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4** <strong>Berliner</strong> <strong>Zeitung</strong> · N ummer 80 · F reitag, 5. April 2019<br />
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Politik<br />
NACHRICHTEN<br />
Spur in AfD-Spendenaffäre<br />
führtzuDuisburger Milliardär<br />
Im Fall der mysteriösen Spende zugunsten<br />
der AfD-Fraktionschefin<br />
Alice Weidel führtMedienberichten<br />
zufolge eine Spur in das Umfeld des<br />
aus Duisburgstammenden, in der<br />
Schweiz und London lebenden Immobilien-Milliardärs<br />
Henning<br />
Conle.Dies ergaben Recherchen von<br />
Süddeutscher <strong>Zeitung</strong>, NDR, WDR<br />
und dem Schweizer Tages-Anzeiger,<br />
die am Donnerstag veröffentlicht<br />
wurden. Einmit der Angelegenheit<br />
Vertrauter habe das „Umfeld“ des<br />
verschwiegenen Milliardärs als eigentlichen,<br />
bislang geheimen Spender<br />
bestätigt. Über die Züricher<br />
Pharmafirma PWS waren vorder<br />
Bundestagswahl 2017 rund 130 000<br />
Euro auf das Konto des AfD-Kreisverbands<br />
Bodenseekreis geflossen,<br />
dem Weidel angehört. (AFP)<br />
Bund und Kohleländer einig<br />
über Sofortprogramm<br />
DieBundesregierung und die Kohleländer<br />
haben sich auf ein Sofortprogramm<br />
für den Strukturwandel in<br />
den vomKohleausstieg betroffenen<br />
Regionen geeinigt. Mitdiesem ersten<br />
Schritt sollen 260 Millionen Euro in<br />
gut 100 Projekte in Sachsen, Sachsen-<br />
Anhalt, Brandenburgund Nordrhein-<br />
Westfalen investiertwerden, wie Bundesfinanzminister<br />
Olaf Scholz (SPD)<br />
am Donnerstag sagte.Esgehe zum<br />
Beispiel um technologische Entwicklung<br />
oder Gewerbeparks.Dies könne<br />
dazu beitragen, dass zukunftsfähige<br />
Jobs entstehen könnten. (dpa)<br />
Oppostionskandidat liegt in<br />
Istanbul bei Nachzählung vorn<br />
Präsident Erdogans AKP geht aus den<br />
Wahlen geschwächt hervor.<br />
DPA<br />
In der türkischen Millionenmetropole<br />
Istanbul liegt bei der Nachzählung<br />
vonStimmen aus der Kommunalwahl<br />
weiter die Opposition in<br />
Führung. DerBürgermeisterkandidat<br />
der Mitte-Links-Partei CHP,<br />
EkremImamoglu, sagte am Donnerstag,<br />
er führemit rund 19 500<br />
Stimmen vordem Kandidaten der islamisch-konservativen<br />
Regierungspartei<br />
AKP vonPräsident Recep<br />
Tayyip Erdogan, Ex-Ministerpräsident<br />
Binali Yildirim. (dpa)<br />
US-Kongress fordert<br />
Rückzug aus dem Jemen<br />
DerUS-Kongress hat Präsident Donald<br />
Trump zu einem Ende des militärischen<br />
Engagements der USA im<br />
Jemen-Krieg aufgefordert. DasRepräsentantenhaus<br />
in Washington<br />
verabschiedete am Donnerstag eine<br />
bereits vomSenat gebilligte Resolution,<br />
die vomPräsidenten verlangt,<br />
binnen 30 Tagen die beteiligten US-<br />
Streitkräfte aus dem Konflikt abzuziehen.<br />
(dpa)<br />
Mordanklage gegen<br />
Attentäter von Christchurch<br />
Demmutmaßlichen Attentäter von<br />
Christchurch soll wegen 50-fachen<br />
Mordes der Prozess gemacht werden.<br />
Knapp drei Wochen nach dem<br />
Anschlag auf zwei Moscheen gab<br />
Neuseelands Polizei am Donnerstag<br />
die Anklagepunkte gegen den 28<br />
Jahrealten Rechtsextremisten aus<br />
Australien bekannt. (dpa)<br />
