Berliner Zeitung 02.04.2019
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4** <strong>Berliner</strong> <strong>Zeitung</strong> · N ummer 77 · D ienstag, 2. April 2019<br />
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Politik<br />
NACHRICHTEN<br />
Reifenpanne bremst<br />
Außenminister Maas aus<br />
Erneut hat eine Panne an einem Regierungsflieger<br />
die Pläne eines deutschen<br />
Ministers durcheinandergebracht.<br />
Beider Landung des Airbus<br />
„Konrad Adenauer“ in NewYork<br />
platzte am Montag ein Reifen, Außenminister<br />
Heiko Maas (SPD) verpasste<br />
deswegen seine ersten Termine am<br />
Sitz derVereinten Nationen. DerAusstieg<br />
der Delegation aus der A340 verzögerte<br />
sich erheblich. (AFP)<br />
Unterhaus lehnt erneut<br />
Vorschläge zum Brexit ab<br />
Auch im zweiten Anlauf hat sich das<br />
britische Parlament nicht auf eine Alternativezum<br />
EU-Austrittsabkommen<br />
vonPremierministerin Theresa<br />
Mayeinigen können. DasUnterhaus<br />
lehnte am Montag alle vier zur Abstimmung<br />
stehendenVorschläge für<br />
eine engereAnbindung an die EU<br />
nach dem Brexit oder ein zweites Referendum<br />
ab.Nun dürfte die Suche<br />
nach einem Ausweg aus dem Brexit-<br />
Dilemma am Mittwoch weitergehen.<br />
DasKabinett tagt bereits an diesem<br />
Dienstag. Kommt es nicht bald zu einer<br />
Einigung, droht ein Austritt aus<br />
der Europäischen Union ohne Abkommen<br />
am 12. April. (dpa)<br />
Joe Biden wird ungewollter<br />
Kuss vorgeworfen<br />
Lucy Flores und Joe Biden bei einem Wahlkampfauftritt<br />
von Flores im Jahr 2014 AFP<br />
DerfrühereUS-Vizepräsident und<br />
mögliche demokratische Präsidentschaftsbewerber,Joe<br />
Biden, sieht sich<br />
demVorwurfausgesetzt, er habe eine<br />
Parteikollegin unerlaubt auf den Hinterkopf<br />
geküsst. Biden erklärte,er<br />
glaube nicht, sich unangemessen verhalten<br />
zu haben. Falls er dies getan<br />
habe,wolle er respektvoll zuhören.<br />
DieDemokratin Lucy Flores hatte gesagt,<br />
Biden habe ihr bei einemWahlkampfauftritt<br />
im Rahmen ihrer Kandidatur<br />
für das Amt derVize-Gouverneurin<br />
in Nevada 2014 einen Kuss auf<br />
den Hinterkopf gegeben. (dpa)<br />
UN verurteilen Ausweitung<br />
der Todesstrafe in Brunei<br />
DieVereinten Nationen haben die geplante<br />
Ausweitung der Todesstrafe im<br />
Sultanat Brunei scharfkritisiert.„Ich<br />
rufe die Regierung auf, die drakonischen<br />
Strafen nicht in Kraft zu setzen“,<br />
sagte die UN-Menschenrechtskommissarin<br />
Michelle Bachelet am<br />
Montag in Genf. DerenUmsetzung<br />
wäreein ernster Rückschritt für die<br />
Menschenrechte in Brunei.VonMittwoch<br />
an sollen Homosexuelle,die<br />
beim Geschlechtsakt erwischt werden,<br />
gesteinigt werden können. (dpa)<br />
Präsident Bouteflika tritt<br />
bis 28. April zurück<br />
Algeriens Präsident Abdelaziz Bouteflika<br />
tritt vordem Ende seiner regulärenAmtszeit<br />
am 28. Aprilzurück. Bis<br />
dahin werdeder 82-Jährige„Maßnahmen“<br />
ergreifen, um den Betrieb<br />
der staatlichen Behörden während<br />
der„Übergangsphase“ sicherzustellen,<br />
heißt es in einer am Montag von<br />
der staatlichen Nachrichtenagentur<br />
APS veröffentlichten Erklärung des<br />
Präsidialbüros.Bouteflika hatte zuvor<br />
einenVerbleib im Amt über den 28.<br />
Aprilhinaus angestrebt und damit<br />
wütende Proteste ausgelöst. (AFP)<br />
