Berliner Zeitung 12.03.2019
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6* <strong>Berliner</strong> <strong>Zeitung</strong> · N ummer 59 · D ienstag, 12. März 2019<br />
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Wirtschaft<br />
NACHRICHTEN<br />
EU-Kommission plant<br />
übersichtliche Energielabel<br />
DieEnergielabel vonLampen, Kühlschränken,<br />
Wasch- und Spülmaschinen<br />
sollen in der EU übersichtlicher<br />
werden. Ab 1. März2021 sollen diese<br />
Produkte nur noch mit einer Skala<br />
vonAbis Ggekennzeichnet werden,<br />
teilte die EU-Kommission am Montag<br />
mit. Verwirrende Label wie A+++<br />
verschwinden. DieKommission verspricht<br />
sich durch die neuen Labels<br />
eine Energieersparnis in Höhe des<br />
Jahresverbrauchs Ungarns.Monique<br />
Goyens,Generaldirektorindes Europäischen<br />
Verbraucherverbands<br />
Beuc, begrüßte den Schritt: „Die neuen<br />
Labels werden entscheidend für<br />
Verbraucher sein, das energieeffizienteste<br />
Produkt zu wählen und Geld<br />
zu sparen.“ (dpa)<br />
Scholz: Banken<br />
loten die Lage aus<br />
Deutsche Bank und Commerzbank<br />
loten nach Worten vonBundesfinanzminister<br />
Olaf Scholz (SPD) die<br />
aktuelle Lage aus.„Es gibt Beratungen<br />
über die Situation, wie sie ist“,<br />
sagte Scholz am Montag. „Mehr gibt<br />
es gegenwärtig nicht zu sagen.“ Am<br />
Wochenende berichtete die „Welt<br />
am Sonntag“, der Vorstand der<br />
Deutschen Bank habe beschlossen,<br />
Gespräche mit dem Konkurrenten<br />
aufzunehmen. Es habe bereits „inoffizielle<br />
Kontakte in sehr kleiner Runde<br />
gegeben“. DieBundesregierung<br />
steht „wirtschaftlich sinnvollen Optionen<br />
offen gegenüber“. Seit der Finanzkrise<br />
ist der Bund mit rund<br />
15 Prozent größter Einzelaktionär<br />
der Commerzbank. (dpa)<br />
Energieagentur rechnet mit<br />
Anstieg der US-Ölexporte<br />
Die USAverstärken derzeit dieFörderung<br />
von Schieferöl.<br />
FOTO: STEVE GONZALES/DPA<br />
DieUSA werden nach Einschätzung<br />
der Internationalen Energieagentur<br />
(IEA) ihreÖlexporte bis 2024 wegen<br />
der Schieferölförderung weiter steigern.<br />
In den kommenden fünf Jahrenwerdendie<br />
Vereinigten Staaten<br />
das Wachstum des Angebots auf<br />
dem Ölmarkt stützen, hieß es im Bericht<br />
„Oil 2019“, der am Montag in<br />
Parisveröffentlicht wurde.Demnach<br />
werden die US-Ölexporte das Volumen<br />
der russischen Ausfuhren übertreffen.<br />
In den kommendenfünf Jahrenwürden<br />
die USA für 70 Prozent<br />
des globalen Anstiegs der Ölproduktion<br />
verantwortlich sein. (dpa)<br />
Deutschland erwartet keine<br />
Einigung bei Digitalsteuer<br />
DieBundesregierung erwartet keine<br />
rasche Einigung der EU-Staaten auf<br />
neue Regeln zur Besteuerung von<br />
Digitalkonzernen. Manglaube<br />
nicht, dass beim Treffen der EU-Finanzminister<br />
an diesem Dienstag<br />
die notwendige Einstimmigkeit erzielt<br />
werde, hießesaus dem Finanzministerium.<br />
Dänemark, Schweden,<br />
Finnland und Irland hätten Bedenken,<br />
weil sie Verluste bei den Steuereinnahmen<br />
fürchteten. DieEU-<br />
Kommission hatte vorgeschlagen,<br />
für große Digitalunternehmen mit<br />
einem weltweiten Jahresumsatz von<br />
mindestens 750 Millionen Euro sowie<br />
einem Onlineumsatz von<br />
50 Millionen Euro in Europa 3Prozent<br />
Ertragssteuer zu erheben. (dpa)<br />
Die Konjunktur steht auf der Kippe<br />
