REPORT Rebecca wird seit einem Monat vermisst,ihr Schwager gilt als tatverdächtig. Seit vier Wochen ist die 15-jährige Schülerin verschwunden. Jetzt melden sich immer mehr Esoteriker.Helfen sie oder behindern sie die Polizei? Ein Ermittler der Spurensicherung sucht im Garten von Florian R. nach Hinweisen.
SEITE19 BERLINER KURIER, Dienstag, 19. März2019 Vermisste Rebecca Die Stunde Der „Seher“ Michael Schneider ist überzeugt,der Polizei helfen zu können. der Hellseher Fotos: dpa, Paul, Favre Von P. DEBIONNE Einen Monat ist es her, dass die 15-jährige Rebecca verschwand. Obwohl die Polizei mit Florian R., dem Schwager des Mädchens, einen Tatverdächtigen hat, fehlen noch immer konkrete Spuren. Über 1500 Hinweise sind bislang bei den Ermittlern eingangen. Am Montag rückten die Fahnder nach einem dieser Hinweise für einige Stunden an den Wolziger See aus und suchten im Wasser nach Rebecca. Erneut erfolglos. Woher der Hinweis stammte, wurde nicht gesagt. Möglicherweise von einem der 18 selbst ernannten Hellseher, die sich im Fall Rebecca bei den Ermittlungsbehörden gemeldet haben. Deren angebliche Eingebungen werden tatsächlich von der Polizei bearbeitet. Sie würden „so wie alle anderen Hinweise entgegen genommen, bearbeitet und dann bewertet“, sagt die Polizei. Dass Hinweise von Hellsehern so weit ernst genommen werden, dass sie auf einen möglichen Mehrwert für die Ermittlungen überprüft werden, mag zunächst seltsam klingen. Man könne aber „nie ganz ausschließen, dass ein angeblicher Seher aus ganz irdischen Gründen tatsächlich etwas weiß“, sagt ein erfahrener Ermittler. Etwa, weil er „etwas Reelles mit seinen normalen Augen gesehen“ habe, es aber als übersinnliche Eingebung verkaufen würde. Außerdem, so der Ermittler, sei es zumindest theoretisch möglich, dass ein „Hinweisge- ber etwas mit dem Fall zu tun hat. Und daher etwas weiß, was wir nicht wissen.“ Doch natürlich seien „auch Scharlatane“ unter den Sehern, die entweder aus purer Profilierungssucht oder sogar aus finanziellen Interessen handeln würden. Einer der Seher, die tatsächlich aus Überzeugung statt aus Geldgier handeln, ist der frühere Journalist Michael Die Kriminalpsychologin Lydia Benecke warnt vorden angeblichen Hellsehern. Schneider. Fakt ist: Der Mann glaubt tatsächlich, dass er übersinnliche Fähigkeiten hat. Und stürzt sich seit Jahren auf Vermisstenfälle in Deutschland und Europa. „Anders als teure Hunde, Hubschrauberflüge und tagelange Hundertschaftsabordnungen (der Polizei, Anm. d. Red.) ist mein Angebot für den Steuerzahler kostenlos“, sagt Schneider. Er wehrt sich dagegen, als „esoterischer Spinner“ abgetan zu werden. Und verweist gerne auf seine familiäre Herkunft. So habe er mehrere Richter in der Verwandtschaft, in seinem Freundeskreis seien zahlreiche, teils hochrangige Polizisten. Und sein Großonkel sei der Spiegel-Gründer Rudolf Augstein. Weshalb diese Verbindungen die Glaubwürdigkeit des Hellsehers untermauern sollen, kann Schneider nicht sagen. Oftmals verweist er darauf, dass er der Polizei Misserfolge voraussagt, wenn diese in einem Gebiet eine Suche beginne. Bleibt der Erfolg der Polizei tatsächlich aus, ist das für Michael Schneider dann der Beweis: Ich hatte recht! Dennoch ist der Mann kein Abzocker, denn er verlangt kein Geld. Michael Schneider ist einfach nur felsenfest davon überzeugt, tatsächlich helfen zu können. Doch es gibt auch andere. Klassische Betrüger, die ihre Dienste entweder direkt bezahlt haben wollen oder sich zumindest mediale Aufmerksamkeit erhoffen. Um dann anschließend in den diversen Talkshows der deutschen Fernsehlandschaft aufzutauchen – natürlich nur gegen Bezahlung. Für die Kölner Kriminalpsychologin Lydia Benecke macht die Motivation der jeweiligen Hellseher keinen Unterschied. In dem im vergangenen Jahr erschienenen Buch „Wer’s glaubt, wird selig“ stellt sie klar: „Die Betrüger wollen Geld und Anerkennung und versuchen mit allen Mitteln, in Kontakt mit den Familien zu treten.“ Das gebe diesen Menschen „ein Gefühl der Wichtigkeit und der Macht über andere“. Auch denjenigen, die unentgeltlich arbeiten, geht es laut Benecke „darum, im Mittelpunkt zu stehen und einen wichtigen Beitrag zu leisten“. Alle Hellseher haben laut Benecke aber eines gemein: „Sie haben narzisstische Persönlichkeitsmerkmale“ sowie ein „übermäßiges Bedürfnis nach Aufmerksamkeit, Anerkennung und Lob“. Überdies, so die Kriminalpsychologin weiter, gibt es „nicht einen einzigen Vermisstenfall auf der Welt, der aufgrund einer konkreten Angabe eines Hellsehers gelöst wurde“. Auch die 15-jährige Rebecca bleibt weiterhin verschwunden.
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