Katalog-107_Galerie-Fach
- Keine Tags gefunden...
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
GEMÄLDE - ZEICHNUNGEN - KÜNSTLERGRAPHIK<br />
KATALOG <strong>107</strong><br />
2019
Abb. auf dem Titel: Nr. 47<br />
Carl Wagner. Blick Richtung Königssee mit dem Watzmann.<br />
Abb. auf der 2. Umschlagseite: Nr. 33<br />
Ferdinand Ruscheweyh. Perseus und Andromeda bei den Äthiopiern.
GEMÄLDE - ZEICHNUNGEN - KÜNSTLERGRAPHIK<br />
<strong>Katalog</strong> <strong>107</strong><br />
2019<br />
Feinbergweg 7 – 61440 Oberursel/Ts.<br />
Telefon: +49 (0)6171 20 74 92<br />
info@galerie-fach.de<br />
www.galerie-fach.de
JAKOB BECKER, GEN. BECKER VON WORMS<br />
1810 Dittelsheim/Worms – Frankfurt am Main 1872<br />
1<br />
Heimkehr aus dem Walde.<br />
Aquarell über Bleistift, auf cremefarbenem Zeichenkarton, auf Albumblatt montiert,<br />
links unten signiert und datiert „J. Becker 1854.“. 18:14,3 cm.<br />
Literatur: Ausst. <strong>Katalog</strong>: W. Metternich, Der Maler Jakob<br />
Becker. Ein Frankfurter Lehrer und Wegbereiter im 19. Jahrhundert.<br />
Ffm., Höchst AG, 1985, Farbabb. S. 48 (nn.).<br />
Vergleichsliteratur: A. Wiederspahn/H. Bode, Die Kronberger<br />
Malerkolonie. 3. Aufl. Frankfurt a. M., W. Kramer 1982,<br />
Abb. S. 257; Ausst. <strong>Katalog</strong>: Jakob Becker. Der Lehrer der<br />
Kronberger Maler. Hrsg. Museumsgesellschaft Kronberg. e. V.,<br />
Frankfurt/Main, W. Kramer 1991, Abb. S. 64.<br />
Veränderte Fassung des Gemäldes, das ebenfalls 1854 datiert<br />
ist. Hier stellt Becker die Figurengruppe vor den lichten Hintergrund<br />
eines hohen Himmels, während die Figurengruppe bei<br />
dem Gemälde vor der dunkelgrünen Wand des Waldes steht.<br />
Bis zu seinem 17. Lebensjahr erhielt Becker Unterricht an der<br />
Zeichenschule des Malers F. N. Jung in Worms; dann gemeinsam<br />
mit Jakob Fürchtegott Dielmann (1808-1885) in der Werkstatt<br />
Friedrich Carl Vogels (1806-1865) in Frankfurt mit dem<br />
Ko lorieren, Lithographieren und Zeichnen von Veduten beschäftigt.<br />
Daneben als Hospitant am Städelschen Kunstinstitut<br />
tätig. 1833 siedelte er nach Düsseldorf über, wo er bei Wilhelm<br />
von Schadow (1788-1862) studierte. 1841 folgte die Berufung<br />
als Lehrer an das Städelsche Kunstinstitut, 1842 Ernennung<br />
zum Professor für Genremalerei. Er unternahm Studienreisen<br />
an den Rhein und in Hessen, sonst lebte und arbeitete er in<br />
Frankfurt.<br />
2
3<br />
1
FLORENT FIDÈLE CONSTANT BOURGEOIS, GEN. BOURGEOIS DU CASTELLET<br />
1767 Guiscar/Oise – Paris 1836<br />
2<br />
Blick auf ‘Monte di Giustizia’ in der Villa Montalto Negroni in Rom.<br />
Feder in Braun, grau laviert, mit brauner Feder umrandet, auf brauntonigem Bütten. 11,3:16,4 cm, aufgezogen.<br />
Provenienz: Schweizer Privatbesitz.<br />
Gutachten: Dr. Claudia Nordhoff, Rom, vom 30.09.2014, der wir<br />
für Ihre Hilfe danken.<br />
Vorzeichnung zur Radierung aus „Recueil de vues et fabriques<br />
pittoresque d’Italie, dessinée d’après nature, et publiées par<br />
C. Bourgeois, peintre. Paris 1804, Tafel 16 unten.<br />
Die Villa Montalto Negroni galt einst als Roms schönster Park.<br />
Auf dem höchsten Punkt des Hügels, auf dem große Pinien<br />
und Zypressen standen, ist eine römische Statue mit der Figur<br />
der „Roma sedens“ zu erkennen. Lange wurde jedoch die Figur<br />
für Themis gehalten, die griechische Göttin der Gerechtigkeit,<br />
weshalb der Hügel lange „Monte di Giustizia“ hieß.<br />
Bourgeois war wie Louis Gauffier (1761-1801) Schüler von<br />
Jaques Louis David (1748-1825) und erhielt eine Ausbildung an<br />
der Pariser Akademie als Landschaftsmaler. Sein erstes 1791 im<br />
„Salon“ präsentiertes Werk war eine Landschaft mit „Loth und<br />
den Engeln“. Zwischen 1796/97 und 1800 entstand eine Reihe<br />
von Zeichnungen, die Napoleons Italien-Feldzüge illustrieren;<br />
es ist davon auszugehen, dass sich der Künstler in diesen Jahren<br />
in Italien aufhielt. Die Blätter dokumentieren Aufenthalte<br />
am Lago Maggiore, in Urbino, Rimini, Verona, Massa Carrara,<br />
Pisa und Florenz. Bourgeois war als Maler, Zeichner, Radierer<br />
und Lithograph tätig. Heute ist er vor allem für seine<br />
Radierungszyklen bekannt: zu nennen sind u. a. „Vues d’Italie“<br />
(1817-1818, 28 Blätter) und „Recueil de Vues pittoresque de la<br />
France“ (1818-20, 18 Blätter), die Folge „Vues de Suisse“ (1820-21,<br />
12 Blätter), und „Voyage pittoresque à la Grande Chartreuse de<br />
Grenoble“ (1821, 16 Blätter). 1822 gab Bourgeois weiterhin eine<br />
Serie mit dem Titel „Etudes d’après nature dédiées aux jeunes<br />
paysagistes“ heraus, die den Unterricht in der Landschaftsdarstellung<br />
wesentlich beeinflußte. 1827 wurde er als „Chevalier“<br />
in die „Légion d’honneur“ aufgenommen.<br />
4
5<br />
2
3<br />
nach<br />
PIETER BRUEGHEL DER ÄLTERE<br />
um 1525 Breugel bei Bredea – Brüssel 1569<br />
Die Sieben Tugenden.<br />
