rb2019-04
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02 Politik & Wirtschaft<br />
April 2019 I Jahrgang 18 I Nr. 201<br />
Know-how aus Hohenlohe in Hannover<br />
Industrie 4.0, Künstliche Intelligenz und 5G waren die Schwerpunkte auf der Industrie Messe. Aber es gab auch ganz reale neue Produkte.<br />
Wenn sich am heutigen Freitag<br />
die Tore der Hannover<br />
Messe schließen,<br />
dann hatten die Themen Industrie<br />
4.0, Künstliche Intelligenz und 5G<br />
erneut einen großen Auftritt.<br />
Wieder einmal stellte die Messe<br />
fünf Tage lang die Weichen für die<br />
Industrie der Zukunft. Gleichzeitig<br />
machte ein deutlich ausgebautes<br />
Konferenzprogramm die Veranstaltung<br />
zum Treffpunkt für Vordenker<br />
aus Wirtschaft und Politik.<br />
Rund 6500 Unternehmen aus 75<br />
Ländern hatten sich zur Weltleitmesse<br />
der Industrie angemeldet.<br />
Weltkonzerne, Mittelständler und<br />
Startups präsentierten hier ihre<br />
Technologien für die Industrieproduktion<br />
und die Energieversorgung<br />
der Zukunft.<br />
Ein Schwerpunkt der Messe lag in<br />
diesem Jahr auf den Möglichkeiten,<br />
die durch den Einsatz Künstlicher<br />
Intelligenz (KI) in der industriellen<br />
Fertigung entstehen. Unternehmen<br />
aus aller Welt zeigten<br />
mehr als 100 Anwendungsbeispiele<br />
für maschinelles Lernen.<br />
„Die Fähigkeit, massenhaft Daten<br />
auszuwerten und daraus Entscheidungen<br />
abzuleiten, macht die individuelle<br />
Massenproduktion erst<br />
möglich“, sagte Dr. Jochen Köckler,<br />
Vorsitzender des Vorstands<br />
der Deutschen Messe AG. Im<br />
Blickpunkt standen Mensch-Roboter-Arbeitsplätze,<br />
bei denen sich<br />
die Roboter um den Menschen herum<br />
organisieren. Der Mensch<br />
konzentriert sich dabei auf die Aufgaben,<br />
die höhere kognitive Fähigkeiten<br />
erfordern.<br />
Ein großes Thema war der neue<br />
Mobilfunkstandard 5G. In Halle<br />
16 konnte ein echtes funktionsfähiges<br />
5G-Netz getestet werden.<br />
Hier konnten sowohl Netzausrüster<br />
wie auch Anwender erfahren,<br />
was mit dem neuen Mobilfunkstandard<br />
möglich sein wird. Köckler:<br />
„Gerade für die digitale Vernetzung<br />
der Industrie ist die Übertragung<br />
von Daten in Echtzeit und<br />
unter hoher Datensicherheit von<br />
enormer Bedeutung.“<br />
Aussteller aus der<br />
gesamten Region<br />
Auch Unternehmen wie Ziehl-<br />
Abegg aus Künzelsau warten auf<br />
5G. Die Technik des Ventilatoren-<br />
Herstellers aus Hohenlohe sei bereits<br />
vernetzungsfähig. Sobald der<br />
neue Standard einsatzfähig sei,<br />
müssten nur noch Schnittstellen<br />
ausgetauscht werden, um die<br />
schnelle Datenautobahn, die ohne<br />
Kabel auskommt, nutzen zu können,<br />
erklärte Technikvorstand<br />
Norbert Schuster.<br />
Eine weitere Zukunftstechnologie,<br />
die die Messe stärker in den Mittelpunkt<br />
rückte, war der Leichtbau.<br />
Experten aus Politik, Industrie<br />
und Wissenschaft trafen sich<br />
zum Leichtbau-Gipfel des Bundeswirtschaftsministeriums,<br />
um eine<br />
Strategie zu entwickeln, wie<br />
Deutschland zum Leitmarkt für<br />
diese Technologien werden kann.<br />
Neben kabelloser Datenübertragung<br />
