Berliner Kurier 26.01.2019
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8 BERLIN *<br />
BERLINER KURIER, Sonnabend, 26. Januar 2019<br />
NACHRICHTEN<br />
Demo für Klimaschutz<br />
Berlin –Mehrere Tausend<br />
Schüler haben in der<br />
Hauptstadt für Klimaschutz<br />
demonstriert. Die<br />
Jugendlichen fordern, dass<br />
die Politik die Klimakrise<br />
ernst nehmen und handeln<br />
müsse. Parallel tagte die<br />
Kohlekommission der Bundesregierung,<br />
die über ein<br />
Konzept zum Ausstieg aus<br />
der Kohle berät.<br />
Ex-BER-Chef proTegel<br />
Berlin –Ex-Flughafenchef<br />
Karsten Mühlenfeld plädiert<br />
dafür, Tegel parallel<br />
zum künftigen Airport BER<br />
in Betrieb zu lassen. „Die<br />
zwei Startbahnen am BER<br />
geben die Kapazität niemals<br />
her, die in Berlin nötig ist“,<br />
so Mühlenfeld. Man brauche<br />
eine dritte Startbahn<br />
und da biete sich Tegel an.<br />
U5-Pöbler gefasst<br />
Berlin –Die Polizei hat<br />
den Pöbler gefasst, der einen<br />
Wachschutz-Polizisten<br />
in einer Linie der U5 bedroht<br />
und bespuckt hatte.<br />
Er wurde im Amtsgericht<br />
Tiergarten festgenommen.<br />
Laut Polizei handelt es sich<br />
um einen <strong>Berliner</strong> (23). Er<br />
solle heute einem Richter<br />
vorgeführt werden.<br />
Odeg übernimmt RE1<br />
Magdeburg –Die Ostdeutsche<br />
Eisenbahn GmbH<br />
(Odeg) erhält den Zuschlag<br />
für den Regionalexpress 1.<br />
Damit übernimmt die<br />
ODEG die Strecke Magdeburg<br />
-Brandenburg -Berlin<br />
-Frankfurt (Oder), so die<br />
Nahverkehrsservice Sachsen-Anhalt<br />
GmbH.<br />
ARCHE NOAH<br />
Underwood ... kam mit dem<br />
Familienzuwachs seiner<br />
Besitzerin nicht klar. Der<br />
Schöne ist leberkrank und<br />
wünscht sich ein Plätzchen<br />
auf der Couch, wo er liebevoll<br />
umsorgt wird. Andere<br />
Katzen sind nicht sein Fall.<br />
Vermittlungs-Nr. 18/4100<br />
Tierheim Berlin,<br />
Hausvaterweg 39, 13057 Berlin,<br />
Telefon: 030/768880,<br />
www.tierschutz-berlin.de<br />
Die Tiervermittlung ist geöffnet:<br />
Mittwoch–Sonntag 13–16 Uhr<br />
Foto: AFP<br />
Foto: Tierheim Berlin<br />
Matthias Baumann (50) mit Anna (1 Monat) auf dem Schoß. Er stand zwei Stunden vor<br />
Öffnung in der Kälte. Ein Security-Mann wacht über Mitarbeiter und Eltern.<br />
Wehe, du brauchst<br />
eine Geburtsurkunde!<br />
Erschöpfte Eltern müssen stundenlang anstehen, werden oft ohne Erfolg wieder weggeschickt<br />
Von<br />
CHRISTIAN GEHRKE<br />
Lichtenberg – Schreiende<br />
Säuglinge und verzweifelte<br />
Eltern im proppenvollen<br />
Warteraum morgens um 10<br />
Uhr. Manche Väter und Mütter<br />
haben schon mehrere<br />
Stunden vor der Tür des Bürgeramts<br />
in der Kälte gewartet.<br />
Einige kommen schon<br />
zum dritten Mal. In der<br />
