2019_07
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Dorfspiegel Dietlikon<br />
Dorfspiegel Dietlikon<br />
Kurier Nr. 7 14.2.<strong>2019</strong> 7<br />
Lange Reise: Mit ihrem ungewöhnlichen Gefährt schafften es die Dietliker Ursula und Ernst Kuhn in die Lokalzeitungen. (Fotos zvg)<br />
Vortragabend<br />
mit Ursy und Ernst Kuhn<br />
Montag, 25. Februar, 19 Uhr<br />
im Ref. Kirchgemeindehaus<br />
Dietlikon, anschliessend Apéro<br />
Reise zur Dampfmaschinen-Ausstellung in Dorset<br />
Mit dem Traktor nach England<br />
Ein Traum des Dietlikers Ernst Kuhn geht in Erfüllung, schon lange<br />
hatte er diesen Gedanken: Mit dem «Hürlimann Traktor» von Dietlikon<br />
nach England zu reisen. Er erinnert sich.<br />
Nach vielen Vorbereitungen wurde<br />
ein kleiner Wagen gebaut, in dem<br />
man darin schlafen konnte. Für seine<br />
Frau Ursula wurde ein spezieller<br />
Sitz am Traktor montiert, mit Stossdämpfer.<br />
Liebevoll nennt Ernst<br />
Kuhn ihn den «Navigator». Die<br />
Reiserouten auf Landstrassen wurden<br />
geplant, Fähren gebucht und<br />
vieles mehr.<br />
Diese Reise wird ungefähr 3 Monate<br />
dauern, das wusste Ernst Kuhn.<br />
Seinen Freunden sagte er: «Wir<br />
kommen wieder, wenn die Schatten<br />
länger werden und die Äpfel reif<br />
sind im Herbst.»<br />
Am Montag, den 16. Juli um 8 Uhr<br />
ist es soweit, alles steht fest und es<br />
kann losgehen. Was für eine grosse<br />
Überraschung am Morgen, so viele<br />
Leute, Freunde, Kollegen und Nachbarn<br />
stehen da, um «auf Wiedersehen<br />
und gute Reise» zu wünschen.<br />
Abfahrt bei Sonnenschein<br />
Mit der Sonne im Gepäck startet<br />
unser Abenteuer. Bei La Brévine<br />
verlassen wir die Schweiz, Richtung<br />
Pontarlier, dann kommen wir<br />
durch die wunderbare Weingegend.<br />
Dole, Beaune, auf der «Route des<br />
Grand Crus de Bourgogne» fahren<br />
wir vorbei bei Auvillars sur Saone<br />
bis nach Nuite-de St. Georges. Ein<br />
heftiges Gewitter erwartet uns in<br />
dieser Gegend, am anderen Morgen<br />
wieder heiterer Sonnenschein.<br />
Weiter geht es nach Antheuil beim<br />
Canal de Bourgogne, bei Saulieu<br />
durchqueren wir den grossen Nationalpark<br />
Morvan. Bald erreichten<br />
wir das schöne Städtchen Vézaley<br />
auf einem Hügel, wunderbar gelegen.<br />
Danach das Dorf Coulanges<br />
sur Yonne am Canal de Yonne, umgeben<br />
von vielen Schlössern, etwa<br />
dem Chateau Saint-Fargeau, Chatel<br />
Censoir, das Schloss in Guedelon,<br />
das noch mit altem Werkzeug sowie<br />
in früheren Zeiten wieder aufgebaut<br />
wird. Es ist ganz speziell.<br />
Weiter geht es nach Sully-sur-Loire,<br />
später zum Chateau de Chamerolles<br />
mit einem wunderschönen Parfüm-<br />
Museum.<br />
Dem Wasser entlang<br />
Weiter geht es nach Eclueses, wo<br />
drei Flüsse zusammen kommen.<br />
Hier sehen wir, wie ein altes Transport-Schiff<br />
rekonstruiert wird, die<br />
«Belle de Grignon» am Canal<br />
d’Orleans. Früher zogen Mensch<br />
und Tier solche Schiffe auf den Kanälen.<br />
Nach zehn Jahren Arbeit ist<br />
sie nun eingewässert, eine tolle Attraktion.<br />
Durch wunderbare Eichenwälder<br />
erreichen wir Bellegarde. Wir<br />
durchqueren bei der grössten Hitze<br />
die grosse Kornkammer von Frankreich:<br />
Grosse Felder, soweit das<br />
Auge reicht, teilweise können wir<br />
nur am Morgen fahren, da es zu<br />
heiss ist für uns und den Traktor.<br />
Jeden Tag wird der Traktor gepflegt,<br />
damit er alles mitmacht.<br />
Wir sind froh Bonneval erreicht zu<br />
haben, ein sehr schönes Städtchen<br />
mit einem Wassergraben rundherum,<br />
weiter nach Longny au Perche durch<br />
die kühlen Wälder von Carrouge.<br />
Nach 15 Tagen sehen wir das Meer<br />
bei Brehal, an der Küste von St.<br />
Michel, was für eine Leistung für<br />
uns und unseren Traktor!<br />
Nun führt uns der Weg an der wunderschönen<br />
Küste entlang bis nach<br />