Jetzt schraubt auch die deutsche Industrie ihre Erwartungen für das laufende Jahr zurück<br />
Von Frank-Thomas Wenzel<br />
Nahezu täglich werden<br />
derzeit Prognosen zur<br />
wirtschaftlichen Entwicklung<br />
in diesem Jahr<br />
zurückgestutzt. Wir erklären die<br />
Gründe für die Schwarzmalerei und<br />
wie groß die Gefahr eines Absturzes<br />
wirklich ist.<br />
Steht eine Rezession mit schrumpfender<br />
Wirtschaft und Jobabbau bevor?<br />
So weit sind wirnoch längst nicht.<br />
In den vergangenen Wochen war<br />
aber nach fast zehn Jahren stetigen<br />
Wachstums ein Schwinden der Dynamik<br />
in Deutschland und vielen anderen<br />
Ländern zu erkennen: Der<br />
Konjunkturmotor hat bildlich gesprochen<br />
die Drehzahl verringert.<br />
Die Experten gehen durch die Bank<br />
davon aus, dass das Wachstum des<br />
Bruttoinlandsprodukts vom vergangenen<br />
Jahr (1,5 Prozent) 2019 nicht<br />
mehr erreicht werden kann.<br />
Der Bundesverband der Deutschen<br />
Industrie teilte am Montag<br />
mit, dass er noch mit einem Plus von<br />
1,2 Prozent rechne –bisher waren es<br />
justjene1,5ProzentvomVorjahr.Der<br />
Industrieländer-Club OECD erwartetsogarnur0,7ProzentunddieBundesregierung<br />
ein Prozent. Das gewerkschaftsnahe<br />
Institut IMK sagt<br />
immerhin mehr als ein Prozent voraus.<br />
Wie sehen die aktuellen Daten aus?<br />
Das Statistische Bundesamt hat<br />
am Montag Zahlen vorgelegt, die die<br />
These vonder Konjunkturabkühlung<br />
stützen. So stagnierten im Januar die<br />
Exporte im Vergleich zum Dezember.<br />
Der Wert der ausgeführten Waren<br />
(knapp 109 Milliarden Euro) bedeutet<br />
zugleich zwar eine Steigerung im<br />
Vergleich zum Vorjahresmonat, aber<br />
nur um 1,7 Prozent. Der Groß- und<br />
Außenhandelsverband BGA sprach<br />
von einem „schwachen Exportwachstum“.<br />
Bemerkenswert ist außerdem,<br />
dass die Produktion der Industrie im<br />
ersten Monat des Jahres im Vergleich<br />
zum Dezember 2018 um 0,8 Prozent<br />
zurückgingundbeidenFirmendeutlich<br />
weniger Aufträge eingingen, insbesondere<br />
aus Ländern jenseits der<br />
Euro-Zone und in hohem Maßbei Investitionsgütern.<br />
Wassind die Ursachen der sich anbahnenden<br />
Misere?<br />
DieZahlenlassen sich als Bestätigung<br />
der derzeit unter Volkswirten<br />
herrschenden Meinung lesen, dass<br />
der Handelskrieg zwischen den USA<br />
und China nicht nur dort die Wirtschaft<br />
bremst, sondernauch in Europa.<br />
Schließlich sei die deutsche<br />
Außenwirtschaft „symbiotisch“, so<br />
der BGA, mit China verknüpft. Hinzu<br />
kommt die Drohung der USA, die Importe<br />
europäischer Autos mit Strafzöllen<br />
zu belegen.<br />
Fernzüge im Februar zu 80 Prozent pünktlich<br />
Auch wenn noch jeder fünfte ICE oder Intercityzuspät kam –sofahrplantreu wardie DeutscheBahnlange nicht<br />
Von Bernd Röder<br />
Die Deutsche Bahn hat Reisende<br />
im Februar seltener warten lassen.<br />
Zwar kam noch jeder fünfte<br />
Fernzug zu spät. Das war aber der<br />
beste Monatswert seit Februar 2018,<br />
wie der Konzernmitteilte.„Wirmüssen<br />
besser werden“, sagte Vorstandschef<br />
Richard Lutz der „Frankfurter<br />
Allgemeinen <strong>Zeitung</strong>“.<br />
Sein Ziel ist, dass in diesem Jahr<br />
76,5 Prozent der Fernzüge weniger<br />
als sechs Minuten zu spät fahren –<br />
dann gelten sie nach bisheriger<br />
Bahndefinition als pünktlich. „Im<br />
Februar waren wir im Fernverkehr<br />
mit 80 Prozent Pünktlichkeit schon<br />
