Berliner Kurier 08.01.2019
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6 I KREUZFAHRTEN, FÄHR- UND FLUSSREISEN 2019<br />
DIENSTAG, 8.JANUAR 2019 I VERLAGSBEILAGE<br />
AIDAnova –das sauberste Kreuzfahrtschiff der Welt<br />
Hybridelektroantrieb und flüssiges Biogas reduzieren ebenfalls die Abgase auf dem Meer<br />
Die AIDAnova ist das erste<br />
Kreuzfahrtschiff, das sowohl<br />
im Hafen als auch auf<br />
See mit dem umweltschonenden<br />
Flüssigerdgas (Liquefied Natural<br />
Gas –LNG) betrieben werden<br />
kann. Sie wurde im Dezember in<br />
Dienst gestellt und gilt zur Zeit als<br />
das sauberste Kreuzfahrtschiff.<br />
Mit dem Gas wird alle benötigte<br />
Energie an Bord erzeugt. Das<br />
Wichtigste ist aber, dass sich<br />
dadurch die Emission von Stickoxiden<br />
gegenüber herkömmlichen<br />
Antrieben um bis zu 80 Prozent<br />
verringert und die CO ²<br />
-Emissionen<br />
um weitere 20 Prozent sinken.<br />
Die Maschinenraummodule<br />
beherbergen vier Dual-Fuel-Motoren.<br />
Sie können wechselnd mit<br />
Diesel beziehungsweise Schweröl<br />
und Gas betrieben werden. Damit<br />
landete die AIDAnova beim letzten<br />
NABU-Kreuzfahrt-Ranking schon<br />
vor der Taufe auf Platz eins. Acht<br />
der neun neuen Schiffe des Jahres<br />
2018 halten beim Antrieb<br />
noch am Schweröl, einem teerartigen<br />
Abfallprodukt aus der Verarbeitung<br />
von Rohöl (beispielsweise<br />
für Benzin, Heizöl und Kunststoffe)<br />
fest. Hapag Lloyd und TUI<br />
Cruises setzen bei ihren jüngsten<br />
Flottenmitgliedern deshalb Stickoxid-Katalysatoren<br />
ein oder sind<br />
für die Versorgung mit Landstrom<br />
im Hafen gerüstet.<br />
Schon die AIDAprima und<br />
AIDAperla konnten erstmals während<br />
der gesamten Liegezeit im<br />
Hafen ihre Energie aus LNG produzieren.<br />
Das war ein wichtiger<br />
HOCH ZWEI/JOER POLLEX<br />
Die mit Flüssiggas betriebene AIDAnova. In Altona gibt es seit mehr als einem Jahr eine Landstromanlage.<br />
Schritt, denn ein Kreuzfahrtschiff<br />
verbringt dort durchschnittlich<br />
40 Prozent seiner Betriebszeit.<br />
Andere Reedereien holen auf<br />
Royal Caribbean will einige Schiffe<br />
seiner jetzigen Flotte mit der<br />
neuen Technik nachrüsten lassen.<br />
Carnival Cruises, zu dem<br />
auch AIDA und Costa Crociere<br />
gehören, plant insgesamt neun<br />
neue LNG-betriebene Schiffe. Die<br />
Costa Smeralda ist ab Oktober<br />
das erste mit LNG betriebene<br />
Kreuzfahrtschiff, das weltweit<br />
eingesetzt wird. TUI Cruises hat<br />
für 2024 und 2026 zwei neue<br />
LNG-betriebene Flottenmitglieder<br />
bei der italienischen Fincantieri-<br />
Werft geordert.<br />
Der „World Explorer“, das erste<br />
Hochsee-Kreuzfahrtschiff von<br />
nicko cruises, besitzt wiederum<br />
einen dieselelektrischen Hybridantrieb.<br />
Die Dieselmotoren und<br />
das Promas-Antriebssystem von<br />
Rolls-Royce erlauben es, dass<br />
das Schiff bis zu zwei Stunden<br />
rein elektrisch kreuzen kann. Die<br />
Expeditionskreuzfahrt-Reederei<br />
Ponant setzt bei ihren neuen<br />
Schiffen auf leisen, verbrauchsschonenden<br />
Elektroantrieb, der<br />
mit Propellern kombiniert ist.<br />
So lässt sich für jede Geschwindigkeit<br />
die Antriebseffizienz<br />
optimieren. Die Dieselmotoren<br />
werden mit leichtem Marine-<br />
Diesel-Öl betrieben. Ein katalytischer<br />
Abgasfilter reduziert das<br />
Stickstoffmonoxid. Der Luxus-<br />
Eisbrecher „Le Commandant<br />
Charcot“ wird ab 2021mit einem<br />
LNG- und Hybridelektroantrieb<br />
ausgestattet sein. Modernste<br />
Elektrobatterien reduzieren seinen<br />
Kraftstoffverbrauch.<br />
Biogas aus dem Norden<br />
Hurtigruten stellt mit der „MS<br />
Roald Amundsen“ das weltweit<br />
erste hybridbetriebene Expeditionsschiff<br />
vor. Die „Fridtjof<br />
Nansen“, das zweite Hurtigruten<br />
Hybrid-Expeditionsschiff, wird<br />
2020 getauft. Es erhält große<br />
