Berliner Zeitung 13.03.2019
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16 * <strong>Berliner</strong> <strong>Zeitung</strong> · N ummer 60 · M ittwoch, 13. März 2019<br />
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Berlin/Brandenburg<br />
NACHRICHTEN<br />
Getötet bei<br />
Frontalzusammenstoß<br />
Beieinem schweren Verkehrsunfall<br />
auf der Bundesstraße B101 ist am<br />
Dienstagmorgen eine Frau ums Leben<br />
gekommen. Wieeine Polizeisprecherin<br />
sagte,kam ein Mann<br />
schwer verletzt ins Krankenhaus.Die<br />
Frau war mit ihrem Wagen aus ungeklärten<br />
Gründen kurzvor Kloster<br />
Zinna in Richtung Luckenwalde<br />
(Teltow-Fläming) auf die Gegenfahrbahn<br />
geraten und frontal mit einem<br />
Kleintransporter zusammengestoßen.<br />
Dabei kippte der Transporter<br />
um und klemmte den Fahrer ein. Die<br />
Feuerwehr musste ihn freischneiden.<br />
Nach Polizeiangaben ging der<br />
Transporter kurzdarauf in Flammen<br />
auf. Die59-jährige Frau konnte nur<br />
noch tot aus ihrem Auto geborgen<br />
werden. (dpa)<br />
80 zusätzliche Stellen<br />
bei der Justiz<br />
MitHilfe des Bundes will das Land in<br />
der Justiz 80 zusätzliche Stellen<br />
schaffen. Ab sofortwürden 35 neue<br />
Richter und Staatsanwälte sowie 45<br />
weitereJustizmitarbeiter eingestellt,<br />
teilte die Staatskanzlei mit. Justizminister<br />
Stefan Ludwig (Linke) sprach<br />
voneiner Stärkung des Rechtsstaats.<br />
„Damit wirdesmöglich sein, dass<br />
die Brandenburgerinnen und Brandenburger<br />
schneller zu ihrem Recht<br />
kommen.“ DasGeld für die Stellen<br />
kommt aus dem „Pakt für den<br />
Rechtsstaat“, auf den sich die Länderchefs<br />
Ende Januar mit der Bundesregierung<br />
geeinigt haben. (dpa)<br />
Weitere Probleme<br />
beim Bau des BER<br />
DieKabeltrassen auf der Baustelle<br />
des Hauptstadtflughafens BER werden<br />
wohl erst im Juli fertig. Dabei<br />
gebe es noch etliche Risiken, sagte<br />
Flughafenchef EngelbertLütke<br />
Daldrup im Flughafenausschuss des<br />
Brandenburger Landtags.Bei der<br />
immer noch unfertigen Brandmeldeanlage<br />
hofft er auf eine Fertigstellung<br />
mit Prüfergebnis bis April.<br />
„Auch dabei gibt es noch einen möglichen<br />
Risikozuschlag.“ Damit gerät<br />
der Zeitplan für die geplante Eröffnung<br />
im Herbst 2020 weiter unter<br />
Druck. Beim Bauvon Terminal 2sollen<br />
sich die Kosten laut einem Bericht<br />
der „<strong>Berliner</strong> Morgenpost“ auf<br />
200 Millionen Euro verdoppeln.<br />
Dazu äußerte sich Lütke Daldrup<br />
trotz Nachfragen der Abgeordneten<br />
nicht. Er verwies nur darauf, dass es<br />
eine Steigerung bei den Baukosten<br />
gegeben habe. (dpa)<br />
Zahl der Schüler steigt –<br />
entgegen dem Bundestrend<br />
Die Zahl der Schüler steigt –und seit<br />
Jahren fehlen auch noch Lehrer. DPA/KÄSTLE<br />
Alle östlichen Bundesländer verzeichnen<br />
einen Zuwachs bei den<br />
Schülerzahlen, in Brandenburgliegen<br />
die aktuellen Schülerzahlen 0,7<br />
Prozent über denen des Vorjahres.<br />
Dasgeht aus vorläufigen Zahlen des<br />
Statistischen Bundesamtes hervor,<br />
die am Dienstag veröffentlicht wurden.<br />
In Berlin werden 453 226 Kinder<br />
und Jugendliche an den allgemeinbildenden<br />
und beruflichen Schulen<br />
unterrichtet. Dasist etwa ein Prozent<br />
mehr als im Vorjahr.Dagegen sinke<br />
die Zahl der Schüler in den westlichen<br />
Bundesländern. Einzige Ausnahme<br />
sei Hamburg. (dpa)<br />
Jagd ausnahmsweise mit Pfeil und Bogen<br />
DieOberste Jagdbehörde in Brandenburgplant eine Ausnahmegenehmigung<br />
