gleichwertig den Bachelor- und Masterstudiengang<br />
an und neu auch einen englischsprachigen<br />
Master, der im Ausland<br />
gar nicht schlecht angenommen wird.<br />
Auch von diesen internationalen Studenten<br />
werden sicher einige nach ihrem Abschluss<br />
in Deutschland bleiben.<br />
In der Vergangenheit haben manche<br />
Gießereien ihre besten Auszubildenden<br />
z.T. mit verkürzter Ausbildungszeit und<br />
einem Firmenstipendium zum Studium zu<br />
uns geschickt. Die VW-Gießerei in Hannover<br />
ist dafür ein Beispiel, über Jahre<br />
hinweg kamen jährlich 1-2 Studierende<br />
von dort. Diese Bereitschaft, fertige Azubis<br />
zum Studium zu motivieren und zu<br />
unterstützen, ist deutlich zurückgegangen,<br />
weil derzeit eben auch gut ausgebildete<br />
Facharbeiter Mangelware sind und<br />
die Betriebe froh sind, diese selbst behalten<br />
zu können.<br />
Auch das Modell der Firmenstipendien-<br />
Kredite mit Unternehmensbindung<br />
gibt es kaum noch, da die Gießereien in<br />
den letzten Jahren genügend Nachwuchs<br />
hatten und die Notwendigkeit für die Firmen<br />
nicht mehr so im Vordergrund stand.<br />
Jetzt dreht es sich gerade wieder. Dieser<br />
Zyklus ist uns nicht unbekannt, das haben<br />
wir ca. alle 10 Jahre.<br />
Die Anfragen nach unseren Absolventen<br />
und die eingehenden Stellenanzeigen<br />
zeigen uns, wir könnten noch viel mehr<br />
Gießereitechnikstudenten ausbilden, der<br />
dringende Bedarf ist vorhanden! Wir müssen<br />
dafür gemeinsam mit den Gießereien<br />
auf lokaler Ebene Werbung für unseren<br />
Beruf machen. Rund 750 Gießereien in<br />
Deutschland liegen überall verteilt im<br />
Land, wir können diese nicht alle besuchen<br />
und Studienwerbung betreiben.<br />
Aber wir können den Gießereien Werbematerial<br />
in die Hand geben, mit denen<br />
z.B. die Personalabteilungen und Jungingenieure<br />
vor Ort in die Schulen gehen<br />
bzw. Schulklassen einladen und das Interesse<br />
an unserem Beruf wecken. Auch<br />
die Angehörigen der Mitarbeiter sind auf<br />
jeden Fall ein Potenzial. Es ist nachgewiesen,<br />
dass Eltern einen enormen Einfluss<br />
auf die Studienwahl ihrer Kinder haben!<br />
Ein interessanter Ansatz wäre sicher<br />
auch, wenn die Gießereien verstärkt<br />
Schülerpraktika mit anspruchsvollen, interessanten<br />
und spannenden Aufgaben<br />
anbieten würden. Die Schulen sind im<br />
Allgemeinen froh, wenn sie vernünftige<br />
Praktikumsstellen angeboten bekommen.<br />
Von allein kommen die Schüler oft<br />
nicht auf die Idee, sich in einer Gießerei<br />
zu bewerben.<br />
Wir schlagen den Gießereien daher<br />
einen Deal vor: Wir versorgen sie mit gutem<br />
Werbematerial und bilden die Studierenden<br />
zu super Gießerei-Ingenieuren aus<br />
und sie helfen uns bei der Werbung! Eine<br />
klassische Win-win-Situation!<br />
Warum ist die Entscheidung für die<br />
TU Freiberg im Fach Gießereitechnik<br />
richtig?<br />
Dr. Claudia Dommaschk: Oh, da gibt es<br />
sicher viele Argumente, die für Freiberg<br />
sprechen! Fangen wir mal mit den Studienbedingungen<br />
an unserer relativ kleinen<br />
Universität und an unserem Institut an:<br />
Wir bieten unseren Studenten eine sehr<br />
fundierte, <strong>gie</strong>ßereispezifische Ingenieurausbildung.<br />
Das Angebot, einen Diplomabschluss<br />
oder einen absolut gleichwertigen<br />
Bachelor- /Masterabschluss zu erwerben<br />
und damit ganz flexibel zu sein,<br />
ist ein durchaus spannendes Argument.<br />
Ein großes, hervorragend ausgestattetes<br />
Technikum und unsere modernen<br />
Labore ermöglichen eine äußerst industrienahe<br />
und praxisorientierte Ausbildung,<br />
die unsere Studierenden optimal<br />
auf den Einstieg in das Berufsleben vorbereiten.<br />
Das Verhältnis von Lehrenden<br />
zur Studentenzahl ist super und ermöglicht<br />
eine intensive und individuelle Betreuung<br />
der Studierenden in einer sehr<br />
familiären Atmosphäre. An unserer Universität<br />
sind rund 1800 Mitarbeiter für<br />
etwa 4300 Studenten da, wer sonst kann<br />
solch ein Verhältnis bieten?<br />
Prof. Gotthard Wolf: Durch unsere intensive<br />
Zusammenarbeit mit der Industrie<br />
werden die jungen Leute schon frühzeitig<br />
an praxisorientierte Fragestellungen herangeführt<br />
und haben in fast allen Fällen<br />
schon vor ihrem Abschluss eine Stelle sicher.<br />
Dies wird auch dadurch gefördert,<br />
dass unsere früheren Absolventen in einer<br />
Vielzahl der deutschen Gießereien in Führungspositionen<br />
tätig sind und sehr gern<br />
auf unsere gut ausgebildeten jungen Leute<br />
zurückgreifen. Durch dieses funktionierende<br />
Alumni-Netzwerk haben unsere<br />
Absolventen beste Möglichkeiten, einen<br />
guten Job in der Branche zu finden. Wir<br />
spüren dies auch jedes Jahr bei unserem<br />
Ledebur-Kolloquium, wie intensiv sich die<br />
jungen Studenten mit den älteren Absolventen<br />
austauschen.<br />
Wir sind auch der Meinung, dass Internationalität,<br />
Sprachenkenntnisse und<br />
das „über den Tellerrand schauen“ heutzutage<br />
enorm wichtig sind. Deswegen<br />
unterstützen wir die Studierenden aktiv<br />
bei der Suche nach Möglichkeiten, einen<br />
Teil des Studiums im Ausland zu absolvieren.<br />
Wir bieten ihnen auch über unseren<br />
„Verein der Fachschaft der Freiberger<br />
Gießer e.V.“ eine finanzielle Unterstützung<br />
an. Unsere Studenten sind z.B. in<br />
China, Brasilien, Südafrika und Skandinavien<br />
gewesen, Einer unserer Studenten<br />
ist derzeit in Südafrika und beendet in<br />
Kürze dort seine Diplomarbeit. Wir haben<br />
die Kontakte hergestellt und ihn durch<br />
ein Reisestipendium unterstützt. Neben<br />
besten Sprachkenntnissen wird er mit<br />
ganz anderen Lebenserfahrungen zurückkehren,<br />
was ihm sicher beim Start ins Berufsleben<br />
eine große Hilfe sein wird.<br />
Und nicht zuletzt sprechen für Freiberg<br />
die im Vergleich zu anderen Städten<br />
deutlich geringeren Lebenshaltungskosten.<br />
Auch die Wohnheim-, WG- bzw. Wohnungssuche<br />
ist bei uns völlig entspannt<br />
und problemlos. Freiberg ist eine liebenswerte<br />
kleine Stadt mit studentischem Leben,<br />
Historie und Kultur und die beste<br />
Basis für ein erfolgreiches Gießereitechnikstudium!<br />
Eltern finden dieses Kleinstadtidyll<br />
immer hervorragend, die Studenten<br />
auch – aber eben erst, wenn sie<br />
hier angefangen haben.<br />
https://tu-freiberg.de/fakult5/gi<br />
GIESSEREI 105 <strong>12</strong>/<strong>2018</strong> 27
50 GIESSEREI 105 <strong>12</strong>/<strong>2018</strong>
INTERVIEW<br />
Jöst ist ein erfolgreicher Spezialist im Bereich<br />
Schwingungstechnik. Das Bild zeigt Dr. Marcus Wirtz<br />
vor einem von Jöst gefertigten Trockner.<br />
Auch in unruhigen Zeiten erfolgreich<br />
100 Jahre Jöst im nächsten Jahr – Interview mit Geschäftsführer Dr. Marcus Wirtz<br />
Die Zeiten sind unruhig – der Abgasskandal, politische Erschütterungen,<br />
E-Mobilität und Industrie 4.0 fordern die<br />
Gießereien heraus. Dennoch schreibt Jöst unbeirrt weiter<br />
an seiner Erfolgsstory. Steigende Umsatz- und Mitarbeiterzahlen<br />
zeigen, dass das Unternehmen vieles richtig<br />
macht. Jöst darf also zuversichtlich dem 100-jährigen Bestehen<br />
im nächsten Jahr entgegensehen. Wie hat das Unternehmen<br />
aus Dülmen das gemacht? Die GIESSEREI sprach<br />
mit dem Jöst-Geschäftsführer Dr. Marcus Wirtz.<br />
FOTO: JÖST<br />
Ihr Unternehmen ist erfolgreich auf dem Markt und glänzt<br />
mit steigenden Umsatz- und Mitarbeiterzahlen. Sie haben<br />
offensichtlich vieles richtig gemacht. Was war aus Ihrer<br />
Sicht ausschlaggebend für diese Entwicklung?<br />
Einer der Kernpunkte unserer Erfolgsstory ist die Geschichte<br />