Der Superstar:Mehr als 14 000 Menschen kamen am Donnerstagabend in die ausverkaufte Lanxess-Arena, um Ex-US-Präsident Barack Obama zuhören zu können. DPA/INKA ENGLISCH<br />
„Ein Tisch ist ein Tisch und kein Baum“<br />
Barack Obama sprach in Köln über Fake News und Regierende. An diesem Freitag kommt er nach Berlin<br />
VonPeter Berger<br />
Nein, nein, nein, ich habe<br />
ihn noch nicht gesehen“,<br />
ruft Cristián Gálvez um<br />
19.45 Uhr indie Menge<br />
und beschreibt kurz die Charakterzüge<br />
jenes Prominenten, den er wenig<br />
später interviewen wird. Barack<br />
Obama sei eine „herausragende Persönlichkeit<br />
auf den politischen Bühnen“,<br />
sagt der Kölner Betriebswirt<br />
und Wirtschaftspsychologe, der das<br />
Privileg hat, ihn in der mit 14 000 Zuhörern<br />
ausverkauften Lanxess-Arena<br />
befragen zu dürfen. Undlässt eine E-<br />
Mail vom 5.November 2008 auf die<br />
Videowand werfen, die allen in der<br />
Halle zeigt, wie nah er dem ehemaligen<br />
US-Präsidenten schon gekommen<br />
ist. Direkt nach seiner ersten<br />
Wahl in das höchste Staatsamt der<br />
USA schickt der mächtigste Mann der<br />
Welt an Gálvez folgenden Satz. „How<br />
we made this.“ Wie wir das gemacht<br />
haben.<br />
Das Publikum ist angefüttert.<br />
20.07 Uhr. Zwei graue Sessel werden<br />
auf die Bühne getragen. DerModerator<br />
fragt: „Ist jemand vielleicht wegen<br />
dieses Moments hierhergekommen?“<br />
DieHalle erhebt sich –und es<br />
ist tatsächlich ein erhebender Moment,<br />
gar keine Frage.Barack Obama<br />
erobertdie Herzen der Halle sofort.<br />
Michelle und er hätten erstmal<br />
lange geschlafen, als er das Amt verlassen<br />
habe, sagt er.„Wir haben entdeckt,<br />
werwir eigentlich wirklich waren.“<br />
Underhabe das erste Malnach<br />
Durchgefallen<br />
Die AfD-Politikerin Harder-Kühnel scheitert bei der Wahl zur Vizepräsidentin des Bundestags<br />
VonJan Sternberg<br />
Die AfD-Abgeordnete Mariana<br />
Harder-Kühnel ist auch im dritten<br />
Anlauf nicht zur Vizepräsidentin<br />
des Bundestages gewählt worden.<br />
Die 44-Jährige bekam am Donnerstag<br />
in geheimer Abstimmung nur<br />
199 Ja-Stimmen. 423 Abgeordnete<br />
votierten gegen sie, 43 enthielten<br />
sich. Entgegen den Gepflogenheiten<br />
des Parlaments ist damit die größte<br />
Oppositionspartei weiterhin nicht<br />
im Präsidium des Bundestages vertreten.<br />
Zu Beginn der Wahlperiode<br />
hatten Union, SPD, FDP, Grüne und<br />
Linkspartei bereits den AfD-Kandidaten<br />
Albrecht Glaser in drei Wahlgängen<br />
durchfallen lassen.<br />
In den vergangenen Tagen war<br />
die Wahl Harder-Kühnels auf den Vizeposten<br />
durchaus für möglich erachtet<br />
worden. „Das hält der Bundestag<br />
aus“, hatte FDP-Fraktionschef<br />
Christian Lindner gesagt. In der<br />
Union hieß es, man wolle der AfD<br />
keine Märtyrerpose gestatten. Mit<br />
diesem Hinweis soll vor allem der<br />
Vorsitzende der CDU/CSU-Fraktion,<br />
Ralph Brinkhaus, argumentiert haben.<br />
Nach außen hin inszeniert<br />
sich Harder-<br />
Kühnel als „Gemäßigte“.<br />
Sie polarisierte weniger<br />
als Glaser.Der erste Kandidat<br />
der AfD für das Präsidium<br />
war in drei Wahlgängen<br />
glatt durchgefallen.<br />
Er war vor allem wegen<br />