Folge von 7 Blatt Kupferstichen von Philipp Galle (1537 Haarlem-Antwerpen 1612).<br />
Literatur: Bastelear und Hollstein 132-138.<br />
a) Fides. (Glaube). 22,2:29 cm. – B. u. H. 132, mit der Adresse von<br />
Hieronymus Cock.<br />
Tiefschwarzer, klar zeichnender Ab druck mit Rändchen um die<br />
Platten kante. Mit Fehlstelle oben im Bereich der vertikalen Mittelfalte.<br />
b) Spes. (Hoffnung). 22,5:29,2 cm. – B. u. H. 133, mit der Adresse<br />
von Hieronymus Cock, auf feinem Bütten mit engen Drahtlinien<br />
und Wasserzeichen: Gotisches P.<br />
Ausgezeichneter, klarer Abdruck mit feinem Rändchen um die<br />
Einfassungslinie und meist noch sichtbarer Plattenkante, diese<br />
stellenweise mit etwas Facettenschwärze.<br />
c) Charitas. (Liebe, Barmherzigkeit). 22,2:29 cm. – B. u. H. 134,<br />
mit der Adresse von Hieronymus Cock.<br />
Sehr guter Abdruck. Oben und unten auf die Umfassungslinie<br />
geschnitten, rechts und links mit winzigem Rändchen um<br />
die Umfassungslinie, mit zwei Löchlein innerhalb der Darstellung.<br />
d) Justitia. (Gerechtigkeit). 22,4:29,1 cm. – B. u. H. 135.<br />
Guter und tadellos erhaltener Abdruck mit Rändchen um die<br />
Plattenkante.<br />
e) Prudentia. (Klugheit). 22:29,2 cm. – B. u. H. 136, mit der<br />
Adresse von Hieronymus Cock.<br />
Tiefschwarzer, klar zeichnender Abdruck mit Rand um die<br />
Plattenkante. Vertikale Mittelfalte geglättet, kleiner geschlossener<br />
Einriss im Unterrand.<br />
f) Fortitudo. (Starkmut, Tapferkeit). 22,2:29,1 cm. – B. u. H. 137,<br />
mit der Adresse von Hieronymus Cock, auf Bütten mit Wasserzeichen:<br />
Lothringer C.<br />
Klarer und präziser Druck mit Rand um die Plattenkante.<br />
Vereinzelt kleine Quetschfalten, unauffällige Knick- und Trockenfalten,<br />
kleiner geschlossener Einriss im unteren weißen Rand.<br />
g) Temperantia. (Mäßigkeit). 22,5:29 cm. – B. u. H. 138, mit<br />
der Adresse von Hieronymus Cock, auf feinem Bütten mit engen<br />
Drahtlinien und Wasserzeichen: Gotisches P.<br />
6
3<br />
Ausgezeichneter, klarer Abdruck mit feinem Rändchen um die<br />
Einfassungslinie und meist noch sichtbarer Plattenkante, diese<br />
stellenweise mit etwas Facettenschwärze.<br />
Als Stecher der Folge gilt heute allgemein der Schüler und Mitarbeiter<br />
Hieronymus Cocks (um 1507/10-Antwerpen-1570), Philipp<br />
Galle (1537 Haarlem – Antwerpen 1612). Die Vorzeichnung<br />
Pieter Brueghels für den Kupferstich „Spes“ bewahrt das Kupferstichkabinett<br />
in Berlin, jene für den Kupferstich „Temperantia“<br />
befindet sich im Museum Boymans-van Beuningen, Rotterdam.<br />
Letztere ist signiert und datiert „BRUEGEL 1560“.<br />
Brueghel hat vier Jahre an der Folge der „Sieben Tugenden“ gearbeitet.<br />
Auf allen Blättern steht eine weibliche allegorische Figur<br />
zentral im Vordergrund und ist umringt von einer vielfigurigen<br />
Szenerie, die den Charakter der jeweiligen Tugend illustriert.<br />
Brueghel schloss sich der Meinung einer Gruppe von Humanisten<br />
an, die die Tugenden in Verbindung mit dem Spiritualismus<br />
in den Schriften von Dirk Volkertsz. Coornhert (1519 Amsterdam<br />
– Gouda 1590) brachten. In diesen Schriften wird betont,<br />
dass es nicht genüge, nur von den Tugenden zu wissen, sondern<br />
die Menschen sollen auch nach ihnen leben und handeln. Aufgrund<br />
dessen ist man heute der Auffassung, dass die Folge publiziert<br />
worden ist, um die Menschen zu einem in diesem Sinne<br />
tugendhaften Leben anzuhalten. Die Frage, ob die Texte im<br />
Unterrand der Stiche von Coornheert stammen, ist dabei noch<br />
strittig. (Vgl. Ausst. <strong>Katalog</strong>: In de Vier Winden. De prentuitgeverij<br />
van Hieronymus Cock 1507/10 – 1570. Rotterdam, Museum<br />
Boymans-van Beuningen, 1988, pp. 63ff., Nrn. 47 und 51).<br />
7
3<br />
8
9<br />
3
GEORG HEINRICH BUSSE<br />
1810 Brennemühlen/Hannover – Hannover 1868<br />
Ausbruch des Ätna am 29. Sept. 1838.<br />
4<br />
Feder, auf hellbraunem Papier, links unten monogrammiert, bezeichnet und datiert „CB (lig.) Ausbruch des Aetna 1838“.<br />
16,5:24 cm. – Abriss der linken oberen Ecke nahezu unsichtbar, sowie zwei Einrisse sehr sorgfältig restauriert.<br />
Gleichseitige Vorzeichnung zu Tafel 6 aus: „Malerische Radirungen verschiedener Gegenden Italiens“.<br />
Lieferung 1 (von 3). Rom, 1840. Die beigefügte Radierung ist in der Platte links unten datiert und bezeichnet<br />
„n. d. Nat. gez. d. 29t Sept. 1838 m(orgens) 6 Uhr u. rad. in Rom 1839 v. GBusse“.<br />
Provenienz: Sammlung Georg Denzel (1873-1959) und Dr.<br />
Fried rich Wilhelm Denzel, München (www.kunst-und-kultur.de,<br />
Samm lerstempel, Objekt Nr. 2394).<br />
Vergleichsliteratur: John Ittmann/Cordula Grewe, „The<br />
Enchanted World of German Romantic Prints 1770-1850”.<br />
Philadelphia Museum of Art, 2017, Nr. 19, Abb. 127.<br />
Busse war Schüler der Dresdener Akademie und des Kupferstechers<br />
Christian Ernst Stölzel (1792-1837) ebenda. 1834 erhielt<br />
