Berliner Kurier 26.01.2019
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REISE<br />
NACHRICHTEN<br />
Kiefer als Botschafter<br />
Mit dem Bierkutscher<br />
Nicolas Kiefer ist neuer<br />
Markenbotschafter für die<br />
TUI-Premiummarke Robinson.<br />
Bereits seit 2011 ist<br />
„Kiwi“ dort TOP Experte<br />
im Bereich Tennis. Ab sofort<br />
gibt er dem Unternehmen<br />
ein sportlich-sympathisches<br />
Gesicht und soll es<br />
auf Veranstaltungen repräsentieren.<br />
Übernachtungen in EU<br />
Rund 3,1 Milliarden Übernachtungen<br />
haben die Beherbergungsbetriebe<br />
in der<br />
EU im vergangenen Jahr<br />
verbucht. Gegenüber dem<br />
Vorjahr ist das ein Anstieg<br />
um 2,2 Prozent. An der Spitze<br />
stand erneut Spanien mit<br />
467 Millionen Übernachtungen.<br />
Allerdings gab es einen<br />
leichten Rückgang um<br />
0,9 Prozent. Dahinter folgen<br />
Frankreich mit 444<br />
Millionen Übernachtungen<br />
(plus 2,4 Prozent), Italien<br />
mit 429 Millionen (plus 1,9<br />
Prozent) und Deutschland<br />
mit 419 Millionen Übernachtungen.<br />
Niederlande feiert<br />
Unter dem Motto „Rembrandt<br />
und das Goldene<br />
Zeitalter der Niederlande“<br />
startet das holländische<br />
Themenjahr 2019. Renommierte<br />
niederländische<br />
Museen wie Fries Museum,<br />
Mauritshuis, Rembrandthuis,<br />
Rijksmuseum,<br />
Scheepvaartmuseum, Museum<br />
De Lakenhal und<br />
Prinsenhof zeigen Ausstellung<br />
zu dem Thema. Das<br />
Mauritshuis in Den Haag<br />
etwa präsentiert seine gesamte<br />
Rembrandt-Sammlung<br />
in einer Ausstellung<br />
vom 31. Januar bis 15. September.<br />
(www.holland.com/<br />
goldeneszeitalter).<br />
Fragen?<br />
Wünsche?<br />
Tipps?<br />
Foto: dpa Foto:<br />
Tel. 030/23 27 56 98<br />
(Mo.–Fr. 10–15 Uhr)<br />
E-Mail: service-redaktion@berliner-kurier.de<br />
durchRadeberg<br />
2019 feiertdie traditionsreiche Stadt zwischen<br />
Elbsandsteingebirge und Dresden ihren 800. Geburtstag<br />
Schon von weitem muss das<br />
Getrappel der Pferde zu hören<br />
gewesensein. Klappernde Hufe<br />
auf Kopfsteinpflaster, wenn<br />
die schwer beladene Kutsche<br />
herangerumpelt. Auf dem offenen<br />
Wagen: Bierfässer oder<br />
Flaschen, auf dem Bock der<br />
Bierkutscher.<br />
Auf Schwarz-Weiß-Fotos sieht<br />
man, wie sie ihre wertvolle<br />
Fracht an die Gasthäuser auslieferten.Bis<br />
heute rattern Bierkutschen<br />
durch die Stadt, „Radeberger“<br />
prangt in großen Lettern<br />
auf den grünen Wagen. Bierstadt<br />
nennt sich die sächsische Kleinstadt<br />
stolz, ihre Geschichte ist<br />
eng mit dem Gerstensaft verknüpft.<br />
„Willkommen in Radeberg“,<br />
begrüßt Bierkutscher Ernst und<br />
tippt sich an seine Kutschermütze.<br />
Ernst hat viele Jahre als Fuhrmann<br />
für die Brauerei Radeberger<br />
gearbeitet, saß fast 40 Jahre<br />
auf dem Kutschbock. „Mein erster<br />
Arbeitstag liegt über 100 Jahre<br />
zurück“, sagt der Bierkutscher,<br />
dessen Lederschürze im<br />
Sonnenlicht glänzt. „Sie sind erstaunt?<br />
Bierkutscher Ernst ist<br />
Jahrgang 71 …1871!“ sagt Michael<br />
Gregor. Der 64-Jährige lässt<br />
die Figur des Bierkutschers<br />
Ernst, mit Leinenhemd und Ledertasche,<br />
wiederaufleben.<br />
Schließlich hat das Brauen 15 Kilometeröstlich<br />
von Dresden Tradition.<br />
Schon um 1900 gab es in<br />
Radeberg drei Brauereien –bei<br />
gerade einmal 13 000 Einwohnern.<br />
Weit über die sächsischen<br />
Michael Gregor<br />
lässt die Figur des<br />
Bierkutschers<br />