seiner Äußerungen<br />
zum Islam gescheitert.<br />
Glaser hatte den Muslimen<br />
in Deutschland das<br />
im Grundgesetz verbriefte<br />
Recht auf Religionsfreiheit<br />
abgesprochen, weil seiner Auffassung<br />
nach der Islam selbst keine Religionsfreiheit<br />
kennt. Harder-Kühnel<br />
bezeichnete die Religionsfreiheit dagegen<br />
öffentlich als „ein Grundrecht,<br />
das nicht entzogen werden kann“<br />
Mariana<br />
Harder-Kühnel, 44<br />
vielen Jahren wieder Kaffee kochen<br />
müssen. „Aber der hat furchtbar geschmeckt.“<br />
Im Kleiderschrank ging<br />
der Kampf mit dem Alltag weiter. Da<br />
habe er sich einen Platz für seine Klamotten<br />
zurückerobernmüssen.<br />
Dann ist aber Schluss mit den<br />
Anekdoten. Es wird ein ernsthaftes<br />
Gespräch. Obama spricht zunächst<br />
über seine Hilfsorganisation, die<br />
Obama-Foundation und seine Philosophie,<br />
dass es darum gehe, Menschen<br />
so zu stärken, dass sie ihr Leben<br />
selbst in die Hand nehmen können.<br />
Er wolle ein weltweites Netzwerk<br />
schaffen, das Ideen wie diese um den<br />
Globus trage.„Darüber werdeich mit<br />
meiner Freundin Angela Merkel am<br />
Freitag in Berlin sprechen.“<br />
Er sei sieben Jahrealt gewesen, als<br />
Martin Luther King einem Attentat<br />
zum Opfer fiel. In seiner Jugendzeit<br />
habe es in den USA leider keine soziale<br />
Bewegung gegeben, der er sich<br />
hätte anschließen können. VonMartin<br />
Luther King habe er gelernt, dass<br />
eine Führungspersönlichkeit zunächst<br />
einmal ein guter Zuhörer sein<br />
müsse. Inseinem ersten Präsidentschaftswahlkampf<br />
sei es für die vielen<br />
Helfer zunächst nur darum gegangen,<br />
den Menschen zuzuhören.<br />
Waserzuden heutigen Führungskräften<br />
sage, will der Moderator wissen.<br />
„Nun“, antwortet Obama, „jeder,<br />
der in den USA Präsident werden will,<br />
braucht ein gutes Ego.“Aber sich nur<br />
in seiner Eitelkeit zu sonnen, sei deutlich<br />
zu wenig. Es gehe nicht darum,<br />
was man persönlich sein wolle, sondern<br />
welche Projekte man habe und<br />
durchsetzen wolle.<br />
„Den Kampf gegen Klimaerwärmung kann man<br />
nicht alten Leuten überlassen, auch nicht mir.“<br />
Barack Obama in Köln.<br />
und kritisierte Glaser: „Er hat vielleicht<br />
zu wenig zwischen dem politischen<br />
Islam und dem einzelnen<br />
Gläubigen differenziert.“<br />
In Begegnungen mit den Fraktionen<br />
außer der Linken<br />
soll sie unauffällig gewirkt<br />
haben. Vor der<br />
Wahl kündigten aber immer<br />
mehr Abgeordnete<br />
an, Harder-Kühnel auf<br />
keinen Fall zu wählen.<br />
SPD-Generalsekretär<br />
Lars Klingbeil nannte<br />
DPA<br />
Brinkhaus’ Unterstützung<br />
einen „Schlag ins<br />
Gesicht für alle Demokraten,<br />
die im Plenum<br />
gegen Hass und Hetze<br />
der AfD kämpfen“. Der sächsische<br />
CDU-Abgeordnete Marco Wanderwitz<br />
nannte die AfD eine „offen demokratieverachtende,<br />
rechtsradikale<br />
Partei“ und kündigte an, auch<br />
eine „gemäßigte Mitläuferin“ nicht<br />
zu wählen.<br />
Und Obama erinnert daran, was<br />
Demokratie bedeutet. Als Chef einer<br />
Regierung in einer Demokratie<br />
müsse man die Verantwortung delegieren<br />
und den Menschen vertrauen,<br />
