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Berliner Zeitung 19.02.2019

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4** <strong>Berliner</strong> <strong>Zeitung</strong> · N ummer 42 · D ienstag, 19. Februar 2019<br />

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Politik<br />

NACHRICHTEN<br />

Prozess gegen Petry: Anwalt<br />

bezweifelt Strafbarkeit<br />

Im Meineidprozess gegen die frühereAfD-Vorsitzende<br />

Frauke Petry<br />

hat deren Verteidiger bezweifelt,<br />

dass sich seine Mandantin strafbar<br />

gemacht hat. DieVereidigung von<br />

Petryvor dem betreffenden Landtagsausschuss<br />

sei aus rechtlichen<br />

Gründen „unzulässig“ gewesen,<br />

sagte ihr Anwalt Carsten Brunzel am<br />

Montag zum Prozessauftakt vordem<br />

Landgericht Dresden. Eine Strafbarkeit<br />

der Angeklagten wegen Meineids<br />

sei damit „von vornherein ausgeschlossen“.<br />

Petryselbst äußerte<br />

sich zunächst nicht. (AFP)<br />

US-Senat geht angeblichem<br />

Komplott gegen Trump nach<br />

DerJustizausschuss des US-Senats<br />

will Aussagen nachgehen, wonach<br />

im US-Justizministerium 2017 über<br />

die Möglichkeit einer vorzeitigen Absetzung<br />

vonPräsident Donald<br />

Trump diskutiertwurde.Der Ausschussvorsitzende<br />

Lindsey Graham<br />

sagte dem US-Fernsehsender CBS<br />

am Sonntag (Ortszeit), es gebe Anschuldigungen,<br />

dass Vize-Justizminister<br />

RodRosenstein damals eine<br />

Artadministrativen Putschversuch<br />

geplant habe.Graham betonte,Rosenstein<br />

weise die Vorwürfe zurück.<br />

Daher wolle er eine Anhörung im Senat<br />

ansetzen, um herauszufinden,<br />

was wirklich passiertsei. (dpa)<br />

Verhinderter Abschiebeflug:<br />

Geldstrafe für Schwedin<br />

Elin Ersson hatte ihre Aktion via Facebook<br />

veröffentlicht.<br />

DPA/ADAM IHSE<br />

DieSchwedin Elin Ersson muss nach<br />

einer vonihr verhinderten Abschiebung<br />

eines Afghanen eine Geldstrafe<br />

vonumgerechnet 290 Euro bezahlen.<br />

Siewurde am Montag in Göteborg<br />

wegenVerstoßes gegen das schwedische<br />

Luftfahrtgesetz verurteilt. Die<br />

damals 21-Jährige hatte am 23. Juli<br />

2018 eine Passagiermaschine aufgehalten<br />

und die Aktion per Live-Video<br />

auf Facebook geteilt. In der Anklage<br />

wurde Ersson vorgeworfen, sich nicht<br />

an Anweisungen des Personals gehalten<br />

zu haben. (dpa)<br />

Sieben Labour-Abgeordnete<br />

verlassen Partei<br />

In Großbritannien sind sieben Abgeordnete<br />

aus der oppositionellen Labour-Partei<br />

ausgetreten. Siebegründeten<br />

ihren Schritt am Montag mit<br />

dem Umgang vonParteichef Jeremy<br />

Corbyn mit dem Brexit und mit Antisemitismus-Vorwürfen.<br />

DieAbgeordneten<br />

wollen im Unterhaus nun eine<br />

eigene Fraktion bilden. Siewarfen<br />

Corbyn zudem vor, die Partei zu weit<br />

nach links gerückt zu haben. (AFP)<br />

Bundespolizei kann künftig<br />

Bodycams nutzen<br />

DieBundespolizei kann mit dem Einsatz<br />

sogenannter Bodycams beginnen.<br />

DerPersonalrat im Bundesinnenministerium<br />

hat die dafür nötige<br />

Dienstvereinbarung am Freitag unterschrieben,<br />

wie ein Sprecher bestätigte.Zuvor<br />

hatte die Bild-<strong>Zeitung</strong><br />

darüber berichtet. MitamKörper getragenen<br />

Bodycams („Körperkameras“)<br />

können Polizeibeamte Einsätze<br />

in Bild und Tondokumentieren. Dies<br />

soll es ermöglichen, etwa im Nachhinein<br />

die Rechtmäßigkeit ihres Handelns<br />

zu überprüfen. (dpa)<br />

Vernichtendes Urteil<br />

Strafrechtsexperten beurteilen die Neufassung des Paragrafen 219a als teilweise verfassungswidrig<br />

