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naturgucker Nr. 41

DAS MAGAZIN ZUR VOGEL- UND NATURBEOBACHTUNG Wir zeigen Ihnen die Natur von ihrer schönsten Seite! Blättern Sie durch unser aktuelles Heft, und werfen Sie einen Blick auf die Vielfalt, die Sie umgibt. Alle zwei Monate finden Sie bei uns packende Fotos, Reportagen und Berichte über Vögel, seltene Pflanzen, Amphibien, Reptilien, Säugetiere oder Insekten wie Libellen und Schmetterlinge.

DAS MAGAZIN ZUR VOGEL- UND NATURBEOBACHTUNG
Wir zeigen Ihnen die Natur von ihrer schönsten Seite! Blättern Sie durch unser aktuelles Heft, und werfen Sie einen Blick auf die Vielfalt, die Sie umgibt. Alle zwei Monate finden Sie bei uns packende Fotos, Reportagen und Berichte über Vögel, seltene Pflanzen, Amphibien, Reptilien, Säugetiere oder Insekten wie Libellen und Schmetterlinge.

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NATURGUCKER <strong>41</strong><br />

Ausgabe <strong>41</strong> März / April 2019 Deutschland 4,00 € | Österreich 4,30 € | Schweiz 5,00 CHF | Italien 5,00 €<br />

Das Magazin zur Vogel- und Naturbeobachtung<br />

SÄNGER MIT WECKER<br />

Wer stimmt wann sein Liedchen an?<br />

AB IN DEN<br />

FRÜHLING !<br />

Die ersten<br />

Orchideen-Arten<br />

LAUTER<br />

KRÖTEN<br />

Was kriecht<br />

denn da herum ?


FOLIE ODER NATUR?<br />

Liebe Abonnenten<br />

DES NATURGUCKER MAGAZINS,<br />

in den vergangenen Monaten haben wir unser Heft zunächst<br />

ohne Folie ausgeliefert – um der Umwelt zusätzliches Plastik zu<br />

ersparen – sind jedoch wieder zur Folie zurückgekehrt, weil viele<br />

Magazine beschädigt bei den Lesern ankamen und sich die<br />

Beschwerden häuften.<br />

Viele von Ihnen möchten dieses Risiko jedoch in Kauf<br />

nehmen, der Umwelt zuliebe.<br />

Künftig bieten wir Ihnen daher die Option an, das Heft ohne<br />

Verpackung zu erhalten. Wenn Sie die Möglichkeit wählen<br />

möchten, teilen Sie uns dies bitte schriftlich mit.<br />

Entweder über eine kurze Mail mit Ihrem Namen<br />

und Ihrer Adresse an: ohne_folie@bachstelzen-verlag.de<br />

oder per Post an: Bachstelzen Verlag GbR<br />

Sybelstraße 3, 40239 Düsseldorf<br />

Eine Karte mit der Adresse und dem Vermerk<br />

»ohne Folie« genügt.<br />

Bitte haben Sie Verständnis dafür, dass wir Magazine,<br />

die verschmutzt oder beschädigt ankommen, weil sie nicht<br />

eingeschweißt waren, nicht ersetzen können.<br />

Alternativ können Sie ab der April-Ausgabe unser Magazin<br />

als PDF beziehen und lediglich am Bildschirm lesen – das spart<br />

Papier und Energie für den Transport.<br />

Falls Sie sich für diese Variante interessieren sollten,<br />

hinterlassen Sie bitte Namen und Adresse per E-Mail unter:<br />

E_paper@bachstelzen-verlag.de<br />

Wir werden Sie in einigen Wochen per Mail über die Details<br />

dieser Option informieren.


Liebe Leserinnen<br />

und liebe Leser!<br />

Heilende<br />

Pflanzen<br />

In ein paar Wochen ist es soweit. Im<br />

zeitigen Frühling öffnen die ersten heimischen<br />

Orchideenarten ihre Blüten.<br />

Anders als ihre tropischen Verwandten,<br />

die auf Bäumen wachsen und gefühlt jede<br />

zweite Fensterbank in Deutschland<br />

schmücken, wachsen unsere Orchideen auf<br />

dem Boden. Sie gedeihen unter anderem<br />

dort, wo sonst nicht viel wächst: in mageren<br />

Wiesen oder Sümpfen. Sie sind wahre<br />

Überlebenskünstler, die auf bestimmte<br />

Bodenpilze angewiesen sind, und Dünger<br />

ist ihr Tod. Auf einer saftigen Wiese voller<br />

Löwenzahn sucht man sie vergebens. Also<br />

ist ihr Schutz besonders wichtig. Auch das<br />

Dreizähnige Knabenkraut, die »Orchidee<br />

des Jahres 2019«, gehört dazu. Sie kommt<br />

vor allem in der Mitte Deutschlands vor,<br />

etwa in Nordhessen und Thüringen. Wer sie<br />

betrachtet, dem fällt auf, wie unterschiedlich<br />

die einzelnen Pflanzen sind: Manche<br />

sind gerade mal zehn Zentimeter groß<br />

und fast weiß, andere wachsen stattlich<br />

hoch mit fast roten Blütensprengseln. So<br />

vielfältig kann es schon innerhalb einer<br />

Art zugehen. Weitaus größer sind natürlich<br />

die Unterschiede beispielsweise zwischen<br />

dem großen, prächtigen Gelben<br />

Frauenschuh und der winzigen und leicht<br />

übersehbaren Torf-Weichorchis. Aber für<br />

solche weitgehend unbekannte Arten ist<br />

Schutz ebenso wichtig wie für die spektakulären<br />

Orchideen. So ähnlich ist es auch<br />

bei anderen Tieren und Pflanzen. Wenn der<br />

WWF den Panda und Tiger schützen will,<br />

Greenpeace Wale vor Fangschiffen rettet<br />

oder der NABU die Spendentrommel für<br />

Adler, Kranich und Co. rührt, dürfen die<br />

unbekannten oder leicht vergessenen Arten<br />

nicht unter den Tisch fallen. Deswegen<br />

nennen Naturschutzverbände ihren<br />

Einsatz für bestimmte, meist große Tiere,<br />

Einsatz für Flaggschiffarten. Wird der Lebensraum<br />

des Tigers, des Delphins oder<br />

Nashorns erhalten, profitieren davon zig<br />

andere Tiere, Pflanzen und Pilze, um deren<br />

Schutz sich sonst keiner kümmern würde,<br />

weil eine Schnecke oder Assel einen nicht<br />

aus großen Kinderaugen anstarrt wie ein<br />

Orang-Utan-Baby.<br />

In diesem Heft stellen wir ab Seite<br />

14 als einen besonderen Singvogel den<br />

Gartenrotschwanz vor – unser Titelmotiv.<br />

Die Männchen können es in puncto Farbenpracht<br />

zwar locker mit Eisvogel, Blaukehlchen<br />

und Bienenfresser aufnehmen,<br />

trotzdem ist die Art bei weitem nicht so<br />

bekannt. Der Gartenrotschwanz hält sich<br />

gerne in dichten Sträuchern und Hecken<br />

auf, wo er trotz seiner Farben häufig übersehen<br />

wird – erst Recht das unscheinbarere<br />

Weibchen. Im Gegensatz zum noch deutlich<br />

häufigeren Hausrotschwanz leidet der<br />

Gartenrotschwanz unter Veränderungen<br />

seines Lebensraumes. Wo gibt es noch naturnahe<br />

oder verwilderte, große Gärten,<br />

extensiv beweidetes Brachland? Wo genug<br />

Nahrung für den im April aus Afrika<br />

zurückkehrenden Insektenfresser? Nistmöglichkeiten<br />

in Baumhöhlen, Astlöchern<br />

oder Spechthöhlen? Der schöne Sänger<br />

ist selten geworden, und kaum einer kriegt<br />

es mit. Dabei ist er ein genauso wertvoller<br />

Bestandteil unserer Natur wie Luchs, Uhu<br />

und Schweinswal. Daher werden wir im<br />

NATURGUCKER Magazin unseren Lesern<br />

nun regelmäßiger als bisher auch wenig bekannte<br />

Tiere, Pflanzen und Pilze vorstellen.<br />

Denn: Nur was man kennt, kann man auch<br />

schützen.<br />

Einen guten Start in den Frühling<br />

wünscht Ihnen,<br />

Robert Lücke ( Herausgeber)<br />

Frank und Karin Hecker<br />

Heilsame Wildpflanzen<br />

im Rhythmus der 10 Jahreszeiten sammeln<br />

und anwenden<br />

344 S., geb., ISBN 978-3-258-07977-6<br />

Das «Hausbuch» der heilsamen<br />

Wildpflanzen: Heilkräuter für die<br />

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Küche, Blüten für die Kosmetik.<br />