die sie übernehmen. „Wir haben in<br />
den acht Jahren unserer Regierung<br />
vielleicht Fehler gemacht, aber das<br />
waren dann ehrliche Fehler. Wir haben<br />
niemanden ins Gefängnis gebracht.“<br />
Es ist äußerst geschickt und diplomatisch,<br />
wie Obama über seinen<br />
Nachfolger im Amt spricht, ohne<br />
Trump beim Namen zu nennen.<br />
Denn es ist ein ungeschriebenes Gesetz<br />
in den USA, dass ein Ex-Präsident<br />
niemals seinen Nachfolger im<br />
Amt offen kritisiert. Man dürfe seine<br />
politischen Entscheidungen niemals<br />
davon abhängig machen, ob sie die<br />
eigene Wiederwahl gefährden. Verantwortung<br />
zu übernehmen bedeute<br />
auch, sich die Hände schmutzig zu<br />
machen.<br />
Und noch ein Seitenhieb auf<br />
Trump und die Fake News. Ineiner<br />
Demokratie sei es völlig normal, dass<br />
man über Positionen streite. Aber<br />
man könne nicht über die Fakten<br />
streiten. „Ein Tisch ist ein Tisch und<br />
kein Baum.“ In seiner Amtszeit habe<br />
Twitter für die Regierungsgeschäfte<br />
eines Präsidenten noch keine Bedeutung<br />
gehabt.<br />
Und dann spricht Barack über<br />
seine Frau: „Sie ist einzigartig, wunderschön,<br />
lustig, und sie kann tanzen.<br />
Wir kamen beide aus einfachen Verhältnissen.<br />
Wirwaren beide klug und<br />
konnten alles erreichen. Aber wir<br />
mussten uns das alles harterarbeiten.<br />
Undwir waren nicht berühmt, bevor<br />
wir 45 Jahre alt wurden. Wir sind<br />
durch alle Schwierigkeiten des Alltags<br />
gegangen.“<br />
Das ist der Moment, an dem klar<br />
wird, warum Obama in Deutschland<br />
so viele Sympathien entgegen gebracht<br />
werden. Alle, die sich das vor<br />
seinem Auftritt am frühen Abend<br />
noch nicht erklären können, als sie im<br />
strömenden Regen vor der Lanxess-<br />
Arena auf den Einlass warten, sind<br />
dem Phänomen Obama ein gutes<br />
Stück näher gekommen.<br />
Auch in der AfD-Fraktion selbst<br />
wurden Bedenken laut: MehrereAbgeordnete,die<br />
nicht genannt werden<br />
wollten, kündigten an, Harder-Kühnel<br />
nicht zu wählen. Sie sei in Wahrheit<br />
eine heimliche Vertreterin des<br />
rechtsnationalen „Flügels“ innerhalb<br />
der AfD.Zumindest habe sie aktiv<br />
die Unterstützung der Radikalen<br />
gesucht und sich von ihnen abhängig<br />
gemacht. Öffentlich hat Harder-<br />
Kühnel sich nie vom rechtsnationalen„Flügel“<br />
und dem Thüringer AfD-<br />
Landeschef BjörnHöcke distanziert.<br />
AfD-Fraktionsgeschäftsführer<br />
Bernd Baumann hatte angekündigt,<br />
die AfD werde jede Sitzungswoche<br />
einen neuen Kandidaten präsentieren.<br />
Dann müsse dafür „kostbare<br />
Parlamentszeit“ auf „Kosten anderer<br />
Sachthemen“ verwendet werden.<br />
Genau diesen Weg werde die AfD<br />
jetzt gehen, kündigte nun ein Sprecher<br />
Lüth an. Der SPD-Abgeordnete<br />
Karamba Diabytwitterte:„Wir lassen<br />
uns nicht erpressen.“ (mit AFP)<br />
Lehrer<br />
müssen helfen<br />
können<br />
BGH betont die Pflicht zur<br />
Ersten Hilfe im Unterricht<br />
Das Üben einer Herzdruckmassage gehörtzujedem<br />
Erste-Hilfe-Kurs.<br />
DPA<br />
Sören Z. stand kurzvor dem Abitur<br />
und hatte große Pläne. Bis zu jenem<br />
Nachmittag am 13. Januar 2013.<br />