er den 1. Preis in der Kupferstecherkunst und ein Stipendium<br />
zur Reise nach Italien, die er 1835 antrat. Hier blieb er bis 1843,<br />
besuchte dann Griechenland und kehrte 1844 nach Hannover<br />
zurück, wo er zum Hofkupferstecher ernannt wurde. 1858<br />
unternahm er eine zweite Studienreise, die ihn über Paris<br />
nach Algier, zum Atlas und zu den Ruinen von Lambessa und<br />
Karthago führte, mit dem Rückweg über Malta und Italien.<br />
bei Bue, wobei sie sich jedoch in verschiedene Ströme theilte,<br />
die sich zuletzt wieder zu einem großen vereinigten; jeder<br />
der kleineren Ströme war bei einer Höhe von 12 Fuß gegen<br />
20 bis 30 Fuß breit. Die Ausbruchsperiode währte bis 27. November.“<br />
(Zitiert aus: Jurende’s Mährischer Wanderer. Geschäftsund<br />
Unterhaltungsbuch für alle Provinzen des österreichischen<br />
Kaiserstaates 1844…. Als ein Versuch zur Verbesserung des<br />
Kalenderwesens zuerst für das Jahr 1809 gegründet. 33. Jg. Als<br />
Vaterländischer Pilger 31. Jg. Brünn, K. Winkler (1843).<br />
„Der Aetna war im August 1838 in großer Thätigkeit, der Ausbruch<br />
fing am 2. August an, bot aber diesmal keine besonderen<br />
Eigenthümlichkeiten dar, am stärksten tobte der Ausbruch<br />
am 29. und 30. September. Die Lava strömte nach dem Thale<br />
10
11<br />
4
EDGAR DEGAS<br />
1834 – Paris – 1917<br />
5<br />
Paysage à l’arbre penché, Italie. Landschaft mit sich neigendem Baum,<br />
im Hintergrund – mit Bleistift zart angedeutet – ein Pferd und Gebirge mit Burg, um 1856-1859.<br />
Feder in Grau, grau laviert und Bleistift, auf chamoisfarbenem Velin mit Wasserzeichen: FM im Kranz. 13,3:21 cm.<br />
Provenienz: Sammlung Mlle. J. Fèvre (Nichte des Künstlers);<br />
versteigert Hôtel Drouot, Paris am 29. Mai 1952 durch den Experten<br />
Jean Cailac; Privatsammlung.<br />
Gutachten: <strong>Galerie</strong> Brame & Lorenceau, Paris, vom 11.06.2010,<br />
in dem es u. a. heißt: „Il est probable que ce dessin ait été réalisé<br />
durant l’un des nombreux séjours de l’artiste en Italie, et plus particulièrement<br />
lors de son séjour décisif de 1856 à 1859”.<br />
Edgar Degas begann lustlos ein Jurastudium in Paris auf Wunsch<br />
seines Vaters. Seine Zeit verbrachte er oft im Louvre, um die Gemälde<br />
der alten Meister zu studieren. Schon nach zwei Semestern<br />
brach er das Jurastudium ab, und ging beim Maler Louis<br />
Lamothe (1822-1869) in die Lehre. Lamothe, dieser Schüler von<br />
Jean-Auguste-Dominique Ingres (1780-1867) und Hippolyte<br />
Flandrin (1809-1864) malt Motive aus der antiken und christlichen<br />
Mythologie, sowie Historienbilder.<br />
Degas begann nun die Laufbahn des klassischen Salonmalers:<br />
er studierte 1855-1856 an der École des Beaux-Arts, am Stil Ingres’<br />
und der Meister der Frührenaissance orientiert. Im Anschluß<br />
daran hielt er sich drei Jahre in Italien, hauptsächlich in<br />
Florenz und Neapel, aber auch in Rom auf. 1862 begann seine<br />
Freundschaft mit Edouard Manet (1832-1883). Er lernte Claude<br />
Monet (1840-1926), Pierre-Auguste Renoir (1841-1919) sowie<br />
Emile Zola kennen und widmete sich Motiven der Alltagswelt:<br />
Pferderennen, seit 1869 Wäscherinnen, seit 1872 Kaffeehausszenen,<br />
die Oper, Tänzerinnen usw. Er hatte Einfluß auf das Werk<br />
Henri de Toulouse-Lautrecs (1864-1901), nahm regelmäßig an<br />
den Impressionisten-Ausstellungen teil, ohne sich wie diese der<br />
Landschaft und dem Eindruck des Flüchtigen zu verschreiben.<br />
Seit 1880 litt Degas an einer starken Sehschwäche, woraus eine<br />
Intensivierung der Farben und Vereinfachung der Formen resultierte.<br />
In diesen Jahren entstanden vor allem Pastelle. Seit<br />
1898 lebte er, fast erblindet, zurückgezogen in Paris und widmete<br />
sich dem Modellieren von Statuetten.<br />
12
13<br />
5
CHRISTIAN WILHELM ERNST DIETRICH, GEN. „DIETRICY“<br />
1712 Weimar – Dresden 1774<br />
6<br />
Bildnis einer jungen Dame, Büste im Profil nach rechts.<br />
Rötel, auf bräunlichem Bütten, rechts unten mit Bleistift bezeichnet (signiert?) „Dietrich“. 20,8:17 cm.<br />
Auf einem alten erhaltenen Zettel bezeichnet: „Geschenk des Gr.../Carl Augt von Weimar an C. F. S.... Tilke“.<br />
Provenienz: Sammlung Franz Ulrich Apelt (1882-1944) Rechtsanwalt,<br />
Literat und Kunstsammler, Zittau (durch beigefügte<br />
handschriftliche Karteikarte dokumentiert).<br />
Vergleichsliteratur: P. Schniewind-Michel, Christian Wilhelm<br />
Ernst Dietrich (1712-1774) genannt Dietricy. München, 2012,<br />
S. 205ff., Abb. 163.<br />
Möglicherweise ist die hier vorgestellte, bezaubernde Rokoko-Zeichnung<br />
im Zusammenhang mit Entwürfen zu einer<br />
Supraporte entstanden, die Dietrich 1755 für den roten Saal von<br />
Schloß Heidecksburg in Rudolstadt ausführte.<br />
Nach einer Ausbildung bei Johann Friedrich Alexander Thiele<br />
(1747-1803) in Dresden war Dietrich ab 1730 für August den Starken<br />
tätig. Es folgten Aufenthalte in Weimar und Braunschweig.<br />