deutlich besser unterwegs“, sagte<br />
Lutz. „Im Januar waren es nur<br />
76,3 Prozent, da haben wir noch mit<br />
Exportstagniert, Produktion gehtzurück–doch der Konsum läuft.<br />
Notenbank: Die Europäische<br />
Zentralbank verfügt<br />
über eine Reihe vonInstrumenten,<br />
die aber zunächst<br />
nur die Lageder Banken verbessernkönnenund<br />
deshalb<br />
nur indirekt, also mit<br />
Zeitverzögerung wirken. Industrie<br />
und Handel betonen,<br />
wichtig seien vorallem konkrete<br />
Impulse –etwa eine<br />
Reformder Unternehmenssteuer.<br />
Fahrzeugproblemen gekämpft.“ Im<br />
Regionalverkehr einschließlich<br />
S-Bahnen wurde der bundeseigene<br />
KonzernimFebruar besser.95,3 Prozent<br />
der Züge waren pünktlich. Im Januar<br />
waren es erst 94,6 Prozent.<br />
Künftig will die Bahn offenbar andereMaßstäbe<br />
für ihrePünktlichkeit<br />
einführen: Zentral ist nicht mehr,ob<br />
Züge wie angekündigt fahren. Sondern<br />
obdie einzelnen Fahrgäste mit<br />
ihrem IC oder ICE mehr als 15 Minuten<br />
verspätet am Ziel eintreffen. Verkehrspolitiker<br />
kritisierten den Schritt<br />
und vermuteten hinter der Entscheidung<br />
statistische Trickserei.<br />
Nunstellt das Unternehmen aber<br />
klar, dass die Messung der zugbezogenen<br />
Pünktlichkeit unverändert<br />
bleibt. Dies solle auch weiterhin regelmäßig<br />
veröffentlicht werden,<br />
DIE KONJUNKTUR STÄRKEN<br />
Investitionen: Deutschland<br />
könnte sich zusätzliche Ausgaben<br />
leisten. Die Staatsverschuldung<br />
entspricht inzwischen<br />
wieder in etwa den<br />
Vorgaben der Währungsunion.<br />
Außerdem sind neue<br />
Kredite für den Bund extrem<br />
günstig,Investoren sind sogarbereit,<br />
dem deutschen<br />
Staat Darlehen mit einer<br />
Laufzeit vonfünf Jahren zum<br />
Negativzins zu geben.<br />
FOTO: DANIEL REINHARDT/DPA<br />
Steuern: Tatsächlich können<br />
weniger Abgaben für Unternehmen<br />
sehr schnell positiv<br />
auf die Konjunktur wirken.<br />
Sie senken aber auch die<br />
Steuereinnahmen, was den<br />
Fiskus in Italien und Frankreich<br />
zusätzlich belasten<br />
würde. Wirtschaftsforscher<br />
sehen deshalb vorallem öffentliche<br />
Investitionen als<br />
treffsicheres Instrument zur<br />
Konjunkturbelebung.<br />
schreibt das Unternehmen. Dieneue<br />
Messmethode solle eine „Ergänzung“<br />
zur bisherigen sein und abbilden,<br />
wie sehr sich eine Zugverspätung<br />
tatsächlich auf die Passagiere<br />
auswirkt. Wenn etwa ein Zug zehn<br />
Minuten Verspätung hat, werden<br />
nachderaltenMessmethodenurdiese<br />
zehn Minuten erfasst –auch wenn<br />
möglicherweise ein Anschlusszug<br />
verpasst wurde, was dem einzelnen<br />
Fahrgast eine ganze Stunde Verspätung<br />
eingebrockt haben könnte.<br />
Die Bahn erhofft sich von dieser<br />
Ergänzung der Statistik, die Realität<br />
der Bahnreisenden besser abbilden<br />
zu können. Auch ermögliche diese<br />
Erhebungsmethode die Vergleichbarkeit<br />
mit den entsprechenden<br />
Kennzahlen für den Luftverkehr und<br />
den Fernbus.<br />
Einweiterer Faktor istder nahende<br />
Brexit, für den es noch immer keinen<br />
Fahrplan gibt. Genannt werden<br />
auch immer wieder die Probleme der<br />
Autobranche bei der Umstellung auf<br />
die neuen WLTP-Abgastests.Das hat<br />
denAbsatzneuerPkwseitSeptember<br />
2018 teils massiv gebremst. Doch im<br />
Februar stieg die Zahl der Neuzulassungen<br />
wieder.<br />
Gibt es noch andere positive Entwicklungen?<br />