Werschweigt, stimmt zu<br />
Der Gesetzentwurf für die Einführung einer Widerspruchslösung bei der Organspende liegt vor<br />
VonTimot Szent-Ivanyi<br />
Es war Gesundheitsminister<br />
Jens Spahn, der im Spätsommer<br />
2018 die Debatte<br />
anschob: Obwohl er lange<br />
als Gegner galt, sprach er sich damals<br />
überraschend für die Einführung<br />
einer Widerspruchslösung bei<br />
der Organspende aus. Am Montag<br />
haben er und andereBundestagsabgeordnete<br />
einen entsprechenden<br />
Gesetzentwurf vorgestellt. Wir beantworten<br />
die wichtigsten Fragen<br />
rund um dieses Thema.<br />
Wasbedeutet Widerspruchslösung?<br />
Jeder Bürger ist automatisch Organ-<br />
oder Gewebespender, wenn er<br />
nicht zu Lebzeiten widersprochen<br />
hat. Damit wirddie heutige Regelung<br />
umgedreht: Derzeit ist nur Spender,<br />
wer ausdrücklich zustimmt. Bei Kindernund<br />
Jugendlichen bleibt es auch<br />
bei einer Widerspruchslösung dabei,<br />
dass die Eltern eine Organentnahme<br />
befürworten müssen.<br />
Wie wird der Systemwechsel begründet?<br />
Spahn und seine Mitstreiter Karl<br />
Lauterbach (SPD), Georg Nüßlein<br />
(CSU) und PetraSitte (Linkspartei) argumentieren,<br />
alle bisherigen Aufklärungskampagnen<br />
hätten die Spendenbereitschaft<br />
nicht erhöht. Noch<br />
immer stünden fast 10 000 Patienten<br />
auf derWarteliste für ein Organ. 2000<br />
von ihnen stürben, bevor ein neues<br />
Organ zurVerfügung steht. Gleichzeitig<br />
zitieren die Autoren eine Umfrage,<br />
nach der 84 Prozent der Deutschen<br />
einer Spende positiv gegenüber stehen.<br />
Aber nur 36 Prozent der Bürger<br />
haben einen Organspendeausweis.<br />
Wie soll man seinen Widerspruch erklären<br />
können?<br />
Geplant ist ein Register, das voraussichtlich<br />
beim staatlichen Deutschen<br />
Institut für Medizinische Dokumentation<br />
und Information<br />
(DIMDI) geführt wird. Dort kann<br />
nicht nur der Widerspruch, sondern<br />
auch die Bereitschaft zur Organspende<br />
hinterlegt werden. In einer<br />
ersten Ausbaustufe soll der Eintrag in<br />
einer Arztpraxis möglich sein. Später<br />
ist ein Zugriff über das Smartphone<br />
geplant. Der Eintrag kann jederzeit<br />
ohne Begründung geändert werden.<br />
Über 800 Organe wurden in Deutschland vergangenes Jahr gespendet.<br />
REGELN IN ANDEREN EUROPÄISCHEN LÄNDERN<br />
Widerspruch: In Frankreich, Österreich,<br />
Tschechien, Polen sowie Belgien gilt bereits<br />
eine Widerspruchslösung,wie sie gerade in<br />
Deutschland zur Debatte steht. Wernicht widerspricht,<br />
stimmt einer Organentnahme zu.<br />
BERLINER ZEITUNG<br />
Zustimmung: Schweden,Dänemark und die<br />
Schweiz habenein ähnliches System,wie es<br />
zurzeit noch in Deutschland Gesetz ist. Organe<br />
dürfennur vonMenschenentnommen werden,<br />
die dem vordem Todzugestimmt haben.<br />
Zweite Klasse<br />
Geplant ist außerdem, dass jeder Bürger<br />
über 16 Jahre insgesamt dreimal<br />
angeschrieben und über die Widerspruchslösung<br />
aufgeklärtwird.<br />
Was passiert laut Gesetzentwurf im<br />
Todesfall, wenn eine Organspende infrage<br />
kommt?<br />
Der Transplantationsmediziner<br />
muss im Register überprüfen, ob ein<br />
Widerspruch eingetragen ist. Gibt es<br />
keinen Eintrag, werden die nächsten<br />
Angehörigen befragt, ob ein schriftlicher<br />
Widerspruch vorliegt oder „ein<br />