Ab 1741 war er Hofmaler August III. in Dresden. 1746 folgte<br />
die Ernennung zum Inspektor der Dresdener Gemäldegalerie,<br />
1764 die Professur an der Akademie. Wenig später avancierte er<br />
zum Leiter der Kunstschule der Porzellanmanufaktur Meißen.<br />
Als vielseitiger Künstler verarbeitete Dietrich in seinen Werken<br />
Anregungen fremder Schulen des 17. und 18. Jahrhunderts. Sein<br />
Wirken in Dresden trug in erheblichem Maße zu einer Neubewertung<br />
und einem vertieften Verständnis der niederländischen<br />
Malerei des 17. Jahrhunderts bei.<br />
14
15<br />
6
BARBARA REGINA DIETZSCH<br />
1706 – Nürnberg – 1783<br />
7<br />
Blumengebinde mit weißer Primel, japanischer Quitte, einem Käfer und einem Schmetterling.<br />
Deckfarbenmalerei, auf Pergament, verso von späterer Hand bezeichnet „B. R. Dietzsch“ und nummeriert „28“.<br />
20,8:15,1 cm, unten ein Streifen von ca. 1 cm angesetzt.<br />
Die aus einer Künstlerfamilie stammende, international bekannte<br />
Malerin und Zeichnerin Barbara Regina Dietzsch, auch<br />
„Dietzschin“ genannt, war die älteste Tochter des Malers, Zeichners<br />
und Radierers Johann Israel Dietzsch (1681-1754). Ihre<br />
Ausbildung erhielt sie wie ihre Schwester Margarete Barbara<br />
(1726-1795) sowie ihre fünf jüngeren Brüder in der Werkstatt<br />
des Vaters. Mehrmals wurde ihr die Position einer Hofmalerin<br />
an europäischen Fürstenhöfen angeboten, die sie aber immer<br />
ablehnte. 1775 hatte sie einen Schlaganfall, der sie jedoch nicht<br />
davon abhielt, bis 1781 weiterzuarbeiten.<br />
Ihr Hauptbetätigungsfeld waren die im 18. Jahrhundert beliebten<br />
Darstellungen von Vögeln, Insekten, Blumen und Landschaften<br />
sowie Jagdszenen und Porträts, die sich durch Detailgenauigkeit<br />
und -freude auszeichnen. In Nürnberg, zu dieser Zeit Hochburg<br />
des naturwissenschaftlichen Verlags- und Illustrationswesens<br />
fanden ihre Arbeiten großen Absatz und hatten vorbildhaften<br />
Charakter für die naturgeschichtliche Kabinettmalerei.<br />
16
17<br />
7
ALBRECHT DÜRER<br />
1471 – Nürnberg – 1528<br />
8<br />
Das Löwenwappen mit dem Hahn.<br />
Kupferstich, um 1503, auf Bütten mit Wasserzeichen:<br />
Kleines Stadtwappen mit einem Spitzturm und zwei Zinnentürmen<br />
(vgl. Meder 275, um 1560/80). 18,5:12,1 cm.<br />
Literatur: Bartsch 100; Meder 97, f (von g), mit dem Monogramm<br />
in der Platte. Mit ca. 1 cm breitem Rändchen um die<br />
Plattenkante. – Guter, tiefschwarzer Abdruck mit feinen Kratzern,<br />
schwach fleckig und mit winziger Nadelspur sowie teils<br />
etwas auslassend gedruckter Umfassungslinie.<br />
Dieser Kupferstich entstand in einer Zeit, in der sich Dürer ganz<br />
besonders in die Arbeit mit dem Grabstichel vertiefte und die<br />
unterschiedlichen Materialoberflächen zu gestalten suchte.<br />
Provenienz: Verso Sammlervermerk von 1861.<br />
18
19<br />
8
FRIEDRICH EISENLOHR<br />
1805 Lörrach – Karlsruhe 1854<br />
9<br />
Mittelgebirgslandschaft mit einer gotischen Kapelle rechts,<br />
im Mittelgrund – nur skizzenhaft angedeutet – eine Ortschaft mit Kirchturm.<br />
Möglicherweise handelt es sich um eine Landschaft im Schwarzwald. Aquarell, über Bleistift, auf Papier mit Wasserzeichen:<br />
Turkey Mill J Whatman 1819, verso Nachlassstempel. 25,7:36,4 cm. – Verso: Skizzen von Architekturdetails und Laubwerk.<br />
Eisenlohr war der Sohn eines evangelischen Pfarrers und Dekans<br />
in Freiburg im Breisgau und studierte von 1821-1824 in Freiburg<br />
bei Christoph Arnold (1779-1844), dann an der Bauschule von<br />
Friedrich Weinbrenner (1766-1826) in Karlsruhe. Nach einem<br />
Studienaufenthalt in Italien, meist in Rom (1827/28), legte er<br />
1830 in Karlsruhe die Staatsprüfung ab. Seit 1832 arbeitete er als<br />
Lehrer an der Polytechnischen Oberschule in Karlsruhe, 1839<br />
wurde er hier Professor für Konstruktionslehre, 1853 avancierte<br />
er zum Baurat und Vorstand der Bauschule des Polytechnikums.<br />
Anfang der 40er Jahre war ihm der gesamte Hochbau der badischen<br />
Staatsbahn übertragen worden. Zu seinen Schülern gehörte<br />
Heinrich Lang (1824-1893). Eine Freundschaft verbanden<br />
ihn und seine Frau Wilhelmine, geb. von Biedenfeld (1801-1882),<br />
mit dem Konstanzer Maler Friedrich Moosbrugger (1804-1830).<br />
Eisenlohr ist der Begründer der romantischen Richtung in der<br />
badischen Baukunst.<br />
Das im Wasserzeichen enthaltene Datum „1819“ deutet darauf<br />
hin, dass unser Aquarell zu diesen Schwarzwaldlandschaften<br />
gehört und ein bemerkenswertes Zeugnis der malerischen und<br />
zeichnerischen Begabung des noch sehr jungen Künstlers ist.<br />
Thieme-Becker hebt bereits Eisenlohrs hervorragende Zeichnungen<br />
aus dem Schwarzwald hervor, von denen einige die<br />
Graphische Sammlung des Städel Museum, Frankfurt, besitzt.<br />
20
21<br />
9
THOMAS FEARNLEY<br />
1802 Frederikshald – München 1842<br />
Blick vom mit Bäumen umstandenen Ufer des Nemisees auf das jenseits gelegene Städtchen Genzano.<br />