Gegenwärtigistdeutlichzuerkennen,<br />
dass das hohe Niveau der Konsumausgaben<br />
hierzulande als Stabilisator<br />
wirkt. Davonprofitieren auch<br />
Firmen, die nach Deutschland importieren.<br />
Die Einfuhren kletterten<br />
im Januar im Vergleich zum Vorjahresmonat<br />
um 5Prozent.<br />
Zugleich stieg auch die heimische<br />
Produktion von Konsumgütern um<br />
1,5 Prozent. Maßgeblich verantwortlich<br />
dafür sind die relativ hohen Tarifabschlüsseder<br />
vergangenen Monate.<br />
Durchweg wurden Lohn- und Gehaltssteigerungen<br />
durchgesetzt, die<br />
über der Inflation lagen, die also die<br />
Kaufkraft der Verbraucher weiter<br />
steigern.<br />
Wie kann die Lage nun weiter stabilisiertwerden?<br />
Die Europäische Zentralbank<br />
(EZB) hat schon vorige Woche mit<br />
einem neuen Sonderprogramm reagiert,<br />
damit Banken den Unternehmen<br />
mehr Kredite für Investitionen<br />
geben. Die chinesische Regierung<br />
hat ein gigantisches Konjunkturprogramm<br />
mit einem Volumen von<br />
mehreren Hundert Milliarden Euro<br />
auf den Weggebracht.<br />
Auch die EU-Finanzminister diskutieren<br />
an diesem Dienstag über die<br />
Strategie für die nächsten Monate.<br />
Medienberichten zufolge pocht Finanzminister<br />
Olaf Scholz (SPD) darauf,<br />
dass die Staaten der Euro-Zone<br />
ihre Schulden weiter abbauen und<br />
Strukturreformen auf den Wegbringen,<br />
die Staatsausgaben reduzieren<br />
sowie Impulse für Unternehmen und<br />
den Arbeitsmarkt bringen. Damit soll<br />
die Währungsunion wetterfest gemacht<br />
werden, um bei einem Abschwung<br />
Handlungsspielräume zu<br />
haben.<br />
Welche EU-Staaten sind damit gemeint?<br />
ZuallererstFrankreichundItalien.<br />
In beiden Ländernliegt die Staatsverschuldung<br />
deutlich über den Obergrenzen,<br />
auf die sich die Euro-Staaten<br />
geeinigt haben. Und inbeiden<br />
Ländern soll in diesem Jahr eine<br />
spürbare Neuverschuldung hinzukommen.<br />
Allerdings muss dabei bedacht<br />
werden, dass für die geforderten<br />
Strukturreformen extrem dicke<br />
Bretter gebohrt werden müssen.<br />
Selbst wenn die Regierungen dies beherzt<br />
angingen, würde es Jahre dauern,<br />
bis sich spürbareEffekte zeigen.<br />
Die mögliche Ergänzung werde<br />
nun mit Kunden, Verbänden und der<br />
Politik intensiv besprochen, „um jede<br />
Art von Missverständnissen zu<br />
vermeiden“, teilte das Unternehmen<br />
mit. ProBahn begrüßte in einer Stellungnahme<br />
die Ergänzung der Statistik:<br />
„Damit würde eine Forderung<br />
von Pro Bahn erfüllt werden, indem<br />
auch das Funktionieren von Anschlüssen<br />
und die Auslastung betroffener<br />
Züge berücksichtigt wird“,<br />
schreibt der Fahrgastverband.<br />
Messen will das die Bahn, indem<br />
sie verschiedene vorhandene Datensätzemiteinander<br />
verknüpft. Einfließen<br />
sollen die anonymisierten Buchungsdaten<br />
von etwa 270000 Passagieren<br />
sowie die Pünktlichkeitsdaten<br />
der etwa 7000 Fernverkehrshalte.<br />
(dpa)<br />
Der Mobilfunk<br />
und die<br />
Milchkanne<br />
5G-Netz enttäuschtdie<br />
hohenErwartungen<br />
Von Christoph Dernbach<br />
Es war eigentlich nur ein flotter<br />
Spruch zur geplanten Auktion<br />
der 5G-Mobilfunkfrequenzen: „5G<br />
ist nicht an jeder Milchkanne notwendig“,<br />
sagte ForschungsministerinAnja<br />
Karliczek (CDU) und machte<br />
sich gleichzeitig für einen flächendeckenden<br />