Cherbourg. Wir geniessen die kleinen<br />
Dörfer mit der wunderbaren<br />
Meersicht und die gute Küche,<br />
Ernst mag natürlich Muscheln und<br />
verschiedene Meeresfrüchte.<br />
Die Lokalzeitungen<br />
berichten über die Reisenden<br />
Teilweise werden wir in den lokalen<br />
Zeitungen erwähnt. Als wir einmal<br />
etwas trinken wollen, sagen<br />
alle im Lokal: «Wir kennen euch,<br />
wir haben euch in der Zeitung gesehen.»<br />
Vor der Überfahrt nach<br />
England konnten wir noch die Normandie<br />
bis Utah Beach besuchen.<br />
Pünktlich, am 15. August, nehmen<br />
wir die Fähre von Cherbourg nach<br />
Pool in England. Es gibt<br />
lustige Episoden, bis unser<br />
Gefährt zwischen<br />
den Lastwagen platziert<br />
ist. Viele Gespräche ergeben<br />
sich, im Stil von<br />
«was macht ihr hier?<br />
Wohin geht die Reise?».<br />
Nun, in England die<br />
grosse Herausforderung:<br />
linksfahren! Da wir am Abend ankommen,<br />
haben wir ein Hotel in<br />
der Nähe des Hafens gebucht. Es<br />
ist ein richtiges Pub mit Billard-<br />
Tisch und ein wohlverdientem<br />
Guiness. Ja, wir sind so richtig in<br />
England angekommen.<br />
Wir besuchen zuerst den Nationalpark<br />
New Forest, wo Tiere frei herum<br />
laufen, das heisst, immer gut<br />
aufpassen auf den Strassen. Wir<br />
schauen uns das Motorrad-Museum<br />
Sammy Miller in New Milton<br />
an. Da kommt Sammy Miller und<br />
sagt, wir müssten mit dem Traktor<br />
ins Museumareal rein fahren, er<br />
wolle Fotos machen. Kaffee und<br />
Kuchen werden uns offeriert. Wir<br />
sind die Attraktion, es ist einmalig.<br />
Wir besuchten auch das Englische<br />
National Motoren und Automuseum<br />
in Beaulieu. Dann geht es<br />
weiter durch wunderschöne Englische<br />
Landschaften Richtung<br />
Fordingbridge, Shaftesburry bis<br />
nach Dorset.<br />
Auf zum Dampftreffen<br />
Vieles ist schon im Gange für das<br />
grosse Dampftreffen. Nach einigen<br />
Abklärungen mit dem Veranstalter<br />
haben wir das grosse Glück und<br />
dürfen direkt in die Ausstellung hinein<br />
fahren. Das ist ganz toll für<br />
uns: So können wir von Morgen bis<br />
am Abend spät alles ansehen und<br />
geniessen.<br />
Zum 50. Jubiläum kommen 550<br />
Exponate von dampfbetriebenen<br />
In der Nacht wurde<br />
in England sogar für<br />
die Dampfmaschinen<br />
teilweise die<br />
Autobahn gesperrt.<br />
Maschinen. 300 Hektaren wurden<br />
gebraucht für diese einmalige Ausstellung.<br />
Nochmals 300 Hektaren<br />
braucht man als Camping Side für<br />
die vielen Besucher.<br />
Speziell für dieses Jubiläum kommen<br />
einige Dampf-Maschinen von<br />
New Seeland, Kanada, Irland,<br />
Schottland, Wales und England. In<br />
der Nacht wird sogar teilweise die<br />
Autobahn gesperrt, damit diese<br />
grossen Kolosse keine Umwege<br />
fahren müssen.<br />
Jeweils am Morgen liefert man<br />
Kohle, um die Maschinen anzufeu-<br />
ern und somit Dampf zu produzieren<br />
für alles: Dampfautos, Lastwagen,<br />
Traktore, Walzen, Busse und<br />
Lokomobile, die dann mit Dampf<br />
alte Orgeln und alte Pferdereitschulen,<br />
Dreschmaschinen, alte Sägemaschinen,<br />
auch um Strom zu erzeugen<br />
für Beleuchtungen – alles<br />
ist dampfbetrieben.<br />
Wir treffen auch unsere Kollegen,<br />
welche mit den Zysett-Reisebussen<br />
speziell zu diesem Event angereist<br />
sind. Was für ein Wiedersehen im<br />
fernen England!<br />
Nach dieser extravaganten Woche<br />
und den vielen Eindrücken fahren<br />
wir weiter nach Bournemouth, wo<br />
am Wochenende das Air Festival<br />
stattfindet, auch ein tolles Ereignis.<br />
Alles ist in der Luft: Wir sehen die<br />
Red Arrows, das Breitling Team<br />
sowie RAF Battle of Britain, RAF<br />
Chinook und viele mehr.<br />
Der grosse Traum geht in Erfüllung<br />
Nun müssen wir aber langsam weiter<br />
nach Lymington. Am 2. September<br />
wartet dort die Fähre nach<br />
