Fachbetriebsheft Garantiert naturnah _04.2018
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Faszination Naturgarten<br />
Faszination Naturgarten<br />
2<br />
3<br />
Fachbetriebstreffen Sommer 2018<br />
Artensterben andersrum<br />
betrachtet<br />
1<br />
1 Pflanzen gegen Giersch. Das ist eine<br />
bodendeckende Gierschmonokultur. Mono,<br />
nein, denn Ralf Engel hat so einiges darüber<br />
gepflanzt. Hier etwa Telekie und weiter<br />
vorne Rainfarn. Keine Angst, das macht dem<br />
Giersch nichts. Der geht uns nicht verloren.<br />
Wäre ja auch schade.<br />
Obacht, Kopf einziehen. Die blauschwarz<br />
schillernde Holzbiene umkurvt den Salbei,<br />
um vollgezuckert mit weißem Blütenstaub<br />
den Muskatellertrank zu schlürfen.<br />
Sofort gehts weiter. Blüte Nr. 2, Nr. 20, Nr.<br />
Werweißwieviel? Artensterben? Insektensterben?<br />
War da was? Wir werden darauf<br />
zurückkommen. Zunächst einmal sind wir<br />
hier. Wehr, am südäußersten Ende Deutschlands.<br />
Da, wo der Schwarzwald in den<br />
Rhein hineinzufallen droht, haben Katrin<br />
Kaltofen und Reinhard Witt ein wunderbar<br />
artenreiches Wildpflanzengelände gezaubert,<br />
4300 m 2 Firmenareal. Von einem der<br />
größten Pharma konzerne der Welt, Novartis-Natur-Park<br />
heißt das Ding.<br />
4780 Wildstauden wurden im Frühling<br />
2017 gepflanzt, dazu 151 Einzelarten und<br />
10 Wildblumenmischungen eingesät.<br />
Zwischendurch als Vorweg-Info: 30 % mehr<br />
Umsätze in einzelnen Wildpflanzengärtnereien<br />
im Jahr 2018. Passt das zum Thema?<br />
Wir werden darauf zurückkommen.<br />
Das Wildblumenmeer mit besagtem Muskatellersalbei<br />
als willkommener Anlass für<br />
das Sommertreffen der Fachbetriebe für<br />
Naturnahes Grün – Empfohlen von Bioland.<br />
13 Fachbetriebe von 21 sind vor Ort. Wir<br />
werden darauf zurückkommen. Dazu haben<br />
14 Naturgartenprofis die weite Reise,<br />
zum Teil aus Hamburg oder dem Erzgebirge,<br />
auf sich genommen.<br />
Zwei Tage, gespickt voll mit Wildpflanzen.<br />
Das Novartisaußengelände zuerst, dann<br />
öffentliches Grün, <strong>naturnah</strong>, versteht sich,<br />
dann ein Naturgarten vom Feinsten. Insektensterben?<br />
Es scheint, als sei das Wort<br />
eine Erfindung. Genau an diesen, den besuchten<br />
Stellen, ist jedenfalls nichts davon<br />
zu spüren. Stattdessen alles voll. Mit<br />
Holzbienen, inzwischen an Breitblättrigen<br />
Platterbsen unterwegs. Mit Gelbbindigen<br />
Furchenbienen auf Bergdisteln. Und mit –<br />
ja, wir glauben das sofort – mit Schwärmen<br />
von Distelfinken an Nickenden Disteln, anscheinend<br />
ihrer Leib- und Magenspeise. In<br />
den artenreichen Wildblumensäumen vom<br />
Novartisgelände nicken tausende Disteln<br />
am Wegesrand.<br />
Die Exkursionen der beide Tage zeigen: Aus<br />
Sicht der Wildpflanzen gibt es (noch gar)<br />
kein Artensterben. Jede heimische Wildpflanze<br />
findet die Besucher, die zu ihr gehören.<br />
Wir entdecken die seltensten Arten<br />
auf unseren Wildpflanzenflächen. Wenn es<br />
ein Artensterben gibt, dann gründet sich<br />
das auf zu wenige Wildpflanzen fast überall.<br />