für die Jagd mit Pfeil und Bogen zur Reduzierung überhand<br />
nehmender Wildschweine in Kleinmachnow und Stahnsdorf (Potsdam-Mittelmark).<br />
Nach dem Landesjagdgesetz sei dies möglich, teilte<br />
das Agrarministerium am Dienstag mit. Der zuständige Jagdpächter<br />
Geschenk könnte noch zu teuer sein<br />
Dem Land Berlin droht nach der kostenlosen Übertragung des Dragoner-Areals späte Rechnung<br />
VonUlrich Paul<br />
Jetzt steht es fest: Dasbundeseigene<br />
Dragoner-Areal in Kreuzberg<br />
hat einen Wert von 36,8<br />
Millionen Euro. Das geht aus<br />
einem Bericht des Bundesfinanzministeriums<br />
an die <strong>Berliner</strong> Bundestagsabgeordnete<br />
Gesine Lötzsch<br />
(Linke) hervor, der der <strong>Berliner</strong> <strong>Zeitung</strong><br />
vorliegt. Wichtig ist der Betrag,<br />
weil er die Grundlage für eine Wertsteigerung<br />
des Areals bildet, aus der<br />
sich eine Nachzahlungspflicht Berlins<br />
ergeben würde.<br />
Zwar übernimmt das Land Berlin<br />
das Dragoner-Areal im Zuge eines<br />
Grundstückstauschs kostenlos, wie<br />
vomSenat und der Bundesregierung<br />
im Hauptstadtfinanzierungsvertrag<br />
von 2017 vereinbart wurde. Doch<br />
eine Wertanpassungsklausel in dem<br />
Vertrag könnte dazu führen, dass<br />
Berlin doch noch zur Kasse gebeten<br />
wird. Vorgesehen ist darin, dass der<br />
Bund zu 50 Prozent an der Wertsteigerung<br />
des Areals beteiligt wird–bis<br />
15 Jahre nach Übertragung des<br />
Grundstücks. Die Abgeordnete Gesine<br />
Lötzsch kritisiert das Verfahren:<br />
„Das Hinund Herumdas Dragoner-<br />
Areal zeigt die ganzeAbsurdität einer<br />
Bundes-Liegenschaftspolitik, die<br />
nach wie vor auf die Privatisierung<br />
zum Höchstpreis ausgerichtet ist“,<br />
sagt sie. Jahrelang habe die Bundesanstalt<br />
für Immobilienaufgaben<br />
(Bima) das Gelände zu großen Teilen<br />
brach liegen lassen und in zwei<br />
Höchstpreisverfahren auf hohe Einnahmen<br />
spekuliert. „Jetzt soll das<br />
Grundstück zu einem Wert an das<br />
Land Berlin übertragen werden, der<br />
eine sozialverträgliche Entwicklung<br />
im Grunde verunmöglicht.“ Dafür<br />
zahle Berlin einen hohen Preis,denn<br />
nach 15 Jahren drohten hohe Entschädigungszahlungen<br />
für Wertsteigerungen,<br />
die angesichts des über-<br />
Im Hauptstadtfinanzierungsvertrag aus<br />
dem Jahr 2017 haben sich Bundesregierung<br />
und Senat darauf verständigt, dass das Dragoner-Areal<br />
im Zugeeines Grundstückstauschs<br />
an das Land Berlin fällt.<br />
Berlin gibt dafür mehrere kulturell genutzte<br />
Immobilien an den Bund. Darunter die Häuser<br />
der Akademie der Künste am HanseatenweginTiergarten<br />
und am Pariser Platz.<br />
Darüber hinaus gehen der Martin-Gropius-<br />
Bau, das Haus der Kulturen der Welt und das<br />
Jüdische Museum an den Bund. EinWertausgleich<br />
ist nicht vorgesehen.<br />
hitzten Immobilienmarktes zu erwarten<br />
sind. „Es kann nicht sein,<br />
dass der Bund mit seinen Grundstücken<br />
auf Kosten der Kommunen Millionen<br />
verdient“, sagt Lötzsch. „Deshalb<br />
fordern wir eine Änderung der<br />
gesetzlichen Grundlagen, um eine<br />
verbilligte Übertragung der Grundstücke<br />
an Kommunen und gemeinnützige<br />
Akteurezuermöglichen.“<br />
Privatisierung verhindert<br />
Das Dragoner-Areal, das zwischen<br />
Mehringdamm und Obentrautstraße<br />
liegt, ist eines der letzten großen<br />
Grundstücke in Kreuzberg, das<br />
neu gestaltet werden kann. Im 19.<br />
Jahrhundert entstand auf dem Gelände<br />