Egon-Erwin-Kisch-Straße<br />
am S-Bahnhof Hohenschönhausen<br />
befindet sich das einzige<br />
Amt in Lichtenberg, das<br />
Geburtsurkunden ausstellt.<br />
Mutter Jenny Dalko (36) hat ab<br />
8Uhr mit der kleinen Anna (1<br />
Monat) im Auto gesessen, bei<br />
Chaos im Bürgeramt<br />
Alles besetzt im Bürgeramt<br />
in der Egon-Erwin-<br />
Kisch-Straße 106. Vater<br />
Ulf Meitzel (38) ist<br />
schon das dritte Mal hier.<br />
Fotos: Christian Gehrke, privat<br />
laufender Heizung. Vater Matthias<br />
Baumann (50) stand eisern<br />
vor dem Bürgeramt. Zwei<br />
Stunden vor Öffnung! Die Familie<br />
hat das schon einmal<br />
durch. „Erst schickte man uns<br />
vom Standesamt zum Jugendamt<br />
und vom Jugendamt wieder<br />
zum Standesamt. Das ist<br />
der dritte Anlauf für die Urkunde“,<br />
klagt Matthias Baumann.<br />
Zur Erklärung: Jedes Neugeborene<br />
braucht eine Geburtsurkunde<br />
aus dem Bezirk, in dem<br />
es zur Welt kam. In Lichtenberg<br />
gibt es dafür nur diese eine<br />
Stelle, das Amt in der Kischstraße.<br />
Das bestätigt das Bezirksamt.<br />
Da im Internet alle Termine<br />
bis April ausgebucht sind,<br />
werden neue Termine zusätzlich<br />
vor Ort vergeben (am<br />
Schalter vor der Öffnung). Vater<br />
Johannes Busse hat sich<br />
deshalb um 7.20 Uhr zum zweiten<br />
Mal angestellt, um eine Urkunde<br />
für Tochter Franziska<br />
(am 6.12. geboren) zu bekommen.<br />
Ulf Meitzel (38) ist schon<br />
zum dritten Mal hier. Er hat um<br />
9.30 Uhr den letzten Termin<br />
abbekommen –eine halbe Stunde<br />
vor Öffnung. „Wie soll man<br />
das hinbekommen, wenn man<br />
alleinerziehend ist?“, fragt er.<br />
Für Eltern kann so eine Urkunde<br />
die Existenz bedeuten:<br />
Ohne sie gibt es kein Elterngeld,<br />
kein Kindergeld, keine Krankenkasse<br />
fürs Kind, keine Kita.<br />
Eine Mitarbeiterin vom Jugendamt,<br />
die mehrere Teenage-Mütter<br />
begleitet, sagt: „Viele<br />
Familien haben eine weite Anreise.<br />
Mit einem Neugeborenen<br />
ist das sehr ungünstig.“ Ein Security-Mann<br />
beruhigt die erregten<br />
Eltern. Laut Bezirksamt<br />
Lichtenberg wurde der Mann<br />
eingesetzt, nachdem eine Mitarbeiterin<br />
angegriffen wurde.<br />
Auf KURIER-Anfrage antwortet<br />
die Stadträtin Katrin<br />
Framke (Linke) entschuldigend:<br />
„Der öffentliche Dienst<br />
war in den vergangenen Jahren<br />
von erheblichen Personaleinsparungen<br />
betroffen, wovon<br />
auch das Standesamt Lichtenberg<br />
nicht ausgenommen wurde.“<br />
Die Zahl der Mitarbeiter<br />
im Standesamt sei von 12,5 Stellen<br />
im Jahr 2015 auf 17 Stellen<br />
erhöht worden– bei starkem<br />
Bevölkerungszuwachs. Eine<br />
Stelle werde im März besetzt.<br />
Gegen Nachmittag bekommt<br />
Matthias Baumann die Urkunde.<br />
Seine Geduld hat gesiegt.