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GAB April 2019

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8 FRANKFURT<br />

FOTO: BJÖ<br />

Es gibt eine große Erwartungshaltung an<br />

die Grünen, die vielen, drängenden Fragen<br />

anzupacken, und möglicherweise schneller<br />

anzupacken. Die Geschwindigkeit ist in<br />

Koalitionen nicht immer ganz einfach<br />

hinzukriegen.<br />

Jessica, wie siehst du die Aufgaben<br />

der Grünen heute?<br />

Jessica Purkhardt: Die Grünen kommen<br />

aus der Basisbewegung und den Initiativen,<br />

aus der Zivilgesellschaft. Wir haben<br />

Sachen, die auf der Straße erdacht wurden,<br />

in die Parlamente getragen. Diese Anknüpfungspunkte<br />

muss man halten. Was<br />

wir als Grüne nicht mehr machen können,<br />

ist monothematisch sein und nur eine<br />

bestimmte Klientelpolitik, wie es andere<br />

Parteien durchaus auch ganz gezielt machen,<br />

zu betreiben.<br />

Mit Jessica Purkhardt und<br />

Sebastian Popp lösen gleich<br />

zwei Grüne Fraktionsmitglieder den<br />

ehemaligen Fraktionsvorsitzenden<br />

Manuel Stock bei den Grünen im Römer<br />

ab. Wir haben die neue Doppelspitze<br />

zum Interview getroffen – ein<br />

Gespräch über politischen Generationswechsel,<br />

Eigenwahrnehmung und<br />

Erwartungshaltung an die Grünen<br />

Wie ist die Idee der Doppelspitze<br />

entstanden?<br />

Sebastian Popp: Als Manuel überlegt hat,<br />

nach Wiesbaden zu gehen, haben wir uns<br />

als Fraktion Zeit genommen und überlegt,<br />

wie die Führung der Frankfurter Fraktion<br />

in der Zukunft aussehen kann.<br />

Normalerweise trennt man in Fraktionsvorstand<br />

und Geschäftsführung, das hat<br />

es früher bei den Grünen auch schon<br />

gegeben. Jessica und ich hatten dann<br />

die Idee, dass man beides horizontal<br />

schneidet. Wir befanden das als eine sehr<br />

naheliegende Idee, denn ehrlicherweise<br />

im Jahr <strong>2019</strong> einen 80-Stunden-Job als<br />

Lösung zu positionieren hätte ich auch<br />

ein bisschen unsinnig gefunden.<br />

Und es war wichtig, dass wir uns das zusammen<br />

vorstellen können, also nicht<br />

mit irgendjemandem, sondern genau<br />

wir beide.<br />

Sebastian Popp und Jessica Purkhardt<br />

INTERVIEW<br />

GRÜNE IM RÖMER<br />

MIT DOPPELSPITZE<br />

Jessica Purkhardt: Gemeinsam hat man<br />

einfach doppelt so viele Perspektiven,<br />

auch weil sich unsere unterschiedlichen<br />

Talente und Blickweisen ergänzen, was<br />

das Ganze eigentlich zu einer Variante<br />

von Diversity-Management macht:<br />

Möglichst unterschiedliche Leute mit<br />

ihren Fähigkeiten und Talenten zu haben,<br />

die sich gegenseitig ergänzen.<br />

Wir arbeiten schon seit sieben Jahren<br />

gemeinsam in der Fraktion als Stadtverordnete,<br />

machen seit dieser Zeit beide<br />

auch Kulturpolitik und sind seit über zwei<br />

Jahren zusammen im Vorstand der<br />

AIDS-Hilfe.<br />

Wir haben so viele Anknüpfungspunkte<br />

in die Stadtgesellschaft hinein, ich bin in<br />

der Community verankert und Sebastian<br />

strahlt in die Kulturszene hinein, das sind<br />

doch beides urgrüne Milieus, in denen wir<br />

zu Hause sein müssen. Und das können<br />

wir jetzt doppelt so gut wie vorher.<br />

Die Grünen möchten sich erneuern<br />

– neben dem Generationswechsel<br />

bedeutet das vielleicht auch, zurück<br />

zu den politischen Wurzeln der Partei<br />

zu kehren?<br />

Sebastian Popp: Sowohl als auch. Es geht<br />

einerseits darum, zu schauen, wo wir in<br />

den letzten Jahren bestimmte Milieus<br />

vernachlässigt haben, und da müssen wir<br />

wieder anders in Kontakt treten, das wäre<br />

das Stichwort „back to the roots“.<br />

Wir sind in Frankfurt schon sehr lange an<br />

der Stadtregierung beteiligt und sehr etabliert,<br />

aber ich finde trotzdem, wer wenn<br />

nicht die Grünen, kann erklären, wie die<br />

Zusammenhänge sind, wie die Mechanismen<br />

funktionieren? Und wie man Sachen<br />

auch umsetzen kann, und dass das eben<br />

nicht nur in den Fraktionen und Vorständen<br />

diskutiert wird.<br />

Also, mehr Bürgernähe, Zuhören …<br />

Sebastian Popp: Absolut! Und auch das<br />

Gespräch mit denjenigen suchen, die<br />

vielleicht gar nicht mehr mit den Grünen<br />

sprechen wollen. Und die Grünen haben<br />

jetzt in den Zeiten der großen Vereinfacher<br />

in Deutschland die Rolle, , Europa und der<br />

Welt, immer wieder deutlich zu machen,<br />

dass die drängenden Probleme kompliziert<br />

sind und es keine einfachen Lösungen<br />

gibt. Das ist ja quasi unser Geschäft, in<br />

der Dreier-Koalition bestimmte Themen<br />

durchzusetzen, das ist viel Überzeugungsarbeit,<br />

und ohne Mehrheiten kann man<br />

nichts verändern.<br />

Deswegen haben die Grünen im Moment<br />

ja auch einen höheren Zuspruch als in der<br />

Vergangenheit. Natürlich hat Horst Seehofer<br />

an der ein oder anderen Ecke auch<br />

seinen Anteil daran, aber ich glaube, es<br />

gibt viele, die die Grünen wählen, weil sie<br />

wollen, dass es schneller geht, die wollen,<br />

dass die Grünen auf die schwierigen Fragen<br />

der Welt klare Antworten geben, ohne<br />

zu verheimlichen, dass es komplizierte<br />

Zusammenhänge gibt.<br />

www.gruene-frankfurt.de/fraktion<br />

Das komplette Interview mit<br />

Statements zu Frankfurt als<br />

fahrradfreundliche Stadt, bezahlbarem<br />

Wohnraum und der Zukunft der<br />

Städtischen Bühnen gibt’s unter<br />

www.blu.fm/gab

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