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Die Himmelfahrt Christi ist der einzige erhaltene Rest der Mosaiken aus der<br />

Kreuzfahrerzeit.<br />

mutlich die entsprechende Darstellung<br />

im sogenannten Psalter der Königin<br />

Melisende (12. Jh., heute in der British<br />

Library) beeinflusst hat, kann man sich<br />

eine ungefähre Vorstellung von deren<br />

Aussehen machen (s. Abb. S. 44). Eine<br />

Besonderheit waren dabei v. a. die Engel<br />

mit Standarten, auf denen das Dreimalheilig<br />

steht, über der Darstellung. (Auch<br />

das Fresko in der Apsis der Kreuzfahrerkirche<br />

von Abu Gosh zeigt übrigens diese<br />

Szene.) Tatsächlich übernahmen die<br />

Kreuzfahrer anscheinend nicht nur das<br />

Thema aus der Apsis des Monomachos,<br />

sondern verlegten das ganze Mosaik<br />

einfach in die neue Apsis, die dann bei<br />

einem Erdbeben Anfang des <strong>19</strong>. Jh. leider<br />

zerstört und in neuer Form wiederaufgebaut<br />

wurde.<br />

Eine grundlegende Umgestaltung<br />

Indem die zweistöckige Golgotakapelle<br />

in den Neubau mit einbezogen wurde,<br />

vereinigten die Kreuzfahrer in der neuen<br />

Kirche erstmals die Stätten von Tod<br />

und Auferstehung Jesu „unter einem<br />

Dach“. Eine erste Weihe erfolgte 1149,<br />

d. h. 50 Jahre nach der Eroberung der<br />

Stadt. Der Turm, der heute verkürzt ist,<br />

mit einer charakteristischen Haube, die<br />

wenig später sogar im Abendland mehrfach<br />

nachgeahmt wurde, war erst etwas<br />

später vollendet. Während die meisten<br />

Bauleute aus dem Abendland, v. a. aus<br />

Südwestfrankreich, kamen, war der Architekt<br />

des Turmes vermutlich in Palästina<br />

geboren – darauf deutet zumindest<br />

der Name „Jordanus“, der vornehmlich<br />

Männern gegeben wurde, die im Jordan<br />

getauft wurden. Bald wurde noch die sogenannte<br />

Frankenkapelle im südlichen<br />

Außenbereich vor der Golgotakapelle<br />

hinzugefügt, weil die Treppe, die innen<br />

von Norden zum Felsen hinaufführte, zu<br />

schmal war. Nun war ein „Einbahnverkehr“<br />

möglich, und die Pilger gelangten<br />

durch die neue Kapelle und über die<br />

noch heute vorhandenen steilen Stufen<br />

wieder zum Vorplatz. (Wegen dieser<br />

Wegführung war die südliche Kapelle,<br />

wo die Lateiner heute der Kreuzannagelung<br />

gedenken, damals Erinnerungsort<br />

der Kreuzabnahme.)<br />

Auch auf Golgota übernahmen die<br />

Kreuzfahrer teilweise die Mosaiken aus<br />

byzantinischer Zeit (z. B. die Darstellung<br />

von Kreuzigung und Kreuzabnahme<br />

an der Ostwand) und ließen die neuen<br />

Darstellungen von einheimischen<br />

Künstlern ausführen, wie der einzige<br />

erhaltene Rest, ein Ausschnitt aus der<br />

Darstellung der Himmelfahrt, belegt.<br />

Thematisch bedeutsam war u. a. die<br />

Darstellung der „Opferung Isaaks“ im<br />

Gewölbe (die sich auch heute wieder an<br />

der südlichen Wand findet) – darin spiegelt<br />

sich nicht nur die Idee, dass diese<br />

ein „Vor-Bild“ der Kreuzigung war, sondern<br />

damit wird der Golgotafelsen auch<br />

zum „Nachfolger“ des heiligen Felsens<br />

auf dem Tempelberg erklärt, der für Juden<br />

mit diesem „Opfer“ verbunden war.<br />

Daneben fanden sich – wie v. a. aus dem<br />

Bericht des Pilgers Theoderich von 1170<br />

hervorgeht – Darstellungen von zahlreichen<br />

Propheten sowie von Kaiserin Helena<br />

und Kaiser Heraklius, die für Kreuzauffindung<br />

und Kreuzerhöhung bzw.<br />

Rückeroberung des Kreuzes stehen.<br />

Die mittelalterliche Legende verbindet<br />

außerdem den Golgotafelsen nicht nur<br />

mit dem Grab Adams zu dessen Füßen,<br />

sondern auch mit dem „Priesterkönig“<br />

Melchisedek, der Adam angeblich dort<br />

bestattet hat – nicht zuletzt deshalb ließen<br />

sich die Kreuzfahrerkönige in der<br />

sogenannten Adamskapelle begraben.<br />

(Die Gräber wurden bei der griechischen<br />

Neugestaltung Anfang des <strong>19</strong>. Jh. entfernt.)<br />

Mosaiken befanden sich auch an der<br />

eigentlichen Grabädikula: In einer Nische<br />

der Außenwand war das Schriftzitat<br />

„Christus, auferweckt von den Toten,<br />

stirbt nicht mehr“ (Röm 6, 9) zu lesen,<br />

über dem Eingang zum Grab zeigte eine<br />

Darstellung die drei Frauen am Grabe<br />

– die Tatsache, dass dies ein typisch<br />

westliches Bildthema ist, belegt den Ursprung<br />

in der Kreuzfahrerzeit.<br />

Besonders eindrucksvoll ist aber bis<br />

heute das von den Kreuzfahrern vollständig<br />

neu gestaltete Portal. Es erweckt<br />

zum einen – sicher bewusst – den Eindruck<br />

hohen Alters. Dazu tragen die antiken<br />

Säulen bei und die kunstvollen umlaufenden<br />

Gesimse, die (ähnlich wie in<br />

romanischen Bauten der Provence) von<br />

römischen Bauwerken inspiriert sind. In<br />

den Tympanonfeldern waren ursprünglich<br />

ebenfalls Mosaiken angebracht<br />

© Jürgen Krüger, nach Vorlage Corbo<br />

42<br />

welt und umwelt der bibel 1/20<strong>19</strong>

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