Nicolette Perry, Elaine Perry<br />

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Hintergrundwissen: Diese Heilpflanzen<br />

sind gut für Gedächtnis und Konzentration<br />

und helfen gegen Stress.<br />

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INHALT<br />

INHALT<br />

06 NATUR-SPAZIERGANG<br />

06 Wundersamer Frühlingswald<br />

08 NATUR-SAISON<br />

08 Zwischen Winter und Frühling<br />

35 14<br />

12 NATURSCHUTZ<br />

12 Auenlandschaft Hohenrode – Naturparadies<br />

aus Menschenhand<br />

14 NATUR-WISSEN<br />

14 Vogelgesang – Morgenchor und Abendkonzert<br />

18 Frühe Orchideen<br />

22 Pilze – Nimmermüde Waldarbeiter<br />

24 Der Aurorafalter als Frühlingsbote<br />

25 Bienen und Hummeln sehen Wärme<br />

26 Erblühende Winterknospen<br />

04<br />

26<br />

21 NATURGUCKER-RÄTSEL<br />

28 NATUR-REISE<br />

28 Im Süden Portugals – Keimzellen für<br />

wildes Leben<br />

32 LESERSEITE<br />

32 Ihre Briefe & Mails<br />

33 NATURGUCKER.DE<br />

33 Erkennungshilfe für Falter<br />

24<br />

18<br />

34 NATUR-BESTIMMUNG<br />

34 Heimische Kröten – Viel mehr als Warzen<br />

und Drüsen<br />

38 Tauchenten II – Schnelle Taucher im Blick<br />

42 Edelfalter – Bunte Frühlingsboten<br />

48 NATUR-KIND<br />

48 Bäume – Von Riesen, Luftwurzlern und<br />

Kopfstehern<br />

50 KLEINANZEIGEN / VORSCHAU<br />

22<br />

27<br />

Titelbild: Gartenrotschwanz / Poinsignon & Hackel, Naturepl.com


IMPRESSUM<br />

VERLAG<br />

Bachstelzen Verlag GbR<br />

Frankenplatz 23<br />

42107 Wuppertal<br />

www.<strong>naturgucker</strong>-magazin.de<br />

HERAUSGEBER<br />

Robert Lücke ( V.i.S.d.P.)<br />

robert.luecke@<strong>naturgucker</strong>-magazin.de<br />

Ein<br />

Markenspektiv<br />

für 299,00 Euro<br />

Das gibt es tatsächlich!<br />

?<br />

REDAKTION<br />

Roy Fabian, Nicole Lücke,<br />

Robert Lücke, Dieter Schneider, Sebastian Teichmann<br />

redaktion@<strong>naturgucker</strong>-magazin.de<br />

MITARBEITER DIESER AUSGABE<br />

Birgit Albietz, Frank Allmer, Helmut Arenz, Axel<br />

Assmann, Gerwin Bärecke, Dieter Bark, Glenn Bartley,<br />

Claus-Dieter Böhm, Thomas Brandt, Kai Bratke, René<br />

Bürgisser, Nick Büscher, Jörg Chmill, Oscar Diez, Bernard<br />

Dupont, Birgit Emig, Matthias Entelmann, Dick Forsman,<br />

Florian Fraaß, Saverio Gatto, Ursula Gönner, Marc Oliver<br />

Gutzeit, Marc Guyt, Rolf Jantz, Wolfgang Katz, Helmut<br />

Klein, Kai Kolodziej, Andreas Kolossa, Martin Kraft,<br />

Vincent Legrand, Rita Lüder, Detlef Mader, A. Meijer,<br />

Martina Möllenkamp, Stefan Munzinger, Toni Nienaber,<br />

Daniele Occhiato, Fabio Pupin, Karl Sauerbrey, Volker<br />

Schadach, Andreas Schäfferling, Axel Schallwich, Christopher<br />

Schmidt, Gaby Schulemann-Maier, Regine Schulz,<br />

Hans Schwarting, Hubertus Schwarzentraub, Holger Selisky,<br />

Brian E. Small, Ursula Spolders, Volker Stöckmann, Armin<br />

Teichmann, Markus Varesvuo, Bernhard Volmer, Jo Weiss,<br />

Thea Wittmann<br />

GRAFIKDESIGN<br />

Christiane Püschel | pueschels.com<br />

18<br />

ABO-SERVICE<br />

T +49 (0) 211 - 61 08 95 45<br />

abo@<strong>naturgucker</strong>-magazin.de<br />

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Bachstelzen Verlag GbR<br />

Sybelstraße 3<br />

40239 Düsseldorf<br />

T +49 (0) 211- 61 08 95 45<br />

anzeigen@bachstelzen-verlag.de<br />

PARTNER<br />

www.<strong>naturgucker</strong>.de<br />

www.birdnet.de<br />

www.birdingtours.de<br />

www.duma-naturreisen.de<br />

Es gelten die Anzeigenkonditionen 2019. Alle Rechte<br />

vorbehalten. Das Magazin und alle enthaltenen Beiträge sind<br />

urheberrechtlich geschützt. Mit Ausnahme der gesetzlich<br />

zugelassenen Fälle ist eine Verwertung, auch auszugsweise,<br />

ohne Einwilligung des Hausgebers nicht gestattet. Für<br />

unverlangt eingesandtes Text- und Bildmaterial wird keine<br />

Haftung übernommen.<br />

FACHBEIRAT<br />

Feld-Ornithologie | Prof. Dr. Martin Kraft<br />

Vogelzug | Prof. Dr. Peter Berthold<br />

Physiologie der Vögel | Prof. Dr. Roland Prinzinger<br />

Feld-Entomologie | Horst Schlüter<br />

Libellen | Hartwig Stobbe<br />

Allgemeine Botanik, Falter | Dieter Schneider<br />

Orchideen | Dr. Manfred Hennecke<br />

Naturschutzverbände | Maik Sommerhage<br />

Botanik, Pflanzenkunde, Pilze | Dr. Rita Lüder<br />

Fotografie | Bruno Dittrich<br />

ISSN 2195-5646<br />

Mit einem Gewicht von nur 400g, bietet<br />

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NATUR-SPAZIERGANG<br />

Ackerhummel<br />

Bevor die Blätter sprießen, ist der Waldboden eine wahre Farbenpracht.<br />

Text und Zeichnungen von Christopher Schmidt<br />

In einigen Wochen ist es wieder soweit:<br />

Dann scheint das Sonnenlicht<br />

durch den frühlingshaften Buchenwald,<br />

in dem die rötlichen Knospen<br />

der Rotbuchen langsam dem frischen<br />

Grün junger Buchenblätter Platz machen.<br />

An besonders sonnenexponierten<br />

Stellen haben sich die pergamentartig<br />

durchscheinenden Blätter dieser Bäume<br />

bereits ausgebreitet und zeigen eine<br />

frische Farbe, die für maximal ein oder<br />

zwei Wochen das Licht in den Buchenwäldern<br />

bestimmt. Der Boden in diesen<br />

lichten Wäldern ist noch weitestgehend<br />

graubraun von dem Laub des vergangenen<br />

Herbstes, sodass die Frühblüher<br />

besonders in Erscheinung treten und<br />

neben ihren Blüten auch das Grün ihrer<br />

Blattspreiten den Wald belebt. Die Kontraste<br />

von Licht und Schatten zeichnen<br />

Zitronenfalter<br />

06<br />

Blasses<br />

Knabenkraut


NATUR-SPAZIERGANG<br />

Dunkle<br />

Erdhummel<br />

Hohler<br />

Lerchensporn<br />

Frühlings-Platterbse<br />

Muster von Hell und Dunkel auf den<br />

Waldboden und kreieren kleinräumige<br />

Temperaturunterschiede, die spürbar<br />

werden, sobald man sich selbst längere<br />

Zeit hier aufhält. Die Geräuschkulisse<br />

in diesen Wäldern wird bestimmt durch<br />

die Rufe der Kleiber, der Spechte, der<br />

Meisen und der Baumläufer. Buchfinken<br />

singen, Rotkehlchen, Zaunkönige, der<br />

erste Zilpzalp, und auch Fitisse kommen<br />

in dieser Zeit des Jahres aus dem Süden<br />

zurück.<br />

SCHÖNES GELB-GRÜN<br />

Mitte April bin ich in einem dieser Buchenwälder<br />

am Rande des Thüringer<br />

Waldes unterwegs. Der Boden an diesem<br />

Südhang besteht aus einer dünnen<br />

Humusschicht, die auf einem kalkhaltigen<br />

Untergrund lagert – immer gute<br />

Bedingungen für eine Vielzahl von<br />

Frühblühern, die hier ihre klein- oder<br />

großräumigen Nischen besetzen. Buschwindröschen<br />

und Scharbockskraut sind<br />

flächendeckend vorhanden, und ihre Blütezeit<br />

neigt sich langsam dem Ende entgegen.<br />

In den feuchteren Senken blüht<br />

das schöne gelbgrüne Wechselblättrige<br />

Milzkraut, in den trockeneren Bereichen<br />

Lerchensporn, März-Veilchen, Schlüsselblume<br />

und Wald-Bingelkraut oder<br />

das unscheinbare Moschuskraut. Die<br />

verlassenen Schalen verschiedener Gehäuseschnecken,<br />

vor allem die der Weinbergschnecken<br />

und Schnirkelschnecken,<br />

sind sichtbar geworden und sorgen für<br />

Abwechslung bei dem Blick auf den<br />

Waldboden.<br />

UNWIRKLICHER SCHMUCK<br />

Ganz unerwartet fallen mir mit einem<br />

Mal die blassgelben Blütenstände zweier<br />

höher wachsender Pflanzen bei meiner<br />

Wanderung durch den Wald auf. Es<br />

sind Pflanzen, denen ich niemals zuvor<br />

begegnet bin. Es sind die Blütenstände<br />

des Blassen Knabenkrautes, einer der<br />

am frühesten blühenden Orchideenarten<br />

in Deutschland (lesen Sie dazu mehr<br />

ab Seite 18). Sie ist nirgendwo häufig<br />

und benötigt genau diesen Kalkuntergrund,<br />

diesen lichten Halbschatten und<br />

die lockere Humusschicht, um wachsen<br />

zu können. Es sieht fast unwirklich aus,<br />

wie die ausgewachsenen, unaufdringlich<br />

gelben, hohen Blütenstände den<br />

Waldboden schmücken. Die sonst oft<br />

auffälligen, farbintensiven Blütenstände<br />

der Orchideen verbindet man doch<br />

viel eher mit frühsommerlichen Halbtrockenrasen<br />

oder Feuchtwiesen. Vielleicht<br />

ist es der Kontrast zu diesem eben<br />

beschriebenen Bild, der für mich den<br />

Reiz dieser Beobachtung hier in Thüringen<br />

ausmacht: Die zurückhaltenden<br />

Farben der seltenen Pflanzen, die Unaufdringlichkeit,<br />

die aber trotzdem das<br />

Frühjahr bildlich machen. Es sind vor<br />

allem Hummeln, die diese Pflanze bestäuben,<br />

obwohl sie nicht durch Nektar<br />

angelockt werden können, denn den<br />

hat diese Orchidee nicht – obwohl sie<br />

einen arteigenen, subjektiv als unangenehmen<br />

zu empfindenden Duft besitzt,<br />

der vor allem in den Abendstunden<br />

wahrnehmbar ist. Die Hummeln, die<br />

normalerweise vor allem die Blüten der<br />

Schlüsselblumen oder wunderschönen<br />

Frühlings-Platterbse besuchen, werden<br />

an die gelben Blüten des Blassen Knabenkrauts<br />

gelockt, sobald die anderen<br />

Blüten seltener werden.<br />

Alle Rechte an Text und Bildern<br />

bei Christopher Schmidt<br />

Märzveilchen<br />

07


NATUR-SAISON<br />

ZWISCHEN WINTER<br />

UND FRÜHLING<br />

Der Übergang von der kalten in die wohl schönste Jahreszeit bringt vor allem<br />

