Pro und Kontra HANDYS IM KREISSSAAL Das Handy hat Einzug gehalten im Kreißsaal. Heute ist es selbstverständlich, dass Väter und Mütter Fotos und Filme während der Wehen posten. Aber sind Smartphones wirklich gute Geburtsbegleiter? KRISTINA KROEMER Redakteurin, drei Kinder STEFAN MEIER Grafiker, wünscht sich bald Kinder PRO FOTOS: privat (2) „MAN KANN JA JEDERZEIT AUSSCHALTEN …“ Als ich unsere Kinder bekommen habe, da waren Handys riesengroß und ungeheuer teuer, Facebook und Instagram gab’s noch nicht. Es war sogar relativ neu, dass die Väter bei der Geburt dabei waren. Ihre Aufgabe war es damals, der werdenden Mutter übers Haar zu streichen und die Nabelschnur durchzuschneiden. Ich hätte gern Fotos und Filme von der Geburt gehabt, und auch vom ersten Augenblick im Leben jedes meiner drei Kinder. Warum denn nicht? Bilder davon, wie das Kind das Licht unserer Welt erblickt – wie spannend! Kleine Kinder verändern ja sozusagen stündlich ihr Aussehen, das ist unglaublich. Und außerdem verschwimmt die Erinnerung mit den Jahren, das ist leider so. Ich würde mir das sogar heute noch gern ab und zu mal angucken. Denn ich selbst war jedes Mal so geschafft nach der Geburt, dass ich davon kaum etwas mitbekommen habe. Ich finde es natürlich auch nicht gut, wenn der Vater mit dem Handy herumspringt, seiner Frau nicht zur Seite steht, alles durcheinanderbringt und das medizinische Personal behindert. Das muss ja nicht sein. Aber eine Dokumentation der wichtigsten Momente während so einer Geburt zu haben, das halte ich für sinnvoll und schön. Auch für das Kind später: Guck mal, das ist passiert, als du gekommen bist. So hat die Mami ausgesehen. Und so hast du ausgesehen. Das ist doch aufregend! Kinder fragen immer wieder nach diesen Momenten, wenn sie noch klein sind: Wie war das eigentlich damals? Dann kann man ihnen das zeigen. Und: Man kann das Handy ja jederzeit ausschalten, wenn es zu viel wird. „NAH DRAN, ABER NICHT WIRKLICH BERÜHRT“ Für mich ist es unvorstellbar, mein Handy mit in den Kreißsaal zu nehmen, zu filmen und zu knipsen. Denn schon öfter habe ich festgestellt, dass das Handy wie ein Filter wirkt, um die Welt da draußen wie durch Glas zu betrachten. Man ist ganz nah dran, fast mittendrin, aber man wird nicht wirklich berührt. Man macht Fotos über Fotos, vielleicht auch Filme, und kriegt dabei vom echten Vorgang gar nicht viel mit. Und der echte Vorgang einer Geburt – das stelle ich mir einfach unglaublich vor. Wenn das Baby dann da ist, wenn du es in den Armen hältst, wenn es dich anschaut … Oft genug habe ich bei mir selbst und auch bei Freunden erlebt, dass man sich die Bilder hinterher nicht wieder ansieht und über dem ganzen Geknipse das wirklich Wesentliche verpasst hat. Das möchte ich auf gar keinen Fall! Und was ich überhaupt nicht verstehe, ist, wenn man das auch noch postet. Eine Geburt ist etwas so Persönliches, so Intimes, das sollte man für sich behalten. Allein die Vorstellung gruselt mich, den Babybauch meiner Freundin oder vielleicht sogar verschiedene Phasen der Geburt in den sozialen Netzwerken zu zeigen und auf Kommentare zu warten – ich finde das total geschmacklos. Andererseits: Eine Geburt ist ein gewaltiges Ereignis, es kann gut sein, dass man da als Mann total überfordert ist und vielleicht tatsächlich so einen Filter braucht. Aber der erste Moment im Leben meines Kindes hat nichts auf dem Handy zu suchen, da bin ich mir ziemlich sicher. Aber wer weiß – vielleicht sehe ich das anders, wenn es endlich so weit ist. KONTRA 20 KIDDIES
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