des Unternehmens. Jöst feiert im nächsten Jahr sein 100-jähriges<br />
Bestehen. In den ganzen Jahren sind wir uns treu geblieben.<br />
Wir haben seit jeher Vibrationsmaschinen gefertigt, sind<br />
aber aufgeschlossen geblieben und haben unser Portfolio um<br />
weitere erforderliche Technolo<strong>gie</strong>n ergänzt. Wir haben sie konsequent<br />
weiterentwickelt und mit neuen Maschinen ein kontinuierliches<br />
generisches und organisches Wachstum des Unternehmens<br />
ermöglicht. Heute bieten wir in unserem Bereich alles<br />
– von kleinen einzelnen Maschinen bis zu großen Lösungen.<br />
Mit Komplettlösungen erfüllen wir die Wünsche vieler Gießereien.<br />
Wir haben uns mit dem Kunden und dessen Bedürfnissen<br />
weiterentwickelt. Dazu ist Zuhören und Beraten unerlässlich<br />
– und natürlich Erfahrung.<br />
Was waren die Meilensteine der Entwicklung von Jöst?<br />
Um das Wachstum kontinuierlich zu stärken, hat Jöst Akquisitionen<br />
vorgenommen, die optimal passen. 1995 gab es die<br />
Übernahme der Uhde-Schwingungstechnik. Herweg kam 2002<br />
hinzu: Neben der Schwingungstechnik bietet Jöst nun auch<br />
Wägetechnik und Speziallösungen. Die Förderung im Vakuum<br />
wurde ermöglicht. 2006 übernahm Jöst Dieterle, einen Hersteller<br />
von Hebe- und Kippgeräten, der Schüttgüter transportiert,<br />
hebt, kippt, dosiert oder umfüllt. Die Dieterle GmbH & Co. KG<br />
ist Anfang <strong>2018</strong> in der Jöst GmbH + Co. KG aufgegangen und<br />
keine eigenständige Gesellschaft mehr, sondern eine weitere<br />
starke Marke der JÖST group. Auf diese Weise haben wir das<br />
Auf Erfolgskurs mit Jöst: Geschäftsführer Dr. Marcus Wirtz blickt<br />
zuversichtlich in die Zukunft.<br />
Portfolio erweitert, ergänzt und bieten nun ein noch breiteres<br />
Produktspektrum.<br />
Erfolgreich ist ein Unternehmen nur im Team. Welchen<br />
Anteil haben Ihre Mitarbeiter am Wachstum?<br />
Zentral für den Erfolg sind natürlich gerade auch unsere Mitarbeiter.<br />
Wir legen Wert darauf, in unserem Gießereibereich überwiegend<br />
Gießereifachingenieure zu beschäftigen oder Mitarbeiter,<br />
die aus dem Gießereibereich stammen. Alle tragen die<br />
Gießerei-DNA in sich. Das ermöglicht einen völlig anderen Zugang<br />
zu Kunden. Ferner hat Jöst eine sehr gute Personalstruktur<br />
aus älteren und jüngeren Mitarbeitern, aus erfahrenen und<br />
talentierten Beschäftigten.<br />
Vor Ort Ansprechpartner zu haben, ist im internationalen Geschäft<br />
heute wichtiger denn je. Wir haben insgesamt zehn Tochtergesellschaften.<br />
Auf jedem Kontinent mindestens eine, wo wir<br />
auch fertigen, Ersatzteile bereithalten und Ingenieure beschäftigen.<br />
Ein wesentlicher Erfolg der JÖST group liegt in der erfolgreichen<br />
Internationalisierungsstrate<strong>gie</strong> der letzten 20 Jahre. Jetzt<br />
sind wir präsent und sehen genau hin, was die Länder jeweils<br />
benötigen. Diese weltweite Präsenz ermöglicht darüber hinaus,<br />
einen schwächelnden Markt mit einem stärkeren auszugleichen.<br />
FOTO: MICHAEL VEHRESCHILD<br />
GIESSEREI 105 <strong>12</strong>/<strong>2018</strong> 51
INTERVIEW<br />
mitunter zurückgestellt. Aber es wird wieder investiert, die Irritationen<br />
sind nur noch unwesentlich. Der Skandal ist nicht so<br />
stark wie erwartet durchgeschlagen. Die Delle konnten wir mit<br />
anderen Anwendungen ausgleichen. Zumal sich die europäischen<br />
Gießereien immer stärker international bewegen.<br />
FOTO: JÖST<br />
Zur Frage, was Jöst so erfolgreich macht, interviewte Michael<br />
Vehreschild (re.) Geschäftsführer Dr. Marcus Wirtz.<br />
Wie schlägt sich der Erfolg in Zahlen nieder?<br />
Der Erfolg lässt sich an der Entwicklung der Umsatz- und Mitarbeiterzahlen<br />
ablesen. Um 10 bis 15 Prozent stiegen sie jeweils<br />
in den vergangenen drei Jahren. In Deutschland zählt Jöst heute<br />
365 Mitarbeiter – 15 mehr als noch vor eineinhalb Jahren.<br />
Der Umsatz weltweit kletterte auf über 90 Millionen Euro.<br />
Gute Zahlen trotz Widrigkeiten – der Abgasskandal hatte<br />
auch auf die Zulieferer der Automobilindustrie Auswirkungen.<br />
Welchen Einfluss hatte er auf Jöst?<br />
Sicher, der Abgasskandal hat am Image des deutschen Maschinenbaus<br />
gekratzt. Es gab zunächst Irritationen, Projekte wurden<br />
Jöst – Experte für Schüttgüter<br />
Jöst bietet im Bereich der Gießereitechnik Maschinen und<br />
Systeme für Nassguss-Sandsysteme und für kaltharzgebundene<br />
Formsandsysteme. Unternehmen aus der Stahl- und<br />
Hüttenindustrie werden unter anderem mit Bunkerabzugsrinnen<br />
für die Zuschlagwirtschaft sowie Le<strong>gie</strong>rungsanlagen<br />
für die verschiedenartigen Schmelzprozesse im Stahlwerk<br />
beliefert. Neben der Metallur<strong>gie</strong> gehören primäre Rohstoffe,<br />
sekundäres Rohstoff-Recycling sowie Chemie und Nahrung<br />
zu den Hauptgeschäftsfeldern.<br />
Am Hauptsitz in Dülmen werden auf ca. 65 000 Quadratmetern<br />
Gesamtfläche vibrationstechnische Maschinen<br />
und Systeme für nahezu alle Industriebereiche konzipiert,<br />
konstruiert, gefertigt und getestet.<br />
Das Unternehmen, das sich als Experte für Schüttgüter<br />
versteht, hat in den vergangenen Jahren stark expandiert.<br />
Mehrere Tochtergesellschaften im Ausland wurden gegründet.<br />
Es gibt Niederlassungen in Südkorea (seit 2017), Indien,<br />
China, Australien, Brasilien, Südafrika, Frankreich und in<br />
den USA. Dadurch können laut Jöst Kunden weltweit das<br />
Know-how des Unternehmens mit lokaler Betreuung, Fertigung<br />
und Service vor Ort erhalten.<br />
Zudem wuchsen kontinuierlich die Zahl der Mitarbeiter<br />
und die Höhe des Umsatzes. In Deutschland zählt Jöst 365<br />
Mitarbeiter, weltweit sind es über 700. Der weltweite Umsatz<br />
beläuft sich auf über 90 Millionen Euro. Im nächsten<br />
Jahr feiert Jöst sein 100-jähriges Bestehen.<br />
Zu den Geschäftsführern gehören Dr. Hans Moormann<br />
(auch Gesellschafter), Dr. Marcus Wirtz und Dr. Christoph<br />
Stephany.<br />
Welchen Einfluss haben wachsende Erwartungen an Effizienzsteigerung<br />
und Nachhaltigkeit auf Ihr Unternehmen?<br />
Wir achten beispielsweise bei der Antriebstechnik, die immer<br />
schon zu unserer Kernkompetenz gehört, auf Ener<strong>gie</strong>effizienz.<br />
Ein Beispiel: Wir haben einen großen Gusskühler – die größte<br />
Schwingmaschine Europas – gefertigt, die nur mit einem 15-KW-<br />
Motor angetrieben wird. Auch wenn die Gusskühler zunehmend<br />
größer werden, senken wir den Ener<strong>gie</strong>verbrauch. Darüber hinaus<br />
optimieren wir bei Jöst natürlich unsere eigenen Fertigungsabläufe<br />
und Produktionshallen. Die Umstellung auf modernste<br />
Technik wie LED-Beleuchtung und Kaltstrahlheizungen<br />
spart dabei signifikant Ener<strong>gie</strong>.<br />
Wie ist es Ihnen gelungen, die steigenden Anforderungen<br />
zu erfüllen?<br />
In der Tat werden die Anforderungen immer komplexer – ihnen<br />
stellen wir uns aber gerne. Dazu entwickeln wir neue Verfahren<br />
und optimieren Maschinen, Steuerungen und die Anlagentechnik.<br />
Das gilt beispielsweise für die Kernsandknollenzerkleinerung.<br />
Um hohe Anforderungen zu erfüllen, haben wir auch das<br />
Personal für Entwicklungen kontinuierlich aufgestockt. Wir bieten<br />
ferner ein duales Studium an, das wir für die unterschiedlichen<br />
Bereiche deutlich ausbauen. Außerdem rüsten wir uns<br />
als ein starker Ausbildungsbetrieb für die Zukunft. Wir zählen<br />
derzeit 35 Auszubildende – vom kaufmännischen Bereich bis<br />
zur Fertigung.<br />
Weil Kunden zunehmend nach lokaler Präsenz verlangen,<br />
hat Jöst 2017 in Korea eine weitere neue Gesellschaft gegründet.<br />