bei Insekten und Pflanzen immer wieder etwas Neues. Von Dieter Schneider<br />

08


NATUR-SAISON<br />

Haben Sie schon eine Singdrossel<br />

gehört? Die ersten Tiere<br />

treffen bereits zwischen Mitte<br />

und Ende Februar wieder bei uns ein<br />

und machen sofort durch ihren lauten<br />

Gesang auf sich aufmerksam. Ihr von<br />

hohen Warten aus vorgetragenes melodisches<br />

Flöten, in dem die einzelnen Motive<br />

mehrmals wiederholt werden, läutet<br />

für mich alljährlich den ornithologischen<br />

Frühling ein. Als Kurzstreckenzieher haben<br />

die Singdrosseln die letzten Monate<br />

überwiegend im Mittelmeergebiet verbracht,<br />

doch zieht es sie schon sehr früh<br />

zurück in ihre Brutgebiete. Ab Mitte<br />

März folgen dann die ersten Zilpzalpe<br />

und Mönchsgrasmücken – beides ebenfalls<br />

Kurzstreckenzieher, bevor dann im<br />

April nach und nach die Langstreckenzieher<br />

wieder bei uns eintreffen.<br />

01 Der Asiatische Stechpalmenspanner<br />

wurde zum zweiten Mal in Deutschland<br />

nachgewiesen. / Martina Möllenkamp<br />

02 Seltener Irrgast aus Nordamerika:<br />

Eine Aztekenmöwe / Jörg Chmill<br />

03 Moorenten-Erpel. Die Art findet sich<br />

in hiesigen Gefilden langsam wieder<br />

ein. / Claus-Dieter Böhm<br />

04 Die Wilde Tulpe kam als Zierpflanze<br />

aus Süd- nach Mitteleuropa. / U. Gönner<br />

05 Pappel-Dickleibspanner schlüpfen<br />

von Februar bis März. / Dieter Schneider<br />

06 Singdrossel-Konzert. Die Vögel sind<br />

schon früh aus ihren Überwinterungsgebieten<br />

zurück. / Axel Assmann<br />

‣ 07 Vagabund mit großem Verbreitungsgebiet:<br />

Die Sumpfohreule / R. Schulz<br />

08 Der Schlupf vieler Nachtfalter lockt<br />

den Großen Abendsegler heraus. / Toni<br />

Nienaber<br />

SELTENE ENTEN<br />

Doch auch in den zurückliegenden Wintermonaten<br />

konnte man – wie in jedem<br />

Winter – singende Vögel vernehmen,<br />

vor allem Heckenbraunellen, Rotkehlchen<br />

und gelegentlich mal einen Zaunkönig<br />

oder eine Meise. Diese Arten, die<br />

die kalte Jahreszeit in unseren Breiten<br />

verbringen, kann man fast den ganzen<br />

Winter über sporadisch singen hören.<br />

Die Gründe sind nicht vollständig geklärt,<br />

doch ist zumindest für das Rotkehlchen<br />

bekannt, dass die Individuen<br />

Winterreviere bilden und diese durch<br />

Gesang markieren. Bemerkenswert dabei<br />

ist, dass in der kalten Jahreszeit offenbar<br />

beide Geschlechter singen und<br />

nicht wie bei der Balz und im Brutrevier<br />

nur die Männchen.<br />

Neben solchen alltäglichen Arten<br />

wurden aber in den vergangenen<br />

Wochen auch wieder einige besondere<br />

Beobachtungen aus der Vogelwelt veröffentlicht:<br />

Am Steinhuder Meer<br />

rasteten 20 bis 30 Moorenten. Die<br />

in Westeuropa sehr seltene Ente<br />

brütet in Ost-, Südost- und lokal<br />

Südwesteuropa sowie in Zentralasien.<br />

Bei uns in Deutschland<br />

hat sie nach langer Abwesenheit<br />

heute wieder wenige kleine<br />

Brutvorkommen, etwa<br />

am Bodensee oder in Ostdeutschland.<br />

Diese begründen<br />

sich möglicherweise auf<br />

Ansiedlungen von Gefangenschaftsflüchtlingen.<br />

Am Steinhuder Meer gibt<br />

es ein Wiederansiedlungsprojekt für<br />

Moorenten. Seit 2012 wurden dabei<br />

mehrere Hundert Tiere freigelassen,<br />

von denen einige inzwischen dort brüten.<br />

Über Überwinterungstraditionen<br />

und Zugverhalten mitteleuropäischer<br />

Moorenten ist fast nichts bekannt, weil<br />

sie zu lange ausgestorben sind, früher lokal<br />

aber wohl recht häufig waren. Mitte<br />

Januar wurden in Holland zwei am Steinhuder<br />

Meer freigelassene, beringte Moorentenmännchen<br />

gesichtet. Womöglich<br />

bauen sich hier Zugtraditionen auf, während<br />

andere Moorenten die Strategie verfolgen,<br />

in Deutschland zu überwintern.<br />

FERNÖSTLICHER FALTER<br />

Ebenfalls in ungewöhnlicher Anzahl<br />

konnten am 3. Dezember nahe der bayrischen<br />

Gemeinde Wechingen gleich<br />

acht Sumpfohreulen auf einmal beobachtet<br />

werden, die von einer Schafherde<br />

aufgescheucht worden waren. Die Eulenart<br />

vagabundiert über große Strecken<br />

durch ihr riesiges Verbreitungsgebiet<br />

und lässt sich sowohl zur Brut als auch<br />

zur Überwinterung an Orten nieder, wo<br />

die Nahrungsbedingungen und Habitatstrukturen<br />

ihren Ansprüchen gerade<br />

gerecht werden. In den Wintermonaten<br />

können sich in nahrungsreichen Gebieten<br />

größere Vergesellschaftungen bilden,<br />

während sich die Art zur Brutzeit territorial<br />

verhält. Eine sehr seltene<br />

Entdeckung gelang dann noch<br />

kurz vor Weihnachten in<br />

Hamburg, wo als<br />

sehr seltener Irrgast<br />

aus Nordamerika eine<br />

diesjährige Aztekenmöwe<br />

beobachtet<br />

werden konnte.<br />

Ebenfalls<br />

aus der Hansestadt<br />

kam bereits Mitte Oktober eine<br />

höchst bemerkenswerte Insektenbeobachtung:<br />

Eine Naturguckerin<br />

aus Wedel stellte einen ihr unbekannten<br />

Nachtfalter bei <strong>naturgucker</strong>.de ein,<br />

der sich bald als Asiatischer Stechpalmenspanner<br />

(Plesiomorpha flaviceps)<br />

herausstellte. Es handelte sich um den<br />

zweiten bekannt gewordenen Fund dieser<br />

Art in Deutschland, nachdem die<br />

Art im Frühsommer 2018 erstmals in<br />

einem Gartencenter in Mönchengladbach<br />

festgestellt worden war – wo sie<br />

aber Mitarbeitern offenbar schon seit<br />

2016 aufgefallen war. Die fernöstliche<br />

Art wird vermutlich immer mal wieder<br />

mit Pflanzenimporten aus Ostasien<br />

nach Europa eingeschleppt, und es<br />

bleibt abzuwarten, ob es ihr gelingt, außerhalb<br />

von Glashäusern zu überleben.<br />

Die Beobachtung aus Wedel könnte jedenfalls<br />

ein Indiz dafür sein. Denn das<br />

Tier wurde im Freiland an einer Hauswand,<br />

nahe einer Lichtquelle ruhend,<br />

aufgefunden. Falls die Art sich etabliert,<br />

dann stünde ihr möglicherweise<br />

eine ähnlich steile und unrühmliche<br />

Karriere bevor wie dem Buchsbaumzünsler,<br />

dessen Siegeszug durch Europa<br />

vor gut einem Jahrzehnt ja ganz<br />

ähnlich angefangen hatte und der mittlerweile<br />

erhebliche Schäden anrichtet.<br />

Und auch Stechpalmen gibt es ja<br />

wahrlich zur Genüge in den Gärten der<br />

Republik. Bei Besuchen in Gartencentern<br />

empfiehlt es sich, auf Insekten zu<br />

09


NATUR-SAISON<br />

achten und eine Kamera (Smartphone)<br />

mitzuführen, um im Falle eines Falles<br />

das Auftreten des Stechpalmenspanners<br />

– oder auch anderer mit Zierpflanzen<br />

importierter Arten – dokumentieren<br />

zu können!<br />

BOTEN DES FRÜHLINGS<br />

Unübersehbar sind die nun erscheinenden<br />

Frühlingsboten aus der Pflanzenwelt<br />

wie Schneeglöckchen, Winterlinge,<br />

Märzenbecher und frühe Krokusse.<br />

Die attraktiven Zwiebelblumen haben<br />

die Menschen seit jeher fasziniert, und<br />

man hat schon früh begonnen, Arten<br />

aus teilweise weit entfernten Gegenden<br />

zusammenzutragen und anzupflanzen.<br />

Insbesondere wohlhabende Adelige<br />

haben in den vergangenen Jahrhunderten<br />

zahlreiche heimische und exotische<br />

Frühblüher in ihren repräsentativen<br />

Parks und Gärten gärtnerisch kultivieren<br />

lassen. Viele dieser alten Anpflanzungen<br />

existieren an den gleichen<br />

Standorten bis heute, haben sich oft<br />

über Jahrhunderte hinweg vermehrt und<br />

sind verwildert, ohne jedoch die Orte ihrer<br />

ursprünglichen Anpflanzung maßgeblich<br />

zu verlassen. Das unterscheidet<br />