10<br />
Öl, auf Papier, auf Holz aufgezogen, verso zweimal bezeichnet „Th. Fearnley“. 35,8:46 cm.<br />
Diese für den Künstler typische, von Licht durchflutete Studie ist während Fearnleys<br />
Aufenthalt in Italien zwischen 1832 und 1835 entstanden.<br />
Vergleichsliteratur: Ausst. <strong>Katalog</strong>: Paysages d’Italie. Les<br />
peintres du plein air (1780-1830), Paris/Mantua 2001, Nrn. 160<br />
und 161 mit Farbabb.; <strong>Katalog</strong>: Perception of Nature, Daxer &<br />
Marschall/Thomas le Claire, 2002, S. 32 f.; <strong>Katalog</strong>: Out into<br />
Nature. The Dawn of Plein-Air Painting in Germany 1820-1850,<br />
London, K. Bellinger at Colnaghi, 2003, Nrn. 10 und 11 mit<br />
Farbabb.<br />
Fearnley, geboren in Norwegen, studierte von 1819-1821 an<br />
der Königlichen Zeichenschule in Oslo und anschließend bis<br />
1823 an der Kopenhagener Akademie, wohl bei Christian<br />
August Lorentzen (1749-1828). Von 1823-1827 lernte er bei<br />
Carl Johann Fahlcrantz (1774-1861) an der Akademie in Stockholm.<br />
Schon während seiner Studienzeit unternahm der Maler<br />
zahlreiche Reisen, so etwa 1824 und 1826 nach Norwegen oder<br />
1825 nach Mittelschweden. 1829 ging er nach Dresden und wurde<br />
Schüler von Johan Christian Clausen Dahl (1788-1857), seinem<br />
genialen Landsmann, durch den er auch Caspar David Friedrich<br />
(1774-1840) kennenlernte. Von 1830-1832 hielt er sich in München<br />
auf, wo er mit seinen Arbeiten großes Aufsehen erregte und<br />
sich mit Christian Morgenstern (1805-1867) befreundete. Im<br />
Herbst 1832 reiste er über Venedig nach Rom. Dort pflegte er enge<br />
Kontakte zu dem Thorvaldsen-Kreis. Mit Detlev Conrad Blunck<br />
(1798-1854) zusammen unternahm er im März 1833 eine Reise<br />
nach Tivoli. Er galt als der geselligste und vitalste aller in Rom<br />
weilenden skandinavischen Künstler. Bis 1835 betrieb Fearnley<br />
in Italien Studien und reiste dann über die Schweiz nach Paris<br />
und London, wo die Werke John Constables (1776-1837) und<br />
William Turners (1775-1851) großen Eindruck auf ihn machten.<br />
Nach einem kurzen Aufenthalt in seiner Heimat hielt Fearnley<br />
sich von 1836-1838 noch einmal in England auf und malte dort<br />
insbesondere im nordenglischen Seengebiet. Daraufhin lebte<br />
er wieder zwei Jahre in Norwegen. Im September 1841 wählte<br />
er München zu seinem festen Wohnsitz, starb aber kurze Zeit<br />
später.<br />
Neben Dahl zählt Fearnley zu den bedeutendsten Malern Norwegens<br />
und gilt als Meister der „paysage intime“. Seine naturnahe<br />
Landschaftsauffassung, seine Vorliebe für die Vielfalt und<br />
Stofflichkeit geomorphologischer Formen und der Vegetation<br />
blieben nicht ohne Wirkung auf die Münchner Künstler. Diese<br />
zeigten sich bis weit in die dreißiger Jahre des 19. Jahrhunderts<br />
sehr aufgeschlossen für die nordische Malerei.<br />
22
23<br />
10
ANSELM FEUERBACH<br />
1829 Speyer – Venedig 1880<br />
11<br />
Prospero befreit Ariel.<br />
Illustrationsentwurf zu Shakespeares Drama „Der Sturm“. Feder in Braun, über Bleistift, 1846, auf Bütten mit Wasserzeichen: HAS;<br />
verso mit der Signatur der Stiefmutter des Malers (seit 1834), Henriette Feuerbach (1812-1892). 28,5:48 cm.<br />
Mit wenigen, sorgfältig restaurierten kleinen Randläsuren.<br />
Provenienz: Hofschuhmacher Friedrich Lüder, Karlsruhe;<br />
Slg. Fürst von Hohenzollern-Sigmaringen.<br />
Literatur: J. Allgeyer, Anselm Feuerbach. 2. Aufl. 2 Bde. Berlin/<br />
Stuttgart 1904, S. 513, Nr. 46; Ausst. <strong>Katalog</strong>: Anselm Feuerbach.<br />
Gemälde und Zeichnungen. Karlsruhe, 1976, S. 21.<br />
Während seiner Düsseldorfer Studienzeit entdeckte Feuerbach<br />
für sich die Shakespeare`schen Werke. Während seines Sommeraufenthaltes<br />
1846 in Freiburg entstanden zehn Zeichnungen<br />
zu Shakespeares „Sturm“.<br />
Die vorliegende Zeichnung galt lange als verschollen, selbst<br />
Feuerbachs Biograph J. Allgeyer, der sie in seiner Monographie<br />
einer falschen Szene im Drama zuordnete, war ihr Verbleib unbekannt.<br />
Die weiteren 9 Illustrationen dieser Folge befanden<br />
sich zuerst in der Sammlung Ehlers und kamen nach deren<br />
Verkauf in das Kupferstichkabinett in Dresden, wo sie durch<br />
Kriegseinwirkungen verloren gingen. Eine dieser Zeichnungen<br />
trug verso den eigenhändigen Vermerk des Künstlers, daß er die<br />
zehnte Arbeit dem Hofschuhmachermeister Lüder in Karlsruhe<br />
geschenkt habe.<br />
Feuerbach begann seine Ausbildung an der Düsseldorfer<br />
Akademie unter Wilhelm Schadow (1788-1862), Carl Friedrich<br />
Lessing (1808-1880), Carl Ferdinand Sohn (1805-1867) und<br />
Johann Wilhelm Schirmer (1807-1863). 1848-1850 folgte ein<br />
Studium bei Carl Rahl (1812-1865) in München, 1850/51 war<br />
er Schüler der Antwerpener Akademie. Ein Aufenthalt in<br />
Paris folgte 1851-1854, wo er das Atelier von Gustave Courbet<br />