In China und Korea gibt es die klare Forderung, lokal zu<br />
fertigen, der wir auch gerecht werden. Wir kennen uns in den<br />
Ländern aus und wir haben hier eine Kombination aus lokalem<br />
und internationalem Personal.<br />
Unternehmensbereiche entwickeln sich meist nicht alle<br />
in gleichem Tempo. Welches Produktportfolio für Gießereien<br />
wächst bei Ihnen aber besonders stark? Was sind<br />
die Gründe?<br />
Ein Trend ist derzeit, dass aufgrund steigender Nachfrage mehrere<br />
Bremsscheiben<strong>gie</strong>ßereien in Kastenformanlagen mit horizontaler<br />
Teilung investieren, um die Gussteile mit einem Gefüge<br />
herzustellen, das punktsymmetrisch zu deren Rotationsachse<br />
ist. Die Belegung der Formkästen ist maximiert; die Leistung<br />
moderner Formanlagen ist erheblich. Dies erfordert Guss-/<br />
Sand-Trennungsanlagen in entsprechenden Dimensionen.<br />
Bei der Herstellung von Motorblöcken aus Eisengusswerkstoffen<br />
kommen zunehmend Verfahren zum Einsatz, bei denen<br />
das Gussteil keinen direkten Kontakt zum Nassgusssand hat,<br />
sondern vielmehr von einer Außenkonturkernstruktur umschlossen<br />
wird, um der Genauigkeit und Reproduzierbarkeit gerecht<br />
zu werden, welche die geforderten dünnen Gusswandstärken<br />
von bis zu 2,5 mm verlangen. Solch filigrane Gussteile benötigen<br />
spezielle Auspackverfahren. Mit konventionellen Trennrinnen<br />
ist das nicht zu bewerkstelligen.<br />
Bei der Fertigung von Aluzylinderköpfen und mehreren Bauteilen<br />
für Elektroautos im Schwerkraftkokillenguss werden die<br />
Hohlräume der Gussteile durch gebaute Kerne abgebildet. Für<br />
die Herstellung dieser Kerne kommen aus Emissionsschutzgründen<br />
zunehmend anorganische Bindemittel zum Einsatz, die<br />
52 GIESSEREI 105 <strong>12</strong>/<strong>2018</strong>
FOTO: JÖST<br />
Am 1. November hat Jöst sein neues Technikum in Betrieb<br />
genommen.<br />
Investitionen sind essenziell – auch dafür steht Jöst.<br />
FOTO: JÖST<br />
das traditionelle organische Coldboxverfahren ablösen. Es hat<br />
sich jedoch gezeigt, dass der Staub, der bei den verschiedenen<br />
nach dem Entkernen stattfindenden Prozessschritten entsteht,<br />
deutlich feiner und teilweise alveolengängig ist, d.h. bis in die<br />
Lungenbläschen vordringt. Dies schraubt die Ansprüche an die<br />
Anlagentechnik hinsichtlich Staubdichtigkeit und Verschleißfestigkeit<br />
erheblich nach oben. Da sich in unseren Konzepten<br />
stetig der unverzichtbare Rückfluss von Kundenerfahrungswerten<br />
widerspiegelt, haben wir geeignete Lösungen, die diesen<br />
Anforderungen gerecht werden.<br />
Welche Märkte können in den Fokus rücken?<br />
In Mexiko und der Türkei kommt es zu Expansionen. Die Automobilindustrie<br />
wächst, wodurch der Bedarf an Gießereien steigt.<br />
Zumal Endkunden erwarten, dass Gießereien sich in der Nähe<br />
befinden. Außerdem gibt es in Nordamerika einen Investitionsstau,<br />
vieles war ausgelagert. Jetzt könnte vieles zurückkommen.<br />
Die politischen und finanzwirtschaftlichen Probleme und Konflikte<br />
– wie jüngst in der Türkei – sowie Tweets aus den USA,<br />
können solche Entwicklungen allerdings über Nacht stoppen<br />
und Verschiebungen in andere Länder bedeuten. Daher ist unsere<br />
internationale Präsenz von essenzieller Bedeutung.<br />
Auch die E-Mobilität rückt zunehmend in den Blickpunkt.<br />
Wie schätzen Sie diesen Markt ein?<br />
Bis es keine Verbrennungsmotoren mehr geben wird, wird es<br />
noch lange dauern. Gerade der Bedarf bei Lkws ist sehr hoch.<br />
Der Lkw-Verkehr nimmt enorm zu und hier spielt E-Mobilität<br />
eine geringere Rolle und wird auch auf absehbare Zeit keine<br />
Lösung sein. Ich halte die von der Politik in Deutschland genannten<br />
Ziele bei der E-Mobilität für unrealistisch. Aber ich<br />
habe den Eindruck, dass sich das beruhigt und man zur Vernunft<br />
und realistischeren Einschätzungen und Zeitplänen kommt. Außerdem<br />
dürften sich die Märkte unterschiedlich entwickeln: In<br />
China, Nordamerika – und langfristig in Afrika – ist der Bedarf<br />
an Motoren immens, auch sind die zurückzulegenden Distanzen<br />
größer. Daran werden die Verbrennungsmotoren weiter ihren<br />
Anteil haben.<br />
Klar ist aber: Die E-Mobilität ist ein Trend, der Anteil von E-<br />
Mobilität wird wachsen. Es wird einen Mix geben: im städtischen<br />
Bereich eher E-Motoren und Hybridtechnolo<strong>gie</strong> (mit Verbrennungsmotor).<br />
Hinzu kommen in anderen Regionen Wasserstoffantrieb<br />
und der klassische Verbrennungsmotor, der immer weiter<br />
optimiert wird. Um künftige Anforderungen an den Flottenverbrauch<br />
zu erfüllen, wird der Anteil an Hybridantrieben in den<br />
nächsten Jahren signifikant steigen. Dabei werden ca. 25 bis<br />
30 Prozent mehr Gewicht an Gussteilen benötigt. Dieser Trend<br />
wird nach Experten-Einschätzungen bis mindestens 2035 anhalten.<br />
Wenn sich dann schrittweise der Anteil von reinen Elektrofahrzeugen<br />
erhöht, wird der Anteil an Guss zwar deutlich<br />
zurückgehen, aber auch für die Lade-Infrastruktur und die weiter<br />
wachsende Anzahl an Windener<strong>gie</strong>anlagen sind viele Gussteile<br />
erforderlich.<br />
Industrie 4.0 gehört die Zukunft. Wie stellen Sie sich hier<br />
auf?<br />
Industrie 4.0 ist eine besondere Chance, wir beschäftigen uns<br />
intensiv damit. Wir haben bereits Lösungen entwickelt: So bieten<br />
wir eine eindeutige Zuordnung von Daten zu den Gussstücken,<br />
führen zahlreiche Parameter zusammen und ermöglichen<br />
eine Rückverfolgung von Daten. So weiß der Kunde zum Beispiel,<br />
wo sich was befindet. Ziel ist es, Fehler früher zu erkennen und<br />
zu vermeiden. Es geht um die Meldung von Störungen, Vermeidung<br />
von Ausfällen und präventive Maintenance. Unsere Vision<br />
ist, dass man sagen kann, warum ein Fehler am Gussteil entstanden<br />
ist. Alle Daten – wie etwa Temperatur, Geschwindigkeit,<br />
Feuchtigkeit, Lagerbestand und Geräuschpegel – sollen zusammengeführt<br />
werden.<br />
Ein wichtiges Beispiel: Die von uns entwickelten Steuerungen<br />
sollen nicht nur steuern. Wir haben bereits intelligente Steuerungen<br />
– die Plattform ist vorhanden, die Hardware also da. Nun<br />
schauen wir, wie wir sie einsetzen, sodass diese Steuerungen<br />
auch ihr gesamtes Potenzial entfalten können. Dazu werden die<br />
Steuerungen zusätzlich mit intelligenter Software ausgestattet.<br />
Anbieten wollen wir beides: normale und intelligente Steuerungen.<br />
Ohne Innovationen gibt es keine Weiterentwicklung des<br />
Unternehmens. Wie gehen Sie hier strategisch vor?<br />
Der Bereich Forschung und Entwicklung ist für uns essenziell.<br />
Daher arbeiten wir mit verschiedenen Hochschulen zusammen,<br />
zum Beispiel mit der TH Aachen und der FH Münster, Abteilung<br />
Steinfurt. Wir vergeben Master- und Promotionsarbeiten.<br />
GIESSEREI 105 <strong>12</strong>/<strong>2018</strong> 53
INTERVIEW<br />
FOTO: JÖST<br />
Ferner bin ich Mitglied des Vorstandes beim VDMA-Fachverband<br />
Metallur<strong>gie</strong> sowie Vorsitzender der Fachabteilung Aufbereitungstechnik.<br />
Hier werden weltweite strategische Themen<br />
behandelt.<br />
Mit welchen Investitionen haben Sie die Entwicklung Ihres<br />
Unternehmens beschleunigt?<br />
Wir sind seit 1990 hier am Standort in Dülmen und haben seitdem<br />
permanent expandiert, indem wir in neue Anlagen und<br />
Fertigungskapazitäten wie Hallen investiert haben. Die Fläche<br />
erhöhte sich von 40 000 auf ca. 65 000 Quadratmeter. Ein Beispiel:<br />
Vor acht Jahren haben wir eine komplett neue Strahl- und<br />
Lackieranlage modernster Technolo<strong>gie</strong> errichtet. Seitdem können<br />
