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Jagd & Natur Ausgabe Januar 2019 | Vorschau

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<strong>Jagd</strong> & Gesellschaft<br />

Vogelfang<br />

Vogelfang<br />

und Esskultur<br />

Bild Nr. 22 zeigt, dass damals neben toten «Haasen»<br />

und Schnepfen auch regelmässig «Finken» angeboten<br />

wurden. Auf Bild Nr. 85 bietet ein Ausrufer<br />

in einem Käfig lebende «Cholmeysli» = Kohlmeisen<br />

an. Diese lebenden Singvögel waren wohl eher zur<br />

Käfighaltung vorgesehen. Das Futter für die Käfigvögel,<br />

z. B. Waldameiseneier oder Hanfsamen, boten<br />

andere Ausrufer an. Dies ist ein Hinweis dafür, dass<br />

die Haltung von sogenannten Stubenvögeln schon<br />

populär war.<br />

Heute zeugen bei uns nördlich der Alpen noch<br />

zahlreiche uralte Flurnamen von einstigen Vogelherden,<br />

d. h. von Orten, wo Vogelfänger in stationären<br />

Vogelfanganlagen während des Vogelzuges Singvögel<br />

in respektablen Mengen fingen. In Wittenbach<br />

SG, z. B. inmitten einer Waldlichtung, wo seit 1949<br />

die Kirche steht, wurde auf der Vogelherder Hügelkuppe<br />

ein kleines Wasserbecken bewirtschaftet, wo<br />

sich Stare und andere Singvögel für den Herbstzug<br />

sammelten. Dort wurden Netze, Leimruten oder<br />

Fallen installiert, um die rastenden Vögel zu fangen.<br />

Der dortige Vogelfang unterlag der damaligen fürstabtlichen<br />

Abgabe. Es gibt auch Hinweise zu einem<br />

Vogelherd in Wilen TG. In Reinach BL heisst ein Aussichtspunkt<br />

zum «Finkenhüttli», was ebenfalls auf<br />

einen ehemaligen Vogelherd deutet. Im Schweizerischen<br />

Ortschaften-Verzeichnis finden sich weitere<br />

Flurnamen, die auf ehemalige Vogelherde hinweisen,<br />

z. B. Lerchenberg (fünf Eintragungen), Lerchenbühl<br />

(drei), Lerchenfeld (fünf) oder Lerchensang<br />

(eine), während die Ortsbezeichnung Vogelsang<br />

37 Mal erwähnt ist.<br />

am Ende des Mittelalters und zu Beginn der Neuzeit<br />

Text: René E. Honegger<br />

Haben Sie sich auch schon überlegt, welche Art<br />

von Fleisch, also Eiweiss, unseren Vorfahren,<br />

z. B. zu Beginn der Neuzeit, ab 1750 zur Verfügung<br />

stand?<br />

Fleisch, der Reihe nach Schweinefleisch, gefolgt<br />

von Rindfleisch, kam nicht jeden Tag auf den Tisch.<br />

Wildbret, verhältnismässig teuer, zählte zu den besonderen<br />

Leckerbissen. In der städtisch-bürgerlichen<br />

Haushaltung kamen neben einheimischen Fischen,<br />

Fröschen, Hühnern, Truten, Enten und Gänsen auch<br />

Wildvögel auf den Tisch. Diese wurden, je nach Jahreszeit,<br />

auf den Märkten von Ausrufern oder Marktschreiern<br />

angeboten.<br />

Die Ausruferbildchen von David Herrliberger<br />

David Herrliberger schuf mit seinen Ausruferbildchen,<br />

die zwischen 1748 und 1751 herum in Zürich<br />

entstanden sind, eine hochinteressante Dokumentation<br />

über das Zürcher Marktleben.<br />

David Herrliberger dokumentierte um<br />

1750 herum einen Marktschreier<br />

in Zürich, welcher «Haasen, Finke»<br />

(Tafel 22) oder lebende Kohlmeisen<br />

(Tafel 85) anbot (aus Ulrich, 1968).<br />

Woher bezogen diese Marktschreier ihre Vögel?<br />

Wir können annehmen, dass diese Händler sich ihre<br />

Vögel von Vogelherden in der unmittelbaren Umgebung<br />

der Stadt, aber auch – wie z. B. das Angebot<br />

von fangfrischen Felchen aus dem 25 km entfernten<br />

Hallwilersee zeigt – aus entlegeneren Gegenden beschafften.<br />

Zur Vogeljagd mit Hilfe von abgerichteten Steinkäuzen<br />

– ein kurzer biologisch-historischer<br />

Überblick<br />

Kleinvögel geraten beim Anblick einer Eule in Erregung<br />

und geben Warnrufe ab. Aus der ganzen Umgebung<br />

fliegen andere Singvögel herbei und versammeln<br />

sich laut rufend um die Eule. Dabei verändern<br />

sie ständig ihren Standort. Durch ihren Lärm und ihre<br />

Zudringlichkeit versuchen sie, die Eule zu verscheuchen.<br />

Diese auffällige Reaktion ist verständlich, zählen<br />

doch Kleinvögel zur Gelegenheitsbeute des<br />

Steinkauzes. Diese Hassreaktion der Kleinvögel<br />

(engl. Mobbing) auf eine Eule wurde bereits vom antiken<br />

Vogelfänger ausgenutzt, um die begehrten<br />

Singvögel – vor allem Lerchen, Drosseln und Finken<br />

– auf seine Leimruten zu locken. Die aufgeregten<br />

Singvögel setzten sich auf die Leimruten, wo sie vom<br />

Vogelfänger eingesammelt wurden. Dünne Äste und<br />

Zweige, mit Vogelleim, einem klebrigen Gemisch aus<br />

gekochtem Saft von Beeren und Rinde der Mistel bestrichen,<br />

wurden als Leimruten in der Nähe der Eule<br />

den Singvögeln als Sitzplätze angeboten. Die aufgeregten<br />

Vögel setzten sich darauf und waren dem Vogelfänger<br />

im wahrsten Sinne des Wortes auf den<br />

Leim gegangen. Für einen «geleimten» Vogel, der<br />

aufgeregt flatterte und sich dabei mehr verklebt, gab<br />

es kaum mehr ein Entkommen. Schliesslich fiel er<br />

flugunfähig zu Boden, wo ihn der Vogelsteller leicht<br />

fangen konnte. Vogelleim war damals ein gebräuchlicher<br />

Handelsartikel oder wurde vom Vogelfänger<br />

selbst gebraut.<br />

Diese Art des stationären Vogelfangs wurde in Mitteleuropa,<br />

und damit auch in der Schweiz, vor allem<br />

durch die deutschen Übersetzungen des bedeuten­<br />

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JAGD & NATUR<br />

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