(1819-1877) besuchte und sich als freier Künstler ausbildete.<br />
In der Folge war er tätig in Karlsruhe 1854/55, in Venedig und<br />
Castel-Toblino 1855/56, in Rom 1856-1873, in Wien 1873-1876,<br />
dann bis zu seinem Tode in Nürnberg und namentlich in Venedig.<br />
24
25<br />
11
JOHANN JACOB FREY<br />
1813 Basel – Frascati 1865<br />
12<br />
Blick auf Castel Gandolfo am Albaner See.<br />
Aquarell, auf cremefarbenem Velin, rechts unten signiert und datiert „J. J. Frey Rom 1838.“, auf beigefügtem<br />
altem Untersatz vermutl. vom Künstler selbst nummeriert und bezeichnet<br />
„N 1 Castel Gandolfo bei Albano, See... Albano in der Ferne das Meer gegen Ardea zu.“. 31:45 cm.<br />
Die Nummerierung spricht dafür, dass es sich hierbei um Blatt 1 einer größeren Folge handelt,<br />
die vermutlich für einen Auftraggeber entstanden ist. Sie gehören zu den frühesten in Rom entstandenen Arbeiten Freys!<br />
Johann Jakob Frey war Schüler seines Vaters Samuel Frey (1785-<br />
1836). Nachdem er auch bei Hieronymus Hess (1799-1850) in<br />
Basel studiert hatte, begab er sich gänzlich mittellos nach Paris,<br />
wo er sich durch Kopieren niederländischer Landschaften des<br />
17. Jahrhunderts weiterbildete und seinen Unterhalt durch Restaurierung<br />
älterer Gemälde erwarb. 1834 kehrte er kurz nach<br />
Basel zurück und wandte sich dann nach München, hier fand<br />
er die Unterstützung Emilie Linders (1797-1867), die es ihm<br />
ermöglichte, 1835 nach Rom zu gehen. Ende der 1830er Jahre<br />
siedelte er mit seinem Freund Albert Landerer (1816-1893) nach<br />
Neapel über, von wo aus er auch Sizilien und Spanien bereiste.<br />
Seine Beteiligung an der von Richard Lepsius (1810-1884) geleiteten<br />
preußischen Expedition nach Ägypten 1842 musste er<br />
seiner Gesundheit wegen bald schon aufgeben, kehrte im August<br />
1843 aus Alexandrien nach Italien zurück und nahm seinen<br />
ständigen Wohnsitz in Rom und heiratete eine Römerin.<br />
Er gehörte zu den Gründern des Deutschen Künstlervereins<br />
und entfaltete nun eine intensive künstlerische Tätigkeit. Sein<br />
Atelier wurde viel besucht, auch von Fürstlichkeiten, zu denen<br />
Friedrich Wilhelm IV. von Preußen gehörte, für den er auch<br />
eine Folge italienischer Landschaften – jetzt im Marmorpalais<br />
in Potsdam – malte. Seine Bilder, in denen sich eine bedeutende<br />
Fähigkeit für kecke Farben- und Lichtwirkung offenbart, waren<br />
seinerzeit sehr beliebt.<br />
Er ist in der Schweiz mit seinen Werken in zahlreichen Museen<br />
vertreten, besonders aber in Basel.<br />
26
27<br />
12
ERNST FRIES<br />
1801 Heidelberg – Karlsruhe 1833<br />
Schlossruine Auerbach mit dem Südturm, Hofansicht.<br />
13<br />
Pinsel in Grau, über Bleistift, 1819, auf Bütten mit Wasserzeichen: großes bekröntes Lilienwappen. 33,8:27,3 cm.<br />
Provenienz: Nachlass Bernhard Fries; Sammlung Eugen<br />
Dreisch, München; Auktion Grisebach, Berlin, 29.11.2017, Kunst<br />
des 19. Jahrhunderts, Kat. Nr. 134.<br />
Seitengleiche Vorzeichnung zur Kreidelithographie, die 1819<br />
entstanden ist.<br />
Literatur: Ausst.-<strong>Katalog</strong>: Gebrüder Ernst und Bernhard Fries.<br />
Leben – Einordnung – Werk. <strong>Galerie</strong>n Joseph <strong>Fach</strong>, Oberursel/<br />
Ts. und Winterberg/Kunst, Heidelberg, 2018, Nr. 1/I mit Abb.<br />
Vergleichsliteratur: Dussler 5; Winkler 231, 3; S. Wechssler,<br />
Ernst Fries. Monographie und Werkverzeichnis. Heidelberg,<br />
(2000), Nr. 752.<br />
Bevor Fries mit seinen Freunden im Juni 1819 zur 1. Rheinreise<br />
aufbrach, war er im Frühjahr in der Umgebung Darmstadts und<br />
im Odenwald unterwegs. Dies ist durch datierte Landschaftszeichnungen<br />
im Skizzenbuch I (Wechssler WVZ 741) belegt.<br />
Die Schlossruine Auerbach bei Bensheim ist eine der imposantesten<br />
und mächtigsten Burgen im südlichen Hessen und steht<br />
unter Denkmalschutz.<br />
Zu den bedeutendsten Landschaftszeichnern der deutschen<br />
Romantik gehört der frühverstorbene, aus einer Heidelberger<br />
Bankiersfamilie stammende Ernst Fries. In seiner Heimatstadt<br />
erhielt er seinen ersten Unterricht zusammen mit den Freunden<br />
Carl Philipp Fohr (1795-1818) und Carl Rottmann (1797-1850)<br />
bei des Letzteren Vater Friedrich Rottmann (1768-1816). Nach<br />
seiner Lehrzeit in Karlsruhe studierte er 1815/1816-1817 an der<br />
Münchener Akademie. Nach seiner Rückkehr nach Heidelberg<br />
unternahm er 1818 ausgedehnte Studienreisen an Rhein<br />
und Mosel. 1823-1827 hielt sich Fries in Rom im Kreis von<br />
Ludwig Richter (1803-1884), Joseph Anton Koch (1768-1839)<br />
und Johann Martin von Rohden (1778-1868) auf. Die Jahre<br />
1827-1830 verbrachte er abwechselnd in Heidelberg und<br />
München. 1831 wurde er zum Hofmaler in Karlsruhe ernannt.<br />
Sein tragischer Selbstmord in Wahnvorstellungen eines Scharlachfiebers<br />
beendete die vielversprechende Entwicklung einer<br />
großen künstlerischen Begabung.<br />
