2 Versetzungen in kristallinen Halbleitern
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<strong>Versetzungen</strong> <strong>in</strong> kristall<strong>in</strong>en <strong>Halbleitern</strong> 7<br />
2.2.2 Basisstruktur von Gleitversetzungen<br />
Im folgenden soll vorrangig auf die Versetzungsbildung und -ausbreitung im Z<strong>in</strong>kblendegitter<br />
<strong>in</strong>folge plastischer Deformation e<strong>in</strong>gegangen werden. E<strong>in</strong> Abgleiten von Kristallmaterial<br />
erfolgt <strong>in</strong> den dichtest gepackten {111}-Ebenen entlang der -Richtungen<br />
[hir82, hul84, geo87]. Die dazugehörige Versetzungsbewegung wird als Aktivierung der<br />
{111}-Gleitsysteme bezeichnet (vgl. Kap. 2.2.3). Bei Scherung des Kristalls entlang<br />
e<strong>in</strong>er {111}-Ebene kann es zur Ausbildung von Versetzungsschleifen kommen. Abb. 2.3.a)<br />
zeigt schematisch e<strong>in</strong>en vollständigen Versetzungsr<strong>in</strong>g. Die durch den Peierls-Mechanismus<br />
[pei40] bestimmte Ausbreitung der verschiedenartigen, mite<strong>in</strong>ander verbundenen Versetzungssegmente<br />
resultiert <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er hexagonalen Form der geschlossenen Versetzungsschleife<br />
<strong>in</strong>folge der Lage der e<strong>in</strong>zelnen L<strong>in</strong>iensegmente <strong>in</strong> -Richtungen.<br />
Entsprechend der Lage von Versetzungsl<strong>in</strong>ienrichtung s und Burgersvektor b besteht die<br />
Versetzungsschleife aus vier 60°-Versetzungssegmenten und zwei antiparallelen Schraubenversetzungssegmenten.<br />
Der Burgersvektor der vollständigen 60°- und Schraubenversetzungen<br />
ist b=a/2 (→ vollständige <strong>Versetzungen</strong>) [hol62]. Die 60°-<strong>Versetzungen</strong> besitzen<br />
e<strong>in</strong>en polaren Charakter, der sich aus ihrer Kernstruktur ableitet.<br />
[011> [10 1><br />
[ 110><br />
60°<br />
[111><br />
B(g)<br />
B<br />
s<br />
s'<br />
b<br />
< 111]<br />
A(g)<br />
60°<br />
A<br />
(111)<br />
Si<br />
a) b)<br />
Abb. 2.3 Hexagonaler Versetzungsr<strong>in</strong>g im (111)[110]-Gleitsystem, bestehend aus 60°-A(g)- und -B(g)- sowie<br />
(s,s‘)-Schraubenversetzungsanteilen (a, [geo87]). Die komplette Versetzungsschleife liegt <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er<br />
(111)-glide-set Ebene. Schematisch dargestellt s<strong>in</strong>d die von oben (Cd-term<strong>in</strong>iert) und von unten (Teterm<strong>in</strong>iert)<br />
„e<strong>in</strong>geschobenen“ {111}-Doppelhalbebenen. Weitet sich die Versetzungsschleife zu den<br />
Rändern des Kristalls h<strong>in</strong> aus, so würde sich der obere Teil des Kristalls um den Betrag des<br />
Burgersvektors relativ zum unteren Teil nach rechts verschieben. In b) ist die TEM-Abbildung e<strong>in</strong>er<br />
Frank-Read-Quelle <strong>in</strong> Silizium zu sehen, man erkennt vollständige Schleifen sowie die Quelle [das56].<br />
Versetzungsr<strong>in</strong>ge können homogen nukleieren oder von e<strong>in</strong>er Versetzungsquelle<br />
(→ Frank-Read-Quelle [fra50], Abb. 2.3.b) <strong>in</strong> der Gleitebene erzeugt werden. In Abb. 2.3.b<br />
ist e<strong>in</strong>e transmissionselektronenmikroskopische Abbildung e<strong>in</strong>er Frank-Read-Quelle <strong>in</strong> Si zu<br />
sehen. Man erkennt bereits ausgelaufene Versetzungsschleifen sowie <strong>in</strong> der Mitte die Quelle<br />
selbst, die gerade vor dem Abschluss der Emission e<strong>in</strong>er weiteren Schleife steht.<br />
Zur Veranschaulichung der Verhältnisse an e<strong>in</strong>em Versetzungsr<strong>in</strong>g wie <strong>in</strong> Abb. 2.3.a)<br />
kann davon ausgegangen werden, dass das oberhalb der Gleitebene liegende Material nach<br />
rechts gedrückt wird. Bei weiterführender Deformation würden sich die l<strong>in</strong>ks und rechts<br />
liegenden 60°-Versetzungsabschnitte ebenso wie die Schraubenanteile jeweils <strong>in</strong> die zu den<br />
L<strong>in</strong>iensegmenten senkrechten Richtungen nach außen bewegen.