der Organspende entgegenstehender<br />
Wille“ bekannt ist. Daher wird von<br />
„doppelter Widerspruchslösung“ gesprochen.<br />
Die Angehörigen haben<br />
kein eigenes Entscheidungsrecht, es<br />
sei denn, es wurde ihnen zu Lebzeiten<br />
schriftlich übertragen.<br />
Wie werden die Aussagen der Angehörigen<br />
überprüft, sollte nichts Schriftliches<br />
vorliegen?<br />
Gar nicht. Die Angehörigen müssen<br />
ihre Angaben nicht belegen. Jeder<br />
müsse das mit seinem Gewissen<br />
ausmachen, wenn er als Angehöriger<br />
gegen den Willen des Verstorbenen<br />
handelt, so Spahn zur Problematik<br />
des Wahrheitsgehalts der Aussagen.<br />
Wasschlagen die Gegner einer Widerspruchslösung<br />
vor?<br />
DieGruppe um die Grünen-Chefin<br />
Annalena Baerbock und den<br />
CSU-Politiker Stephan Pilsinger setzen<br />
auf mehr Informationen. Sie<br />
schlagen zudem die Einrichtung eines<br />
zentralen elektronischen Organspende-Registers<br />
vor. Dort soll jeder<br />
Bürger freiwillig eintragen können,<br />
ob er Spendersein will.<br />
Wie geht es jetzt weiter?<br />
Beide Gruppen wollen bei den<br />
Bundestagsabgeordneten für ihren<br />
jeweiligen Antrag werben. Eine Abstimmung<br />
ist noch vor der Sommerpause<br />
geplant. Wiesie ausgeht, ist offen.<br />
Allerdings hatte eine erste Debatte<br />
im Herbst gezeigt, dass der Widerstand<br />
gegen eine<br />
Widerspruchslösung groß ist.<br />
Timot Szent-Ivanyi<br />
hält die Argumente für<br />
stichhaltig.<br />
Geringeres Lohnniveau, schlechtere Aufstiegschancen: Einer Studie zufolge sind Ostdeutsche und Migranten benachteiligt<br />
VonMarkus Decker<br />
Einkommen von Ostdeutschen, Migranten und Westdeutschen in Prozent<br />
Ostdeutsche<br />
26,5<br />
Migranten<br />
sehr niedriges Einkommen<br />
29,5<br />
18,8<br />
Westdeutsche<br />
Knapp 30 Jahrenach dem Fall der<br />
Mauer sind die Ostdeutschen<br />
ähnlich benachteiligt wie Migranten.<br />
Das ergibt sich aus ersten Ergebnissen<br />
einer Untersuchung des<br />
Deutschen Zentrums für Integrations-<br />
und Migrationsforschung<br />
(DeZIM-Institut) unter Leitung der<br />
Sozialwissenschaftlerin Naika Foroutan,<br />
die an diesem Dienstag in<br />
Berlin vorgestellt werden und der<br />
<strong>Berliner</strong> <strong>Zeitung</strong> (Redaktionsnetzwerk<br />
Deutschland) vorliegen. Dabei<br />
steht unter den Migranten die<br />
Gruppe der Musliminnen und<br />
Muslime im Vordergrund, da sie,so<br />
die Forscher, „in den Debatten um<br />
Migration in besonderem Maße diskursiv<br />
hervorgehoben wird“.<br />
Zwar hätten sich die Verhältnisse<br />
in den neuen Bundesländern<br />
an die in den alten Bundesländern<br />
angeglichen, heißt es in der Studie,<br />
dennoch seien „merkliche Teile der<br />
Bevölkerung noch immer weit davon<br />
entfernt, tatsächlich vergleichbare<br />
Lebenschancen zu haben“. So<br />
sei das Lohnniveau geringer, die<br />
Arbeitslosigkeit höher,und in Elitepositionen<br />
seien Ostdeutsche unterrepräsentiert.<br />
Weiter heißt es:<br />
„Dies alles gilt, sogar in verstärktem<br />
Maße, auch für die Situation<br />
der Bevölkerung mit Migrationshintergrund.“<br />
Auch für sie bestehe<br />
„nach wie vor eine erhebliche<br />
Chancen-Lücke und eine ebenso<br />
ausgeprägte Unterrepräsentation,<br />
wenn es um die tatsächlichen Spitzenpositionen<br />
geht“.<br />
In Deutschland angekommen?<br />