wir alle Lackspezifikationen bis zu den höchsten Qualitätsanforderungen<br />
flexibel und zeitnah selber ausführen. Dies<br />
ist besonders wichtig, wenn man Premiumqualität mit kurzen<br />
Lieferzeiten anbietet. Am 1. November ist das neue Technikum<br />
in Betrieb gegangen. Das haben wir noch größer gebaut. Hier<br />
können wir mit Kunden Versuche fahren für alle von JÖST angebotenen<br />
Lösungen sowie Maschinen und Prototypen testen.<br />
In den vergangenen Jahren haben wir insgesamt über 10 Millionen<br />
Euro am Hauptstandort Dülmen investiert.<br />
Gibt es Pläne für weitere Investitionen in den nächsten<br />
Jahren?<br />
Ja, dazu gehört zum Beispiel die neue Maschinentechnolo<strong>gie</strong><br />
der Brennschneidmaschine mit integrierten Bearbeitungszentren.<br />
Auch mit dem Einsatz von Schweißrobotern beschäftigen<br />
wir uns, um die Produktivität bei konstant hohem Qualitätsniveau<br />
zu realisieren. Als weltweit führendes Unternehmen für<br />
Vibrationstechnik mit Fertigungsstandorten auf allen Kontinenten<br />
steht Qualität für uns ganz oben, egal wo in der Welt Kunden<br />
von uns kaufen. Daher setzen wir weiter auf den Standort<br />
Dr. Wirtz ist auch immer nah an den Projekten – ein Blick in die<br />
Produktion ist daher selbstverständlich.<br />
Deutschland und planen weitere Expansionen, insbesondere<br />
für qualitätskritische Teile und Komponenten.<br />
Investitionen sind wichtig, benötigen aber auch qualifizierte<br />
Mitarbeiter. Wie stellen Sie sich gegen den Fachkräftemangel<br />
auf?<br />
Wir stellen fest, dass es schwieriger wird, Auszubildende zu finden.<br />
Das trifft vor allem auf den Bereich Elektrotechnik zu. Grundsätzlich<br />
sind wir aber sehr aktiv, um einen Fachkräftemangel zu<br />
vermeiden. So verfügen wir über ein gutes Netzwerk mit Verbänden<br />
und Hochschulen. Und wir können Mitarbeitern einige<br />
Vorteile bieten. So sind wir verkehrstechnisch sehr gut angebunden.<br />
Es gibt die Nähe zu Münster, aber auch zu Duisburg,<br />
Dortmund und Düsseldorf – ohne auf die Vorzüge des günstigen<br />
ländlichen Wohnens zu verzichten. Ein großer Standortvorteil.<br />
Attraktiv ist ferner das duale Studium, das wir bieten. Junge<br />
Mitarbeiter haben sehr viele und gute Entwicklungsmöglichkeiten<br />
auch international. Mit Rücksicht auf die Familien sind die<br />
Monteure auch noch im Werk tätig. Die Mitarbeiter montieren<br />
die Maschinen hier, begleiten sie aber auch anschließend zur<br />
Baustelle zwecks Endmontage. Uns ist es wichtig, unsere Mitarbeiter<br />
nicht nur zu halten, sondern ein attraktives, motivierendes<br />
Arbeitsumfeld mit Perspektiven zu bieten. Und wir werden<br />
bestätigt – sie wollen auch bleiben!<br />
Das Interview führte Michael Vehreschild, 4P Communications,<br />
Kleve<br />
54 GIESSEREI 105 <strong>12</strong>/<strong>2018</strong>
Volle Auftragsbücher –<br />
knappe Personalressourcen<br />
Schmelze marsch! In der Eisen<strong>gie</strong>ßerei<br />
liefern Kupolöfen den Nachschub an<br />
Flüssigeisen.<br />
Die Eisen<strong>gie</strong>ßerei Dinklage in Niedersachsen fertigt im Handform<strong>gie</strong>ßverfahren Gegengewichte<br />
für die Staplerindustrie. Das Geschäft boomt, die erforderliche Kapazitätserweiterung<br />
ist jedoch durch Personalmangel gefährdet. Mit schwäbischem Fleiß und<br />
guten Ideen will Geschäftsführer Björn Ploch das Werk modernisieren und ausbauen.<br />
FOTOS: ANDREAS BEDNARECK<br />
VON ROBERT PITEREK, DÜSSELDORF<br />
Vorbei am Edelstahlfertiger Stallkamp<br />
und dem Achsenhersteller Gigant<br />
geht es zur Eisen<strong>gie</strong>ßerei Dinklage<br />
im Gewerbegebiet der gleichnamigen <strong>12</strong><br />
800-Einwohner-Stadt im niedersächsischen<br />
Kreis Vechta. Die rund 70 Meter<br />
lange Fertigungshalle grenzt in einem<br />
90-Grad-Winkel direkt an das Verwaltungsgebäude,<br />
vor dem Mitarbeiter und Besucher<br />
ihre Fahrzeuge abstellen. Das Werk,<br />
das von außen einen unscheinbaren Eindruck<br />
macht, ist ein unersetzlicher Baustein<br />
in der Fertigungskette eines Fahrzeugtyps,<br />
der in Industriebetrieben zwar<br />
alltäglich ist, auf den Straßen der Republik<br />
aber höchstens festgezurrt an Lkw-Hecks<br />
in Erscheinung tritt: dem Gabelstapler. Die<br />
KION GROUP AG, Frankfurt/Main, zu der<br />
u. a. die prominenten Staplerhersteller Linde<br />
Material Handling und STILL gehören,<br />
ist Besitzer der Eisen<strong>gie</strong>ßerei. Für die<br />
Schweizer Unternehmensgruppe Liebherr<br />
werden hier darüber hinaus Bauteile für<br />
Bagger und Mobilkräne gefertigt. Die Eigentümer<br />
der Eisen<strong>gie</strong>ßerei können sich<br />
derzeit über eine äußerst gute Auftragslage<br />
freuen. Geschäftsführer Björn Ploch<br />
bringt es auf den Punkt: „Der Staplermarkt<br />
boomt!“ Seine Aufgabe hierbei ist die <strong>gie</strong>ßereitechnische<br />
Fertigung der Gegengewichte,<br />
die für das Ausbalancieren der<br />
Lasten benötigt werden, die Stapler emsig<br />
durch die Fabriken der Welt befördern, und<br />
mit denen die Gießerei jährlich einen guten<br />
zweistelligen Millionenbetrag umsetzt.<br />
Die Belegschaft ist überaltert<br />
Die Handform<strong>gie</strong>ßerei befindet sich in<br />
einer Region ohne Gießereitradition, zu-<br />
60 GIESSEREI 105 <strong>12</strong>/<strong>2018</strong>
UNTERNEHMEN & MÄRKTE<br />
dem liegt die Arbeitslosenquote mit zwei<br />
Prozent auf Vollbeschäftigungsniveau.<br />
Eine schlechte Ausgangslage für ein<br />
Werk, das inklusive Leiharbeitern und<br />
dem Azubi 167 Mitarbeiter beschäftigt<br />
und allmählich überaltert. „Der Anteil der<br />
55-jährigen an der Belegschaft beträgt<br />
zurzeit 38 Prozent“, so Ploch, „in zwei<br />
bis drei Jahre erwischt es uns kalt“, ergänzt<br />
der Schwabe düster. Er stammt<br />
aus Königsbronn auf der schwäbischen<br />
Alb und heuerte 2016 bei der Eisen<strong>gie</strong>ßerei<br />
Dinklage an.<br />
Die Faszination für seinen Beruf erlangte<br />
Ploch bei SHW in Königsbronn. Vom<br />
Facharbeiter über den Meister bis zur<br />
kaufmännischen IHK-Ausbildung entwickelte<br />
er sich dort weiter und ging dann<br />
als Werksleiter zu Kurtz nach Hasloch, wo<br />
er an der Seite von Geschäftsführer Graziano<br />
Sammati am Aufbau der Smart<br />
Foundry beteiligt war. Angesprochen darauf,<br />
ob er eine Industrie 4.0-Fertigung<br />
auch in Dinklage errichten würde, wenn<br />
es möglich wäre, beginnen Plochs Augen<br />
zu leuchten, dennoch scheut er den Vergleich.<br />
„Die Technik und das Konstrukt<br />
waren bei Kurtz genial, die mannlosen<br />
Transportsysteme halte ich aber für zu<br />
fehleranfällig“, blickt er zurück und wagt<br />
dann es dann doch, die Vision von der<br />
Smart Foundry auf sein Werk zu übertragen:<br />
„Was Sie bei Kurtz haben, sehen Sie<br />
bei mir dann auf Schienen – ein Manipulator<br />
müsste auch noch dazu kommen.“<br />
Um diese Aufgaben konkret anzugehen,<br />
müssen allerdings erst die notwendigen<br />
Arbeitskräfte vor Ort angeworben werden.<br />
Automatische Schlichte aufbereitung<br />
Einige Neuerungen standen und stehen<br />
aber bereits an, um Qualität zu bieten und<br />
die Kapazität von derzeit 36 000 Tonnen<br />
jährlich weiter auszubauen, denn die Auftragsbücher<br />
für <strong>2018</strong> und 2019 sind randvoll.<br />
Und an Plänen mangelt es dem umtriebigen<br />
Schwaben auch nicht. Um den<br />
qualitativen Ansprüchen der Kunden gerecht<br />
zu werden, investierten Ploch und<br />
sein Team kürzlich in eine automatische<br />
Schlichteaufbereitung des Gießereizulieferers<br />
Foseco aus Borken. „Ich hatte im<br />
Die Arbeit in der Gießerei, hier an der<br />
halbautomatischen Formstrecke, ist<br />
jetzt in vollem Gange.<br />