VonChristine Dankbar<br />

Eigentlich ist die Sache schon<br />

gelaufen. Demnächst soll<br />

im Bundestag die Neuregelung<br />

des Schwangerschafts-<br />

Paragrafen 219a beschlossen werden.<br />

Vorgelegt wirdsie vonder großen Koalition<br />

aus Union und SPD,die Mehrheit<br />

ist also gesichert. Die Expertenanhörung<br />

des Rechtsausschusses des<br />

Bundestages zum Thema am Montagnachmittag<br />

ließ jedoch den Eindruck<br />

aufkommen, dass die Diskussion<br />

um das Abtreibungsrecht noch<br />

eine ganze Weile andauern könnte.<br />

Gut möglich, dass das Ganze erneut<br />

vor dem Bundesverfassungsgericht<br />

landet.<br />

So fällte ein Großteil der acht Expertinnen<br />

und Experten ein vernichtendes<br />

Urteil über die vorgelegte<br />

Neufassung. DieStrafrechtsexperten<br />

beurteilten den Gesetzentwurf als<br />

widersprüchlich und teilweise verfassungswidrig,<br />

die eingeladenen<br />

Ärzte wiederum kritisierten die<br />

mangelnde Rechtssicherheit.<br />

Aufgabe vonBeratungsstellen<br />

Klare Botschaft: Frauenprotest vor dem Bundestag.<br />

Das Gesetz: Paragraf 219a<br />

des Strafgesetzbuches regelt<br />

bisher,dass man –„seines<br />

Vermögensvorteils wegen<br />

oder in grob anstößiger<br />

Weise“ –öffentlich keine Abtreibungen<br />

anbieten darf.<br />

Ärzte konnten auf dieser<br />

Grundlageverurteilt werden,<br />

wenn sie auf ihrer Internetseite<br />

Schwangerschaftsabbrüche<br />

als Leistung nannten.<br />

DER UMSTRITTENE PARAGRAF 219A<br />

DerKompromiss: Das Werbeverbot<br />

bleibt, wird aberergänzt.<br />

Ärzteund Klinikendürfen<br />

informieren, dass sie Abtreibungen<br />

anbieten.Für weitergehende<br />

Informationen<br />

müssen sieauf Behörden<br />

und Beratungsstellenverweisen.<br />

DortsollenListen mit<br />

Ärztenund Krankenhäusern<br />

geführtwerden, an die sich<br />

Schwangerewenden können.<br />

Die Koalition: Die SPD<br />

wollte den Paragrafen komplett<br />

abschaffen, wie auch<br />

Grüne, Linkeund die FDP –<br />

die Union wollte das nicht.<br />

Am Freitag soll der Kompromiss<br />

im Bundestag verabschiedet<br />

werden. Könnten<br />

die Abgeordneten frei ohne<br />

Fraktionszwang entscheiden,<br />

gäbe es eine Mehrheit<br />

gegendie Union.<br />

Antisemitismus am Rande<br />

IMAGO<br />

In Paragraf 219a geht es nicht um<br />

den Schwangerschaftsabbruch an<br />

sich, sondernum„Werbung für den<br />

Abbruch der Schwangerschaft“.<br />

Aufgrund dieser Regelung sind in<br />

den vergangenen Jahren vielfach<br />

Frauenärztinnen und -ärzte vonsogenannten<br />

Lebensschützern angezeigt<br />

worden, wenn sie etwa auf ihren<br />

Webseiten Informationen darüber<br />

gaben, dass sie diese Leistung<br />

anbieten. So wurde die Gießener<br />

Ärztin Kristina Hänel mehrfach zu<br />

Geldstrafen verurteilt, weil sie auf<br />

ihrer Webseite angab, dass sie Abbrüche<br />

vornimmt. Wer seine Mailadresse<br />

hinterließ, konnte sich von<br />

ihr auch zum Verfahren informieren<br />

lassen. Damit hat sie sich strafbar<br />

gemacht.<br />

In der geplanten Neufassung des<br />

219a dürfte sie den ersten Hinweis<br />