sie fundamental von invasiven Neophyten,<br />

die sich ungehemmt über ganze<br />

Landstriche ausbreiten.<br />

Wenn man heute in alten Parks<br />

oder auf historischen Friedhöfen also<br />

besonders viele Frühblüher entdeckt,<br />

so ist das in aller Regel auf alte, verwilderte<br />

Anpflanzungen zurückzuführen.<br />

Arten, die derartige Vorkommen ausbilden,<br />

werden unter dem Begriff »Stinsenpflanzen«<br />

zusammengefasst und<br />

sind zuverlässige Anzeiger einer historischen<br />

Gartenkultur. Der merkwürdige<br />

Name leitet sich vom friesischen Wort<br />

»Stins« ab, das ein Steinhaus, Landhaus<br />

oder eine Burg bezeichnet. Typische<br />

Stinsenpflanzen sind beispielsweise der<br />

Nickende Milchstern, der Sibirische<br />

Blaustern und die Wilde Tulpe, aber<br />

auch die meisten uns wild vorkommenden<br />

Bestände von Schneeglöckchen<br />

oder Märzenbecher sind als Stinsen-<br />

10<br />

09 Der früh blühende Sibirische<br />

Blaustern zählt zu den<br />

sogenannten »Stinsenpflanzen«.<br />

/ Rolf Jantz<br />

10 Auf dem Höhepunkt der<br />

Balz verfärben sich männliche<br />

Moorfrösche violett bis himmelblau.<br />

/ Kai Bratke<br />

‣ 11 Das tagaktive Birken-Jungfernkind<br />

ist einer der ersten<br />

Schmetterlinge, die im Frühjahr<br />

fliegen. / Gerwin Bäreke


NATUR-SAISON<br />

pflanzen anzusehen. Gelegentlich findet<br />

man Stinsenpflanzen an Stellen, die<br />

heute längst einer anderen Nutzung<br />

unterliegen, und so lassen sich manchmal<br />

anhand der Frühblüher interessante<br />

Rückschlüsse auf längst vergangene<br />

Landnutzungsformen ziehen. Übrigens:<br />

Wenn Sie den Blühbeginn von Pflanzen<br />

in den kommenden Frühlingswochen<br />

möglichst detailgenau bei <strong>naturgucker</strong>.<br />

de dokumentieren, helfen Sie damit<br />

auch dem Deutschen Wetterdienst, der<br />

die Naturgucker-Daten zur Blühphänologie<br />

seit dem vergangenen Jahr für seine<br />

Arbeit auswertet.<br />

ABERTAUSENDE LURCHE<br />

Auch in der Tierwelt kehrt nun allmählich<br />

wieder vermehrte Aktivität ein:<br />

Wenn die ersten milden Regennächte<br />

anstehen, werden sich wieder Abertausende<br />

von Grasfröschen und Erdkröten<br />

auf den Weg zu ihren Laichgewässern<br />

machen – und dort, wo er vorkommt,<br />

natürlich auch der Moorfrosch. An den<br />

straßenbegleitenden Amphibienzäunen<br />

steht nun den vielen ehrenamtlichen<br />

Helfern wieder eine arbeitsreiche Zeit<br />

bevor, und man kann nur hoffen, dass<br />

die Winterniederschläge bis dahin alle<br />

während des vergangenen Dürresommers<br />

trockengefallenen Kleingewässer<br />

wieder hinreichend aufgefüllt haben. Die<br />

ersten warmen Sonnenstrahlen werden<br />

die Zitronenfalter hervorlocken, der<br />

Große Fuchs wird schon bald sein erstes<br />

Sonnenbad nehmen. Wenn die Temperaturen<br />

bereits im März auf wirklich frühlingshafte<br />

Werte klettern sollten, kann<br />

schon bald mit vielen weiteren Tagfaltern<br />

gerechnet werden, etwa dem C-Falter,<br />

dem Faulbaumbläuling oder den<br />

ersten Aurorafaltern. Und in baumreichen<br />

Heidelandschaften und lichten Birkenwäldern<br />

kann man im Sonnenschein<br />

nun nach Jungfernkindern Ausschau<br />

halten. Das sind sehr früh im Jahr fliegende,<br />

tagaktive Spanner, die durch ihre<br />

orange-schwarz gemusterten Hinterflügel<br />

sehr auffällig sind und von denen in<br />

Deutschland drei Arten vorkommen. Bei<br />

den nachtaktiven Faltern werden die Arten<br />

des Spätwinters wie Schneespanner<br />

oder Gelbfühler-Dickleibspanner nun<br />

bald von den Arten des Vorfrühlings wie<br />

dem Pappel-Dickleibspanner oder dem<br />

Frühlings-Kreuzflügel abgelöst, und mit<br />

dem Aufblühen der ersten Weidenkätzchen<br />

erscheinen dann die zahlreichen<br />

Kätzcheneulen der Gattung Orthosia.<br />

Damit ist dann auch der Tisch für unsere<br />

Fledermäuse wieder gedeckt, die deshalb<br />

ebenfalls bereits in den wärmeren<br />

Märznächten zu ihren ersten Jagdflügen<br />

des Jahres ausfliegen. Sie haben die kalte<br />

Jahreszeit im Winterschlaf verbracht,<br />

je nach Art einzeln oder in Gruppen, in<br />

Felshöhlen, Baumhöhlen, Fassadenspalten<br />

oder Kellern. Dabei hatten sie ihren<br />

Stoffwechsel drastisch heruntergefahren<br />

und zehrten ausschließlich von ihren im<br />

Herbst angefressenen Fettreserven. Ihr<br />

Winterschlaf kann allerdings von ungewöhnlich<br />

hohen Wintertemperaturen<br />

gebrochen werden, sodass es nichts ungewöhnliches<br />

ist, auch einmal im Winter<br />

eine Fledermaus fliegen zu sehen. Man<br />

geht davon aus, dass die Tiere dann einen<br />

Quartierwechsel vornehmen.<br />

Fotos und aktuelle Sichtungen auf<br />

www.<strong>naturgucker</strong>.de.<br />

11<br />

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NATURSCHUTZ<br />

Naturparadies aus<br />

MENSCHENHAND<br />

Wie ergeht es einem neu geschaffenen Schutzgebiet nach ein paar Jahren?<br />

Thomas Brandt und Nick Büscher stellen ein Beispiel an der Weser vor.<br />

12<br />

Am Ufer des größten Sees in der<br />

Auenlandschaft Hohenrode<br />

grast gemütlich eine Handvoll<br />

Gallowayrinder. Etwa 20 Burenziegen<br />

versuchen, mit ausgestreckten Hälsen,<br />

manche von ihnen dazu noch auf den<br />

Hinterbeinen stehend, die unteren<br />

Blätter der Weidenbüsche abzufressen.<br />

Das idyllische Bild hat sich in den letzten<br />

Jahren nicht verändert und auch die<br />

Weideflächen sehen noch aus wie beim<br />

Projektbeginn vor fünf Jahren. Und das<br />

ist gut so, denn ansonsten wären die<br />

Feldlerchen, Schafstelzen und die anderen<br />

Offenlandbewohner mittlerweile<br />

von Büschen verdrängt worden.<br />

113 HEKTAR<br />

Im <strong>naturgucker</strong> Magazin 22 stellten wir<br />

mit dem Titel »Vom Kiesteich zum Vogelparadies«<br />

ein bemerkenswertes Projekt<br />

des Naturschutzbundes (NABU) in<br />

Rinteln vor. Damals gelang es dem NA-<br />

BU, einen 113 Hektar großen Kiesteichkomplex<br />

anzukaufen. Er begann mit der<br />

Entwicklung des Gebietes, wobei zwei<br />

Zielsetzungen verfolgt wurden: Zum einen<br />

sollten sich Teilbereiche zu einer urwüchsigen,<br />

natürlichen Landschaft ohne<br />

menschlichen Einfluss entwickeln, zum<br />

anderen sollten wertvolle Landlebensräume<br />

durch eine extensive Nutzung mit<br />

Landschaftspflegetieren zum Schutz<br />

seltener Vogel- und Pflanzenarten offen<br />

gehalten werden. Vor allem aber sollte<br />

das Gelände vor anderen, naturunverträglichen<br />

Nutzungen bewahrt werden.<br />

Wir schauen noch einmal hin, was sich<br />

seitdem in der Auenlandschaft Hohenrode<br />

alles getan hat. Und – das ist die wichtigste<br />

positive Nachricht – es geht weiter<br />

mit dem Naturschutz an der Weser, denn<br />

die Zusammenarbeit mit einem Kies-Abbauunternehmen<br />

am südlichen Weserufer<br />

wird nun auf der gegenüberliegenden<br />

Weserseite fortgesetzt. Dort werden<br />

ebenfalls durch Kiesabbau Wasserflächen<br />

entstehen, und auch diese sind dem<br />

NABU bereits zum Kauf und somit zur<br />

dauerhaften Sicherung zu einem günstigen<br />

Preis angeboten werden. Wichtig<br />

ist hier auch die Biotoppflege. Würden<br />

die haarigen Landschaftspfleger nicht<br />

auch hin und wieder etwas Kiesschotter<br />

lostreten, dann wären der hübsche Gewöhnliche<br />

Erdrauch und andere, mittlerweile<br />

selten gewordene Pflanzen der<br />

offenen Böden, sicherlich schon lange<br />

verschwunden. Mit ihnen die zahlreichen<br />

Falter und Bienen, die den Blütenreichtum<br />

der Auenlandschaft nutzen.


