01.02.2019 Aufrufe

Ausgabe 179 / 1. Salon Europa Forum Wachau

Umfassender Bericht zum 1. Salon Europa Forum Wachau mit dem Thema "Technologisierung: Fluch oder Segen für die Demokratie?" am 9. Oktober 2018 in Klosterneuburg

Umfassender Bericht zum 1. Salon Europa Forum Wachau mit dem Thema "Technologisierung: Fluch oder Segen für die Demokratie?" am 9. Oktober 2018 in Klosterneuburg

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

ÖSTERREICH JOURNAL NR. <strong>179</strong> / 05. 1<strong>1.</strong> 2018<br />

Österreich, <strong>Europa</strong> und die Welt<br />

37<br />

gen an Universitäten und Hochschulen, dort<br />

ist ein ähnliches Konzept, das eine anonyme<br />

Bewertung macht, aber so, daß ich weiß, nur<br />

die Personen dürfen evaluieren, die auch in -<br />

frage kommen. Das heißt, diese Prozesse<br />

sind schon da, viele Problematiken, die den<br />

Menschen unterkommen, kann ich aushebeln.<br />

Denn der Algorithmus, wenn er sauber<br />

ist, wird keine Fehler machen. Aber ich ma -<br />

che mir andere Tore auf. Und ich glaube, das<br />

ist einfach ein Abwägen, ich glaube nicht,<br />

daß die elektronische Wahl alle Probleme<br />

lösen wird, oder alle Probleme, die Wahlen<br />

an sich haben, lösen wird. Wir verschieben<br />

sie vielleicht nur irgendwo anders hin. Prinzipiell<br />

glaube ich aber, daß sie ge nauso gut<br />

funktionieren werden, es ist halt mo mentan<br />

auch nicht das politische Momentum dahinter,<br />

was man auch ganz klar sagen muß.<br />

Prendergast: Nicht weil es ein wahnsinnig<br />

wichtiges Argument wäre, aber wäre es nicht<br />

auch wesentlich billiger, online zu wählen?<br />

Pietrzak: Billiger ist immer relativ. Jedes<br />

Mal, wenn sie eine neue Technologie, ein<br />

neues Verfahren – und es ist völlig egal ob es<br />

die öffentliche Verwaltung oder eine Firma<br />

ist –, jedes Mal, wenn sie etwas neu einführen,<br />

haben sie Einführungskosten. Sie haben<br />

Kosten in der Veränderung der Organisation,<br />

Schulung der MitarbeiterInnen und, und,<br />

und. Das heißt, sie werden eine sehr starke<br />

Spitze haben. Danach werden sich die<br />

Kosten ständig amortisieren wenn es richtig<br />

gemacht ist. Die Frage ist aber, ob man zu<br />

diesem Zeitpunkt bereit ist, dieses mehr an<br />

Ressourcen, Zeit und Geld zu investieren.<br />

Daß es sich am Schluß amortisieren wird, ist<br />

klar, die Frage ist nur, ob man so lange warten<br />

will.<br />

Prendergast: Wir kommen zum Thema<br />

Transparenz in der Politik und Open Access.<br />

Inwiefern sind denn politischen Vorhaben in<br />

unserer Gesellschaft interessant und ist es<br />

bei politischen Themen eine Bringschuld der<br />

Politiker oder eine Holschuld von uns?<br />

Jergitsch: Das ist eine interessante Frage. Es<br />

hat ja generell auch mit der politischen Bildung<br />

bzw. der Einstellung der Bevölkerung<br />

zur Politik zu tun. Ich glaube, man muß das<br />

in der Mitte treffen. Man kann nicht erwarten,<br />

zu sagen, ich vertrete etwas und die<br />

Leute müssen versuchen, das zu finden, sie<br />

müssen zu mir kommen. Also ich muß den<br />

Leuten schon entgegenkommen. Auf der<br />

anderen Seite kann ich aber nicht erwarten,<br />

Foto: Österreich Journal / Michael Mössmer<br />

Ein Blick ins abstimmende Pubikum. Im Bild rechts: Simon Ortner, Leiter der Abteilung Internationale<br />