In einer vomDeZIM-Institut in Auftrag<br />
gegebenen Befragung von7233<br />
deutschsprachigen Personen in Ost<br />
und West ab 14 Jahren wird die<br />
These von der Ähnlichkeit beider<br />
Gruppen bestätigt. So sind Befragte<br />
in Ostdeutschland mit 26,5 Prozent<br />
und Migranten mit 29,5 Prozent<br />
tendenziell stärker im untersten<br />
Einkommenssegment vertreten als<br />
Westdeutsche mit 18,8 Prozent.<br />
Umgekehrt sind Ostdeutsche mit<br />
sehr hohes Einkommen<br />
8,1 8,9<br />
13,2<br />
BLZ/REEG; QUELLE: DEUTSCHES ZENTRUM FÜR INTEGRATIONS- UND MIGRATIONSFORSCHUNG<br />
8,1 Prozent und Migranten mit 8,9<br />
Prozent imobersten Einkommenssegment<br />
schwächer vertreten als<br />
Westdeutsche mit 13,2 Prozent. 35,3<br />
Prozent der Ostdeutschen betrachten<br />
sich als Bürger zweiter Klasse;<br />
unter Muslimen beträgt der Wert<br />
33,8 Prozent.<br />
Parallelen gibt es den Befragungen<br />
zufolge auch bei den Zuschreibungen<br />
der Westdeutschen. So finden<br />
41,2 ProzentderWestdeutschen,<br />
dass Ostdeutsche sich ständig als<br />
Opfer sehen. Diese Zahl liegt über<br />
dem entsprechenden Wert für Muslime<br />
mit 36,5 Prozent. Auch sagen<br />
37,4 Prozent der Westdeutschen<br />
über Ostdeutsche, dass diese sich<br />
nicht genug vom Extremismus distanzieren.<br />
Der entsprechende Wert<br />
liegt gegenüber Muslimen bei 43,3<br />
Prozent.<br />
Schließlich werfen Westdeutsche<br />
den Ostdeutschen zu 36 Prozent und<br />
Muslimen zu 58,6 Prozent vor, noch<br />
nicht im heutigen Deutschland angekommen<br />
zu sein; in Ostdeutschland<br />
denken dies mit Blick auf die<br />
Muslime 66,6 Prozent.<br />
Mangelnde Anerkennung<br />
Fast jede zweite Person in Ostdeutschland<br />
hätte ein schlechtes Gefühl,<br />
wenn mehr Muslime in Führungspositionen<br />
kämen; im Westen<br />
sehen dies 33,8 Prozent so. Die mangelnde<br />
Anerkennung der Ostdeutschen<br />
ist den Wissenschaftlern zufolge<br />
ein Faktor,der zur stärkeren Aufstiegsabwehr<br />
vonMuslimen unter ihnen<br />
beiträgt. Angst vor der Mobilität<br />
„der Anderen“ sei für den gesamtgesellschaftlichen<br />
Zusammenhalt„problematisch“,<br />
da so „selbst strukturell<br />
gelungene Integration als negativ<br />
empfunden werden kann“.<br />
Um die Benachteiligung abzubauen,<br />
würden übrigens 50,3 Prozent<br />
der Ostdeutschen einer Quote<br />
für Ostdeutsche zustimmen – und<br />
23,6 Prozent der Westdeutschen. Jeweils<br />
rund 31 Prozent der Befragten<br />
in Ost- und Westdeutschland sind<br />
ferner für eine Migrantenquote aufgeschlossen.<br />
An dem Punkt gibt es<br />
also keinerlei Differenz.<br />
„Schulen<br />
werden<br />
bevormundet“<br />
SPD-Kritik an SPD-Verbot der<br />
Auftritte von Jugendoffizieren<br />
VonSteven Geyer<br />
Verteidigungsministerin<br />
Ursula<br />
vonder Leyen (CDU) hat die Forderung<br />
der <strong>Berliner</strong> SPD kritisiert, Jugendoffizieren<br />
der Bundeswehr den<br />
Zugang zu Schulen künftig zu verwehren.<br />
„Der Beschluss und vor allem<br />
seine Begründung ist ein Schlag<br />
ins Gesicht aller Soldatinnen und Soldaten.<br />
Sie halten bei jedem Einsatz<br />
den Kopf dafür hin, dass in Deutschland<br />
Frieden und Freiheit herrschen“,<br />
sagte sie der <strong>Berliner</strong> <strong>Zeitung</strong> (RedaktionsnetzwerkDeutschland).<br />
Doch viel ärger trifft die <strong>Berliner</strong><br />