Geschäftsführer Björn Ploch erklärt<br />
BDG-Redakteur Robert Piterek die Gattierung<br />
der Öfen – günstiges Einsatzmaterial<br />
ist immer seltener erhältlich.<br />
Achsbereich immer wieder starke Vererzungen.<br />
Beim Messen fiel dann auf, dass<br />
bei unserem alten Schlichtebecken die<br />
Viskosität nicht ausreichte. Unsere<br />
Schlichte auf Wasserbasis hatte daher<br />
nicht die gewünschte Wirkung“, beschreibt<br />
der Geschäftsführer. „Unser Flutbecken<br />
wurde früher jeden Morgen manuell<br />
aufgemischt“, erinnert er sich. Auf<br />
die Idee für die Foseco-Schlichteaufbereitung<br />
kam Ploch dann bei einem Besuch<br />
der Schwester<strong>gie</strong>ßerei von Linde Material<br />
Handling in Weilbach, wo eine nahezu<br />
GIESSEREI 105 <strong>12</strong>/<strong>2018</strong> 61
UNTERNEHMEN & MÄRKTE<br />
baugleiche Anlage schon in Betrieb war.<br />
Mit einigen Modifikationen lieferte das<br />
Becken dann diesen Januar erstmals auch<br />
in Dinklage optimal gemischte Schlichte.<br />
Bei der rotbraunen Flüssigkeit, die<br />
jetzt von einer Strömung sanft aufgewirbelt<br />
im Becken schwimmt und anschließend<br />
auf die Kerne aufgetragen wird, ist<br />
die Fehlerquelle Mensch angesichts der<br />
computergesteuerten Badbewegung<br />
ausgeschlossen. Seither sind die Vererzungsprobleme<br />
in Dinklage Schnee von<br />
gestern und Ploch ist froh, einen deutschen<br />
Partner beim Thema Schlichte zu<br />
haben. „Bei Foseco ist der Vorteil die<br />
Nähe, andere Hersteller sitzen in Italien,<br />
da ist die Reaktionszeit nicht schnell genug.<br />
Wir hatten bisher zwei Störungen.<br />
Foseco war in vier Stunden bei uns und<br />
hat sofort geholfen und Service geboten“,<br />
betont Ploch. Vorteile der Anlage<br />
sind Kostenreduzierung durch geringeren<br />
Ausschuss und weniger Nacharbeit sowie<br />
die Steigerung der Produktivität und<br />
eine optimierte Trocknung mit positiven<br />
Auswirkungen auf die Gussqualität, so<br />
die Anlagenbeschreibung von Hersteller<br />
Foseco.<br />
Alkoholschlichte ist für Ploch keine Alternativlösung.<br />
„An unserer Gießlinie nutzen<br />
wir für die Unter- und Oberkästen<br />
noch Alkoholschlichten, für die Kerne<br />
Schlichte auf Wasserbasis. Nachteil der<br />
Alkoholschlichte ist, dass durch die Hitze<br />
die Oberflächen der Binderbrücken zerstört<br />
werden können und dadurch die<br />
Die Formkästen werden von Arbeitern<br />
mit Atemschutz <strong>gie</strong>ßbereit gemacht.<br />
Als Gießereisand ist Nobake-Furanharzsand<br />
im Einsatz.<br />
Festigkeit der Form verloren geht. Wasserschlichte<br />
ist schonend, sie wirkt ein,<br />
verdampft und nach acht Stunden kann<br />
ich die Kerne weiterverarbeiten, auch die<br />
Geruchsbelastung ist geringer.“ Für die<br />
Kerne nutzt die Eisen<strong>gie</strong>ßerei Nobake-<br />
Furanharzsand mit 20 Prozent Neusand<br />
und 80 Prozent Altsand.<br />
Ploch ist durch und durch Pragmatiker<br />
und geht voll in seinem Job auf. Dafür<br />
nimmt er auch einige Mühsal auf sich:<br />
Unter der Woche lebt er in Dinklage; an<br />
Wochenenden und zu Familienfeiern pendelt<br />
er zu Frau und Kindern ins 600 Kilometer<br />
entfernte Heidenheim. Neben Beruf<br />
An der Zulegermaschine<br />
werden die<br />
Ober- und Unterkästen<br />
verbunden,<br />
dann fahren die<br />
Gießkästen auf die<br />
gegenüberliegende<br />
Formstrecke, wo sie<br />
abgegossen werden.<br />
und Familie hat Ploch noch zwei weitere<br />
Leidenschaften: den Bundesligaverein<br />
VfB Stuttgart und Thaiboxen. Außerdem<br />
arbeitet er daran, seinen Aufstieg vom<br />
Gießerei-Mechaniker zum Geschäftsführer<br />
fachlich abzurunden und absolviert<br />
deshalb aktuell das Zusatzstudium Gießereitechnik<br />
an der VDG-Akademie in<br />
Düsseldorf.<br />
Induktionsofentandem soll<br />
Kupolöfen ablösen<br />
Komplett durchgeplant, aber noch nicht<br />
final genehmigt ist der Austausch der<br />
beiden Kupolöfen durch Induktionsöfen.<br />
Aktuell liefern die Kupolöfen zehn Tonnen<br />
Schmelze der einzigen bei Dinklage<br />
eingesetzten Le<strong>gie</strong>rung GJL 250 pro<br />
Stunde. Während ein Ofen schmilzt, wird<br />
62 GIESSEREI 105 <strong>12</strong>/<strong>2018</strong>
der andere gewartet – das schluckt Arbeitskraft,<br />
für die Ploch den 3-Schicht-<br />
Betrieb aufrechterhalten muss. Das besonders<br />
für Serienguss geeignete<br />
Schmelzaggregat ist hierzulande nicht<br />
mehr häufig anzutreffen – nur noch etwa<br />
60 Kupolöfen leisten ihren Dienst in<br />
deutschen Gießereien.<br />
In Dinklage haben die beiden Kupolöfen<br />
eine zentrale Position in der Produktionshalle<br />
– um die Außenhülle und das<br />
Feuerfestmaterial des Schmelzofens zu<br />
schonen, wird der Ofen konstant mit Wasser<br />
gekühlt, das an der Außenhülle herabläuft.<br />
Ploch und sein Team haben errechnet,<br />
dass mit Induktionsöfen der<br />
2-Schicht-Betrieb wieder eingeführt werden<br />
kann. Zugleich steigt zwar der Gesamtstrompreis,<br />
durch die größere Abnahmemenge<br />
von 15 statt 1,6 MW Strom<br />
monatlich dürfte der Grundpreis für die<br />
Eisen<strong>gie</strong>ßerei aber sinken. Es gibt aber<br />
auch noch zahlreiche weitere Gründe für<br />
den Wechsel der Schmelztechnik. Da sind<br />
zum einen das Geruchsproblem, das in<br />
der unmittelbaren Umgebung der Gießerei<br />
für Unmut sorgt, sowie Probleme mit<br />
dem Einsatzmaterial. So flexibel der Kupolofen<br />
nämlich ist, das günstige Einsatzmaterial<br />
– alter Handelsguss der Güte 3a,<br />
bestehend aus alten Heizkörpern und<br />
Wasserrohren, die bisher noch aus Polen,<br />
den neuen Bundesländern und Tschechien<br />
kommen – wird immer seltener. Und<br />
damit steigt der Preis. Ergo verdoppelt<br />
ein neues Induktionsofentandem die<br />
Schmelzleistung, senkt zugleich die Arbeitsbelastung<br />
und eliminiert die Geruchsbelästigung<br />
– für Ploch unschlagbare<br />
Argumente für den Wechsel. Die Kosten<br />
für die Öfen, Peripherie und Installation<br />
schätzt er auf 5 Millionen Euro.<br />
Ein älterer Gießer behandelt eine Gießform<br />
mit Alkoholschlichte. Der Anteil der<br />
über 55-jährigen beträgt fast 40 Prozent.<br />
Um die Gießerei für die Zukunft zu<br />
rüsten, möchte Ploch zudem in der mechanischen<br />
Bearbeitung ein sechstes Bearbeitungszentrum<br />
mit einer 5-Achs-Fräsmaschine<br />
installieren sowie einen Formsandmischer<br />
und einen Gusskühler<br />
anschaffen. Hinzukommen sollen darüber<br />
GIESSEREI 105 <strong>12</strong>/<strong>2018</strong> 63
UNTERNEHMEN & MÄRKTE<br />
hinaus noch eine Kühlstrecke für den<br />
Guss und Trocknungsöfen für die Kerne.<br />
Um die Ausbringung mit Hilfe der neuen<br />
technischen Ausstattung in der mechanischen<br />
Bearbeitung zu erhöhen, ist die<br />
Lösung des Personalmangels allerdings<br />
elementar: „Ich habe jetzt zwar fünf Maschinen,<br />
aber nur vier Bediener“, gibt der<br />
Geschäftsführer zu bedenken.<br />
Die Gießer von der<br />
schwäbischen Alb<br />
In der Produktionshalle sind die Arbeiten<br />
jetzt in vollem Gange. Der größte Teil der<br />
Mit dem vollautomatischen Schlichtebecken<br />
von Foseco konnte die Eisen<strong>gie</strong>ßerei<br />
die Formenstabilität erfolgreich<br />
sichern.<br />
Halle wird von der halbautomatischen<br />
Formanlage eingenommen. Gerade fahren<br />
fertige Unterkästen mit eingelegten<br />
Kernen für Still-Gegengewichte zur Zulegermaschine,<br />
an der Ober- und Unterkästen<br />
automatisch verbunden werden. Die<br />
Kästen werden perfekt bündig aufeinandergesetzt,<br />
dann fahren sie hinüber zur<br />
gegenüberliegenden Gießstrecke, wo sie<br />
abgegossen werden. 65 bis 80 Formen<br />