Fünf Minuten nach Beginn des Aufwärmtrainings<br />
im Sportunterricht<br />
hört der 18-Jährige mit dem Laufen<br />
auf. Der Gymnasiast aus Wiesbaden<br />
hat Kopfschmerzen. Er sackt an der<br />
Wand zusammen, ist nicht mehr ansprechbar.Die<br />
Lehrerin alarmiertden<br />
Notarzt. Doch bis der kommt, vergeht<br />
wertvolle Zeit. Acht Minuten Bewusstlosigkeit<br />
ohne jegliche Laienreanimation,<br />
heißt es später im Klinikbericht.<br />
Der Schüler erleidet<br />
schwerste Hirnschäden durch Sauerstoffmangel<br />
und ist heute zu 100 Prozent<br />
schwerbehindert. Er muss rund<br />
um die Uhrbetreut werden.<br />
Hätte das Schicksal des Jungen<br />
verhindertwerden können? DerBundesgerichtshof<br />
(BGH) betont am<br />
Donnerstag die Pflicht eines Sportlehrers<br />
für rechtzeitige Erste Hilfe und<br />
hebt ein Urteil des Oberlandesgerichts<br />
Frankfurt amMain auf. (Az. III<br />
ZR 35/18) Die höchsten deutschen<br />
Zivilrichter eröffnen dem jungen<br />
Mann damit eine Chance auf<br />
Schmerzensgeld und Schadenersatz.<br />
Derinzwischen 24-Jährige hat das<br />
Land Hessen wegen unzureichender<br />
Erste-Hilfe-Maßnahmen verklagt. Er<br />
fordert mindestens 500 000 Euro<br />
Schmerzensgeld, gut 100 000 Euro für<br />
die Erstattung materieller Schäden,<br />
eine monatliche Mehrbedarfsrente<br />
von etwa 3000 Euro sowie die Feststellung,<br />
dass Hessen auch für künftige<br />
Kosten aufkommen soll.<br />
In den Vorinstanzen hatte seine<br />
Klage keinen Erfolg. Es sei nicht sicher,<br />
obmögliche Fehler der Lehrer<br />
bei der Ersten Hilfe sich kausal auf<br />
den Gesundheitszustand des Klägers<br />
ausgewirkt hätten. Auf ein Gutachten<br />
wurde verzichtet. Dasfordertder<br />
BGH nun für den neuen Prozess ein.<br />
Das OLG muss in neuer Verhandlung<br />
mit Hilfe eines Gutachters klären,<br />
ob eine Amtspflichtverletzung<br />
ursächlich für die Behinderung war.<br />
Nur wenn ein Zusammenhang zwischen<br />
unterlassener Reanimation<br />
und der Behinderung bewiesen wird,<br />
hat Sören Z. Anspruch auf Schadenersatz<br />
und Schmerzensgeld.<br />
Dass nicht alles gut lief, wird bei<br />
der BGH-Verhandlung deutlich. Von<br />
einer „Verkettung unglücklicher Umstände“<br />
spricht die Anwältin des hessischen<br />
Kultusministeriums. Grobe<br />
Fahrlässigkeit weist sie zurück –und<br />
auch, dass acht Minuten nichts passiertsei.<br />
Sören Z. wurde in die stabile<br />
Seitenlage gebracht, der Puls gefühlt.<br />
Doch ob der Schüler noch atmet,<br />
wurde nicht kontrolliert. Es gibt weder<br />
eine Mund-zu-Mund-Beatmung<br />
noch eine Herzdruckmassage.<br />
DerVater, selbst lange Betriebssanitäter,versteht<br />
nicht, wie das passieren<br />
konnte.„Man kann nichts falsch<br />
machen bei einer Wiederbelebung.“<br />
Das betont auch der Bundesarzt des<br />
Deutschen Roten Kreuzes, Peter Sefrin.<br />
AusFurcht werdeinvielen Fällen<br />
nichts getan, bis der Notarzt kommt.<br />
Dabei, so sagt der Mediziner, sei es<br />
das einzig Falsche,nichts zu tun.<br />
DerVater des Jungen hofft nun auf<br />
ein OLG-Urteil zugunsten seines Sohnes:<br />
Der erneute Prozess werde psychisch<br />
noch einmal belastend. Doch,<br />
so sagte er nach dem Urteil in Karlsruhe:„Wir<br />
sind guter Dinge.“ (dpa)