Berliner Zeitung 11.04.2019
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16 * <strong>Berliner</strong> <strong>Zeitung</strong> · N ummer 85 · D onnerstag, 11. April 2019<br />
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Brandenburg<br />
NACHRICHTEN<br />
Landwirte erhalten weitere<br />
26 Millionen Euro Dürrehilfe<br />
Für die Schäden im heißen Sommer<br />
des vergangenen Jahres erhalten<br />
rund 780 Brandenburger Landwirtschaftsbetriebe<br />
zusätzlich rund<br />
26 Millionen Euro sogenannte Dürrehilfe.Diese<br />
zusätzlichen Mittel<br />
stammten zur Hälfte aus dem Fonds<br />
des Bundeslandwirtschaftsministeriums,der<br />
vonanderen Bundesländernnicht<br />
voll ausgeschöpft worden<br />
sei, berichtete Landwirtschaftsminister<br />
JörgVogelsänger (SPD) am<br />
Mittwoch im Landtag. DasLand<br />
habe denselben Betrag noch einmal<br />
draufgelegt, erklärte Finanzminister<br />
Christian Görke (Linke). Für die anspruchsberechtigten<br />
Betriebe seien<br />
bislang gut 46 Millionen Euro an<br />
Hilfsgeldernbereitgestellt worden.<br />
Mitden zusätzlichen Mitteln könnten<br />
die gemeldeten Schäden in Höhe<br />
vonrund 83 Millionen Euro nun zu<br />
75 Prozent erstattet werden, sagte<br />
Görke.Dies sei eine wichtige Voraussetzung,<br />
um die Betriebe und die Arbeitsplätzezuerhalten.<br />
(dpa)<br />
Weitere 327 Hektar<br />
Wald kampfmittelfrei<br />
In Brandenburgsind im vergangenen<br />
Jahr weitere327 Hektar Landeswald<br />
vonKampfmitteln geräumt<br />
worden. Beider Suche seien landesweit<br />
über 23 000 Stück Munition mit<br />
einem Gesamtgewicht von21Tonnen<br />
gefunden und vernichtet worden,<br />
teilte das Forstministerium am<br />
Mittwoch mit. Seit 2007 wurden insgesamt<br />
62 000 Hektar Landeswald<br />
vonKampfmittelexperten untersucht.<br />
In diesem Jahr sind Maßnahmen<br />
auf 352 Hektar geplant. (dpa)<br />
Weniger Sanktionen gegen<br />
Hartz-IV-Empfänger<br />
In Brandenburgsind Hartz-IV-Empfänger<br />
2018 seltener sanktioniert<br />
worden. 33 797 Sanktionen registrierte<br />
die Bundesagentur für Arbeit<br />
(BA), weil eine Arbeit oder Maßnahme<br />
abgebrochen oder nicht fortgeführt,<br />
ein Termin versäumt wurde<br />
oder wegen sonstiger Gründe.Im<br />
Jahr 2017 wurden nach Angaben der<br />
Regionaldirektion Berlin-Brandenburgüber<br />
34 300 Sanktionen ausgesprochen.<br />
(dpa)<br />
Ein Polizist steht in der Mühlenstraße in Cottbus und sichertdie Durchsuchungen seiner Kollegen ab.<br />
Schlag gegen rechte Fußballfans<br />
VonAlexander Schmalz<br />
Es ist der bisher größte<br />
Schlag gegen die rechte<br />
Hooliganszene in Brandenburg.<br />
EinGroßaufgebot der<br />
Polizei hat am Mittwoch mehr als 30<br />
Wohnungen rund um Cottbus, in<br />
Berlin, Sachsen und Mecklenburg-<br />
Vorpommern durchsucht. Die Razzia<br />
richtete sich gegen die rechtsextreme<br />
Fußballfanszene von Energie<br />
Cottbus. ImFokus der Ermittlungen<br />
steht nach Informationen der <strong>Berliner</strong><br />
<strong>Zeitung</strong> ein Netzwerk aus Hooligans,Neonazis,Kampfsportlernund<br />
Rockern, das zur Ultra-Gruppierung<br />
Inferno Cottbus 99 gehören soll.<br />
Die Verdächtigen wurden vor<br />