werden so tagtäglich mit glühender<br />
Schmelze gefüllt, die größten Gegengewichte<br />
sind sechs Tonnen schwer.<br />
Links von der Formanlage werden die<br />
Unterkästen <strong>gie</strong>ßbereit gemacht, geschlichtet,<br />
mit Kernen bestückt und gegen<br />
die Auftriebskraft gesichert. Gerade hakt<br />
ein älterer Arbeiter einen massigen Kern<br />
an einem Hallenkran fest und kann ihn<br />
so mühelos zum bereitstehenden Unterkasten<br />
befördern. Auch andernorts in der<br />
Gießerei wird deutlich, dass die meisten<br />
Arbeiter den Zenit ihrer Schaffenskraft<br />
schon überschritten haben.<br />
Um das Personalproblem in den Griff<br />
zu bekommen, hat Ploch zunächst die<br />
eigenen Kontakte auf der Schwäbischen<br />
Alb spielen lassen. So wie bei seinem<br />
56-jährigen Modellbauer, der ursprünglich<br />
einen Familienbetrieb in Aalen leitete,<br />
ihn aber aufgeben musste, da er keinen<br />
Nachfolger fand. Dank Plochs Überredungskünsten<br />
„schafft“ der Mann jetzt<br />
hier in Dinklage.<br />
Auch Azubi Mario Faiss ist für den Berufsstart<br />
von der Alb in die niedersächsische<br />
Kleinstadt gekommen. Er ist im zweiten<br />
Ausbildungsjahr zum Gießereimechaniker<br />
und wird von Ausbilder Fred Säwert<br />
im Werk an den Beruf herangeführt. Seine<br />
Berufsschule absolviert er im Blockunterricht<br />
in der 570 Kilometer entfernten<br />
Auf dem Außengelände der Gießerei<br />
lagern fertig lackierte und unlackierte<br />
Gegengewichte.<br />
64 GIESSEREI 105 <strong>12</strong>/<strong>2018</strong>
Derzeit sind fünf Bearbeitungszentren<br />
im Einsatz – und<br />
schon jetzt fehlt ein<br />
Bediener. Die mechanische<br />
Bearbeitung<br />
soll noch ausgebaut<br />
werden.<br />
Ein Staplergegengewicht<br />
mit Angüssen<br />
und Graten in der<br />
Putzerei. Hier arbeiten<br />
überwiegend<br />
Leiharbeiter.<br />
Wilhelm-Maybach-Schule (WMS) in Stuttgart,<br />
obwohl es im nahegelegenen Varel<br />
auch eine Gießereischule gibt. „Die haben<br />
aber keine eigene Schul<strong>gie</strong>ßerei und das<br />
ist für mich wichtig“, betont Ploch, der<br />
selbst auf der WMS sein Handwerk gelernt<br />
hat. „Die Maybach-Schule geht auch<br />
explizit auf die Gießer ein, es wird getrennt<br />
zwischen Modellbauern und Gießern.<br />
Das ist der Unterschied zu einer<br />
allgemeinen Berufsschule, wo es das Fach<br />
nur als Wahlfach gibt“, ergänzt er.<br />
Um Mario seine Ausbildung schmackhaft<br />
zu machen, zahlt die Eisen<strong>gie</strong>ßerei<br />
ihm neben seinem Gehalt die Wohnung.<br />
Zudem hat Ploch den 21-jährigen kurz<br />
nach dem Unterzeichnen seines Vertrags<br />
ins Still-Werk nach Hamburg geschickt.<br />
„Ich wollte ihm zeigen, dass ohne Gegengewichte<br />
keine Gabelstapler entstehen“,<br />
sagt Ploch. Der Besuch hat bei Mario Eindruck<br />
gemacht: „Ich konnte miterleben,<br />
wie in der Fabrik die Stapler um das Gegengewicht<br />
herum gebaut werden“, erinnert<br />
er sich. Beeindruckt haben ihn auch<br />
die eingesetzten Maschinen. Inzwischen<br />
fühlt sich Marco im Norden wohler als im<br />
Süden. Er ist gern mit Freunden unterwegs,<br />
denen er schon einmal ein eigenes,<br />
von ihm entworfenes Geschenk macht:<br />
einen Arsch mit Ohren aus Eisenguss.<br />
Ausbilder Säwert bereitet sich derweil<br />
schon auf weitere Auszubildende vor: Seit<br />
September bildet er sich bei der VDG-<br />
Akademie zum Ausbilder weiter.<br />
Die E-Stapler kommen<br />
Der erforderliche Generationswechsel im<br />
Werk kommt zu einem Zeitpunkt, an dem<br />
auch das Staplergeschäft im Umbruch ist.<br />
Zunehmend setzen sich E-Stapler in den<br />
Fabriken rund um den Globus durch. Das<br />
hat auch Auswirkungen auf das Design<br />
der Gegengewichte. „Die Gewichte werden<br />
leichter, weil die Batterie der E-Stapler<br />
auch noch ein Gewicht hat“, erklärt<br />
Ausbilder Fred Säwert und Azubi Mario Faiss (v. l. n. r.). Faiss kommt von der Schwäbischen<br />
Alb, Säwert aus Ostfriesland. Um die Personaldecke zu sichern, sollen noch weitere<br />
Auszubildende eingestellt werden.<br />
Ploch. Die Batterie sitzt in der Mitte des<br />
Staplers, das Gegengewicht hinten, inzwischen<br />
wurden Rippen in die Struktur des<br />
Gewichts integriert, um das Gewicht zu<br />
reduzieren.<br />
Über den Hof, auf dem zweieinhalb<br />
Tausend Tonnen Gattierungsmaterial<br />
lagern, geht es zur Lackierung, die die<br />
Wertschöpfung der Gegenwichte abrundet<br />
und die Eisen<strong>gie</strong>ßerei damit zum<br />
„Systemlieferanten“ macht. Hier stehen<br />
die fertig lackierten roten und orangenen<br />
Gegengewichte in Reih und Glied, bereit<br />
zum Versand zu Linde und Still, wo sie zu<br />
Diesel- oder E-Staplern verbaut werden,<br />
die bis auf weiteres aus der Fabrik- und<br />
Versandlogistik nicht wegzudenken sind.<br />
Das Ringen um Arbeitsplätze in der<br />
Region wird derweil hart bleiben, es werden<br />
bereits Prämien für die Vermittlung<br />
neuer Leute bezahlt. Auch die beiden<br />
Nachbarunternehmen der Eisen<strong>gie</strong>ßerei,<br />
Stallkamp und Gigant, haben Ploch schon<br />
die eine oder andere dringend erforderliche<br />
Arbeitskraft abgeworben. Azubi Mario<br />
Faiss wird Björn Ploch künftig an Hauptund<br />
Berufsschulen beim Anwerben von<br />
Berufseinsteigern unterstützen und vielleicht<br />
gelingt es der Eisen<strong>gie</strong>ßerei ja auch<br />
erneut, einen Leiharbeiter mit einem Festvertrag<br />
zu verpflichten. Arbeit gibt es jedenfalls<br />
genug in Dinklage – drei Mitarbeiter<br />
könnten ab sofort in der mechanischen<br />
Bearbeitung beginnen und weitere<br />
zwei bis drei in der Gießerei im Schmelzbetrieb.<br />
Um das Thema Industrie 4.0 nicht<br />
aus den Augen zu verlieren, benötigt Ploch<br />
auch IT-Experten mit Gießereikenntnissen,<br />
um mittelfristig ein ERP-System aufzubauen<br />
– damit die Zukunft auch in Dinklage<br />
bald Einzug hält!<br />
www.eisen<strong>gie</strong>sserei-dinklage.de<br />
Das „Intelligent Coating<br />
Unit (ICU)“ im<br />
Einsatz in der Eisen<strong>gie</strong>ßerei<br />
Dinklage<br />
http://t1p.de/mn75<br />
GIESSEREI 105 <strong>12</strong>/<strong>2018</strong> 65
UNTERNEHMEN & MÄRKTE<br />
Kunst<strong>gie</strong>ßerei mit<br />
Persönlichkeit<br />
Entspannte Zielstrebigkeit: Rolf Kayser wusste<br />
schon als junger Mann, dass er für Künstler<br />
arbeiten wollte – seit 1999 leitet er erfolgreich<br />
die Kunst<strong>gie</strong>ßerei Kayser GmbH in Düsseldorf.<br />
Seit fast zwei Jahrzehnten führt Rolf Kayser die Kunst<strong>gie</strong>ßerei Kayser GmbH im<br />
Düsseldorfer Hafen. Unter seiner Leitung entwickelte sich die Gießerei zu einer der<br />
Top-Adressen für anspruchsvollen Kunstguss in Deutschland. Künstler von Weltrang<br />
wie Tony Cragg und Thomas Schütte vertrauen ihm ihre Projekte an – und schätzen<br />
seine authentische Art. Rolf Kayser ging zielstrebig seinen Weg.<br />
FOTOS: ANDREAS BEDNARECK<br />
VON KARIN HARDTKE, RATINGEN<br />
Viel Zeit bleibt nicht: In gut einer Woche<br />
müssen die neuesten Skulpturen<br />
des weltbekannten Bildhauers<br />
Thomas Schütte fertig sein. Denn dann<br />
machen die sich auf den Weg in die USA.<br />
Ein Deckenkran jongliert die glühend heiße<br />
Bronze behutsam vom Schmelzofen<br />
in Richtung vorbereiteter Form, Arbeiter<br />
kippen sie routiniert in die Öffnungen. Aus<br />
ihr wird später ein tonnenschweres Fundament<br />
für eine der Skulpturen werden.<br />
Nach Kunst von Weltrang sieht es hier auf<br />
den ersten Blick allerdings so gar nicht<br />
aus. Es ist dämmrig, staubig, heiß und<br />
laut – hier kreischt eine Schleifmaschine,<br />
dort dröhnt ein Presslufthammer, aus einem<br />