Ausbau der vierten Mobilfunkgeneration<br />
LTEstark. Es folgte<br />
ein Sturmder Entrüstung.<br />
Inzwischen haben sich die Wogen<br />
wieder geglättet. Doch mit der Versteigerung<br />
der Frequenzen für die<br />
fünfte Mobilfunkgeneration rückt<br />
die Frage in den Mittelpunkt, welchen<br />
Beitrag 5G zur Beseitigung der<br />
„weißen Flecken“ auf der Mobilfunklandkarte<br />
liefern kann. Auch in der<br />
Landwirtschaft warten etliche Hightechbauern<br />
auf ein Mobilfunknetz<br />
mit minimaler Signallaufzeit, damit<br />
Mähdrescher mit Internetanschluss<br />
komplett autonom über die Felder<br />
fahren können.<br />
Glasfaserkabelnotwendig<br />
Technisch gesehen ist es aber keine<br />
banale Aufgabe, den schnellen 5G-<br />
Funk in jeden Winkel Deutschlands<br />
zu bringen. Das liegt daran, dass bei<br />
den hohen Ansprüchen an das neue<br />
Netz die meisten Mobilfunkbasisstationen<br />
über Glasfaserleitungen angebunden<br />
sein müssen. In Ausnahmefällen<br />
kann eine Basisstation auch<br />
mit Richtfunk ins Netz gebracht werden.<br />
Diese Funkverbindung kann<br />
aber nicht die Geschwindigkeiten<br />
der Glasfaser bieten. In derRegel gilt<br />
deshalb: Ohne Glasfaser kein 5G.<br />
Erschwerend kommt hinzu, dass<br />
die bei der Auktion angebotenen 5G-<br />
Frequenzen eigentlich nicht für eine<br />
flächendeckende Versorgung infrage<br />
kommen. „Jetzt wird ein Spektrum<br />
bei 3,6 Gigahertz versteigert“, kritisierte<br />
Achim Berg, Präsident des<br />
Branchenverbandes Bitkom. „Das ist<br />
wegen ungünstiger Ausbreitungsbedingungen<br />
für die Flächenversorgung<br />
gänzlich ungeeignet.“ Anstelle<br />
der existierenden 60000 bis 70000<br />
Funkmasten brauche man im 3,6er-<br />
Band rund 800000 Funkmasten, um<br />
98 Prozent der Haushalte mit 5G zu<br />
versorgen, rechnete Berg vor.<br />
„Deutschland müsste im Abstand<br />
von jeeinem Kilometer mit Funkmasten<br />
gespickt und schachbrettmusterartig<br />
aufgebaggert oder aufgefräst<br />
werden.“<br />
Auch LTEsollschneller werden<br />
Bei der Kalkulation des Bitkom-Präsidenten<br />
wurde allerdings nicht berücksichtigt,<br />
dass 5G auch mit niedrigeren<br />
Frequenzen funktioniert, die<br />
die Netzbetreiber bereits vordreiJahrenersteigerthaben.<br />
Das700-Megahertz-Band<br />
wurde einst für die erste<br />
Version des digitalen Antennenfernsehens<br />
DVB-T genutzt und wurde<br />
nach 2015 Schritt für Schritt für den<br />
Mobilfunk leergeräumt. Der Teufel<br />
liegt aber auch dort imDetail: Die<br />
drei großen Betreiber –Deutsche Telekom,<br />
Vodafone und Telefónica –<br />
verfügen im 700-Megahertz-Band<br />
nur über enge Bereiche vonzweimal<br />
zehn Megahertz. Aufgrund dieser geringen<br />
Bandbreite wird sich deshalb<br />
die dort erzielbare Datenrate bei 5G<br />
in engen Grenzen halten.<br />
Da andere Frequenzbereiche mit<br />
hoher Reichweite für 5G in absehbarerZeit<br />
nicht frei werden, müssen die<br />
Mobilfunkkunden auf dem Land darauf<br />
hoffen, dass sich zumindest die<br />
Versorgung mit der vierten Mobilfunkgeneration<br />
LTEverbessert. Dort<br />
werden Frequenzen verwendet, die<br />
sich besser für eine flächendeckende<br />
Versorgungeignen(800MHzund900<br />
MHz) als die neuen Frequenzen aus<br />
der 5G-Auktion. Positiv auswirken<br />
wirdsich dabei, dass Technikkonzerne<br />
wie Qualcomm und Samsung daranarbeiten,<br />
den bestehenden Standard<br />
LTE immer schneller zu machen.<br />
(dpa)