Sonnenaufgang überrascht. Ab 5<br />
Uhr morgens öffneten Beamte der<br />
Bereitschaftspolizei mit Unterstützung<br />
von Spezialeinheiten die Wohnungs-<br />
und Bürotüren von etwa 20<br />
Verdächtigen. Es wurden Beweismittel<br />
gesichert. Festnahmen gab es<br />
nicht.<br />
Auch in Berlin wurden zwei Wohnungen<br />
in den Bezirken Marzahn<br />
und Lichtenbergdurchsucht. Es geht<br />
um den Verdacht der Gründung einer<br />
kriminellen Vereinigung von<br />
mutmaßlichen Rechtsextremisten,<br />
Die Polizei hat rund 30 Adressen der Gruppierung Inferno Cottbus 99 durchsucht<br />
Gruppe: Nach eigenen Angaben<br />
hatte sich die Gruppe im<br />
Mai 2017 aufgelöst. Offenbar<br />
wollten die rund 120 Mitglieder<br />
so einer möglichen<br />
Strafverfolgung aus dem Weg<br />
gehen. Seitdem agierte sie<br />
aus dem Untergrund.<br />
erklärte ein Polizeisprecher. Nach<br />
Angaben der Polizei soll es um Straftaten<br />
wie Körperverletzung, Bedrohung,<br />
Waffen- und Drogenbesitz sowie<br />
das Verwenden vonverfassungsfeindlichen<br />
Symbolen gehen. Auch<br />
Journalisten, Flüchtlingshelfer und<br />
Fans anderer Fußballvereine seien<br />
vonMitgliedernvon Inferno Cottbus<br />
99 bedroht und angegriffen worden.<br />
„Wir haben Probleme mit Rechtsextremismus<br />
und den Strukturen“,<br />
sagte ein Sprecher der Stadt Cottbus,<br />
Jan Gloßmann, am Mittwoch. Der<br />
Raum Cottbus ist aus Sicht des Verfassungsschutzes<br />
der „Hotspot“ des<br />
RECHTES NETZWERK<br />
Auslöser: Grund für die angebliche<br />
Auflösung war ein<br />
Fackelmarsch von100 Neonazis,<br />
die im Januar 2017<br />
nachts unbehelligt durch<br />
Cottbus ziehen konnten. Die<br />
Polizei wertete den Marsch<br />
als Machtdemonstration.<br />
Verbot: Gegen die Gruppierung<br />
wurde ein Stadionverbot<br />
in Cottbus ausgesprochen.<br />
Da Inferno aber gleich<br />
mehrere Fansprecher bei<br />
Energie Cottbus stellte, wurden<br />
diese Verbote zum Teil<br />
einfach aufgehoben.<br />
Rechtsextremismus in Brandenburg.<br />
„Es ist für uns als Verfassungsschutz<br />
ein toxisches Gebilde“, sagte der Referatsleiter<br />
Öffentlichkeitsarbeit des<br />
Verfassungsschutzes Brandenburg,<br />
Heiko Homburg, Anfang des Jahres<br />
dem RBB.<br />
Das rechtsextremistische Potenzial<br />
liege im Raum Cottbus bei etwa<br />
400 Personen, in Cottbus selbst bei<br />
170, sagte Verfassungsschutzchef<br />
Frank Nürnberger im Februar. Die<br />
rechtsextreme Szene sei vielschichtig.<br />
Sie reiche vom Rockermilieu<br />
über die Türsteher-Szene bis hin zu<br />
Sicherheitsfirmen. Wirtschaftliche<br />
DPA/HELBIG<br />
Grundlage für Mitglieder der Szene<br />
sind zum Beispiel Tattoo-Studios<br />
oder Shops, die rechte Modelabel<br />
oder Fitnesspräparate verkaufen.<br />
Die Ermittlungen gegen die Ultragruppierung<br />
Inferno Cottbus 99<br />
laufen seit April2018. Es ist von„mafiösen<br />
Strukturen“ und „Verbindungen<br />
zum organisierten Verbrechen“<br />
die Rede,heißt es aus Polizeikreisen.<br />
Auch die Ausschreitungen in Chemnitz<br />
im Sommer des vergangenen<br />
Jahres seien unter anderem auf Aktivitäten<br />
dieses Netzwerks zurückzuführen,<br />
heißt es.Zudem war es beim<br />