NATURSCHUTZ<br />

Aus der kleinen, drei Paare zählenden<br />

Flussseeschwalbengruppe, die sich 2014<br />

auf zwei eigens für sie hergerichteten<br />

Brutflößen angesiedelt hatte, ist mittlerweile<br />

eine für den Naturraum stattliche<br />

Kolonie aus neun Paaren geworden. Es<br />

ist durchaus damit zu rechnen, dass die<br />

ersten hier geschlüpften Jungvögel jetzt<br />

selbst als Brutvögel dabei sind, denn<br />

Flussseeschwalben brüten in der Regel<br />

mit drei Jahren das erste Mal. Das lässt<br />

die Naturschützer sogar auf ein weiteres<br />

Anwachsen der Kolonie hoffen, denn<br />

von 2014 bis 2018 flogen immerhin insgesamt<br />

44 Jungvögel erfolgreich aus.<br />

Nach wie vor sind diese Seeschwalben<br />

die einzigen, die heute an der Oberweser<br />

brüten. Die Liste der insgesamt hier<br />

beobachten Vogelarten wächst noch<br />

stetig: Weißflügelseeschwalbe, Raubseeschwalbe<br />

und Temminckstrandläufer<br />

sind einige der Neubeobachtungen. Als<br />

Brutvogel ist der Flussuferläufer dazugekommen.<br />

Mittlerweile hat die Infrastruktur<br />

für Naturbeobachter erheblich<br />

01 Die NABU-Auenlandschaft Hohenrode<br />

bei Rinteln ist auf Dauer geschützt.<br />

Thomas Brandt<br />

02 Die Anfänge: Am nördlichen Weserufer<br />

entsteht ein neuer Kiesteich. Dessen<br />

Ankauf und Pflege sollen auch mit<br />

Spenden finanziert werden. / Büscher<br />

03 Die Ruhe im Schutzgebiet kommt<br />

den im Wesertal lebenden Seeadlern<br />

zu Gute. / Fotos 3-7: Bernhard Volmer<br />

04 Der fröhliche Gesang der Sumpfrohrsänger<br />

ist in der ausgeräumten Landschaft<br />

zunehmend seltener geworden.<br />

05 Blütenvielfalt: Wasserdost<br />

06 Flussregenpfeifer brüten auf Sand<br />

und Kiesflächen.<br />

07 2018 brüteten neun Flussseeschwalben-Paare<br />

in der Auenland<br />

schaft Hohenrode auf einem Brutfloß.<br />

an Qualität gewonnen: Es gibt eine<br />

großzügig gestaltete, vom Abbauunternehmen<br />

AHE Schaumburger Weserkies<br />

mitfinanzierte Beobachtungshütte, von<br />

der aus man direkt auf eine Sandbank<br />

mit vielen Rastvögeln blicken kann. An<br />

anderer Stelle steht ein Beobachtungsturm,<br />

der im Rahmen eines vom Naturpark<br />

Weserbergland am Weserradweg<br />

umgesetzten, mit EU-Mitteln finanzierten<br />

Projektes errichtet wurde. Der<br />

Kiesabbau in der Auenlandschaft Hohenrode<br />

ist nun seit 2016 beendet. Doch<br />

seit geraumer Zeit ist weithin sichtbar,<br />

dass mittlerweile in der westlich davon<br />

gelegenen Weserschleife Kies abgebaut<br />

wird. Auch wenn die Auskiesung erst vor<br />

einem Jahr begonnen hat und bis zu 20<br />

Jahre dauern wird, ist eines bereits jetzt<br />

geklärt: Der NABU will und soll nach<br />

Möglichkeit ebenfalls Eigentümer der<br />

neu entstehenden Wasserflächen werden<br />

und die sich entwickelnde Natur<br />

vor konkurrierende Interessen bewahren<br />

können. Eine erste Grundlage dafür<br />

wurde bereits geschaffen. Dank einer<br />

großzügigen Zuwendung der Bielefelder<br />

Kurt-Lange-Stiftung konnte der NABU<br />

bereits die ersten zehn Hektar erwerben,<br />

auch weil sich das Abbauunternehmen<br />

sowie dessen Eigentümerfamilie Eggersmann<br />

beim Kaufpreis dem NABU gegenüber<br />

erneut sehr großzügig zeigten.<br />

NEUE POTENZIALE<br />

Unabhängig vom Grunderwerb ist im<br />

Rahmen der Herrichtung des Kiesabbaugeländes<br />

eine naturnahe Auen-Entwicklung<br />

vorgesehen. Es werden<br />

Gewässer unterschiedlicher Größe sowie<br />

Flachwasserzonen und Grünlandflächen<br />

entstehen, was ebenfalls wertvolle<br />

Lebensräume für zahlreiche seltene Tierund<br />

Pflanzenarten verspricht. An der<br />

Oberweser entsteht in Verbindung mit<br />

dem NABU-Gebiet in Hohenrode so<br />

eine mehrere Flusskilometer reichende<br />

Auenlandschaft, die für geschützte Arten<br />

wie Fischotter, Flussseeschwalbe,<br />

Fisch- und Seeadler völlig neue Potenziale<br />

entfalten dürfte.<br />

Helfen Sie mit!<br />

Der NABU wird sich in den nächsten<br />

Jahren verstärkt darum bemühen,<br />

Spenden für den Grunderwerb<br />

des 70 Hektar großen Areals zu<br />

sammeln und hofft auf viele Naturfreundinnen<br />

und -freunde, die das<br />

Vorhaben des NABU unterstützen.<br />

Laut NABU ist gewährleistet, dass<br />

die entstehenden Lebensräume<br />

nachhaltig gesichert werden und<br />

dieses zukünftige Refugium ebenfalls<br />

im Sinne des Naturschutzes<br />

zu Erhalt seltener Tier- und Pflanzenarten<br />

entwickelt werden kann.<br />

Der NABU hat hierfür ein Spendenkonto<br />

eingerichtet (Spendenkonto<br />

Auenlandschaft bei der Sparkasse<br />

Schaumburg: BIC NOLADE21SHG,<br />

IBAN DE07 2555 1480 0313 2499 30).<br />

13


NATUR-WISSEN<br />

Morgenchor und<br />

ABENDKONZERT<br />

Wie Vögel ihren Gesang auf den Tag verteilen, weiß unser Experte Hans-Heiner Bergmann.<br />

01 Die Nachtigall singt<br />

sowohl bei Tag als auch<br />

bei Nacht. / A. Meijer, Agami<br />

14


NATUR-WISSEN<br />

Es ist noch lange vor Sonnenaufgang,<br />

wenn der erste Gartenrotschwanz<br />

im Frühjahr seine<br />

Strophen erklingen lässt. Manchmal<br />

kann man sogar die Feldlerche schon<br />

fast zu nächtlicher Stunde singen hören.<br />

Danach kommen bald der Hausrotschwanz,<br />

die Rauchschwalbe und die<br />

Singdrossel. Immer mehr Vögel erwachen<br />

und mischen ihren Gesang in das<br />

Morgenkonzert ein, und das alles schon<br />

vor Sonnenaufgang. Man kann dieses<br />

Nacheinander im Gesangsbeginn der<br />

Vögel geradezu verwenden, um die Uhrzeit<br />

zu bestimmen.<br />

KLARE STROPHEN<br />

In der Stille der späten Nacht den ersten<br />

Sänger zu hören, wenn die Sonne noch<br />

weit unter dem Horizont steht, das ist<br />

für jeden Naturbeobachter ein besonderes<br />

Erlebnis. Kristallklar dringen die<br />

ersten Strophen des Gartenrotschwanzes<br />

durch die frühe Dämmerung, selbst<br />

auf die Ferne gut zu hören. Zu dieser<br />

Tageszeit erzeugen wir Menschen meist<br />

noch keinen Verkehrslärm oder sonstige<br />

Geräuschkulissen, die das Hören<br />

erschweren. Das Erlebnis wird im Lauf<br />

des frühen Morgens allmählich reicher,<br />

wenn die anderen Sänger der Vogeluhr<br />

sich einschalten. Zu den späten Sängern<br />

gehört dann die Finkenverwandtschaft<br />

wie Buchfink, Girlitz und Grünfink, und<br />

auch der Star ist recht spät dran – alle<br />

aber noch, bevor die Sonne aufgeht. Diese<br />

Distanz zum Sonnenaufgang halten<br />

die Vögel für den Lauf des Sommers ein.<br />

Wer als Beobachter die morgendliche<br />

Vogeluhr verfolgen will, muss demnach<br />

früh aufstehen. Er sollte mindestens anderthalb<br />

Stunden vor Sonnenaufgang<br />

am Ort sein, um den ersten Sänger mitzubekommen.<br />

Am 1. März, wenn die<br />

Sonne etwa um 7 Uhr aufgeht, genügt<br />

es noch, um 5:30 Uhr bereit zu sein. Am<br />

längsten Tag, dem Sommeranfang am<br />

21. Juni, geht die Sonne schon wenige<br />

Minuten nach 5 Uhr auf. Wer den ersten<br />

Vogelgesang hören will, muss also<br />

bereits um 3:30 Uhr wach sein.<br />

Man kann die Erscheinungen<br />

durchaus im Lauf des Frühsommers<br />

mitverfolgen. Je früher die Sonne aufgeht,<br />

desto früher beginnen die Vögel zu<br />

singen. Sie halten ihren artspezifischen<br />

Vorsprung vor dem Sonnenaufgang ein.<br />

Sie binden sich jeweils an eine bestimmte<br />

Weckhelligkeit. Die Nächte werden<br />

für sie bis zum Sommeranfang immer<br />

kürzer. Gleichzeitig benötigen sie auch<br />

viel Zeit, um zu werben, Nester zu bauen<br />

2<br />

02 Aus: Bergmann &<br />

Westphal 2014<br />

03 Lautes Organ:<br />

Singdrosseln übertönen<br />

andere Arten mühelos –<br />

und singen daher recht<br />

spät. / Joachim Weiss<br />

15


NATUR-BESTIMMUNG<br />

Pfauenauge, Admiral und Fuchs: Dieter Schneider stellt unsere heimischen Edelfalter vor.<br />

