Unterwegs
Ausgabe 11/Februar 2019
Ausgabe 11/Februar 2019
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Orden<br />
Franziskanisch<br />
Ein Wort zuvor<br />
Franziskanisches ABC<br />
In der Serie „Franziskanisches ABC“ gehen wir Begriffen auf den Grund, die mit der franziskanischen<br />
Spiritualität und mit unserer Identität als Franziskanerinnen v.d.U.E. zu tun haben.<br />
Verkündige! Schreibe das Evangelium fort!<br />
Am letzten Sonntag im Jänner wurde in den Gottesdiensten<br />
eine Schriftstelle aus dem Lukas-Evangelium<br />
vorgetragen. Die Stelle war mir Impuls, über<br />
aktuelle lebendige Verkündigung nachzusinnen:<br />
„Schon viele haben es unternommen, eine<br />
Erzählung für die Ereignisse abzufassen, die<br />
sich erfüllt haben… nun habe auch ich mich<br />
entschlossen, … es für dich, hochverehrter<br />
Theophilus … aufzuschreiben. So kannst du dich<br />
von der Zuverlässigkeit der Lehre überzeugen, in<br />
der du unterwiesen wurdest …“ (aus Lk 1,1-4)<br />
Das Evangelium fortzuschreiben bedeutet mehr, als<br />
geschriebenes Wort oder eine Lehre zu verkünden.<br />
Der Buchstabe allein hilft noch nicht zum Glauben.<br />
Wir können glauben, weil wir in den Ereignissen unseres<br />
Lebens das Wirken Gottes erfahren und weil<br />
gläubige Menschen uns das Wirken Gottes im Heute<br />
bezeugen und uns Augen und Herz dafür öffnen.<br />
Die Botschaft, dass Gott uns liebt, muss im Blick<br />
auf den konkreten Menschen, aus der konkreten<br />
Erfahrung des Lebens in die aktuelle Zeit hinein aktualisiert<br />
und so mit dem Leben verkündet werden.<br />
So wird das Evangelium fortgeschrieben durch das<br />
Leben.<br />
Darin sehe ich auch unseren Auftrag als bekennende<br />
Christen und unseren Auftrag in unseren Kindergärten<br />
und Schulen: Das Evangelium fortschreiben!<br />
… damit sich (junge) Menschen von der Zuverlässigkeit<br />
der christlichen Botschaft überzeugen können.<br />
In unseren Einrichtungen können wir das Evangelium<br />
Jesu Christi nur durch unser Lebenszeugnis,<br />
durch das persönliche Christusbekenntnis lebendig<br />
halten. Dabei wird das je eigene Erleben und Glauben<br />
immer Rahmen und Inhalt bilden, der Botschaft<br />
Sr. Sonja Dolesch<br />
Provinzoberin<br />
eine persönliche Note geben und mitklingen. Das<br />
Zeugnis ist eingebettet in unseren Alltag, in das Gewöhnliche<br />
und Konkrete unserer Lebensgestaltung,<br />
in unsere Begegnungen und Gespräche, in unser<br />
Denken und Handeln. Das Evangelium, das wir fortschreiben,<br />
kann Klarheit und Hoffnung in schwierige<br />
Herausforderungen bringen, Dankbarkeit und<br />
Freude in scheinbare Selbstverständlichkeiten.<br />
Die biblischen Zeugnisse sind aus ihrer Zeit heraus<br />
erwachsen und unbestritten zeitlos kostbar geworden.<br />
Das Zeugnis, das wir geben, ist auch ein kostbarer<br />
Schatz, den wir teilen oder einfach anbieten.<br />
Unser Leben ist immer ein Zeugnis von jener Mitte,<br />
aus der wir uns prägen lassen und die uns trägt.<br />
Erinnern wir uns an den Auftrag, den wir als katholische<br />
Schulen und Bildungseinrichtungen übernommen<br />
haben:<br />
„Was sie (die katholische Schule) kennzeichnet,<br />
ist ihr Bezug auf eine wahrhaft christliche Weltanschauung,<br />
deren Mittelpunkt Jesus Christus ist.“<br />
(Aus: Die katholische Schule. Pkt. 33, Kongregation für das<br />
katholische Bildungswesen 1977)<br />
Mit unseren unterschiedlichen Begabungen und<br />
Aufgaben erfüllen wir diesen Auftrag gemäß dem<br />