und Künstlicher Intelligenz<br />
gab es auf der Messe aber auch<br />
Neues, was sich noch real in die<br />
Hand nehmen läßt.<br />
„Flach und heiß“ – so lautet beispielsweise<br />
die Kurzbeschreibung<br />
der neuen Stego Flachheizung CP<br />
061, die die Schwäbisch Haller<br />
Elektronikschützer vorstellten.<br />
Sie hält die Temperatur in Schaltschränken<br />
auf einem konstanten<br />
Niveau und verhindert das Kondensieren<br />
der in der Luft enthaltenen<br />
Feuchtigkeit und Korrosion.<br />
Licht ins Dunkel brachte auch die<br />
neue „Varioline-Schaltschrankleuchte“<br />
des Haller Unternehmens.<br />
Hera Laborsysteme präsentierte<br />
sein web-basiertes Software-Paket<br />
„IMOD Desktop“, womit sich Gerätegruppen<br />
per Computer, Notebook<br />
oder Smartphone fernüberwachen<br />
und fernsteuern lassen.<br />
„Ziehl Industrie-Elektronik ist seit<br />
über 50 Jahren auf der Hannover<br />
Messe vertreten. Diesmal stellte<br />
der Haller Spezialist für Mess-,<br />
Schnelles Internet: Der neue Mobilfunkstandard 5G konnte hier getestet werden.<br />
Steuer- und Regelelektronik ein<br />
Gerät aus, das bei Photovoltaikanlagen<br />
die Verbindung mit dem<br />
Stromnetz überwacht.<br />
Die Firma MBS aus Sulzbach-Laufen<br />
war mit ihren X-Type-Geräten<br />
vertreten. Diese ermöglichen es,<br />
Oberschwingungsbelastungen<br />
exakt bis 20 Kilohertz zu messen<br />
und schadhafte Geräte ausfindig<br />
zu machen. Auch Romet aus Wolperthausen<br />
nutzte die weltweite<br />
Präsenz, genau so wie das Haller<br />
Unternehmen Hachtel, dessen<br />
Glasscheiben sehr hohe Dämmwerte<br />
erreichen oder Ziehl-<br />
Abegg, das mit leistungsfähigen<br />
Ventilatoren auf der wichtigen Industrie-Messe<br />
präsent war. pm/do<br />
www.hannovermesse.de<br />
Foto: NPG-Archiv<br />
Impressum<br />
STANDPUNKT<br />
Heribert Lohr<br />
verantwortlicher Redakteur<br />
Schönes Gestolpere<br />
Man (ist das noch politisch korrekt?) sagt<br />
uns Hohenloher-Franken ja nach, ein leicht<br />
verstockter Haufen zu sein, aber gegen die<br />
Briten sind wir gar nichts. Brexit, mit und<br />
ohne Deal, aufgeschoben, Nexit – schon beeindruckend,<br />
wie die da auf ihrer Insel zwischen<br />
Five-o-clock-Tea und Porridge zum<br />
Breakfast ihre Zukunft in den Sand setzen.<br />
Wir wollen hier nicht allzu politisch werden,<br />
aber die Eiferer unter den AfD-Anhängern<br />
können sich da schon mal ansehen,<br />
wohin es führt, wenn rückständige Nationalstaaterei<br />
zum Allheilmittel des 21. Jahrhunderts<br />
erklärt wird.<br />
Gott möge die Queen schützen, das Empire<br />
bringt soviel Halsstarrigkeit nicht zurück.<br />
Im Gegenteil, das Theater zur Unzeit<br />
könnte den globalen Abschwung noch verstärken<br />
und am Ende Good old Europe<br />
noch mehr unter Zugzwang setzen, als es<br />
schon ist. Wir sollten uns nichts vormachen<br />
und durch die aktuell (noch) guten Wirtschaftsdaten<br />
nicht blenden lassen: Europa<br />
droht den Anschluss zu verlieren. Ob Digitalisierung,<br />
Onlinehandel oder Mobilität:<br />
Wir sind noch dabei, aber nicht<br />
mehr vorne. Nur als starke Einheit haben<br />
die rund 400 Millionen Europäer<br />