Doch es sieht so aus, als wäre zumindest<br />
unsere Idee auf dem richtigen Weg. Der<br />
Wildpflanzenmarkt boomt.<br />
30 % mehr Umsatz in den Wildpflanzengärtnereien.<br />
Es scheint, als sei das Bewusstsein<br />
vom Artensterben an der Quelle angekommen.<br />
Das hat Folgen. 50 % der Arten, des<br />
Sortiments, schon im April ausverkauft, wo<br />
doch da gerade erst die Saison beginnt.<br />
Keine Kapazität mehr, noch mehr zu produzieren.<br />
2 Monate Lieferstopp im Sommer.<br />
Wir halten als ein Zwischenergebnis<br />
4 Ralf Engels Garten in Rickenbach ist eine<br />
Wucht. Der pure Wahnsinn. Viele unbekannte<br />
Pflanzen in natürlichem Design. Da hinten<br />
der weiße Schleier ist eben kein Schleierkraut,<br />
sondern das Waldlabkraut. Es webt und<br />
hängt seinen weißen Schein über den Staketenzaun.<br />
Mehr davon, wir wollen mehr Bilder,<br />
mehr Pflanzen, mehr Wissen.<br />
5 Futterzeit. Lassen Sie sich nicht vom<br />
Schild Falterfutter im Hintergrund täuschen.<br />
Das lenkt nur vom wahren Sein/Sinn des<br />
Lebens ab: Essen<br />
4<br />
fest: Es gibt viel zu wenig Wildpflanzen in<br />
deutschen Landen (zu kaufen). Und viel zu<br />
wenige Wildpflanzengärtnereien. Wer hilft?<br />
Wir Fachbetriebe für <strong>naturnah</strong>es Grün brauchen<br />
dringend Nachwuchs. Mehr Produzenten<br />
heimischer Wildstauden und Gehölze.<br />
Genauso mehr Saatgutproduzenten regionalen<br />
Saatgutes und hochwertiger Wildblumenmischungen.<br />
Es geht darum, nicht irgendsolchen<br />
Quatsch zu produzieren, dem<br />
man dann den fantasievollen Namen einer<br />
heimischen Wildpflanze andichtet, sondern<br />
echte heimische Arten. Wonach wir als Kunden<br />
dringend verlangen. Vor allem aber die<br />
Endnutzer, die Insekten.<br />
5<br />
2 Coming together. Jung und alt, erfahren<br />
und neugierig. Die Aufgabe war, in Kleingruppen<br />
die eingepflanzten Stauden zu<br />
suchen, zu erkennen und ihren Anwuchserfolg<br />
zu beurteilen. Das ging ja noch. Aber<br />
dann die unzähligen Einzelartenansaaten,<br />
die sind wirklich zum Teil sehr ausgefallen.<br />
Gut ausgefallen sogar, denn es können<br />
schon Samen mitgenommen werden.<br />
3 Fragen über Fragen. Dann wird diskutiert,<br />
erklärt und verstanden. Manche haben<br />
eben schon ein paar Jahre Wildpflanzen auf<br />
ihren Schultern. Es ist schön, sich mal auf<br />
Augenhöhe unter Gleichwohlinteressierten<br />
zu unterhalten.<br />
Zunächst aber läuft im Novartisgelände ein<br />
Workshop für alle 28 Teilnehmer: Verwendung<br />
von Basismischungen mit Einzelarten<br />
als Aspektbildner. Also etwas aus dem<br />
Zauberkasten der Wildpflanzenverwender.<br />
Wieviel Gramm Bergdistel ergeben welches<br />
Bild im Jahr zwei? Oder wie sehen 200 g<br />
Nickende Distel ausgesät aus? Das ist natürliches<br />
Profiknowhow, das Tausendkorngewicht,<br />
Keimfähigkeit, Konkurrenzkraft,<br />
Lebensdauer und Zyklus der Arten mit<br />
einschließt. In Kleingruppen beurteilen die<br />
Teilnehmer Erscheinen und Ansaaterfolg.<br />
Learning bei seeing.<br />
4|FB Natur & Garten Oktober 2018<br />
Natur & Garten Oktober 2018 FB|5