die Garde-Dragoner-Kaserne –<br />
daher kommt der Name. Auf dem<br />
Gelände haben sich heute kleine Gewerbebetriebe<br />
angesiedelt, darunter<br />
Autowerkstätten und der Club Gretchen.<br />
Die Bundesanstalt für Immobilienaufgaben<br />
hatte das Grundstück<br />
im Februar 2015 nach einem<br />
TAUSCHGESCHÄFT<br />
Großbeerenstr.<br />
Yorckstr.<br />
Tempelhofer Ufer<br />
Dragoner-Areal<br />
Obentrautstr.<br />
Obentrautstr.<br />
LPG Biomarkt<br />
Mehringdamm<br />
Mehringdamm<br />
Hallesches<br />
Tor<br />
Möckernbrücke<br />
Amerika-<br />
Gedenkbibliothek<br />
BERLINER ZEITUNG/ISABELLA GALANTY<br />
IMAGO STOCK&PEOPLE/PETRA SCHNEIDER<br />
habe einen Antrag gestellt, um in den Ortschaften nicht mit dem Gewehr<br />
schießen zu müssen. Eine Genehmigung soll aber mit Auflagen<br />
und wissenschaftlicher Begleitung verbunden sein. Es gehe darum, die<br />
Anforderungen des Tierschutzes,die Gefährdung durch die Pfeile,aber<br />
auch die Akzeptanz bei der Bevölkerung genauer zu beurteilen, hieß es.<br />
Bieterverfahren an die Dragonerhöfe<br />
GmbH mit Sitz in Wien verkauft, die<br />
36 Millionen Euro geboten hatte.<br />
Das Land Berlin hätte die Fläche<br />
schon damals gerne selbst erworben,<br />
um dortpreiswerteWohnungen<br />
zu errichten. Die landeseigenen<br />
Wohnungsunternehmen stiegen jedoch<br />
bei Geboten in Höhe von 18<br />
Millionen Euro aus, weil zu einem<br />
höheren Preis der Bauvon preiswerten<br />
Wohnungen nicht mehr möglich<br />
gewesen wäre. Zwar stimmte der<br />
Haushaltsausschuss des Bundestags<br />
dem Verkauf im März 2015 mit der<br />
Mehrheit von Union und SPD zu,<br />
doch wurde das Geschäft im September<br />
2015 im Bundesrat auf Initiative<br />
von Berlins Finanzsenator Matthias<br />
Kollatz (SPD) gestoppt. Der<br />
Bund weigerte sich danach zunächst<br />
lange Zeit, den Verkauf rückgängig<br />
zu machen, lenkte dann aber doch<br />
ein. DerErwerber wehrte sich jedoch<br />
gegen die Auflösung des Kaufvertrags<br />
und widersprach der Rückabwicklung<br />
des Kontraktes –ohne Erfolg.<br />
Der Bund ließ sich danach mit<br />
der Übertragung an das Land Berlin<br />
sehr viel Zeit und begründete dies<br />
damit, dass das Geschäft rechtssicher<br />
sein müsse. ImNovember 2018<br />
unterzeichneten Berlin und der<br />
Bund schließlich den Kaufvertrag für<br />
das Dragoner-Areal. Der Kontrakt<br />
stehe noch unter dem Vorbehalt,<br />
dass die parlamentarischen Gremien<br />
zustimmen, heißt es in dem<br />
Bericht des Ministeriums. Der Bundestags-Haushaltsausschuss<br />
und<br />
der Finanzausschuss des Bundesrats<br />
müssen grünes Licht geben. Genaue<br />
Zeitangaben dazu könnten nicht gemacht<br />
werden, so das Ministerium.<br />
Offen ist damit, ob Berlin zum 1.<br />
April neuer Besitzer des Areals wird,<br />
wie es die Senatsfinanzverwaltung<br />
im Januar als Ziel formulierthatte.<br />
Preiswerte Wohnungen geplant<br />
Berlin will auf dem Dragoner-Areal<br />
überwiegend preiswerte Wohnungen<br />
errichten –durch eine landeseigene<br />
Wohnungsbaugesellschaft. Die<br />
daneben verbleibenden Flächen sollen<br />
gewerblich und soziokulturell genutzt<br />
werden. Die Initiative Stadt<br />
von unten, die sich seit Jahren für<br />
eine öffentliche Nutzung des Areals<br />
eingesetzt hat, setzt indes auf eine<br />
breite Beteiligung der Bürger. „Ein<br />
Modellprojekt für eine kooperative<br />
Entwicklung des Grundstücks muss<br />
die gesamte Bandbreite gemeinwohlorientierter<br />
Akteure einbeziehen“,<br />
heißt es in einer Erklärung der<br />