Ernst aufleben.<br />
Grenzen wurde<br />
das Pilsner verkauft.<br />
Schon 1878<br />
exportierte man<br />
Radeberger als eines<br />
der ersten<br />
deutschen Biere in<br />
die USA. Ein Brauhaus<br />
gab es aber<br />
schon länger, hatte doch jeder<br />
Radeberger Braurecht, der ein<br />
Haus in der Stadt besaß. „Das<br />
Problem: Wenn alle zu Hause<br />
brauen, gibt es viel zu viel Bier“,<br />
erklärt Ernst. Und so richtete<br />
man ein kommunales Brauhaus<br />
ein. „Jeden Tag war jemand anderes<br />
mit Brauen dran“, sagt der<br />
Bierkutscher, „ausgeschenkt<br />
wurde in der guten Stube, die<br />
kurzerhand zur Schankstube<br />
wurde“. Unddamit man wusste,<br />
wo man einkehren kann, wurde<br />
einfach ein Strohbündel aus dem<br />
Fenster gehängt.<br />
Strohbündelgibt es heute keine<br />
mehr, stattdessenwehenFahnen<br />
vor der 1872gegründetenExportbierbrauerei.<br />
Bis zu 150 000 Flaschen<br />
werden hier pro Stunde abgefüllt.<br />
Seit 1906 ausschließlich<br />
nach Pilsner Brauart gebraut.<br />
Bierkutscher Ernst alias Michael<br />
Gregor folgt dem anderthalb<br />
Kilometer langen Bierpfad<br />
quer durch die Stadt, durch die<br />
Schlossstraße, die älteste Gasse,<br />
bis hin zum Schloss Klippenstein.<br />
In der schlosseigenen Museums-Böttcherei<br />
wird die Herstellung<br />
von Bierfässern gezeigt.<br />
In Radeberg scheint sich wirklich<br />
alles ums Bier zu drehen.<br />
Alles? Nicht ganz, wie Bierkutscher<br />
Ernst aufklärt: „Agathe<br />
Zeiss stellte 1884 hier den ersten<br />
deutschen Camembert nach einem<br />
Rezept aus Frankreich her<br />
und 1902 wurde hier die erste<br />
Mercedes- und später die Wartburg-Karosserie<br />
produziert.“<br />
Auch die erste deutscheEinbauküche,<br />
die „Eschebach Original-<br />
Reform-Küche“ stamme aus Radeberg.<br />
Und wer in der DDR einen<br />
Fernseher besaß, hatte mit<br />
ziemlicher Sicherheit ein Produkt<br />
aus dem örtlichen VEB Rafena<br />
zu Hause stehen.<br />
Vom Marktplatz aus stiefelt<br />
Ernst das Kopfsteinpflaster hinunter.<br />
Vor einem Haus mit einer<br />
goldenen Sonne über der Tür<br />
bleibt der Bierkutscher stehen.<br />
Es riecht süßlich, nach Kräutern<br />
und Lakritz. „Vor dem Essen,<br />
nach dem Essen, Radeberger Bitter<br />
nicht vergessen“, prangt auf<br />
einer alten Werbetafel. „Zu<br />
DDR-Zeitenwar das echte Bückware“<br />
sagt Ernst, nur donnerstags<br />
gab es den Kräuterlikör zu<br />
kaufen –danach waren die Vorräte<br />
ausverkauft. „Man sah Ehepaare<br />
dort eine Stunde in der<br />
Schlange stehen und kein Wort<br />
reden“,erzählt Ernst,„nicht,weil<br />
sie Streit hatten: So bekam jeder<br />
eine Flasche.“ Mit jeder Stunde<br />
wurde die Schlange vor der 1877<br />
gegründeten Destilledamals länger.<br />
Schlangen gibt es heute keine<br />
mehr, aber das Rezept ist immer<br />
noch das gleiche, erzählt Betreiber<br />
Thomas Tiebel. Und damals<br />
wie heute ist es streng geheim.<br />
Seit mehr als 600 Jahren nun<br />
schon dürfen die Radeberger<br />
brauen und destillieren, seit ihnen<br />
Friedrich IV. Landgraf von<br />
Thüringen und Markgraf zu<br />
Meißen 1412 das Stadt- und damit<br />
auch Braurecht verlieh.<br />
Überlebenswichtig sei das gewesen,<br />
schmunzelt Ernst. Gründe<br />
zum Anstoßen gibt es reichlich.<br />
So wie diesen: In diesem Jahr feiert<br />
Radeberg seinen 800. Stadtgeburtstag.<br />
Na dann Prost!<br />
Katrin Groth<br />
DieseReportagewurde unterstützt von<br />
der Stadt Radeberg.<br />
Reise-Infos: www.radeberg.de