Radio schallt laute Popmusik. Doch<br />
in den Hallen und draußen auf dem Hof<br />
finden sich unzählige, noch unbearbeitete<br />
Gussteile, die darauf warten, veredelt<br />
zu werden. Direkt daneben stehen bereits<br />
auf Hochglanz polierte meterhohe Skulpturen.<br />
Matt, glänzend, rund eckig, groß,<br />
klein – alles ist hier vertreten.<br />
Rolf Kayser beobachtet den Abguss<br />
hoch konzentriert. Er gibt hier und da eine<br />
kurze Anweisung und ist dann auch<br />
schon wieder verschwunden, um an anderer<br />
Stelle in den weitläufigen Hallen<br />
nach dem Rechten zu sehen. „Ich laufe<br />
hier jeden Tag mindestens zehn Kilometer.<br />
Das weiß ich so genau, weil ich mir vor<br />
einiger Zeit mal einen Schrittzähler gekauft<br />
habe“, erzählt der drahtige End-<br />
Fünfziger, dessen Markenzeichen zu jeder<br />
Jahreszeit eine Mütze ist und der sich<br />
auch nach der Arbeit regelmäßig Zeit für<br />
72 GIESSEREI 105 <strong>12</strong>/<strong>2018</strong>
sein Fitnessprogramm nimmt. Im Büro vor<br />
dem Computer zu sitzen, das ist sein Ding<br />
nicht. Lieber kümmert er sich in der Gießerei<br />
darum, dass die Entwürfe seiner<br />
Künstler perfekt und termingerecht umgesetzt<br />
werden. Vertrauenswürdigkeit<br />
und Verlässlichkeit – das schätzen seine<br />
Kunden. Bildhauer Thomas Schütte hat<br />
sogar eine eigene Halle auf dem Gelände<br />
der Gießerei und ist fast täglich dort.<br />
Doch bei der Patina für seine neuesten<br />
Kunstwerke lässt er Kayser und seinen<br />
Mitarbeitern freie Hand. Kontrolle ist gut<br />
– Vertrauen ist eben besser. Da findet<br />
man Thomas Schütte und Rolf Kayser<br />
dann doch eher mal beim Plausch auf der<br />
Parkbank vor dem Bürogebäude – zukünftige<br />
Projekte besprechen und so weiter.<br />
Erster Kontakt zu Künstlern<br />
prägte ihn nachhaltig<br />
Um ein Haar wäre Rolf Kayser im beschaulichen<br />
Zweibrücken in der Pfalz geblieben.<br />
Aus ihm wäre ein Zinn<strong>gie</strong>ßer geworden<br />
– wie sein Vater, sein Großvater und sein<br />
Urgroßvater es bereits waren. Denn er<br />
stammt aus einer weitverzweigten, alteingesessenen<br />
Zinn<strong>gie</strong>ßer-Dynastie und<br />
trägt wohl das Gießer-Gen in sich, wie er<br />
schmunzelnd einräumt. Kayser-Kunst im<br />
Jugendstil war Anfang des 20. Jahrhunderts<br />
weltweit gefragt. Bei der Weltausstellung<br />
in Paris gewann man seinerzeit<br />
die Goldmedaille für Design und einige<br />
solcher Stücke sind heute noch im Museum<br />
of Modern Art in New York zu bewundern.<br />
Die Suche nach einer Lehrstelle<br />
zum Zinn<strong>gie</strong>ßer gestaltete sich überaus<br />
schwierig. „Manchmal hatte ich den Eindruck,<br />
dass die Unternehmen sich keine<br />
spätere Konkurrenz heranziehen wollten“,<br />
lacht Kayser. Sein Vater hatte als Handlungsreisender<br />
gute Kontakte zu einem<br />
Antiquitätengeschäft in Düsseldorf. Die<br />
Schwester des Geschäftsinhabers wiederum<br />
war Künstlerin und Kundin einer<br />
Kunst<strong>gie</strong>ßerei im Düsseldorfer Hafen.<br />
Und so kam es, dass der 17-Jährige Rolf<br />
Kayser 1978 plötzlich im Zug nach Düsseldorf<br />
saß, um bei Raimund Kittl eine<br />
Ausbildung zum Ziseleur zu beginnen.<br />
Heißer Job, kühle<br />
Köpfe: Der optimale<br />
Guss der einzelnen<br />
Skulpturen-Teile gelingt<br />
fast immer im<br />
ersten Anlauf.<br />
Kunst Inside: Aus der glühenden Bronze<br />
wird in wenigen Momenten das Fundament<br />
eines Kunstwerkes gegossen.<br />
„Von der Provinz in die Großstadt – das<br />
war am Anfang ganz schön hart für mich“,<br />
erinnert sich Kayser.<br />
Der junge Mann lernte das klassische<br />
Ziseleur-Handwerk von der Pike auf – und<br />
hatte erste Kontakte zu Künstlern. Zu Anatol<br />
beispielsweise: „Ein Hüne von Mann,<br />
der ständig einen riesigen schwarzen Hut<br />
trug. Wenn er in die Gießerei kam, dann<br />
sagte er häufig zu mir: Na, mein Junge!<br />
Azubi? Ha, ein Arschloch zum Bierholen.<br />
Und dann lachte der eigenwillige Künstler.“<br />
Kaysers Lehrherr Raimund Kittl unterrichtete<br />
zudem an der Düsseldorfer<br />
GIESSEREI 105 <strong>12</strong>/<strong>2018</strong> 73
UNTERNEHMEN & MÄRKTE<br />
Ein Blick sagt mehr als viele Worte: Die Liebe<br />
zur Kunst prägt den beruflichen Werdegang<br />
von Rolf Kayser.<br />
Kunstakademie und nahm seinen Azubi<br />
häufig mit in die dortige Gießereimetallwerkstatt.<br />
Die Künstler und das ganze<br />
Drumherum beeindruckten den damals<br />
18-Jährigen. Nach Gesprächen mit dem<br />
Düsseldorfer Bildhauer Bert Gerresheim<br />
stand für Rolf Kayser schließlich fest: „Die<br />
Bildhauerszene ist meine Welt. In diesem<br />
Bereich will ich weiterhin arbeiten.“ Künstler<br />
seien ganz besondere Persönlichkeiten,<br />
mit einer gewissen Aura, fügt er heute<br />
an. Sein Vater konnte die Pläne seines<br />
Sohnes nicht recht nachvollziehen. Doch<br />
Rolf Kayser setzte sich durch – und blieb<br />
nach seiner Ausbildung in Düsseldorf.<br />
Selbstständigkeit war<br />
immer das Ziel<br />
Kayser hatte ganz konkrete berufliche Ziele:<br />
Ausbildung, Gesellenbrief, Bundeswehr,<br />
Meisterbrief, Selbstständigkeit.<br />
„Dass ich mich eines Tages selbstständig<br />
mache, das war für mich immer klar. Entweder<br />
übernimmst du was oder du baust<br />
was komplett Neues auf der grünen Wiese<br />
auf, habe ich mir gesagt.“ Manchmal<br />
wäre Letzteres vielleicht die bessere Entscheidung<br />
gewesen, sinniert er kurz –<br />
denn bis zur Übernahme seines Lehrbetriebes<br />
sollten noch fast 20 Jahre vergehen.<br />
Aber das ist auch das Einzige, was<br />
er rückblickend ein wenig bedauert. „Ansonsten<br />
habe ich alles richtig gemacht“,<br />
sagt Kayser, der seit mittlerweile 40 Jahren<br />
mit seiner Familie in Düsseldorf lebt.<br />
Seine Frau managt die Büroarbeit, sein<br />
17-Jähriger Sohn jobbt gerade bei Papa<br />
in der Gießerei. Ob er einmal die Kunst<strong>gie</strong>ßerei<br />
weiterführen wird, das steht noch<br />
in den Sternen. „Für diese Arbeit braucht<br />
man viel Herzblut und Engagement. Es<br />
macht überhaupt keinen Sinn, meinen<br />
Sohn in diese Richtung drängen zu wollen.“<br />
Als Rolf Kayser schließlich im Jahr<br />
1999 die Kunst<strong>gie</strong>ßerei übernehmen<br />
konnte, gab es gerade einmal fünf Mitarbeiter.<br />
Einige bekannte Künstler hatten der<br />
Kunst<strong>gie</strong>ßerei mittlerweile den Rücken<br />
gekehrt und ließen ihre Skulpturen anderweitig<br />
<strong>gie</strong>ßen – Tony Cragg und Bert Gerresheim<br />
waren darunter. „Ich habe mich<br />
immer als Dienstleister für die Künstler<br />
und nicht als Konkurrenz zu ihnen verstanden.<br />
Ich setze ihre Entwürfe um und würde<br />
mich nie in den künstlerischen Prozess<br />
einmischen.“ Es sprach sich schnell herum,<br />
dass nun Rolf Kayser die Kunst<strong>gie</strong>ßerei<br />
leitet – und viele der ehemaligen Kunden<br />
kehrten an die Bremer Straße zurück.<br />
„Richtig groß geworden sind wir dann mit<br />
Thomas Schütte, der Anfang der 2000er<br />
Jahre zum gefragten Künstler wurde“, ergänzt<br />
Kayser. Mittlerweile beschäftigt er<br />
35 Mitarbeiter. Die meisten sind Quereinsteiger.<br />
Mit einer guten Portion Pragmatismus<br />
fand Kayser die passenden Leute.<br />
„Der eine hat vorher im Gartenbau gearbeitet<br />
und Sand geschippt. Den konnte<br />
ich gut in der Sandformerei einsetzen. Und<br />
ein anderer war gelernter Lackierer – also<br />
ab in unsere Lackiererei mit ihm“, lacht<br />
Kayser. Zwei Mitarbeiter haben mittlerweile<br />
sogar ihre Meisterprüfung in der Tasche.<br />
Ein Handwerksbetrieb ist<br />
keine CNC-Maschine!<br />
Aufträge oder Künstler abgelehnt, das hat<br />