Initiative. „Nur so kann eine zukünftige<br />
vielfältige Nutzung zu leistbaren<br />
Mieten garantiert werden.“ Eine Begrenzung,<br />
nach der 90 Prozent der<br />
Nutzfläche an landeseigene Gesellschaften<br />
und zehn Prozent an andere<br />
Akteure vergeben werden, gibt<br />
es nach Angaben des Bundesfinanzministeriums<br />
nicht.<br />
Rot-Rot sieht<br />
eigene<br />
Mehrheit<br />
Abgeschwächtes<br />
Polizeigesetz im Landtag<br />
VonOliver von Riegen, Potsdam<br />
Das entschärfte Polizeigesetz der<br />
rot-roten Koalition wird im<br />
Brandenburger Landtag nach Einschätzung<br />
von SPD und Linken eine<br />
Mehrheit bekommen. Dabei ist vor<br />
allem entscheidend, wie die Linksfraktion<br />
über den Kompromiss mit<br />
der SPD abstimmt, weil die Linke<br />
dem Polizeigesetz bisher kritisch gegenüberstand.<br />
Die von Innenminister Karl-<br />
Heinz Schröter (SPD) ursprünglich<br />
geplante deutlich härtere Gangart<br />
hatte im Januar zum Koalitionskrach<br />
geführt. Doch Anfang März hatten<br />
sich beide Koalitionspartner auf eine<br />
Novelle geeinigt. Geplante Befugnisse<br />
für die Polizei bei der Terrorismusbekämpfung,<br />
wie das Ausspähen<br />
von Messenger-Diensten, wurden<br />
gestrichen. Der abgeschwächte<br />
Gesetzentwurf, über den das Landesparlament<br />
am Mittwoch entscheidet,<br />
ist aber eine Verschärfung<br />
zur aktuellen Regelung.<br />
Linke aus dem Bundestag und<br />
anderen Bundesländern hatten die<br />
Linksfraktion aufgefordert, nicht für<br />
die Novelle zu stimmen. Eine Probeabstimmung<br />
am Dienstag ergab<br />
nach Angaben von Linksfraktionschef<br />
Ralf Christoffers eine Gegenstimme<br />
der Abgeordneten Isabelle<br />
Vandre und zwei Enthaltungen von<br />
Anita Tack undVolkmar Schöneburg.<br />
„Damit hat die Koalition auch eine<br />
eigene Mehrheit im Landtag“, sagte<br />
Christoffers. „Sicherheit ist ein<br />
Thema, dem sich auch Linke zu stellen<br />
haben.“ Bei dem Kompromiss<br />
Seit dem Herbst gibt es Proteste gegen<br />
das geplante Gesetz. DPA/RALF HIRSCHBERGER<br />
mit der SPD seien Bürger- und Freiheitsrechte<br />
mit Sicherheitsanforderungen<br />
abgewogen worden. Vandre<br />
ist nach seinen Angaben der Ansicht,<br />
das Polizeigesetz solle gar nicht geändertwerden.<br />
Die SPD-Abgeordneten hatten<br />
sich bereits in der vergangenen Woche<br />
einstimmig für den Kompromiss<br />
ausgesprochen. „Die SPD-Fraktion<br />
steht geschlossen hinter dem Gesetzentwurf“,<br />
sagte Fraktionsvorsitzender<br />
Mike Bischoff. „Wir wollen<br />
die innere Sicherheit stärken. Wir<br />
wollen aber auch die Bürgerrechte<br />
schützen.“<br />
Die Oppositionsfraktionen von<br />
CDU und Grünen kündigten am<br />
Dienstag an, das Gesetz abzulehnen.<br />
CDU-Fraktionschef Ingo Senftleben<br />
warfSPD und Linken vor, den Koalitionsfrieden<br />
über die Sicherheit der<br />
Brandenburger zu stellen.<br />
Die AfD hatte bereits zuvor kritisiert,<br />
dass die Pläne mit Terrorbekämpfung<br />
nichts mehr zu tun hätten.<br />
CDU und AfD geht der Kompromiss<br />
nicht weit genug.<br />
Die Grünen-Fraktionsvorsitzende<br />
Ursula Nonnemacher wertete<br />
dagegen als positiv, dass die Überwachung<br />
von Messenger-Diensten<br />
mit dem sogenannten Staatstrojaner<br />
nicht im Gesetz vorgesehen ist und<br />
Bodycams nicht in Wohnungen eingesetzt<br />
werden dürften. DenGrünen<br />
gingen allerdings die Schleierfahndung<br />
bei grenzüberschreitender Kriminalität<br />
und die Möglichkeiten für<br />
Ingewahrsamnahmen zu weit. (dpa)