Berliner Kurier 05.02.2019
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HINTERGRUND<br />
Ernährung nach<br />
Mode-Diktat<br />
Mode war lange Zeit<br />
nur eine Frage der<br />
Kleidung. Doch heute<br />
ist sogar die Ernähdem<br />
Diktat der<br />
rung Mode<br />
unterworfen.<br />
Dasbirgt Gefahren.<br />
Denn was als<br />
cool gilt, muss<br />
noch lange nicht<br />
gesund sein. Der<br />
aktuelle Trend<br />
zur glutenfreier<br />
Ernährung ist<br />
ein Beispiel dafür.<br />
Experten<br />
warnen jetzt ein-<br />
davor, sich<br />
dringlich<br />
ohne Not glutenfrei<br />
zu ernähren.<br />
Glutenfreies Brot<br />
sieht genausoaus<br />
wie herkömmliches<br />
Brot, ist aber viel<br />
teurer. Auch Miley<br />
Cyrus (li.) schwört<br />
auf glutenfreie Kost.<br />
Gluten<br />
Der teure<br />
Irrtum<br />
Fotos: dpa, Gudath, Dr. Schär/zVg<br />
Immer mehr Menschen kaufen sich Lebensmittel<br />
ohne Klebereiweiß und schaden sich dabei selbst<br />
Von<br />
MIKE WILMS<br />
Die Gesundheitist ein<br />
hohes Gut. Das<br />
weiß jeder, und dessich<br />
im-<br />
halb wollen<br />
mer mehr Menschen gesund<br />
ernähren. Doch bei all den<br />
Food-Trends von Rohkost bis<br />
„Low carb“ (kohlenhydratarm)<br />
blickt keiner mehr durch. Vor<br />
allem der jüngste Trendzuglu-<br />
dem auch<br />
tenfreier Ernährung,<br />
Promis wie Miley Cyrus (26)<br />
hinterherlaufen, wirft Fragen<br />
auf: Bringt der Kauf teurer Le-<br />
Klebereiweiß wirklich etwas –<br />
bensmittel ohne sogenanntes<br />
oder schadet Gluten-Verzicht<br />
am Ende der Gesundheit? Eine<br />
Studie räumt mit Irrtümern auf.<br />
Schon jeder fünfte<br />
Deutsche<br />
(18,2 Prozent) ernährtsich ganz<br />
oder teilweise glutenfrei. Das<br />
ermittelte das Forschungsinstitut<br />
Insa consulere im Auftrag<br />
des rbb-Verbrauchermagazins<br />
„Supermarkt“. Demnach haben<br />
3,4 Prozent der 1026 Befragten<br />
ihren Speiseplan komplett auf<br />
glutenfrei umgestellt. Weitere<br />
14,8 Prozent folgen dem Trend<br />
zumindest nach Kräften.<br />
Damit verbunden ist ein großer<br />
Verzicht auf dem Speiseplan,<br />
denn Gluten (Klebereiweiß)<br />
steckt in den meisten Getreidesorten.<br />
Es kommt in Weizen,<br />
Roggen, Gerste, Grünkern,<br />
Hafer, Dinkel, Kamut und Einkorn<br />
vor. Entsprechend ist es in<br />
Teigwaren wie Brot, Pizza, Nudeln,<br />
Kuchen, Torten und Keksen<br />
vorhanden. Sogar Fisch enthält<br />
Gluten, wenn er etwa paniert<br />
oder hochverarbeitet ist.<br />
Aber macht der ganze Verzicht<br />
überhaupt Sinn? Was soll<br />
an dieser Ernährung eigentlich<br />
gesund sein? Es gibt Allergiker,<br />
die an Glutenunverträglichkeit<br />
(„Zöliakie“) leiden. Sie müssen<br />
das Klebereiweiß aus medizinischen<br />
Gründen selbst in kleinsten<br />
Mengen meiden. Sonst bekommen<br />
sie Bauchschmerzen,<br />
Durchfall, Kopfschmerzen und<br />
andere Beschwerden. Doch<br />
laut Deutscher Zöliakiegesellschaft<br />
leidet nicht mal ein Prozent<br />
der Deutschen unter einer<br />
Gluten-Unverträglichkeit. Das<br />
heißt: Legt man die Erkenntnisse<br />
der rbb-Studie zugrunde,<br />
kaufen fast 20-mal mehr Menschen<br />
glutenfreie Lebensmittel<br />
als es Zöliakie-Patienten gibt.<br />
Die Gründe, weshalb immer<br />
mehr Gesunde auf Gluten verzichten,<br />
sind vielfältig. US-Promis<br />
wie Hollywood-Star Gwyneth<br />
Paltrow oder die Sängerinnen<br />
Miley Cyrus und Lady Gaga