überhaupt eine Chance, nicht zwischen<br />
den Macht- und Wirtschaftsblöcken<br />
in Asien, Amerika oder Teilen<br />
von Afrika zerrieben zu werden.<br />
Dabei darf es ruhig bunt sein<br />
Foto: Marc Weigert<br />
und ein wenig einen an der Waffel zu haben,<br />
schadet nicht. So lange der Blick für<br />
das Ganze nicht verloren geht. Denn am<br />
Ende ist gleichgültig, ob es Rugbrood (Dänemark),<br />
Hagelslag (Holland), Krentenbrod<br />
(Belgien), Croissant (Frankreich), Koláce<br />
(Tschechien), Drozdzówka (Polen) oder<br />
Stullen zum Frühstück gibt – Hauptsache,<br />
es schmeckt und es reicht über den Tag.<br />
Doch ohne die Hilfe und Akzeptanz von ein<br />
paar Milliarden anderen werden die Meere<br />
nicht sauber, ist die Erderwärmung nicht zu<br />
stoppen und kein Waffengang zu verhindern.<br />
Nur wenn die Welt auch weiterhin unsere<br />
Technik und kreativen Ideen schätzt, haben<br />
wir „paar deutsche Hansel“ überhaupt noch<br />
die Möglichkeit, uns auf diesem Globus etwas<br />
Gehör zu verschaffen und die Dinge in<br />
unserem Sinne zu beeinflussen.<br />
Was den Brexit zum wirklichen Übel und<br />
die Gelb-Westen in Frankreich erst so richtig<br />
gefährlich macht, ist der Umstand, dass es<br />
beredte Beispiele dafür sind, dass den gestandenen<br />
Demokratien wohl die Fähigkeit abhanden<br />
gekommen ist, den Kompromiss zu<br />
suchen (manchmal mühsam) und zu finden<br />
(manchmal langsam).<br />
Dabei sind wir Heilbronner-Franken gut beraten,<br />
nicht mit dem Finger auf andere zu<br />
zeigen. Auch nach rund 40 Jahren haben<br />
wir wenig vorzuweisen, was die vier Landkreise<br />
Heilbronn, Hohenlohe, Schwäbisch<br />
Hall und Main-Tauber wirklich verbindet<br />
(Schön war unsere Heimat schon vorher).<br />
Und hätten nicht einige Großunternehmen<br />
durch ihre außergewöhnliche wirtschaftliche<br />
Entwicklung die Schlagzahl vorgegeben,<br />
die Bilanz sähe noch trüber aus.<br />
Ob Tourismus, Regionalmarketing, Wirtschaftsförderung,<br />
Sportstätten- oder Messebau<br />
oder Gesundheitsversorgung – da ist<br />
nicht viel, was uns gemeinsam unter einem<br />
größeren Dach gelungen wäre.<br />
Dass nach langem Betteln eine völlig überlastete<br />
Autobahn nun erweitert wird, mag<br />
für einen Kirchturmspitzenwettbewerb in der<br />
hohenlohischen Provinz noch reichen,<br />
schon in der Konkurrenz mit anderen Metropolregionen<br />
ist das blasierte Rückständigkeit.<br />
Wir zählen mittlerweile über 900 000<br />
Einwohner und tun immer noch so, als<br />
würde in Öhringen, Bad Mergentheim oder<br />
Schwäbisch Hall der Weltengang entschieden.<br />
So verständlich der Blick zu den eigenen<br />
Fußspitzen auch ist, ohne ein Mehr an<br />
regionaler Ausrichtung ist in Zukunft kein<br />
Staat mehr zu machen.<br />
In der jüngeren Vergangenheit reichte das<br />
Geschick einer guten handvoll außergewöhnlicher<br />
Unternehmer und ihrer Belegschaften,<br />
um uns alle mit an die Spitze dieses<br />
Landes und damit in der Welt zu katapultieren.<br />
Darauf, dass sich diese Geschichte<br />
einfach wiederholt, sollten wir uns hier aber<br />
besser nicht verlassen.<br />
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