42<br />

Die Familie der Edelfalter<br />

(Nymphalidae) vereinigt die<br />

früher als eigene Familie geführten<br />

Augenfalter (jetzt Unterfamilie<br />

Satyrinae) mit den klassischen Edelfaltern,<br />

zu denen neben den bekannten<br />

Eckenfaltern die Eisvögel und Schillerfalter<br />

sowie die Perlmutter- und die<br />

Scheckenfalter gerechnet werden. Ihr<br />

gemeinsames Merkmal ist die Umgestaltung<br />

der Vorderbeine zu Putzbeinen<br />

– die Falter sitzen auf nur vier Beinen.<br />

KANTIGE FLÜGEL<br />

Die bekanntesten Edelfalter sind sicherlich<br />

die Arten aus der Unterfamilie der<br />

Eckenfalter (Nymphalinae), die sich<br />

durch einen mehr oder weniger kantigen<br />

Flügelumriss auszeichnen. Am<br />

ausgeprägtesten ist dieses Merkmal bei<br />

unserem C-Falter zu sehen. Die oberseits<br />

orangefarbenen Falter tragen ein<br />

schwarzes Fleckenmuster und sind unterseits<br />

durch eine auf bräunlich marmoriertem<br />

Grunde immer gut erkennbare<br />

weiße C-Zeichnung gekennzeichnet.<br />

Dabei sind früh im Sommer geschlüpfte<br />

Falter deutlich heller gefärbt als alle<br />

anderen und haben einen schwächer<br />

gezackten Außenrand (forma hutchinsoni).<br />

Die Falter dieser Form sorgen<br />

umgehend für Nachwuchs, sodass nach<br />

wenigen Wochen die Falter der zweiten<br />

Generation schlüpfen. In warmen Lagen<br />

können hier immer noch helle Falter der<br />

Sommerform dabei sein, die dann noch<br />

für eine dritte Generation sorgen können.<br />

Aber die später schlüpfenden Tiere<br />

der zweiten Generation gehören in der<br />

Regel bereits zu den stärker gezackten,<br />

dunkleren Überwinterungsformen, die<br />

sich erst nach der Überwinterung paaren<br />

und fortpflanzen. Die sehr charakteristisch<br />

aussehende braun-weiße Raupe<br />

des C-Falters nutzt ein breites Spektrum


NATUR-BESTIMMUNG<br />

43<br />

01 Der C-Falter hat ein weißes »C« auf<br />

der Flügelunterseite. / Helmut Klein<br />

02 Orange mit schwarzen Punkten: Ein<br />

Landkärtchen im Frühjahr / R. Seitz<br />

03 Die Raupe des C-Falters ist braunweiß<br />

gefärbt. / Volker Stöckmann<br />

04 Schlaraffenland für Falter: Eine<br />

artenreiche Blumenwiese / Adobe Stock<br />

05 Drei schwarze Flecken auf dem Vorderflügel:<br />

Der Kleine Fuchs. / Munzinger<br />

06 Der Admiral überwintert immer<br />

häufiger bei uns. / Hans Schwarting<br />

07 Unverkennbarer Vertreter der Ecken-<br />

- falter: Das Tagpfauenauge / B. Albietz<br />

08 Ein Landkärtchen im Sommer /<br />

Armin Teichmann<br />

an Gehölzen wie Weide, Ulme, Hainbuche<br />

oder Johannisbeere, aber auch krautige<br />

Pflanzen, wobei die Brennnessel<br />

eine besondere Bedeutung innehat.<br />

Ausschließlich an Brennnesseln fressen<br />

die Raupen von vier weiteren Arten unserer<br />

Eckenfalter: Landkärtchen, Tagpfauenauge,<br />

Kleiner Fuchs und Admiral.<br />

Entsprechend der Häufigkeit ihrer<br />

Raupenpflanze sind diese vier Arten<br />

noch häufig und weit verbreitet, wobei<br />

beim Kleinen Fuchs aktuell – zumindest<br />

regional – dramatische Bestandseinbrüche<br />

festgestellt werden. Es wird vermutet,<br />

dass es sich dabei um eine Folge der<br />

Klimaerwärmung handelt und dass sich<br />

die Art mehr und mehr in die kühleren<br />

Hochlagen zurückzieht.<br />

Das Landkärtchen zeigt wie der<br />

C-Falter einen Saisondimorphismus<br />

– allerdings deutlich auffälliger: Während<br />

die Frühjahrstiere eine schwarze<br />

Fleckung auf orangefarbenem Grund<br />

zeigen, tragen die Tiere der Sommergeneration<br />

eine weiße Binde auf schwarzem<br />

Grund. Man würde sie glatt für zwei<br />

Arten halten, so unterschiedlich sehen<br />

sie aus. Die Eier werden in sehr charakteristischen<br />

Türmchen an Brennnesseln


NATUR-BESTIMMUNG<br />

abgelegt, und die schwarzen Raupen ähneln<br />

denen des Tagpfauenauges, tragen<br />

aber am Kopf zwei Dornen, die beim<br />

Pfauenauge fehlen.<br />

44<br />

GROSSE AUGEN<br />

Das Tagpfauenauge, durch seine vier<br />

großen Augenflecken unverwechselbar,<br />

bringt nach seiner Überwinterung<br />

als Falter mittlerweile fast überall zwei<br />

Generationen im Jahr hervor. Noch vor<br />

wenigen Jahrzehnten gab es das nur in<br />

ausgesprochenen Wärmegebieten wie<br />

dem Oberrhein. Die Art bevorzugt zur<br />

Eiablage Brennnesselbestände an Orten<br />

mit hoher Luftfeuchtigkeit, etwa an Grabenrändern.<br />

Der prächtig rot, schwarz und weiß<br />

gefärbte Admiral galt lange Zeit als ein<br />

Paradebeispiel für Wanderfalter. Jedes<br />

Frühjahr wanderten die Gründerindividuen<br />

über die Alpen nach Mitteleuropa<br />

ein und bildeten hier dann unter ständiger<br />

Ausbreitung mehrere Generationen.<br />

In den letzten drei Jahrzehnten<br />

sind Nachweise erfolgreich überwinternder<br />

Tiere nördlich der Alpen keine<br />

Ausnahme mehr, sodass mittlerweile<br />

wohl nur noch ein kleiner Teil der Frühjahrstiere<br />

von den Mittelmeerküsten zu<br />

uns kommt. Dennoch finden im Verbreitungsgebiet<br />

nach wie vor deutliche<br />

Wanderbewegungen statt. Besonders zur<br />

Herbstzeit fallen die zielstrebig gen Süden<br />

wandernden Admirale auf, die aber<br />

oft nur noch bis an den Oberrhein oder<br />

nach Burgund wandern und das Mittelmeer<br />

gewöhnlich nicht erreichen.<br />

WEITE WANDERUNGEN<br />

Der nahe verwandte Distelfalter dagegen<br />

legt auch heute noch ungeheuer<br />

weite Wanderstrecken zurück: Wenn im<br />

nordafrikanischen Frühling die Pflanzen<br />

dort vertrocknen, wandern die Falter<br />

nach Norden ab und erscheinen etwa ab<br />

April hier bei uns in Mitteleuropa. Auch<br />

von den europäischen Mittelmeerküsten<br />

ziehen die Falter nordwärts, sobald<br />

sich dort die Bedingungen verschlechtern.<br />

Manche der Einwanderer erreichen<br />

dabei sogar Skandinavien. Die Einwanderung<br />

erfolgt in jahrweise sehr unterschiedlicher<br />

Intensität – in manchen<br />

Jahren kaum wahrnehmbar, in anderen<br />

Jahren in auffälligen, den Himmel verdunkelnden<br />

Massenzügen. Die einwandernden<br />

Tiere sorgen bei uns für<br />

Nachwuchs, der normalerweise ab<br />

Mitte Juni in Form frischer Falter in<br />

Erscheinung tritt. Diese Falter orientieren<br />

sich meist wieder südwärts, bringen<br />

aber noch eine zweite Faltergeneration<br />

hervor, deren Individuen etwa ab Ende<br />

August schlüpfen und dann zielgerichtet<br />

nach Süden abwandern.<br />

Wenig wanderfreudig dagegen ist<br />

der Große Fuchs, welcher dem Kleinen<br />

Fuchs sehr ähnlich sieht. Im Unterschied<br />

zum Kleinen Fuchs haben<br />

Große Füchse vier anstatt drei schwarze<br />

Flecken im unteren Vorderflügel


und sind an der Hinterflügelbasis weniger<br />

verdunkelt. Überwinterte Tiere<br />

gehören zu den ersten Tagfaltern im<br />

Jahr, und ihre Nachkommen schlüpfen<br />

etwa ab Mitte Juni. Die Art ist allgemein<br />

selten, zeigt aber seit einigen<br />

Jahren wieder Ausbreitungstendenzen.<br />

Der seltenste unserer Eckenfalter<br />

ist gemeinhin der unverkennbare Trauermantel.<br />

Der große, braune Falter mit<br />

dem breiten gelblichen Rand besucht<br />

nur selten Blüten, saugt aber gerne an<br />

Fallobst oder Baumsäften. Die Raupen<br />

MARKANTE ERSCHEINUNG<br />

Von den weltweit etwa fünfzig Arten der<br />

Unterfamilie der Eisvögel (Limenitidinae)<br />

kommen in Mitteleuropa nur drei<br />

vor: der Kleine Eisvogel, der Blauschwarze<br />

Eisvogel und der spektakuläre Große<br />

Eisvogel. Während die Raupen der beiden<br />

erstgenannten Arten an Heckenkirschen<br />

leben, frisst die des Großen<br />

Eisvogels an Espe. Ganz charakteristisch<br />

ist das Fraßbild junger Eisvogelraupen:<br />

Die Mittelrippe der nach einem<br />

ganz bestimmten Muster befressenen<br />

Blätter (»Fahnenfraß«) wird von den<br />

NATUR-BESTIMMUNG<br />

Jungraupen durch aneinandergeklebte<br />

Kotbällchen zu einer Kotrippe verlängert.<br />

Auf dieser Kotrippe sitzen die Jungraupen<br />

