SPORTaktiv Februar 2019
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
Fotos: iStock, Stekovic.com<br />
Einen Tag Nulldiät und am nächsten<br />
Tag alles essen, was man will,<br />
in unbeschränkter Menge. Diese<br />
Darstellung von „Intervallfasten“ ist<br />
natürlich etwas verkürzt, stimmt aber im<br />
Kern. Für Ernährungsinteressierte klingt<br />
die Kurzformel zunächst schräg, radikal<br />
und für Menschen maßgeschneidert, die<br />
sich den mühsamen Weg einer Ernährungsumstellung<br />
ersparen wollen.<br />
Doch es stecken wissenschaftliche Erkenntnisse<br />
dahinter, die nahelegen, dass<br />
Intervallfasten durchaus mehr ist als ein<br />
weiterer (oft ungesunder) Diät-Hype.<br />
Forschungen von Mikrobiologen der<br />
Karl-Franzens-Universität Graz zum<br />
Thema Zellalterung, die in Zusammenhang<br />
mit Intervallfasten durchgeführt<br />
wurden, haben weltweite Beachtung<br />
gefunden. Diese Ernährungsform, so<br />
legen die Studien nahe (die übrigens<br />
auch mit der Med-Uni Graz gemeinsam<br />
durchgeführt wurden und werden),<br />
könnte tatsächlich ein Schlüssel<br />
zum langen und vitalen Leben sein.<br />
Dr. Slaven Stekovic gehörte bis vor<br />
Kurzem der Grazer Forschergruppe, geleitet<br />
von Dr. Frank Madeo an – und<br />
Stekovic hat 2018 ein Buch zu diesen<br />
jungen Erkenntnissen der Zellforschung<br />
veröffentlicht: „Der Jungzelleneffekt“.<br />
Zur Fastenzeit passend wollen wir mit<br />
dem seit Herbst 2018 in Cambrigde in<br />
England tätigen Wissenschafter die Erkenntnisse<br />
rund ums Intervallfasten zusammenfassen.<br />
Stekovic ist überzeugt,<br />
dass der Zeitpunkt der Nahrungsaufnahme<br />
bisher in der Ernährungslehre zu wenig<br />
Beachtung gefunden hat. Acht Fragen<br />
– acht interessante Antworten.<br />
1.<br />
WAS IST<br />
INTERVALLFASTEN?<br />
Intervallfasten, intermittierendes Fasten<br />
oder Kurzfasten: Die Bezeichnungen<br />
sind unterschiedlich, gemeint ist stets<br />
dasselbe – eine Ernährungsweise, bei der<br />
sich Phasen, in denen normal gegessen<br />
wird, mit restriktiven Fastenphasen abwechseln.<br />
Die Wissenschaft geht davon<br />
aus, dass der Körper hier noch im Steinzeitmodus<br />
funktioniert, wo die Nahrungsversorgung<br />
unregelmäßig und beispielsweise<br />
vom Jagderfolg abhängig war.<br />
Beim Intervallfasten können zum Beispiel<br />
ein, zwei oder drei Fastentage pro<br />
Woche, alternierend mit Esstagen, eingelegt<br />
werden. Ein anderes Konzept beschränkt<br />
die Nahrungsaufnahme auf<br />
acht Stunden pro Tag, um dazwischen<br />
16-stündige Fastenphasen zu erreichen.<br />
2.<br />
DR. SLAVEN<br />
STEKOVIC<br />
ist 29, Mikrobiologe, lehrt und forscht<br />
zum Thema Alterung und Gesundheit.<br />
Bis Herbst 2018 am Institut für<br />
Mole kulare Biowissenschaften der<br />
Karl-Franzens-Universität Graz,<br />
seither in Cambridge, England.<br />
stekovic.com<br />
WELCHEN VORTEIL BRINGEN<br />
DIE KURZEN FASTENPHASEN?<br />
Im Mittelpunkt des Intervallfastens steht<br />
ein Vorgang in den Körperzellen, den<br />
man noch nicht lange nachweisen kann:<br />
„Autophagie“. Stekovic beschreibt ihn<br />
als „Aufräumprozess“ in der Zelle. Stark<br />
vereinfacht erklärt: Werden Zellen mit<br />
Energie versorgt, sind sie mit dem Umwandeln<br />
der Energieträger ausgelastet;<br />
„Abfallprodukte“, die entstehen, werden<br />
in der Zelle zwischengelagert und bleiben<br />
dort liegen. Gönnt man den Zellen<br />
zwischen der Nahrungsaufnahme längere<br />
(Fasten-)Pausen, setzt Autophagie ein:<br />
Der „Zellmüll“, zum Beispiel aus defekten<br />
Proteinen und Mitochondrien bestehend,<br />
wird verwertet, die Zelle sozusagen<br />
entrümpelt.<br />
Dieses „Zellrecycling“ scheint wesentlich<br />
zu sein, um der Zellalterung und<br />
daraus entstehenden Krankheiten entgegenzuwirken.<br />
Sozusagen ein „innerer<br />
Jungbrunnen“. Doch abgesehen vom<br />
Prozess der Zellreinigung (für dessen Erforschung<br />
der Japaner Yoshinori Osumi<br />
2016 den Nobelpreis erhielt) berichten<br />
viele Intervallfastende von zahlreichen<br />
unmittelbar spürbaren positiven Effekten<br />
physischer und psychischer Natur.<br />
Dass sich das Körpergewicht durch regelmäßiges<br />
Kurzfasten meist auf ein gesundes<br />
Maß einpendelt, „ist ein angenehmer<br />
Nebeneffekt“, so Stekovic.<br />
<strong>SPORTaktiv</strong><br />
31