Fußball-Regionalligaspiel des SV Babelsberg<br />
gegen Energie Cottbus im<br />
April 2017 zu massiven Ausschreitungen<br />
gekommen. Cottbuser Ultras<br />
hatten den Hitlergruß gezeigt, „Arbeit<br />
macht frei“-Parolen gerufen und<br />
den Fußballplatz gestürmt.<br />
Cottbusser Anwohner und Fußballfans<br />
kritisieren schon länger,<br />
dass die Behörden jahrelang nicht<br />
gezielt gegen die Gruppierung vorgegangen<br />
seien. Beider Polizei heißt<br />
es, dass es schwierig sei, Straftaten<br />
nachzuweisen. Zeugen seien regelmäßig<br />
eingeschüchtert und bedroht<br />
worden.Viele Bürger und Stadionbesucher<br />
hätten Angst vor der Ultragruppierung<br />
Inferno,hieß es.<br />
Flutung<br />
für den<br />
Ostsee<br />
Wasser marsch im<br />
Tagebau Cottbus-Nord<br />
VonSilkeNauschütz, Cottbus<br />
Wo vor wenigen Jahren noch<br />
Braunkohle abgebaut wurde,<br />
sollen sich bald Badegäste und Surfer<br />
tummeln. Der Tagebau Cottbus-<br />
Nord wirdinden nächsten Jahren in<br />
einen künstlichen Seeverwandelt.<br />
Im ehemaligen Tagebau Cottbus-<br />
Nord heißt es am Freitag „Wasser<br />
marsch!“. Künftig soll dort nach Angaben<br />
des Betreibers Brandenburgs<br />
größtes Gewässer, der Ostsee, entstehen.<br />
Durch eine 1,60 Meter dicke<br />
und 145 Meter lange Rohrleitung soll<br />
Wasser aus der SpreeindasTagebauloch<br />
fließen –insgesamt rund eine<br />
Million Kubikmeter. Mit knapp<br />
19 Quadratkilometer Wasserfläche<br />
solle daraus ein riesiger künstlicher<br />
See werden, teilte der BraunkohlekonzernLeag<br />
mit.<br />
Auch ein neues Hafenquartier mit<br />
Wohnungen, Gewerbe, Tourismus<br />
und Wassersport soll dabei entstehen.<br />
Das Land fördert den Bau der<br />
Kaimauer nach eigenen Angaben<br />
mit mehr als fünf Millionen Euro,die<br />
Gesamtkosten liegen demnach bei<br />
knapp 6,8 Millionen. Im Oktober<br />
2019 soll sie fertig sein.<br />
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Neue Suche nach Rebecca<br />
Polizei durchkämmt wieder Wald am Herzberger See<br />
VonAlexander Schmalz<br />
Die Polizei sucht wieder nach der<br />
vermissten Rebecca aus Berlin:<br />
Seit Mittwochmorgen durchkämmen<br />
Einsatzkräfte erneut die Gegend<br />
rund um den Herzberger See<br />
im Landkreis Oder-Spree auf der Suche<br />
nach der verschwundenen<br />
Schülerin. Taucher seien<br />
bislang nicht eingeplant,<br />
sagte ein Polizeisprecher.<br />
Die Mordermittler haben<br />
sich auf die Gegend<br />
rund um Beeskow konzentriert.<br />
Die Beamten<br />
vermuten, dass der Verdächtige<br />
Florian R. die Autobahn<br />
12 in diesem Bereich<br />
verlassen hat. Aufder<br />
A12 war das Auto von Florian<br />
R. nach dem Verschwinden Rebeccas<br />
zweimal automatisch erfasst<br />
worden. Der Schwager der 15-Jährigen<br />
soll sich zudem in der Gegend<br />
rund um Beeskow gut auskennen,<br />
heißt es aus Polizeikreisen. Dort leben<br />
die Großelternvon Florian R.<br />
Seit Mittwochmorgen suchten<br />
die Einsatzkräfte mit Spürhunden<br />
nach Spuren. Die Polizei hatte bereits<br />
in der vergangenen Woche rund<br />
um den Herzberger Seerund 60 Kilometer<br />
südöstlich der Hauptstadt<br />