Apostel Paulus, der die Kirche mit einem Leib aus<br />
unterschiedlichen Gliedern vergleicht bzw. die unterschiedlichen<br />
Geistesgaben unter dem Geist Gottes<br />
geeint sieht.<br />
Sr. Sonja Dolesch<br />
Provinzoberin<br />
B wie Buße<br />
„So hat der Herr mir, dem Bruder Franziskus, gegeben,<br />
das Leben der Buße zu beginnen“ – so fasst<br />
Franziskus in seinem Testament sein Lebensideal<br />
zusammen.<br />
Als die ersten Brüder auf ihren Predigtzügen gefragt<br />
wurden, wer und was sie seien, antworteten<br />
sie schlicht und einfach: „Büßer aus der Stadt Assisi“<br />
(Dreigefährtenlegende 37).<br />
Nach dem Evangelium leben bedeutet für Franziskus,<br />
„im wahren Glauben und in der Buße ausharren“<br />
(Nichtbullierte Regel 23,7). Alle Menschen<br />
lädt er zu dieser existentiellen und immer wieder<br />
neu einzuübenden Grundhaltung Gott und den<br />
Menschen gegenüber ein. Das Mittel, das er für<br />
seine Verkündigung wählt, ist der Bußruf („exhortation“).<br />
Dieser konnte auch von Laien vollzogen<br />
werden und ist von der Bußpredigt („praedicatio“)<br />
zu unterscheiden, die als Verkündigung der kirchlichen<br />
Lehre den Amtsträgern (Bischöfen, Priestern<br />
und Diakonen) vorbehalten war. Der Bußruf war<br />
volkstümlich auf das praktische Leben ausgerichtet,<br />
fand auf Straßen und Plätzen statt, entsprang<br />
spontan dem Herzen und nahm oft die Form eines<br />
Liedes an.<br />
Leider hat das Wort „Buße“ im heutigen Sprachgebrauch<br />
eine etwas eingeengte Bedeutung. Sobald<br />
von „Buße“ die Rede ist, denkt man an Fasten und<br />
Askese. Der hl. Franziskus hat die äußere Abtötung<br />
auch gelebt, aber unter „Buße“ verstand er<br />
primär keine religiöse Leistung, sondern etwas im<br />
Sinne der biblischen metánoia. Dieses griechische<br />
Wort für Buße kann man am besten mit Umdenken,<br />
Sinnes- und Verhaltensänderung, wiedergeben.<br />
Der Akzent liegt nicht auf dem Vermeiden eines<br />
Fehlers. Es geht vielmehr darum, sich selbst zu<br />
ändern. Jesus will, dass wir unseren Sinn ändern,<br />
dass wir umdenken und uns umkehren zu Gott, der<br />
uns in seiner Barmherzigkeit entgegenkommt: „Die<br />
Zeit ist erfüllt, das Reich Gottes ist nahe. Kehrt um<br />
und glaubt an das Evangelium!“ (Mk 1, 15).<br />
Dieses Umdenken, das sich an der Lebensgestalt<br />
Christi orientiert, gestaltete Franziskus Zeit seines<br />
Lebens entschieden und konsequent. Die Hoffnung,<br />
immer wieder einen neuen Anfang setzen zu<br />
können, prägt sein Leben. „Brüder, lasst uns anfangen,<br />
Gott dem Herrn zu dienen! Denn bis jetzt<br />
haben wir kaum oder auch gar keinen Fortschritt<br />
gemacht“ – so ruft er noch kurz vor seinem Sterben<br />
aus (Celano, Erste Lebensbeschreibung 103).<br />
Auch im 23. Kapitel der Nichtbullierten Regel<br />
spricht Franziskus von dieser radikalen Hinwendung<br />
zu Gott: „Nichts anderes wollen wir darum<br />
ersehnen, nichts anderes soll uns gefallen und erfreuen<br />
als unser Schöpfer und Erlöser und Retter,<br />
der alleinige wahre Gott,<br />
der ist die Fülle des Guten,<br />
alles Gute, das gesamte<br />
Gute, das wahre<br />
und höchste Gut…“<br />
Möge die bevorstehende<br />
Fastenzeit unseren<br />
Blick auf das Gute,<br />
Schöne und Kleine vertiefen,<br />
um freier auf Gott<br />
und die Menschen zugehen<br />
zu können. Das<br />
ist Buße wie es Franziskus<br />
verstanden und geliebt<br />
hat.<br />
Sr. Vera Ronai<br />
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