Isle of Wight, eine wunderschöne<br />
Insel. Der Küste entlang fahren wir<br />
um die ganze Insel. Höhepunkt ist<br />
der Besuch einer Perlenfabrik. Jetzt<br />
heisst es aber, weiter mit der Fähre<br />
nach Portsmouth: eine sehr grosse<br />
Stadt mit noch viel grösseren Strassen.<br />
Wir haben alle Hände voll zu<br />
tun. Die Brittany Ferries bringt uns<br />
wieder nach Cane in Frankreich.<br />
In Cane hatten uns die vielen Stacheldrähte<br />
und Emigranten etwas<br />
verwirrt. Sofort verlassen wir diese<br />
Gegend. Entlang der Küste fahren<br />
wir Richtung Honfleur. Wir geniessen<br />
die schönen Dörfer, tollen<br />
Sandstrände voller Muscheln und<br />
die guten Meeresfrüchte in den<br />
kleinen Bistros.<br />
Bei Honfleur verlassen wir das<br />
Meer. Der Saine entlang geht es<br />
Richtung Lyons-la-Foret, Gisors,<br />
L’isle Adam. Das Wetter zeigt sich<br />
immer von seiner besten Seite. Unterwegs<br />
gibt es immer wieder tolle<br />
Begegnungen und Gespräche mit<br />
den Passanten. Im Calvados Gebiet<br />
hielt uns ein Bauer an, er offerierte<br />
uns ein Gläschen, für die Frauen nur<br />
einen getränkten Würfelzucker,<br />
vom feinen Calvados.<br />
Später, im Champagner Gebiet, sind<br />
alle am Trauben ablesen, ein sehr<br />
guter Jahrgang dieses Jahr. Der Weg<br />
führt uns weiter an durstigen Feldern<br />
vorbei. Jetzt sieht man, was<br />
diese Hitze angerichtet hat, eine<br />
grosse Dürre. Es gibt keinen grünen<br />
Halm mehr. Die Kühe müssen mit<br />
dem Winterfutter nachgefüttert werden.<br />
Alles sieht trostlos aus.<br />
Hoffen auf eine Tankstelle<br />
Auf den Landstrassen fahren wir<br />
über viele Hügel. Plötzlich sagt<br />
Ernst: «Jetzt muss eine Tankstelle<br />
kommen.» Ja, sie kommt auch, aber<br />
leider auf der Autobahn! Mit dem<br />
letzten Diesel müssen wir weiter bis<br />
Langres. Endlich, die Tankstelle, es<br />
war höchste Zeit! Langres ist ein<br />
wunderschönes Städtchen auf einem<br />
Hügel. Wir bleiben dort zwei Tage,<br />
treffen hier auch unsere Freunde.<br />
Noch brauchen wir etwas Zeit bis<br />
nach Hause. An schönen Gegenden<br />
vorbei erreichen wir bei Damvant<br />
die Heimat. Als grosse Überraschung,<br />
wir könnnen es kaum glauben,<br />
kommen unsere Freunde bis<br />
an die Schweizergrenze, um uns zu<br />
begrüssen. Was für ein tolle Idee,<br />
ein grosses Wiedersehen!<br />
Am nächsten Morgen verabschieden<br />
wir uns. Dann setzen wir unsere<br />
Heimreise fort, Richtung Porrentruy<br />
– Lucelle – Laufen Grellingen<br />
– Waldenburg – Hauenstein, durch<br />
die Teufelsschlucht, am Abend kamen<br />
wir nach Aarburg, unser letzter<br />
Halt auf dem Campingplatz.<br />
Hier erwartet uns nochmals eine<br />
grosse Überraschung: Trotz Sturmwarnung<br />
kommt mein Bruder mit<br />
der Schwägerin bis nach Aarburg.<br />
Bei einem guten Nachtessen gibt<br />
es viel zu erzählen. Dabei kommt<br />
der angesagte Sturm mit viel Wind<br />
und Regen. Das kann ja heiter<br />
werden diese Nacht in unserem<br />
Gefährt! Wir verabschieden uns<br />
und wünschen eine gute Heimfahrt.<br />
Am nächsten Morgen, das Wetter<br />
ist gut, nehmen wir die letzte Etappe<br />
in Angriff. Es ist schon etwas<br />
kühler. Gut, dass der Motor vom<br />
Traktor immer Wärme produziert.<br />
Gegen Abend sind wir wieder zu<br />
Hause. Was für eine Begrüssung.<br />
«Willkommen zu Hause» steht auf<br />
einem Transparent. Alle sind gekommen,<br />
um mit uns auf unsere<br />
Rückkehr anzustossen. Alles steht<br />
bereit für einen Apéro mit Speckzopf<br />
und Kuchen. Sogar ein herziges<br />
Körbchen steht da, mit feinen<br />
Sachen, unter anderem Servelas,<br />
für den Start zu Hause. Einmalig!<br />
Ernst und Ursula Kuhn, Dietlikon<br />
– Gesamte Strecke<br />
2500 Kilometer<br />
– Fahrzeit Hürlimann-Traktor<br />
200 Stunden<br />
– Bis wir das Meer erreichten<br />
15 Tage<br />
– Ganze Reise<br />
2,5 Monate