Berliner Kurier 14.12.2018
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**<br />
POLITIK<br />
MEINE<br />
MEINUNG<br />
Abtreibung ist<br />
nicht kriminell<br />
Von<br />
Christian<br />
Burmeister<br />
Das „Werbeverbot“ für<br />
Schwangerschaftsabbrüche<br />
bleibt. Die Union, die<br />
in dieser Frage nur mit der<br />
AfD in einem Boot sitzt, hat<br />
sich durchgesetzt. Allen voran<br />
die neue CDU-Chefin<br />
Annegret Kramp-Karrenbauer,<br />
die wohlnur zu gern<br />
ihr christlich-konservatives<br />
Profil pflegt. Wobei schon<br />
der Begriff „Werbeverbot“<br />
absurd ist. Als befänden sich<br />
Betroffene nicht in einer<br />
schwierigen Lage und einem<br />
Gewissenskonflikt, sondern<br />
ließen sich durch eine grelle<br />
Reklame in der Arztpraxis<br />
um die Ecke maleben zu<br />
einer Abtreibung verleiten<br />
wie zu einem Schnäppchenkauf.<br />
Nein, es geht darum, dass<br />
sich Frauen über ein gesetzlich<br />
zulässiges Handeln sachlich<br />
und ungehindert informieren<br />
können. Und darum,<br />
Ärzte, die Abtreibungen anbieten,<br />
nicht weiter zu kriminalisieren.<br />
Zumindest zu<br />
Letzterem sindCDU/CSU<br />
offensichtlich nicht bereit.<br />
Um des lieben Koalitionsfriedens<br />
willen hat sich die SPD<br />
darauf eingelassen –gegen<br />
ihre Überzeugung und gegen<br />
eine Mehrheit im Bundestag.<br />
Das mag taktisch vernünftig<br />
sein. Die Glaubwürdigkeit<br />
steigert es sicher nicht.<br />
MANN DESTAGES<br />
Leonardo Boff<br />
Er warFranziskaner-Pater,<br />
promovierte in München bei<br />
Joseph Ratzinger,dem späteren<br />
Papst Benedikt XVI., und<br />
gerietbald<br />
gründlich<br />
mit dem Vatikan<br />
aneinander:Leonardo<br />
Boff.<br />
Der Brasilianer<br />
wurde<br />
zum Anwalt<br />
der Armen –<br />
und zu einem<br />
der wichtigsten<br />
Vertreter dersüdamerikanischen<br />
Befreiungstheologie.<br />
Heute wird der Sohn Südtiroler<br />
Eltern 80 Jahre alt. Und sorgt<br />
sich um den Rechtsruckinseiner<br />
Heimat: „Esgeht schon los.<br />
Sieverfolgen, sie töten.“<br />
Foto: epd<br />
Straßburg – Chérif Chekatt,<br />
der auf dem Weihnachtsmarkt<br />
in Straßburg vier<br />
Menschen tötete, ist am späten<br />
Donnerstagabend von<br />
der französischenPolizei getötet<br />
worden. Zunächst war<br />
davon die Rede, er sei „neutralisiert“<br />
worden; kurz darauf<br />
kam die Bestätigung, er<br />
sei erschossen worden.<br />
NachMedienberichten waren<br />
gestern AbendSchüsse<br />
in Straßburg zu hören.Nach<br />
GroKo-ZoffumAbtreibungsregel<br />
Wieweiter mit dem Werbeverbot des Paragrafen 219a? SPDsauer auf Kompromiss<br />
Berlin –Darf für Abtreibungen<br />
„geworben“ werden? Die Gro-<br />
Ko hat sich auf einen Kompromiss<br />
beim Paragrafen 219a geeinigt.<br />
Nicht nur SPD-Frauen<br />
laufen dagegen Sturm: Eigentlich<br />
will die SPD den Paragrafen<br />
streichen, der Ärzten die<br />
„Werbung“ für Schwangerschaftsabbrüche<br />
verbietet.<br />
Gerichte hatten mehrere<br />
Ärztinnen verurteilt, die darüber<br />
informierten, dass sie<br />
Schwangerschaftsabbrüche<br />
vornehmen. Die SPD hatte die<br />
Angaben französischer Polizeikreise<br />
wurdeChekatt gegen<br />
21 Uhr gestellt.Ersoll dann das<br />
Feuer der Polizisten erwidert<br />
haben. Der Attentäter soll im<br />
Stadtteil Neudorf südöstlich<br />
des Straßburger Zentrumsvon<br />
der Polizei entdeckt worden<br />
sein. Bereits zuvor war vermutet<br />
worden, dass der 29-Jährige<br />
nach dem Anschlag auf den<br />
Weihnachtsmarkt in den verwinkelten<br />
Altstadtstadtteil geflohenist.<br />
Nach dem Tod Chekatts<br />
Neuregelung angeregt. Aus<br />
ihrer Sicht stellt 219a ein Misstrauensvotum<br />
gegen Frauen<br />
und Ärzte dar, weil er den<br />
freien Informationsfluss unterbindet.<br />
SPD-Fraktionsvizechefin<br />
Eva Högel sprach von den<br />
„widerlichen ,Lebensschützer*innen’<br />
in Union“. Kevin<br />
Kühnert sah sich aggressiven<br />
Einschüchterungsversuchen<br />
ausgesetzt.<br />
Die sachliche Arbeit erledigten<br />
Kanzleramtschef Helge<br />
Braun, Gesundheitsminister<br />
machte sich ein Pariser Staatsanwalt<br />
auf dem Weg nacxh<br />
Straßburg. Das teilte der französische<br />
InnenministerChristophe<br />
Castaner amDonnerstag<br />
mit. Der Staatsanwalt solle am<br />
Ort des Schusswechsels die<br />
Identität des Getöteten bestätigen.<br />
Die französische Polizeiwar<br />
zuvor mit 700 Polizisten im<br />
Einsatz, um ihn zu fassen.<br />
Außerdem hatte die Regierung<br />
die Soldaten im Anti-Terror-<br />
Einsatz verstärkt –die Armee-<br />
Jens Spahn (beide CDU), Innenminister<br />
Horst Seehofer<br />
(CSU) und Justizministerin<br />
Franziska Giffey und Familienministerin<br />
Katarina Barley<br />
(beide SPD). Ihr Kompromiss<br />
schmeckt nicht jedem in Berlin.<br />
Er sieht eine Beibehaltung von<br />
219a vor –inklusive „Werbeverbot“<br />
für Ärzte. Stattdessen<br />
sollen Bundesärztekammer<br />
und Bundeszentrale für gesundheitliche<br />
Aufklärung Informationen<br />
zentral zur Verfügung<br />
stellen.<br />
„Wir müssen jetzt<br />
erfahren, seit wann<br />
Sicherheitsbehörden<br />
über dieses Wissen<br />
verfügen.“<br />
Irene Mihalic, innenpolitische Sprecherin<br />
der Grünen im Bundestag.<br />
Sind einig: Franziska Giffey(l.)und<br />
Katarina Barley.<br />
Foto: dpa