28
29<br />
13
ERNST FRIES<br />
1801 Heidelberg – Karlsruhe 1833<br />
14<br />
Faleri, etruskische Grabkammern, 1826.<br />
Bleistift, auf Bütten mit Wasserzeichen: Initialen V M F, links unten bezeichnet und datiert „Faleri den 22tn May 1826“.<br />
28,2:41,9 cm. – Zu den Rändern hin leicht vergilbt, kleine Randbeschädigungen und Einriss im Unterrand<br />
sehr sorgfältig restauriert, vertikale Mittelfalte geglättet.<br />
Mit Nachlaßnummer verso „286“, geschätzt auf „1 Florin (Gulden) und 30 Kreuzer“ (M. Lehmann,<br />
Naturstudien – Nachlaß – Nachruhm. Die Nachlaßakte des Landschaftsmalers Ernst Fries (1801-1833). Frankfurt, 2013, S. 196).<br />
Provenienz: Frau Dr. Ernst Fries, München; Wolf von Fries,<br />
Freiburg; Kurpfälzisches Museum, Heidelberg; Winterberg<br />
Kunst, Heidelberg, Auktion 25.04.2015, Nr. 246 mit Abb.<br />
Literatur: S. Wechssler, Ernst Fries (1801-1833). Monographie<br />
und Werkverzeichnis. Heidelberg, 2000, WV 310, Abb. S. 222.<br />
Hierzu schreibt Wechssler, S. 39/40: „... Ebenso ziehen die Felsengräber<br />
der Falsker, die in den Schluchten angelegt sind, die<br />
Künstler an. Die Ruinen der römischen Siedlung Faleri im Tal<br />
werden besucht und die beeindruckenden Felsformationen in<br />
Zeichnung und Aquarell festgehalten. Am 1. Juni verläßt Fries<br />
die Stadt und wandert über Castel S. Elia und Nepi zurück nach<br />
Rom, wo er am 2. Juni eintrifft.<br />
Die Entwicklung des Zeichenstils von Fries hat während der<br />
Frühjahrsreise einen Höhepunkt erreicht. Der sichere Strich,<br />
gepaart mit den Modulationsmöglichkeiten des weicheren oder<br />
härteren Graphits sind von nun an in seinem zeichnerischen<br />
Werk bestimmend...“.<br />
Ausst. <strong>Katalog</strong>: Gebrüder Ernst und Bernhard Fries. Leben –<br />
Einordnung – Werk. <strong>Galerie</strong>n Joseph <strong>Fach</strong>, Oberursel/Ts. und<br />
Winterberg Kunst, Heidelberg, 2017, Nr. 34 mit Abb.<br />
Fries befand sich auf diesem Teil der Reise in Begleitung von<br />
Jean-Baptiste-Camille Corot (1796-1875) und Francois Eduard<br />
Bertin (1797-1871), die er in Civita Castellana getroffen hatte.<br />
30
31<br />
14
FRANZ GABET<br />
1765 – Wien – 1847<br />
15<br />
Sturmgepeitschte Gewitterlandschaft mit Ochsenkarren,<br />
vom Blitz getroffener Hirte und fliehende Schafe.<br />
Feder in Schwarzbraun, braun und grau laviert, mit Deckweiß gehöht, auf festem cremefarbenem Bütten,<br />
rechts unten monogrammiert „FG.“. 29,4:43,4 cm. – Kleinere Papierschäden verso hinterlegt.<br />
Literatur: P. Pfisterer, Monogrammlexikon 2. Berlin/New York<br />
1995, FG 478-480.<br />
Gabet ist vor allen Dingen als Schöpfer von Radierungen<br />
bekannt, die er nach Johann Christian Brand (1722-1795),<br />
Christian Wilhelm Ernst Dietrich (1712-1774), Martin von<br />
Molitor (1759-1812), Franz Edmund Weirotter (1730-1771) und<br />
anderen Künstlern radiert hat. Zeichnungen von eigener Hand<br />
sind auf dem Kunstmarkt sehr selten zu finden. Er war als<br />
Radierer und Zeichner Dilettant.<br />
32
33<br />
15
BUONAVENTURA GENELLI<br />
1798 Berlin – Weimar 1868<br />
Das Leben einer Hexe.<br />
16<br />
In Zeichnungen von Bonaventura Genelli, gestochen von Heinrich Merz und Carl Gonzenbach. Mit erläuternden Bemerkungen<br />
von Hermann Ulrici. Folge von 10 Radierungen. Quer-Folio. Privater Halbledereinband mit marmor. Deckeln.<br />
Düsseldorf, Julius Buddeus, Leipzig, Rudolph Weigel (1847). – Mit gedruckter Widmung für Ritter Peter von Cornelius.<br />
Besonders Titel, Widmung, Vorwort und die ersten 3 Tafeln etwas braunfleckig.<br />
Provenienz: Exlibris Werner G. G. Kiessic.<br />
Literatur: Rümann 538; E. Nielsen, Bonaventura Genelli. Werk<br />
und Kunstauffassung. Diss. Univ. München (2005), Ss. 162-171.<br />
In ihrer Dissertation schreibt Eva Nielsen zu dieser Folge: “’Aus<br />
dem Leben einer Hexe’ erzählt die Geschichte eines jungen Mädchens,<br />
das von einer Hexe entführt und aufgezogen wird und so<br />
ein ebenfalls frevelhaftes Leben führt. Ähnlich wie beim “Wüstling”<br />
ist auch hier die junge Hexe für den Tod ihres Geliebten<br />
verantwortlich. Aber anders als der Wüstling empfindet die<br />
junge Hexe tiefe Reue über ihr Tun und entschließt sich für den<br />
Freitod. Im reuigen Tod findet sie schließlich Erlösung und Vergebung.<br />
Im Gegensatz zum “Wüstling” beinhaltet die Geschichte<br />
der Hexe den Gedanken vom reinen Mädchen, das schuldlos<br />
schuldhaft wird und durch die Macht der Liebe erlöst wird”.<br />
„Genelli ist der Enkel eines aus Rom eingewanderten Künstlers.<br />
An der Berliner Akademie erhielt er seine erste Ausbildung als<br />
Maler bei J. E. Hummel. Anschließend hielt er sich – ermöglicht<br />
durch ein Stipendium – von 1822 bis 1832 in Rom auf. Dort<br />
hatte er Umgang mit Peter von Cornelius, Joseph Anton Koch,<br />
Friedrich Preller d. Ä. und anderen. Sie bestimmten auch maßgeblich<br />
seine eigene heroische Bildsprache. Der Künstler begab<br />