künftig auf der Webseite stehen lassen,<br />

alle weitergehenden Informationen<br />

aber wären auch künftig Sache<br />

der anerkannten Beratungsstellen.<br />

Für den Hamburger Rechtsprofessor<br />

Reinhard Merkel ist das ein<br />

Unding. Seiner Meinung nach kann<br />

der Paragraf auch in seiner neuen<br />

Fassung keinen Bestand haben, da<br />

er Ärzte übermäßig mit Strafe bedroht.<br />

Eine Information, die straffrei<br />

von einer Beratungsstelle weitergegeben<br />

wird, könne nicht strafwürdig<br />

sein, wenn sie in gleicher<br />

Weise von einem Arzt vermittelt<br />

werde. Er könne sich nicht vorstellen,<br />

dass dies vor dem Bundesverfassungsgericht<br />

Bestand habe.<br />

Die Frauenärztin Nina Szász berichtete<br />

aus ihrer täglichen Praxis<br />

und schilderte, dass viele Frauen,<br />

die einen Schwangerschaftsabbruch<br />

erwägen, häufig von den Aktionen<br />

der sogenannten Lebensschützer<br />

traumatisiert würden. Das<br />

bestätigt auch der Frauenarzt Wolfgang<br />

Vorhoff aus Bad Aibling. Er<br />

selbst bietet keine Abbrüche an,<br />

sondernverweist betroffene Frauen<br />

an einen Kollegen in München.<br />

„Das ist sehr unschön, wenn die da<br />

durch ein Spalier von Demonstranten<br />

gehen müssen“, sagte er. Seiner<br />

Meinung nach seien die meisten<br />

Frauen sehr gutinformiert, weshalb<br />

er eine Neuregelung des Paragrafen<br />

219a eigentlich für unnötig hält. Zudem<br />

bezweifelt er den Nutzen der<br />

geplanten zentralen Liste der Bundesärztekammer,<br />

auf der Ärzte verzeichnet<br />

sein sollen, die Abbrüche<br />

anbieten. „Das wird nicht funktionieren,<br />

wenn die Meldung dafür<br />

freiwillig ist“, so Vorhoff.<br />

Rechtsunsicherheit beseitigen<br />

Die Minderheit der Experten, die<br />

sich mit der Neuregelung einverstanden<br />

erklärten, bildeten am Montag<br />

die Vertreterin vom Sozialdienst<br />

katholischer Frauen, Nadine<br />

Mersch, und der Rechtsprofessor<br />

Michael Kubiciel vonder Universität<br />

Augsburg. Mersch erklärte es für<br />

wichtig, dass der Paragraf 219a nicht<br />

aufgegeben werde, weil sonst die<br />

Auflagen des Bundesverfassungsgerichtes<br />

zum Lebensschutz unterlaufen<br />

würden. Kubiciel erklärte, dass<br />

der gefundene Koalitionskompromiss<br />

Rechtsunsicherheiten für die<br />

Ärzte beseitige und gleichzeitig für<br />

„eine einheitliche qualitativ hochwertige<br />

Information“ sorge.<br />

In wenigen Tagen wird sich zeigen,<br />

ob auch die Mehrheit der Bundestagsabgeordneten<br />

dieser Meinung<br />

ist. DemVernehmen nach soll<br />

es zumindest bei den SPD-Frauen<br />

ziemlich rumoren. Für die FDP kündigte<br />

der Abgeordnete StephanThomae<br />

am Montag an, dass man versuchen<br />

wolle, die notwendige qualifizierte<br />

Minderheit von 25Prozent im<br />

Parlament zusammenzubekommen,<br />

um beim Bundesverfassungsgericht<br />

eine Normenkontrollklage<br />

anzuregen.<br />

Christine Dankbar verfolgt<br />

die Diskussion über Abtreibung<br />

seit vielen Jahren.<br />

Bei einer „Gelbwesten“-Kundgebung in Paris wird der Philosoph Alain Finkielkraut judenfeindlich beschimpft<br />

