der-Bergische-Unternehmer_0219
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IM FOKUS UNTER UNS<br />
Mehr Zeit für Großbritannien<br />
Jürgen Hardt, bundestagsabgeordneter für Remscheid, Solingen und Wuppertal II und aussenpolitischer<br />
Sprecher <strong>der</strong> CDU/CSU-Bundestagsfraktion sprach mit unserer Redaktion über den Brexit und<br />
die Folgen des Handelsstreits zwischen den USA und China.<br />
Herr Hardt, wagen Sie bitte eine Prognose: Ist<br />
Großbritannien am 29. März noch Mitglied <strong>der</strong><br />
EU?<br />
Ich bleibe bei meiner These, dass <strong>der</strong> Brexit am<br />
Ende doch nicht stattfinden wird. Von Anfang an<br />
war die Kluft zwischen den unrealistischen Träumen<br />
<strong>der</strong> Brexit-Unterstützer und den realen Möglichkeiten<br />
eines Exit-Deals unüberbrückbar. Ich<br />
habe vor zwei Jahren eingeschätzt, dass das Unterhaus<br />
deshalb alles, was an Brexit-Deal realistisch<br />
möglich ist, ablehnen wird. Die einzige<br />
Chance für Theresa May, politisch zu überleben,<br />
wäre gewesen, einen Ausstieg aus diesem unsinnigen<br />
Brexit-Projekt zu organisieren. Dafür fehlte<br />
<strong>der</strong> Mut. Jetzt stehen wir an einem Punkt, an dem<br />
Unterhaus und Regierung gleichermaßen ratlos<br />
sind.<br />
Die Auswirkungen eines unkontrollierten Brexits<br />
hätten auch für die deutsche Wirtschaft<br />
immense Folgen. Immerhin ist Großbritannien<br />
<strong>der</strong> fünfgrößte Exportmarkt Deutschlands. Wären<br />
hier bilaterale Vereinbarungen zwischen<br />
beiden Län<strong>der</strong>n nicht hilfreich?<br />
Das Beispiel unseres <strong>Bergische</strong>n Landes zeigt,<br />
wie überflüssig und schädlich <strong>der</strong> Austritt Großbritanniens<br />
aus <strong>der</strong> EU für alle Beteiligten ist.<br />
Immerhin gehen etwa 7,5 Prozent aller deutschen<br />
Warenausfuhren nach Großbritannien. Damit ist<br />
das Land hinter den USA und Frankreich <strong>der</strong><br />
drittwichtigste Exportmarkt für Deutschland.<br />
Nach einem dennoch möglichen Austritt käme es<br />
darauf an, rasch ein umfassendes Freihandelsabkommen<br />
<strong>der</strong> EU-27 mit Großbritannien zu schließen.<br />
Es ist ein wesentliches Merkmal <strong>der</strong> Europäischen<br />
Union, dass sie nur als Ganzes<br />
Handels-Vereinbarungen mit Drittlän<strong>der</strong>n schließen<br />
kann.<br />
Ihre Kollegin Andrea Nahles warnt vor herben<br />
Rückschlägen für Arbeitnehmer im Falle eines<br />
harten Brexits aus <strong>der</strong> Union. Immerhin hängen<br />
hierzulande mehr als 750.000 Arbeitsplätze<br />
vom Export mit Großbritannien ab. Auch in<br />
Ihrem bergischen Wahlkreis, wo zahlreiche<br />
Autozulieferer ansässig sind, wären vielen<br />
Menschen betroffen. Welche Gegenmaßnahmen<br />
könnte die Politik ergreifen?<br />
Eine letzte Chance für die Vermeidung eines harten<br />
Brexit besteht. Wenn aber Großbritannien<br />
doch am Plan eines Austritts festhält, wären jetzt<br />
verbindliche Absprachen zwischen <strong>der</strong> EU und<br />
Großbritannien über den Charakter <strong>der</strong> zukünftigen<br />
Beziehungen notwendig. Die würden es dem<br />
Unterhaus vielleicht erlauben, dem Austritts-Abkommen<br />
nachträglich doch noch zuzustimmen.<br />
Die Zeit, die Großbritannien braucht, um das zu<br />
organisieren, sollten wir dem Land durch Verlängerung<br />
<strong>der</strong> Frist geben.<br />
Eine an<strong>der</strong>e große Baustelle, die für die Weltwirtschaft<br />
ein hohes Risiko birgt, ist <strong>der</strong> Handelskrieg<br />
zwischen den USA und China. Hat<br />
Europa die Möglichkeit, hier regelnd mit vernünftigen<br />
Argumenten einzugreifen?<br />
Immerhin ist es <strong>der</strong> EU durch geschlossenes Auftreten<br />
gelungen, noch drastischere Maßnahmen<br />
des US-Präsidenten gegen Europa erst einmal zu<br />
verhin<strong>der</strong>n. Handelskrieg mit einem wichtigen<br />
Verbündeten ist eben auch in Amerika nicht beson<strong>der</strong>s<br />
populär. Das Beispiel des Handelsstreits<br />
zeigt aber auch, wie sehr das internationale Ordnungssystem<br />
insgesamt unter Druck ist. Der US-<br />
Präsident braucht die Legende, dass alles<br />
Schlechte für die USA von außen kommt, um seine<br />
in globalen Fragen oft ahnungslosen Unterstützer<br />
bei <strong>der</strong> Stange zu halten. So gerät auch die<br />
freie, offene und regelbasierte Handelsarchitektur,<br />
die uns auf beiden Seiten des Atlantiks großen<br />
Wohlstand und große Innovationskraft gebracht<br />
hat, immer mehr unter Druck. Die Erhaltung des<br />
Systems des Freihandels wird eine <strong>der</strong> wichtigsten<br />
Aufgaben <strong>der</strong> zweijährigen Mitgliedschaft<br />
Deutschlands im Sicherheitsrat <strong>der</strong> Vereinten Nationen<br />
sein. Wir müssen das wirtschaftliche und<br />
politische Gewicht Deutschlands voll einbringen.<br />
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