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Mumien und Bibliotheken.

Beschäftigt man sich mit dem Thema, verwundert es zunächst, dass eine nicht geringe Zahl von Bibliotheken Mumien besitzen und teils auch in ihren Bibliothekssälen zur Schau stellen. Auch wenn es auf den ersten Blick anders aussieht: Bibliotheksmumien sind mehr als eine bloße Skurrilität oder morbide Zierde altehrwürdiger Büchersammlungen. Eric W. Steinhauer zeigt im zweiten Band der Reihe "Morbides Bücherwissen", dass die in Bibliotheken verwahrten Mumien damals wie heute über ein erstaunliches mediales und medienvisionäres Potential verfügen. Darüber hinaus ist die balsamierte Mumie in der Bibliothek Metapher für Dauerhaftigkeit und Unsterblichkeit, die auch von Bibliotheken erwartet wird. Die reichlich illustrierten Betrachtungen werden ergänzt durch eine ausführliche Bibliographie und ein Inventar gegenwärtiger und historischer Bibliotheksmumien.

Beschäftigt man sich mit dem Thema, verwundert es zunächst, dass eine nicht geringe Zahl von Bibliotheken Mumien besitzen und teils auch in ihren Bibliothekssälen zur Schau stellen. Auch wenn es auf den ersten Blick anders aussieht: Bibliotheksmumien sind mehr als eine bloße Skurrilität oder morbide Zierde altehrwürdiger Büchersammlungen. Eric W. Steinhauer zeigt im zweiten Band der Reihe "Morbides Bücherwissen", dass die in Bibliotheken verwahrten Mumien damals wie heute über ein erstaunliches mediales und medienvisionäres Potential verfügen. Darüber hinaus ist die balsamierte Mumie in der Bibliothek Metapher für Dauerhaftigkeit und Unsterblichkeit, die auch von Bibliotheken erwartet wird. Die reichlich illustrierten Betrachtungen werden ergänzt durch eine ausführliche Bibliographie und ein Inventar gegenwärtiger und historischer Bibliotheksmumien.

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1. IM TOTEN WINKEL DER WISSENSCHAFT<br />

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1. Im toten Winkel der Wissenschaft<br />

Über Bibliotheksmumien zu sprechen, bedeutet nicht, wie<br />

man zunächst denken könnte, sich mit dem bibliothekarischen<br />

Personal oder dergleichen zu befassen 4 . Ebenso wenig<br />

geht es bei diesem Thema um verstaubte Bücher, die<br />

man in launiger Rede manchmal auch als »<strong>Mumien</strong>« bezeichnet<br />

5 . Vielmehr wollen wir unter Bibliotheksmumien<br />

echte Leichname verstehen <strong>und</strong> ihr Vorhandensein in <strong>Bibliotheken</strong><br />

als eine besondere kulturelle <strong>und</strong> mediale Praxis<br />

beschreiben <strong>und</strong> würdigen. Das ist neu. Die umfangreiche<br />

Literatur über <strong>Mumien</strong> kennt zwar die Apothekenmumie 6 .<br />

5 Rezension zu John Howship mit dem Titel »Beobachtungen über<br />

den ges<strong>und</strong>en <strong>und</strong> krankhaften Bau der Knochen«, 1822, in: Vierteljahrschrift<br />

für die praktische Heilk<strong>und</strong>e, hrsg. von der medicinischen<br />

Facultät in Prag, 3 (1846), 3. Bd., S. 52: » … aber warum dann<br />

nicht sich resigniren <strong>und</strong> lieber zwar ruhmlos, doch ehrlich, auf<br />

dem Wahlplatze der Literatur fallen?, wo die Bücherleichen theils<br />

in Massen von Antiquaren aufgeladen werden, mit der Aussicht,<br />

noch Jahrh<strong>und</strong>erte lang als <strong>Mumien</strong> in <strong>Bibliotheken</strong> zu figuriren,<br />

theils unmittelbar in den vielfach nützlichen literärischen Zersetzungsprocess,<br />

gemeinhin Maculatur genannt, übergehen.«, sowie<br />

Lockhart, in: Carpenter memorial library, S. 43: »No doubt dead<br />

books will lie side by side with living books, but a dead book may<br />

have an archaeological value like an Egyptian mummy.«. Hierher<br />

gehören auch die bewusst als antik gestalteten »<strong>Mumien</strong>drucke«,<br />

vgl. dazu Trojahn, Druckfrische antike Bücher: die <strong>Mumien</strong>drucke<br />

des Carl Maria Seyppel, in: Bibliotheksmagazin 10 (2015), H. 2, S.<br />

50-54.<br />

6 Vgl. Bernschneider-Reif, Mumia vera Aegyptiaca – Heilmittel<br />

in den Apotheken des Abendlandes, S. 201.

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