VonBirgit Holzer,Paris<br />

Erhabe einen„absoluten Hass“ gespürt,<br />

sagte Alain Finkielkraut am<br />

Tagdanach und ohne den Schutz der<br />

Polizei hätten ihn seine Gegner wohl<br />

niedergeschlagen. Der französische<br />

Philosoph geriet am Sonnabendnachmittag<br />

in Paris ineine Kundgebung<br />

der „Gelbwesten“. Videoaufnahmen<br />

der Szene wurden ins Internet<br />

gestellt, in der mehrere Männer<br />

den 69-Jährigen wüst unter anderem<br />

als „dreckigen Scheiß-Zionisten“ beschimpften.<br />

„Frankreich gehörtuns“,<br />

brüllten einige. Seither ist die Empörung<br />

groß. Die Staatsanwaltschaft<br />

von Paris hat Vorermittlungen eingeleitet,<br />

einer der Haupttäter wurde bereits<br />

identifiziert. Er soll einer radikalislamischen<br />

Bewegung angehören.<br />

Finkielkraut selbst betonte,nicht alle<br />

Demonstranten seien aggressiv gewesen<br />

– einer bot ihm sogar eine<br />

gelbe Warnweste zum Schutz an.<br />

Als einer der wenigen französischen<br />

Intellektuellen hatte der Sohn<br />

polnisch-jüdischer Einwanderer,der<br />

dem linken Milieu angehört, die Protestbewegung<br />

vor allem zu Beginn<br />

unterstützt. Er bezahle jedoch für<br />

seine kontroversen Positionen zum<br />

Nahost-Konflikt, sagte Finkielkraut<br />

nun: „Das Problem der Juden heute<br />

ist, dass man sie Rassisten nennt,<br />

weil sie ein Gefühl der<br />

Solidarität mit Israel haben.“<br />

Präsident Emmanuel<br />

Macron schrieb<br />

auf Twitter, antisemiti-<br />

XXXXXXX<br />

testeder„Gelbwesten“, die ursprünglich<br />

für weniger Steuernund mehr soziale<br />

Gerechtigkeit kämpften, zu verbalen<br />

und tätlichen Ausfällen –gegen<br />

Abgeordnete, Polizisten, Journalisten<br />

und Juden. Laut Polizei wird die Bewegung<br />

von Ultrarechten<br />

und -linken unterwandert.<br />

Während sich<br />

nicht alleWortführer von<br />

der Gewalt distanzieren,<br />

demonstriert die Mehrheit<br />

friedlich.<br />

DerHistoriker Pierre<br />

Birnbaum warnte davor,<br />

die Bewegung pauschal<br />

als antisemitisch<br />

Alain Finkielkraut zu bezeichnen: „Sie<br />

wurde wüst beschimpft. schafft aber einen Kontext,<br />

der den Ausdruck<br />

eines tief verankerten Antisemitismus<br />

fördert.“ Viele sprächen dem<br />

Staat die Legitimität ab, da er als<br />

Staat der Reichen und der Elite<br />

wahrgenommen werde – und für<br />

manche damit der Juden. Doch antisemitische<br />

Graffitis am Rande einer<br />

Kundgebung machten aus dieser<br />

noch keine „antisemitische Be-<br />

sche Beleidigungen<br />

seien „die absolute Verneinung<br />

dessen, was<br />

wir sind und was aus<br />

uns eine große Nation<br />

macht“. 14 politische<br />

Parteien riefen für<br />

Dienstag zu einer Versammlung<br />

gegen Antisemitismus<br />

auf. Nicht eingeladen<br />

wurde Rechtspopulistin Marine Le<br />

Pen, die allerdings den Angriff auf<br />

Finkielkraut ebenfalls als „abscheulich<br />

und schockierend“ beklagte und<br />

die Schuld dafür bei den„antisemitischen<br />

Linksextremen“ suchte.<br />

Wiederholt kam es am Rande der<br />

seit drei Monaten andauernden Prowegung“,<br />

so Birnbaum. Vor wenigen<br />

Tagen wurden Kunstporträts<br />

der 2017 verstorbenen Ex-Ministerin<br />

Simone Veil, die als Jugendliche<br />

das Konzentrationslager Auschwitz-Birkenau<br />

überlebte, mit Hakenkreuzen<br />

übersprüht. An die Vitrine<br />

eines Bagel-Shops schmierten<br />

Unbekannte das Wort „Jude“ auf<br />

Deutsch. Gerade waren zum Gedenken<br />

an den 2006 grausam ermordeten<br />

Juden Ilan Halimi gepflanzte<br />

Bäume zerstörtworden.<br />

In diesem Klima fühlt sich die jüdische<br />

Gemeinschaft in Frankreich<br />

bedroht, die mit gut einer halben<br />

Million Mitgliederndie größte in Europa<br />

ist. Laut Innenministerium stiegen<br />

die antisemitischen Taten im<br />

vergangenen Jahr um 74 Prozentan–<br />

von 322 auf 541. Allerdings hatte es<br />

zuvor einen Rückgang gegeben,<br />