Akkupacks zur Emissionsreduzierung.<br />
Das dritte soll ab 2021 die<br />
Meere befahren.<br />
Dann will die Reederei auch<br />
mindestens sechs Schiffe mit<br />
flüssigem Biogas (LBG) und<br />
Batterieantrieb betreiben, kombiniert<br />
mit LNG. Erneuerbares<br />
Biogas gilt laut Hurtigruten derzeit<br />
als der umweltfreundlichste,<br />
verfügbare Kraftstoff. Nordeuropa,<br />
besonders Norwegen, besitzt<br />
eine große Fischerei- und<br />
Forstwirtschaft. Hier fällt eine<br />
konstante Menge an organischen<br />
Abfällen an. (Angelika Giorgis)<br />
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Suche nach umweltfreundlichen Brennstoffen<br />
Ab 2020 gilt bei Kraftstoffen weltweit ein Schwefellimit. Die Kreuzfahrt-Reedereien stellen sich darauf ein<br />
Bis vor kurzem zögerten die<br />
Kreuzfahrt-Unternehmen<br />
noch LNG-betriebene Motoren<br />
einzusetzen, obwohl Flüssiggas<br />
heute als der „sauberste“<br />
Brennstoff der Welt gilt. Das Gas<br />
ist nämlich teurer als herkömmliche<br />
Brennstoffe und Schweröl, ein<br />
Abfallprodukt aus der Erdölraffinierung,<br />
ohnehin verfügbar. Auch<br />
konnten bisher nur wenige Hafenstädte<br />
LNG bereitstellen. Die nötige<br />
Infrastruktur gibt es jetzt aber<br />
in Hamburg, Rotterdam, Le Havre,<br />
Southampton, Zeebrügge und<br />
Funchal (Madeira). Andere Häfen<br />
rüsten nach.<br />
Die Verfügbarkeit des Flüssiggases<br />
ist ebenfalls gesichert, heißt<br />
es. So wollen der russische GaskonzernNovatek<br />
und das belgische<br />
Unternehmen Fluxys in Rostock<br />
ein Terminal für LNG bauen. Mehr<br />
als 700000 Kubikmeter sollen ab<br />
2022 über den Seehafen ausgeliefert<br />
werden. Das Gas stammt aus<br />
Sibirien und gelangt über Pipelines<br />
zur Ostsee. In der Nähe von Wyborg<br />
(Karelien) wird es verflüssigt<br />
und soll dann mit Schiffen nach<br />
Rostock transportiert werden. Der<br />
weltweit größte Exporteur von LNG<br />
ist jedoch Katar, das die Gasförderung<br />
bis spätestens 2024 von<br />
jährlich 77 Millionen Tonnen auf<br />
110 Millionen Tonnen erhöhen will.<br />
Schon jetzt Schutzzonen<br />
Nur 0,8 Prozent aller Schiffe unternehmen<br />
Kreuzfahrten, also jedes<br />
125. Mit modernen Gas- und<br />
Hybridmotoren können sie auch<br />
künftig die Gebiete, für die es<br />
schon jetzt strenge Schadstoff-<br />
Grenzwerte gibt, befahren. Außerhalb<br />
der Schutzzonen liegt die<br />
Grenze derzeit für den Schwefelgehalt<br />
des Treibstoffs bei 3,5<br />
Prozent. Ab 2020 sind für alle<br />
Schiffe weltweit nur noch 0,5 Prozent<br />
erlaubt. In Schutzzonen wie<br />
beispielsweise die Nord- und Ostsee,<br />
vor Nordamerika und in den<br />
Häfen der EU gilt eine Grenze von<br />
0,1 Prozent.<br />
Die Einhaltung der von der Internationalen<br />
Seeschifffahrts-Organisation<br />
(IMO) beschlossenen<br />
Schwefelgrenzwerte hat derzeit<br />
hohe Priorität bei den Reedereien.<br />
Die Kreuzfahrtunternehmen<br />
sind den Fracht- und Containerschiffen<br />
weit voraus, die noch<br />
zum großen Teil mit Schweröl<br />
fahren. Diese müssen effektive<br />
Filtertechnik einsetzen, um die<br />
ab kommendem Jahr geltenden<br />
Grenzwerte einzuhalten.<br />
Die nationalen Behörden dürfen<br />
auf den Schiffen inihren Häfen die<br />
Einhaltung der Werte kontrollieren<br />
und Verstöße bestrafen. „Es gibt<br />
detaillierte Vorschriften für die Protokollierung<br />
aller Umwelt-relevanten<br />
Vorgänge an Bord. Schummeln<br />
ist da kaum möglich“, weiß Kreuzfahrt-Experte<br />
Franz Neumeier.<br />
LNG gilt zwar momentan als die<br />
sauberste Alternative zu Schweröl,<br />
kann aber nur eine Übergangslösung<br />
sein. Oil & Gas IQ, das<br />
weltweit größte Content-Portal für<br />
die Kohlenwasserstoff-Industrie,<br />
stellte jedoch fest, dass es für<br />
die derzeit im Einsatz befindlichen<br />
Schiffe sowie für die nächsten<br />
zehn Jahre die einzige machbare<br />
Wahl ist. (ag.)