während ihrer Fraßpausen.<br />

Das Weibchen des Großen Eisvogels<br />

ist der größte Tagfalter Mitteleuropas<br />

und auch das etwas kleinere und<br />

unauffälliger gezeichnete Männchen ist<br />

noch eine sehr imposante Erscheinung.<br />

Leider bekommt man die waldbewohnenden<br />

Falter nur sehr selten zu Gesicht,<br />

dabei ist die Art gar nicht mal so extrem<br />

selten und abgesehen von der norddeutschen<br />

Tiefebene durchaus landesweit verbreitet.<br />

Allerdings entzieht sie sich durch<br />

ihr Verhalten den Blicken der Beobachter,<br />

denn fast das gesamte Aktivitätsspektrum<br />

spielt sich im Kronenbereich der<br />

Waldbäume ab, und nur ganz selten kommen<br />

die Falter in bodennahe Bereiche herab.<br />

Ähnlich wie die Schillerfalter werden<br />

aber auch die großen Eisvögel von Fäkalien<br />

und feuchter Erde angelockt – frische<br />

feuchte Pferdeäpfel haben schon so manchen<br />

Falter zum Waldboden herabschweben<br />

lassen. Auf die Suche kann man sich<br />

begeben, sobald die Heckenrosen erblühen<br />

– das ist die Zeit des Falterschlupfs.<br />

Dann sollte man in espenreichen Mischwäldern,<br />

am besten an schwül-warmen<br />

Vormittagen, auf feuchten, unbefestigten<br />

Waldwegen Ausschau halten. Seinem<br />

Glück kann man natürlich nachhelfen,<br />

wenn man Gebiete ansteuert, aus denen<br />

Vorkommen der Art bekannt sind und<br />

wenn man sie dort mit etwas frischem<br />

Pferdemist oder stinkendem Käse ködert.<br />

leben an verschiedenen Laubhölzern<br />

wie Birken, Weiden oder Ulmen. Die<br />

Art bevorzugt kühl-feuchte Klimabedingungen,<br />

weshalb sie sich zunehmend in<br />

höhere Lagen zurückzieht.<br />

09 Der Distelfalter wandert zwischen<br />

Nordafrika und Europa. / K. Sauerbrey<br />

10 Auf der Unterseite seiner Hinterflügel<br />

sitzen markante Augenflecken.<br />

Volker Schadach<br />

11 Vier schwarze Flecken auf dem<br />

Vorderflügel: Der Große Fuchs. / Hubertus<br />

Schwarzentraub<br />

12 Der Große Eisvogel ist der größte<br />

Tagfalter Europas. / Rene Bürgisser<br />

13 Markenzeichen gelber Flügelrand:<br />

Der Trauermantel. / Holger Selisky<br />

14 Ein Blauschwarzer Eisvogel in<br />

Griechenland. / Wil Leurs, Agami<br />

15 Der ähnliche Kleine Eisvogel ist dagegen<br />

dunkelbraun. / Andreas Kolossa<br />

AKTIV AM BODEN<br />

Auch der Kleine Eisvogel ist eine ausgesprochene<br />

Waldart, die aber nur<br />

in solchen Waldgesellschaften anzutreffen<br />

ist, in denen die Raupenpflanzen,<br />

die Rote Heckenkirsche oder das<br />

Waldgeißblatt, im Unterholz wachsen.<br />

Dabei werden zur Eiablage aber nur<br />

kühl-feucht stehende Sträucher genutzt,<br />

solche an trockeneren besonnten<br />

Plätzen bleiben unangetastet. Die Aktivitäten<br />

der im Juni schlüpfenden Art<br />

spielen sich fast ausschließlich in Bodennähe<br />

ab, sodass die Falter in ihrem<br />

Lebensraum wesentlich leichter zu beobachten<br />

sind als der Große Eisvogel.<br />

Im Gegensatz zu diesem besuchen die<br />

dunkelbraunen Falter mit der weißen<br />

Flügelbinde auch regelmäßig Blüten<br />

und sind dabei oft gut zu beobachten.<br />

Der sehr ähnliche Blauschwarze<br />

Eisvogel hat eine bläulich schimmernde<br />

Grundfarbe und ist als südliches Faunenelement<br />

in Deutschland nur sehr lokal<br />

in Wärmeinseln wie dem mittleren<br />

Rheintal oder dem Kaiserstuhl<br />

zu finden. Auch dieser Falter hält sich<br />

vorwiegend bodennah auf und ist als<br />

Blütenbesucher an seinen Vorkommensorten<br />

oft gut zu beobachten. Anders<br />

als die beiden anderen Arten besiedelt<br />

die Art nicht nur Waldlebensräume,<br />

sondern fliegt gerne an gehölzreichen<br />

warmen Wald-Offenland-Übergangsbereichen<br />

oder in Steinbrüchen.<br />

45


NATUR-BESTIMMUNG<br />

46<br />

GLÄNZENDE FLECKEN<br />

Die Perlmutterfalter werden in Deutschland<br />

durch die Gattungen Argynnis (4<br />

Arten), Boloria (6 Arten), Brenthis (2<br />

Arten) sowie durch eine Art der Gattung<br />

Issoria repräsentiert. Vielen dieser Arten<br />

ist gemeinsam, dass ihre Raupen an<br />

Veilchenarten fressen. Ihren deutschen<br />

Namen verdanken die oberseits auf<br />

bräunlich-oranger Grundfarbe schwarz<br />

gemusterten Falter dem Vorkommen<br />

von perlmuttartig glänzenden Flecken<br />

auf den Flügelunterseiten. Am schönsten<br />

ausgeprägt sind diese beim Kleinen Perlmutterfalter,<br />

einer weit verbreiteten, aber<br />

immer seltener werdenden Offenlandart,<br />

die sich an Ackerstiefmütterchen entwickelt.<br />

Auch wenn diese Raupenpflanze<br />

noch durchaus häufig auf unseren Äckern<br />

vorkommt, so erlauben die Methoden<br />

moderner Landwirtschaft doch kaum je<br />

die erfolgreiche Entwicklung der Art im<br />

Bereich unserer Ackerflächen. So ist der<br />

Kleine Perlmutterfalter auf Störstellen an<br />

Böschungen und Rainen sowie in Magerrasen<br />

und Heiden angewiesen, auf denen<br />

Ackerstiefmütterchen ungestört wachsen<br />

können. Die äußerst wanderfreudige Art<br />

bildet drei Generationen pro Jahr aus und<br />

kann von April bis in den Oktober beobachtet<br />

werden, wobei die Herbstgeneration<br />

zahlenmäßig die stärkste ist.<br />

Im krassen Gegensatz zur eben beschriebenen<br />

Art finden sich beim Mädesüß-Perlmutterfalter<br />

überhaupt keine<br />

Perlmuttflecken. Seine Hinterflügelunterseite<br />

ist gelblich marmoriert und im<br />

Bereich einer Fleckenreihe in der Flügelmitte<br />

schmal violett übertönt. Die Art besiedelt<br />

die feuchten Hochstaudenfluren<br />

der Flussauen mit guten Beständen ihrer<br />

Raupenpflanze Mädesüß (Filipendula ulmaria).<br />

In solchen Lebensräumen ist der<br />

Falter fast stets vorhanden und kann hier<br />

in wärmeren Gegenden ab Mitte Juni beobachtet<br />

werden. Die Verbrachung von<br />

Feuchtwiesen infolge Nutzungsaufgabe<br />

hat in der Vergangenheit zu Lebensraumzugewinnen<br />

für diese Art geführt. Der<br />

sehr ähnliche Brombeer-Perlmutterfalter<br />

kommt in Deutschland bisher nur an<br />

wenigen Orten vor, breitet sich aber vor<br />

allem im Saarland und der angrenzenden<br />

Pfalz zunehmend aus. Er ist merklich größer<br />

als seine Schwesterart, und der violett<br />

überhauchte Bereich des Hinterflügels ist<br />

deutlich ausgedehnter. Er reicht bis zum<br />

Flügelsaum und dringt in einer Zelle auch<br />

in das gelbliche Mittelband ein. Sein Lebensraum<br />

sind strukturreich ausgeprägte,<br />

warme Waldrandbereiche mit Brombeergebüschen.<br />

Beide Brenthis-Arten bilden<br />

nur eine Generation pro Jahr aus.<br />

Von den zahlreichen Arten der Gattung<br />

Boloria sei hier exemplarisch der Magerrasen-Permutterfalter<br />

vorgestellt:<br />

Wie sein deutscher Name schon andeutet,<br />

handelt es sich um eine Art mit recht<br />

strikter Beschränkung auf Magerrasenhabitate.<br />

Die sehr kleine Art bildet zwei<br />

bis drei Generationen aus und die erste<br />

kann in warmen Jahren schon ab Mitte


16 Der Kaisermantel fliegt ab Mitte<br />

Juni / Hans Schwarting<br />

17 Der Kleine Perlmutterfalter ähnelt<br />

ihm, ist aber viel kleiner. / B. Emig<br />

18 Der Magerrasen-Perlmutterfalter<br />

tritt in warmen Jahren schon im April<br />

auf. / Hans Schwarting<br />

‣ 19 Punkte im Gittermuster am Hinterflügel:<br />

Der Wegerich-Scheckenfalter /<br />

Andreas Schäfferling<br />

April in Erscheinung treten. Charakteristisch<br />

ist neben Lebensraum und geringer<br />

Größe vor allem die Färbung der<br />

Hinterflügelunterseite: Eine breit violett<br />

übergossene Punktreihe am Außenrand<br />

und eine daran anschließende Fleckenbinde<br />

in der Flügelmitte, in welcher drei<br />

voneinander isoliert stehende Flecken<br />

als Perlmuttflecken ausgebildet sind.<br />

Der mittlere davon hat die Form eines<br />

Dreiecks mit lang ausgezogener Spitze.<br />

HÄUFIGE BLÜTENBESUCHE<br />

Der prominenteste Vertreter der Gattung<br />

Argynnis ist sicher der bekannte Kaisermantel.<br />

Er ist der größte Vertreter unserer<br />