Rolf Kayser in den vergangenen 20 Jahren<br />
nur äußerst selten. Seine „Toleranzgrenze“<br />
ist jedoch eindeutig: „Ich hätte für<br />
einen Antiquitätenhändler aus den USA<br />
25 Hakenkreuze mit Reichsadler <strong>gie</strong>ßen<br />
sollen. Der Auftrag hätte mir zwar viel<br />
Geld gebracht, aber so etwas mache ich<br />
generell nicht“, sagt er und wird für einen<br />
kurzen Augenblick wütend – was bei dem<br />
ansonsten tiefenentspannten Mann nur<br />
äußerst selten vorkommt. Und einem<br />
Künstler habe er dann doch die Zusammenarbeit<br />
aufgekündigt: Er sei ihm auf<br />
die Dauer zu anstrengend gewesen. „Er<br />
wollte tatsächlich alles auf den Mikrometer<br />
genau gegossen haben und hat ständig<br />
alles nachgemessen. Wir sind aber<br />
ein Handwerksbetrieb und keine CNC-<br />
Maschine. Ich habe ihm seine Anzahlung<br />
zurückgezahlt und damit war der Fall für<br />
mich erledigt.“ Für junge Studenten der<br />
Kunstakademie hingegen hege er eine<br />
große Sympathie und kalkuliere daher<br />
auch schon mal mit dem spitzen Bleistift.<br />
Von seitenlangen schriftlichen Verträgen<br />
hält Kayser nur wenig; die meisten Verträge<br />
schließt er heute per Handschlag<br />
ab. Vertrauen, Zuverlässigkeit und Kameradschaftlichkeit<br />
– diese Eigenschaften<br />
sind ihm im geschäftlichen wie im privaten<br />
Umgang wichtig. Er ergänzt: „Und jeder,<br />
der was Vernünftiges mit mir machen<br />
will, muss mich duzen.“<br />
Ohne Smartphone und<br />
Computer geht es auch<br />
Rund ein halbes Dutzend Kunstprojekte<br />
kann die Kunst<strong>gie</strong>ßerei gleichzeitig abwickeln.<br />
Ausgangspunkt ist stets das<br />
Modell des Künstlers, das manchmal<br />
35 Mitarbeiter arbeiten bei Kunstguss<br />
Kayser daran, dass aus der Idee des<br />
Künstlers das perfekte Kunstwerk wird.<br />
Hier: Arbeit an Kernkästen.<br />
74 GIESSEREI 105 <strong>12</strong>/<strong>2018</strong>
Alles hat hier seine Ordnung – und jede Form ihren festen Platz: Rolf Kayser und seine<br />
Mitarbeiter haben den Überblick.<br />
nicht höher als ein Kaffeebecher ist. Bis<br />
vor wenigen Jahren haben Kayser und<br />
seine Mitarbeiter die Modelle in benötigter<br />
Originalgröße noch in allen ihren<br />
Einzelteilen selbst hergestellt – die Fußballlegende<br />
Toni Turek oder den Komponisten<br />
Mendelssohn Bartholdy beispielsweise.<br />
Inzwischen übernimmt dies ein<br />
externes Unternehmen für 3-D-Druck.<br />
Sämtliche Negativformen lagern in einer<br />
eigenen Halle auf meterhohen Regalen.<br />
Rolf Kayser und seine Mitarbeiter wissen<br />
ganz genau, wo jedes einzelne Teil seinen<br />
Platz hat. „Da kann kein computerunterstütztes<br />
Lagerhaltungssystem mithalten“,<br />
scherzt er. Die Einzelteile werden<br />
in Sand geformt, gegossen, zusammengeschweißt,<br />
ziseliert und patiniert. Beim<br />
Gießen gehe selten etwas daneben – und<br />
bei allen weiteren Arbeitsschritten dürfe<br />
einfach nichts daneben gehen. Edelstahl<br />
seinen Hochglanz zu verleihen, das sei<br />
wohl einer der aufwendigsten Arbeitsschritte<br />
überhaupt und schlicht „eine<br />
Arbeit für Strafgefangene“, merkt Kayser<br />
an und stöhnt leise auf. Schleifen, Schleifen<br />
und nochmals Schleifen, zum Schluss<br />
sogar mit feinstem Sandpapier – nicht<br />
eine einzige Unebenheit darf noch zu erkennen<br />
sein. Diese Arbeit kann bei einer<br />
sechs Meter hohen Skulptur schon einmal<br />
leicht drei Monate dauern. Sieht<br />
dann aber auch perfekt aus. Seine Kunden<br />
danken es ihm. Sein größtes Kompliment<br />
habe er vor einigen Jahren auf<br />
einer Weihnachtsfeier von Tony Cragg<br />
erhalten. Der Künstler widmete in seiner<br />
Ansprache seiner Ehefrau und ihm mehrere<br />
Minuten, dankte ihm für die gute<br />
Zusammenarbeit. „Das hat mich schon<br />
mit Stolz erfüllt“, sagt Kayser bescheiden.<br />
Wenn der aktuelle Auftrag für den Bildhauer<br />
Thomas Schütte erst einmal sicher<br />
im Container Richtung USA verstaut ist,<br />
geht es für Rolf Kayser und seine Mitarbeiter<br />
in den wohlverdienten Betriebsurlaub.<br />
Kein Handy-Geklingel und keine<br />
Kurznachrichten werden Kaysers Erholung<br />
stören, denn ein Smartphone besitzt<br />
er bis heute nicht. „Brauche ich nicht.<br />
Diese Dinger sind völlig überbewertet.“<br />
Kayser ist seit Jahren überzeugter Portugal-Fan.<br />
Manchmal fl iegt er auch ganz<br />
spontan für ein Wochenende dorthin. So<br />
kann es passieren, dass man ihn am Freitagmittag<br />
in voller Arbeitsbekleidung und<br />
nur mit seinem Flugticket im Gepäck am<br />
Düsseldorfer Flughafen antrifft. Er habe<br />
sogar schon einmal mit der Idee geliebäugelt,<br />
eine Kunst<strong>gie</strong>ßerei in Portugal zu<br />
eröffnen, erzählt er. Lust auf Neues verspüre<br />
er auch nach mehr als 40 Berufsjahren<br />
noch. Sollte es in den nächsten<br />
Tagen mit der Fertigstellung der Skulpturen<br />
für Thomas Schütte zeitlich etwas eng<br />
werden, dann stehen erst einmal Überstunden<br />
an. Kein Problem: Auf seine Mitarbeiter<br />
kann Rolf Kayser auf jeden Fall<br />
zählen – auch deshalb, weil er selbst mit<br />
anpacken wird. Und dass er für seine Mitarbeiter<br />
zur nächsten Imbissbude fährt<br />
und sie mit halben Grillhähnchen versorgt,<br />
ist für ihn Ehrensache.<br />
GIESSEREI 105 <strong>12</strong>/<strong>2018</strong> 75
MEDIEN & BÜCHER<br />
Der heißeste Job Deutschlands<br />
Schmees-Stahl<strong>gie</strong>ßer Sven erklärt dem ZDF seine Arbeit<br />
Haben auch Sie interessante Videos<br />
zum Thema Gießereitechnik im Internet<br />
gefunden? Senden Sie Ihre Videovorschläge<br />
an: redaktion@bdguss.de<br />
Sven Osthoff ist Auszubildender in der Stahl<strong>gie</strong>ßerei Schmees in Langenfeld. Das ZDF begleitete ihn einen Tag an seinem Arbeitsplatz.<br />
ZDF-Reporter Behrens beim Anlegen der<br />
Hitzeschutzmontur.<br />
1600 °C: Für Henning Behrens ist das viel zu<br />
heiß - eben der „heißeste Job Deutschlands“!<br />
Fazit des Reporters: Für mich eine Erfahrung,<br />
für Sven die Erfüllung einer Leidenschaft.<br />
SCREENSHOTS: ZDF-MEDIATHEK<br />
Die ZDF-Sendung „Volle Kanne – Service<br />
täglich“ gewährte den Zuschauern<br />
in der Sendung vom 26. Oktober<br />
<strong>2018</strong> einen Einblick in den Arbeitsalltag<br />
als Stahl<strong>gie</strong>ßer bei Schmees in<br />
Langenfeld.<br />
Henning Behrens, Reporter der Sendung<br />
„Volle Kanne“, schlüpfte für einen Tag in<br />
eine Hitzeschutzbekleidung. Im Gießereibetrieb<br />
begleitete er Sven Osthoff, Auszubildender<br />
bei Schmees, an seinem heißen<br />
Arbeitsplatz. Hier durfte er auch tatkräftig<br />
Hand anlegen und unter anderem<br />
die Temperatur direkt am Schmelzofen,<br />
dem „Suppentopf“ messen, und den<br />
1600 °C heißen Stahl in einen Probenbehälter<br />
<strong>gie</strong>ßen.<br />
Der Beitrag im Video gibt einen interessanten<br />
Einblick in den Beruf des Stahl<strong>gie</strong>ßers<br />
bzw. Gießereimechanikers. Das Gießereihandwerk<br />
ist ein Job mit vielen, anspruchsvollen<br />
Facetten und vielfältigen<br />
Aufstiegsmöglichkeiten. Das erklärt auch<br />
Sven Osthoff, der berufsbegleitend Materialwissenschaften<br />
und Werkstofftechnik<br />
studiert.<br />
Der Filmbeitrag ist etwas über 4 Minuten<br />
lang und bietet einen authentischen Einblick<br />
in den Gießereibetrieb der Stahlgussexperten<br />
von Schmees in Langenfeld, deren<br />
außergewöhnlicher Beruf im Alltag<br />
häufig neu<strong>gie</strong>rige Fragen aufkommen<br />
lässt, wie Sven Osthoff verrät.<br />
QR-CODE/Link:<br />
Link zum Filmbeitrag in<br />
der ZDF-Mediathek<br />
https://bit.ly/2OWme3z<br />
102 GIESSEREI 105 <strong>12</strong>/<strong>2018</strong>