nach der Schülerin gesucht – mit<br />
DPA<br />
großem Aufwand, jedoch ohne Erfolg.<br />
Voreiner Woche hatte der Sprecher<br />
der Staatsanwaltschaft, Martin<br />
Steltner,gesagt: „Wir geben die Hoffnung<br />
nicht auf, dass wir im Fall Rebecca<br />
doch noch weiterkommen.“<br />
Rebecca ist seit dem 18. Februar<br />
verschwunden. Polizei und Staatsanwaltschaft<br />
gehen davon aus, dass<br />
die Schülerin Opfer eines<br />
Verbrechens wurde. Der<br />
Schwager von Rebecca<br />
wurde inzwischen aus der<br />
Untersuchungshaft entlassen.<br />
EinErmittlungsrichter<br />
sah keinen dringenden<br />
Tatverdacht mehr. Esgebe<br />
lediglich Indizien, aber<br />
Vermisst: keine Beweise,hieß es.<br />
Rebecca Reusch Florian R. hatte sich in<br />
den Vernehmungen widersprochen.<br />
Dabei ging es auch um die<br />
zwei Autofahrten am Tag des Verschindens<br />
vonRebecca sowie am darauffolgenden<br />
Tag. Demnach wurde<br />
das Auto vonFlorian R. zweimal von<br />
einem automatischen Kennzeichenerfassungssystem<br />
auf der<br />
A12 gefilmt. WeramSteuer des Wagens<br />
saß, war nicht zu erkennen.<br />
Zu dem Fall gingen bisher mehr<br />
als 2200 Hinweise aus der Bevölkerung<br />
bei der Polizei ein. Diese werden<br />
nun nach und nach abgearbeitet,<br />
sagt ein Polizeisprecher.<br />
Blick über den ehemaligen<br />
Braunkohletagebau Cottbus-Nord. DPA/PLEUL<br />
Der Cottbuser Oberbürgermeister<br />
Holger Kelch, CDU, will das geplante<br />
neue Hafenquartier zu einem Öko-<br />
Stadtteil machen – Kohlendioxidneutral.<br />
Kelch nannte als Ideen für<br />
das neue Viertel Hochhäuser in<br />
Holzblockbauweise, Radwege auf<br />
Photovoltaik-Platten und Fernwärme<br />
aus Seewasser-Pumpen. Der<br />
Stadtteil solle in seiner Bilanz mehr<br />
Schadstoffe schlucken, als er produziere.<br />
Das Wasser für den neuen See<br />
kommt nach Betreiberangaben zu<br />
etwa 80 Prozent aus der Spree, circa<br />
20 Prozent werden aus dem Grundwasser<br />
bezogen. Der Ostsee wird<br />
demnach größer als Schwielochund<br />
Scharmützelsee –und gut zweieinhalb<br />
Mal sogroß wie der Große<br />
Müggelsee. Im Jahr 2025 wird das<br />
Wasser nach Angaben der Leag die<br />
notwendige Mindesthöhe von 2,70<br />
Meter in der Mitte des Sees erreicht<br />
haben. An den Rändern des ehemaligen<br />
Tagebaus kann das Wasser<br />
durch die Gräben bis zu 30 Meter tief<br />
sein.<br />
Warnung der Grünen<br />
Die Füllmenge des Sees wird durch<br />
die Flutungszentrale des Bergbausanierers<br />
Lausitzer und Mitteldeutsche<br />
Bergbau-Verwaltungsgesellschaft<br />
(LMBV) in Senftenberg (Oberspreewald-Lausitz)<br />
gesteuert. Der Tagebau<br />
war Ende 2015 stillgelegt worden.<br />
Seitdem waren nach Leag-Angaben<br />
20 Millionen Kubikmeter Erde<br />
zur Formung des Seebeckens und<br />
der Ufer bewegt worden.<br />
Aus Sicht von Umweltverbänden<br />
in der Lausitz wäre esbesser gewesen,<br />
man hätte einen etwas tieferen<br />
See mit kleinerer Oberfläche angelegt.<br />
Die Brandenburger Grünen<br />
warnten außerdem davor, die Leag<br />
zu schnell aus der Verantwortung für<br />
den Seezuentlassen, damit nicht die<br />
öffentliche Hand für alle Folgeschäden<br />
haftet. (dpa)