nachdem 2014 und 2015 sogar jeweils<br />

über 800 judenfeindliche Akte<br />

gezählt worden waren. Vorallem in<br />

dieser Zeit wanderten Tausende<br />

französische Juden nach Israel aus;<br />

zahlreiche kamen seither aber wieder<br />

zurück.<br />

Diäten steigen<br />

auf mehr als<br />

10 000 Euro<br />

Union, SPD und Grüne<br />

verteidigen Verfahren<br />

VonDaniela Vates<br />

Auch in diesem Jahr steigen die<br />

Diäten der Bundestagsabgeordneten.<br />

Ab 1. Juli bekommen die Parlamentarier<br />

voraussichtlich erstmals<br />

über 10 000 Euro im Monat, denn die<br />

Diäten der 709 Bundestagsabgeordneten<br />

werden um rund 300 Euro erhöht.<br />

Siesteigen vonbisher 9780,28<br />

Euro auf etwas über 10 000 Euro.<br />

Es bedarf dafür keines weiteren<br />

Beschlusses: Seit 2016 werden die<br />

Diäten der Bundestagsabgeordneten<br />

automatisch angepasst. Orientierung<br />

ist die Entwicklung des Nominallohns,die<br />

das Statistische Bundesamt<br />

errechnet: Steigt der Nominallohn,<br />

also die tatsächliche<br />

Lohnsumme, dann steigen die Diäten.<br />

Sinkt der Nominallohn, dann<br />

bekommen auch die Abgeordneten<br />

weniger.Stichtag ist der 1. Juli.<br />

2018 ist der Nominallohn in den<br />

ersten drei Quartalen um 2,93 Prozent<br />

gestiegen. Die Zahlen des vierten<br />

Quartals hat das Statistische<br />

Bundesamt noch nicht veröffentlicht.<br />

Eine Anhebung um 2,93 Prozent<br />

würde die Diäten auf 10 066,84<br />

Euro steigenlassen. DieBild-<strong>Zeitung</strong><br />

errechnete eine künftige Diätenhöhe<br />

von 10073,69 Euro und berief<br />

sich dabei auf vorläufige Zahlen der<br />

Lohnentwicklung für das Gesamtjahr<br />

2018. Der Pensionsanspruch<br />

von 2,5 Prozent der Diätenhöhe pro<br />

Mandatsjahr stiege entsprechend<br />

proMandatsjahr auf 251,84 Euro.<br />

Abgeordneten-Diäten<br />

Entwicklung in Euro<br />

10 000<br />

9000<br />

8000<br />

7000<br />

7339<br />

8252<br />

6000<br />

2008 '10 '12 '14 '16<br />

10 073*<br />

*geplant<br />

'19<br />

BLZ/HECHER; QUELLE: DEUTSCHER BUNDESTAG<br />

DenAutomatismushatte eine Expertenkommission<br />

unter der Leitung<br />

von Ex-Justizminister Edzard<br />

Schmidt-Jortzig (FDP) empfohlen,<br />

auch um demVorwurfdes„Selbstbedienungsparlaments“<br />

entgegenzutreten.<br />

Denn über Jahre hatten die<br />

Abgeordneten selbst über die Höhe<br />

ihrer Bezüge abgestimmt. 2016 trat<br />

der Automatismus erstmals in Kraft.<br />

Das Parlament stimmt nun am Anfang<br />

einer Wahlperiode ab – nicht<br />

über die konkrete Höhe, sondern<br />

über die Fortsetzung der automatischen<br />

Anpassung.<br />

DerBundder Steuerzahler (BdSt)<br />

kritisierte, die Abgeordneten versteckten<br />

sich hinter einem Automatismus.<br />

„Weil Abgeordnete für sich<br />

entscheiden müssen, sollten sie<br />

auch öffentlich Rechenschaft ablegen“,<br />

sagte Präsident Reiner Holznagel.<br />

Nötig sei die Rückkehr zu einem<br />

separaten Gesetzgebungsverfahren.<br />

CDU, SPD und Grüne verteidigten<br />

das Verfahren. „Dieser bewährte<br />

Mechanismus ist fair und transparent<br />

und basiertauf denEmpfehlungen<br />

einer unabhängigen Expertenkommission“,<br />

sagte Unions-Fraktionsgeschäftsführer<br />

Michael Grosse-<br />

Brömer. Britta Haßelmann (Grüne)<br />

sagte, die Kommission habe nachvollziehbare<br />

Kriterien für die Erhöhung<br />

der Diäten festgelegt. Carsten<br />

Schneider (SPD) sagte, durch die<br />

Kommission sei „die Festlegung der<br />

Diäten versachlicht“ worden.<br />

Zusätzlich zum Einkommen erhalten<br />

Abgeordnete eine steuerfreie<br />

Pauschalevon 4339,97 Euro im Monat<br />

vor allem für „mandatsbedingte<br />

Aufwendungen“ wie Bürokosten<br />

und eine Unterkunft in Berlin. Die<br />

Ausgaben nachweisen müssen sie<br />

nicht. Weitere20870 Euro gibt es für<br />

die Beschäftigung vonMitarbeitern.

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