Genossen die Kritik aus der eigenen<br />
Partei. Wolfgang Hellmich (SPD),<br />
Vorsitzender des Verteidigungsausschusses<br />
im Bundestag, bemängelte,<br />
hinter dem Beschluss verberge sich<br />
„keine sozialdemokratische Haltung“,<br />
sagte er der <strong>Berliner</strong> <strong>Zeitung</strong>.<br />
Jugendoffizieremachten„keineWerbung,<br />
sondern leisteten politische<br />
Informations- und Aufklärungsarbeit“.<br />
Der Slogan „Werben fürs Sterben“<br />
sei„schlicht falsch“. Jugendoffizieren<br />
den Zutritt zu Schulen zu<br />
untersagen, ist für Hellmich eine<br />
„Bevormundung der Schulen“, die<br />
selbst entscheiden könnten.<br />
Die <strong>Berliner</strong> SPD hatte auf ihrem<br />
Landesparteitag ein Werbeverbot<br />
der Bundeswehr an Schulen beschlossen.<br />
„Es wirdmilitärischen Organisationen<br />
untersagt, an <strong>Berliner</strong><br />
Schulen für den Dienst und die Arbeit<br />
im militärischen Bereichzuwerben“,<br />
heißt es. Minderjährige seien<br />
in einem Alter,inwelchemsich zentrale<br />
Lebens- und Wertvorstellungen<br />
erst noch entwickeln müssen.<br />
„Dementsprechend anfällig sind sie<br />
für militärische Propaganda und<br />
Verharmlosung der realen Gefahren<br />
eines militärischen Einsatzes.“<br />
Mangelnder Sachverstand<br />
Auch der Neuköllner SPD-Bundestagsabgeordnete<br />
Fritz Felgentreu<br />
hält vondem Beschluss „gar nichts“.<br />
Er sei „schlecht geschrieben“, um<br />
den Adressaten des Verbots werde<br />
„absurd herumgeschwurbelt“, die<br />
Begründung sei „fehlerhaft“, sagte er<br />
der <strong>Berliner</strong> <strong>Zeitung</strong>. So sei von<br />
Grund- und Oberschulen die Rede –<br />
„als ob die Bundeswehr sich an<br />
Grundschulen präsentieren würde“.<br />
Alles in allem zeuge der Beschluss<br />
von „mangelndem Sachverstand“.<br />
„Jugendoffiziere machen eine tolle<br />
Arbeit“, betonte Felgentreu, „an<br />
Schulen diskutieren sie mit Jugendlichen<br />
über den Verfassungsauftrag<br />
der Bundeswehr. Das ist eben keine<br />
Werbung, sondern politische Bildung<br />
zum Anfassen –und darfnicht<br />
infrage gestellt werden.“ Dass man<br />
Schulen andererseits nicht zwingen<br />
dürfe, Jugendoffiziere einzuladen,<br />
wenn sie das eigentlich nicht wollen,<br />
ist für den SPD-Politiker ein anderes<br />
Thema. „Und natürlich hat kein<br />
Mensch etwas dagegen, dass Schulen,<br />
die Jugendoffiziere einladen,<br />
auch Pazifisten oder Kritiker der<br />
Bundeswehr zuWort kommen lassen.<br />
Dassollten die Schulen frei und<br />
autonom alleine entscheiden, ohne<br />
belehrende Hinweise von Parteitagen<br />
gleich welcher Couleur.“<br />
Salehsauer auf Oppermann<br />
„Bin entsetzt über Beschluss der <strong>Berliner</strong><br />
SPD“, twitterte Bundestagsvizepräsident<br />
Thomas Oppermann<br />
(SPD). „Die Soldaten verdienen unseren<br />
Respekt. Wersoeinen Unsinn<br />
beschließt, sollte sich selbst von unseren<br />
Schulen fernhalten.“ Der<strong>Berliner</strong><br />
SPD-Fraktionschef Raed Saleh<br />
erwiderte, Oppermann solle „keine<br />
Schnappatmung“ bekommen. Oppermann<br />
sei der Letzte, „von dem<br />
die <strong>Berliner</strong> SPD Belehrungen<br />
braucht.“ Er solle sich stattdessen<br />
vorher ernsthaft mit den Anliegen<br />
der SPD auseinandersetzen. „Der<br />
Ort Schule sollte ein geschützter Ort<br />
sein“, sagte Salehder dpa. (mitpi.)