Perlmutterfalter und wiederum eine<br />

typische Art der Wälder. Kaisermäntel<br />

schlüpfen in normalen Jahren nicht vor<br />

Mitte Juni und können dann an Waldwegen<br />

und in verlichteten Bereichen häufig<br />

beim Blütenbesuch beobachtet werden.<br />

Eine besondere Rolle spielt dabei Wasserdost,<br />

für den die Falter eine ganz besondere<br />

Vorliebe haben. Die Eiablage<br />

erfolgt erst nach längerer Lebensdauer<br />

der Weibchen an rissiger Baumrinde im<br />

Umfeld von Veilchenwuchsorten, meist<br />

an Waldsäumen. Die Raupen schlüpfen<br />

noch im Herbst und überwintern, ohne<br />

vorher Nahrung aufzunehmen, in Rindenritzen.<br />

Im Frühling begeben sie sich<br />

dann zu den austreibenden Veilchen, um<br />

an diesen zu fressen. Im Unterschied zu<br />

den meisten anderen Perlmutterfaltern<br />

sind beim Kaisermantel Männchen und<br />

Weibchen oberseits recht deutlich unterschiedlich<br />

gemustert, doch braucht es<br />

gar keinen Blick auf das Muster, um die<br />

Artzugehörigkeit eines Kaisermantels<br />

in Mitteleuropa zweifelsfrei zu erkennen.<br />

Der Flügelschnitt mit dem auffällig<br />

konkaven Vorderflügelaußenrand ist<br />

im Vergleich zu anderen Faltern dieser<br />

Größe nämlich einzigartig – lediglich<br />

der viel kleinere Kleine Perlmutterfalter<br />

zeigt dieses Merkmal ebenfalls.<br />

Bemerkenswert ist, dass beim Kaisermantel<br />

in scheinbar allen Populationen<br />

ein kleiner Anteil dunkel überstäubter<br />

Weibchen vorkommt, die sogenannte<br />

»forma valesina«. Männchen kann<br />

man anhand ihrer vier auffällig breiten<br />

Duftschuppenstriche auf den Vorderflügeln<br />

gut als solche identifizieren.<br />

Solche Duftschuppenstriche längs der<br />

Flügeladern tragen – weniger breit und<br />

in geringerer Anzahl – auch die Männchen<br />

unserer drei anderen Argynnis-Arten<br />

Großer-, Stiefmütterchen- und<br />

Feuriger Perlmutterfalter. Diese sind im<br />

Gegensatz zum weit verbreiteten Kaisermantel<br />

anspruchsvolle Bewohner von<br />

offenen und halboffenen Lebensräumen.<br />

GITTERARTIGE MUSTER<br />

Die schwierige Gruppe der Scheckenfalter<br />

(Gattungen Melitaea und Euphydryas)<br />

ist im außeralpinen Mitteleuropa<br />

durch zehn Arten vertreten, von denen<br />

insbesondere drei Arten selbst von Spezialisten<br />

nur schwer zu unterscheiden<br />

sind (M. athalia, M. aurelia und M. britomartis).<br />

Gemeinsam ist allen Scheckenfaltern<br />

ein gitterartiges schwarzes<br />

Oberseitenmuster auf orangerotem bis<br />

braunrotem Grund.<br />

Eine der gut zu erkennenden Arten<br />

ist der Wegerich-Scheckenfalter, dessen<br />

Alleinstellungsmerkmal das Vorhandensein<br />

von schwarzen Punkten in der von<br />

außen gesehen zweiten Gitterkästchenreihe<br />

der Hinterflügel ist. Auch der rote<br />

Scheckenfalter, wie die vorgenannte Art<br />

ein Bewohner von warmen Magerrasen,<br />

lässt sich vor allem im männlichen<br />

Geschlecht anhand seiner leuchtend<br />

orangefarbenen Grundfarbe mit stark<br />

reduziertem Gittermuster gut von anderen<br />

Arten unterscheiden. Der eher<br />

in Feuchtgebieten zu findende Baldrian-Scheckenfalter<br />

fällt durch seine extrem<br />

dunkel wirkende Oberseite auf, in<br />

der die schwarzen Gitterlinien so breit<br />

angelegt sind, dass der Schwarzanteil<br />

deutlich sichtbar über die Grundfarbe<br />

dominiert.<br />

47


NATUR-KIND<br />

48<br />

An den kahlen Zweigen entstehen kleine<br />

Knospen, und schon mit ein paar<br />

Grad Temperaturanstieg sprießen<br />

Blüten und neue Blätter. Aber da geht<br />

noch mehr. Bäume sind unglaublich talentiert.<br />

Sie sind echte Alleskönner. Bäume<br />

bestimmen das Aussehen unserer Welt und<br />

machen sie nicht nur vielfältig, sondern<br />

auch für Mensch und Tier wohnlich. Wir<br />

brauchen Bäume um uns herum. Sie filtern<br />

unser Wasser, ziehen Gifte aus der<br />

Luft und geben uns Sauerstoff zum Atmen<br />

zurück. Sie tragen Früchte und liefern<br />

Energie, sowohl als Nahrung als auch in<br />

Form von Brennstoff. Und sie dienen als<br />

Rohstoff für Häuser, Schiffe, Möbel,<br />

Papier, Kleidung, Instrumente und<br />

noch vieles mehr. Kein Wunder also,<br />

dass sich zahlreiche Geschichten<br />

und Bräuche<br />

um die stummen Riesen<br />

drehen.<br />

Die Mutter der Welt<br />

Zum Beispiel lebten vor langer Zeit in Irland<br />

Druiden. So nannte man die keltischen<br />

Priester. Sie glaubten, dass Erde und Sonne<br />

aus zwei roten Schlangeneiern entstanden<br />

sind, die unter der Rinde einer Weide eingeschlossen<br />

waren. Die Weide wurde damit<br />

zur Mutter der Welt. Jedes Jahr im Frühling<br />

feierten die Druiden das Fest Beltane und<br />

spielten diese »Geburt« mit Weidenästen,<br />

Feuer und gefärbten Eiern nach. Kommt dir<br />

das irgendwie bekannt vor? Vielleicht stehen<br />

auch bei euch zu Hause an Ostern Zweige mit<br />

kleinen, flauschigen Weidenkätzen in einer<br />

Vase, und bunt gefärbte Eier baumeln dran.<br />

Magische Bluten<br />

Die Japanische Kirsche blüht in Japan je<br />

nach Gegend von Ende März bis Anfang Mai.<br />

Dann ist traditionell Zeit für Hanami, das<br />

»Kirschblütenfest«. Damit bejubelt man den<br />

Frühlingsanfang und die Schönheit der voll<br />

erblühten Kirschbäume, die in Weiß, Rosa<br />

und Flieder fast magisch wirken. In vielen<br />

Dörfern und Städten werden die Bäume bei<br />

Nacht angestrahlt, die Menschen picknicken<br />

und tanzen unter dem Blütenmeer. Schon<br />

nach wenigen Tagen schweben die Blüten zu<br />

Boden und bedecken die Straßen wie einen<br />

Teppich – dann ist der Zauber vorbei.


NATUR-KIND<br />

Wurzeln in der Luft<br />

Kurze Äste, noch kürzere Zweige, dicker<br />

Stamm: Wenn ein Baum so ungewöhnlich<br />

aussieht wie der Baobab, der Affenbrotbaum,<br />

dann muss es über ihn eine Menge<br />

Geschichten geben. Im Süden Afrikas<br />

erzähltet man sich diese: Dem Gott Cagn<br />

gefiel es gar nicht, dass der Baobab wie<br />

ein ganz gewöhnlicher Baum aussah. Er<br />

riss ihn kurzerhand aus und warf ihn vom<br />

Himmel auf die Erde hinunter. Dort landete<br />

er auf seiner Baumkrone und wuchs<br />

einfach verkehrt herum an, Krone in der<br />

Erde, Wurzeln in der Luft. Glück im Unglück!<br />

Er hätte in der Hitze auch einfach<br />

vertrocknen können. Auch andere Mythen<br />

ranken sich um den Baum, der von manchen<br />

afrikanischen Völkern sogar als heilig angesehen<br />

wird.<br />

Die Eiche ist nicht nur der<br />

Lieblingsbaum der Deutschen, auch<br />

bei den alten Griechen wurde der<br />

knorrige Baum sehr verehrt und<br />

war dem Göttervater Zeus geweiht.<br />

Und da Zeus nie ohne Blitz unterwegs<br />

ist, lässt er den auch bevorzugt<br />

in die Eiche sausen. Vielleicht kommt<br />

daher der sprichwörtliche Rat, dass man<br />

bei Gewitter »Buchen suchen« und »Eichen<br />

weichen« soll? Angeblich schlägt der Blitz<br />

häufiger in Eichen ein als in ähnlich große<br />

und hohe andere Baumarten – was<br />

aber so nicht stimmt. Bei<br />

Gewitter solltest du besser<br />

alle Bäume meiden.<br />

Fiese Strategie<br />

Ein ganz und gar ungewöhnliches<br />

Exemplar von Baum ist<br />

der Banyan, die sogenannte<br />

Würgefeige. Sie wächst im Regenwald,<br />

zum Beispiel in Indien,<br />

Indonesien und Kambodscha.<br />

Diese Feigenart hat eine ganz<br />

niederträchtige Strategie: Sie<br />

sät sich in den Ästen anderer Bäume<br />

aus und bildet zunächst Luftwurzeln,<br />

die wie dicke Stricke nach unten hängen<br />

oder sich am Stamm ihres Wirtes Richtung<br />

Boden tasten. Der eigentliche Baum sitzt<br />

also auf dem Wirtsbaum und nimmt ihm<br />

Licht und Luft weg. Schließlich erdrückt<br />

er seinen Wirtsbaum, und der verrottet<br />

langsam unter dem Emporkömmling. So<br />

entsteht zwischen all den Luftwurzeln der<br />

Würgefeige viel Platz, ihr Stamm bleibt<br />

nämlich hohl - eine tolle Höhle!<br />

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