und Europäische Angelegenheiten des Amtes der NÖ Landesregierung<br />

daß mir alles auf dem Silbertablett serviert<br />

wird. Viele Themenbereiche sind komplex<br />

und die können auch von Parteien, von Personen<br />

natürlich nur abstrakt in irgendeiner<br />

Art und Weise tendentiell kommuniziert<br />

werden. Um das aber zu verstehen, bedarf es<br />

einigen Wissens dazu und ich würde sagen,<br />

die Aneignung des Wissens und des Verstehens<br />

obliegt doch dem Individuum größtenteils<br />

selbst.<br />

Prendergast: Wenn wir schon beim Verstehen<br />

sind: Vielleicht können Sie uns auch nur<br />

kurz erklären, was mit Open Access gemeint<br />

ist? Und gibt es da auch Gefahren auf<br />

Gemeinde- oder Bundesebene?<br />

Lampoltshammer: Das kommt auf den Be -<br />

reich an. Prinzipiell geht es aber darum, daß<br />

Daten und Informationen kostenfrei für alle<br />

ohne jegliche Einschränkung zugänglich<br />

sind.<br />

Jergitsch: Ich glaube, das hängt davon ab,<br />

was dann genau öffentlich zugänglich ist. In<br />

den USA sind zum Beispiel die sex offender<br />

registry (Sexualstraftäter-Registrierung, Anm.)<br />

für jeden frei zugänglich, in Schweden kann<br />

man die Steuererklärung von seinem Nachbarn<br />

nachschauen. Natürlich ist es im Interesse<br />

des Bürgers, wenn gewisse Da ten frei zu -<br />

gänglich sind. Es ist aber auch verständlich,<br />

daß Daten, wie Positionspapiere einer Re -<br />

gierung, vor einem wichtigen EU-Gipfel nicht<br />

öffentlich zugänglich sind. Da kann man<br />

keine Antwort geben, die allgemeingültig ist.<br />

Prendergast: Herr Pietrzak, wo fängt bei<br />

Ihnen Open Access an und hört er auf?<br />

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at<br />

Pietrzak: Für mich als Wissenschaftler hat<br />

Open Access meistens damit zu tun, daß man<br />

kostenlos Zugriff auf wissenschaftliche<br />

Publikationen hat. Open Access ist in diesem<br />

Kontext in allen Aspekten einfach besser,<br />

außer für die Margen der Publisher. In einem<br />

politischen Kon text ist es kompliziert. Wenn<br />

man die Steuererklärung von allen anderen<br />

sehen kann, das hilft das wahrscheinlich der<br />

Korruptionsvermeidung. Andererseits sind<br />

es halt Daten, wo man berechtigterweise<br />

sagen kann, das beeinträchtigt meine Privatsphäre.<br />

In Skandinavien war das eine politische<br />

Diskussion, ob man das will oder nicht. Man<br />

hat entschieden, daß Steuererklärungen,<br />

auch Ge hälter, publik zu machen sind. Da<br />

kann man zum Beispiel gerade beim Gehalt<br />

vergleichen, ob man benachteiligt wird oder<br />

wieviel Frauen weniger bekommen als Männer.<br />

Das wird dann natürlich wesentlich evidenter.<br />

Prendergast: Herr Lampoltshammer, wie<br />

sehr sehen Sie die Privat sphäre durch Open<br />

Access gefährdet?<br />

Lampoltshammer: Prinzipiell befürworte ich<br />

Open Access, nicht nur aus der wissenschaftliche<br />

Ecke, sondern auch zum Beispiel<br />

im Bereich von Open Data. Auf EU-Ebene<br />

gibt es dazu Richtlinien, die sagen, alles was<br />

nicht den Datenschutz sozusagen einschränkt<br />

bzw. wenn es sehr sensible Daten<br />

sind wie Gesundheitsdaten, sollen eigentlich,<br />

wenn sie von Steuergeldern bezahlt<br />

werden, der Öffentlichkeit wieder zur Verfügung<br />

gestellt werden. Das würde ich komplett<br />

unterschreiben. Der Grund ist, daß man

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!