Bei “Aus dem Leben eines Wüstlings” handelt es sich um einen<br />
weitern Zyklus Genellis, der in München um 1840/49 entstanden<br />
ist.<br />
34
sich 1836 nach München und war dort wenig erfolgreich. Erst<br />
durch die im Jahre 1856 geschlossene Bekanntschaft mit dem<br />
Kunstmäzen Graf Schack, der größere Aufträge an ihn erteilte,<br />
besserte sich seine finanzielle Lage. 1859 folgte er einem Ruf des<br />
Großherzogs nach Weimar, hielt aber weiterhin Kontakte mit<br />
Schack.<br />
Der eigenwillige Künstler Genelli ist nicht leicht einem Stil<br />
zuzuordnen. Seine Themen- und Formenwelt ist ganz vom<br />
Klassizismus geprägt, obwohl ein großer Teil seiner Werke erst<br />
in den sechziger Jahren entstand. Dennoch ist seine mehrteilige<br />
Bildform auch dem Biedermeier verpflichtet, wie sie beispielsweise<br />
von Eugen Napoleon Neureuther und Moritz von Schwind<br />
angewendet wurde. Sein Übermut und sein unangepasstes<br />
Wesen erschwerten seine künstlerische Laufbahn. Durch unbedachte<br />
Äußerungen verscherzte er sich Aufträge und Gönner,<br />
so auch die Gunst König Maximilians II., den er mit seinen<br />
Antworten brüskierte. Graf Schack hingegen behielt sein tiefes<br />
Verständnis für ihn, aus dem sich eine persönliche Freundschaft<br />
entwickelte.“ (zitiert aus: Münchner Maler im 19. Jahrhundert.<br />
6 Bände. München, Bruckmann, Bd. II, 1982, S. 1.).<br />
16<br />
35
16<br />
36
37<br />
16
LUDWIG EMIL GRIMM<br />
1790 Hanau – Kassel 1863<br />
17<br />
Maria, Rosa, la bella Candida von Della Porta de Levana.<br />
Studienblatt mit 4 weiblichen Bildnissen. Bleistift, auf cremefarbenem Velin mit Wasserzeichen: JB 1813,<br />
rechts bezeichnet und datiert „del ad vivum im Juny 1816 zwischen Florenz & Arezzo“. 22:35,5 cm.<br />
Provenienz: Sammlung Eugen Roth, München.<br />
Literatur: Nicht bei I. Koszinowski/V. Leuschner.<br />
Vergleichsliteratur: A. Stoll, Erinnerungen aus meinem Leben.<br />
Von Ludwig Emil Grimm. Leipzig, 1911, S. 237: „Den 15. Juni<br />
verliessen wir die herrliche Stadt Florenz und kamen nach<br />
Arezzo, wo wir das Haus von Petrarca besahen und ich das<br />
Portal davon zeichnete“; I. Koszinowski/V. Leuschner, Ludwig<br />
Emil Grimm. Zeichnungen und Gemälde. 2 Bde. Marburg,<br />
1990, Bd. II, Seite <strong>107</strong>/108, L 58, unter 17. Juni 1816.<br />
Auf Einladung Georg Brentanos (1775-1851), den er 1815 in<br />
Frankfurt am Main kennengelernt hatte, und in dessen Begleitung<br />
reiste Grimm am 29. Mai 1816 von München aus über den<br />
Brenner, Salzburg, Innsbruck, Brixen, Bozen, Trient, Verona,<br />
Mantua, Modena, Bologna, Florenz, Arezzo bis nach Rom und<br />
Neapel. Die einzelnen Stationen der Reisegruppe, der auch der<br />
Kupferstecher und Kunsthändler Christian Erdmann Gottlieb<br />
Prestel (1773-1830) angehörte, sind belegt.<br />
Der vor allem als Radierer tätige Grimm war 1804-1808 Schüler<br />
der Kasseler Kunstakademie bei Gottlieb Kobold (1769-1809),<br />
Andreas Range (1762-1828) und Ernst Friedrich Ferdinand<br />
Robert (1763-1843). Durch seine Brüder Jacob und Wilhelm<br />
Grimm wurde er mit Clemens Brentano (1778-1842) und Achim<br />
von Arnim (1781-1831) bekannt, mit denen er zusammenarbeitete.<br />
Wohl 1807 lernte Grimm Bettine Brentano (1785-1859)<br />
kennen, von der er zahlreiche Porträts anfertigte. Im November<br />
1808 zog er nach Landshut zu Brentano und dessen Schwager<br />
Friedrich Carl von Savigny (1779-1861). Auf ihre Vermittlung<br />
hin ging er nach München und erlernte Kupferstechen bei Carl<br />
Heß (1755-1828). Zugleich studierte er an der Münchner Akademie<br />
unter Andreas Seidl (1760-1834). Eine Unterbrechung des<br />
Studiums wurde 1814 durch Teilnahme an den Freiheits kriegen<br />
erforderlich. Mit Georg Brentano reiste er im Frühjahr 1816<br />
nach Italien, wo er zwei Monate blieb. 1817 kehrte er nach Kassel<br />
zurück. 1824 reiste Grimm zum ersten Mal nach Willings hausen<br />
und wurde zum Mitbegründer der Willingshäuser Maler -<br />
ko lonie, eine der ersten Malerkolonien Deutschlands. 1832 wurde<br />
er an die Kasseler Kunstakademie als Lehrer berufen.<br />
38
39<br />
17
CARL FRIEDRICH HARVENG<br />
1832 – Frankfurt am Main – 1874<br />
18<br />
Auffindung des Mosesknaben (2. Moses 2, 5-6); nach Raffael Sanzio (1483-1520).<br />
Feder in Schwarz, mit reicher Deckweißhöhung, auf braunem festem Papier, rechts unten Nachlaßstempel (nicht bei Lugt).<br />
39,7:46,6 cm. – Mehrere kleinere Einrisse in den Rändern sorgfältig restauriert.<br />
Das alttestamentarische Motiv der Auffindung des Mosesknaben<br />
gehört zu den Fresken, die Raffael für die Loggien im<br />
Vatikan um 1515/18 ausgeführt hat. Sie wurden von zahlreichen<br />
Künstlern durch die Jahrhunderte mit Gemälden, Zeichnungen<br />
und Graphiken kopiert.<br />
Ersten Zeichenunterricht erhielt Harveng bei Eugen Friedrich<br />
Peipers (1805-1885). 1848-1854 war er Schüler des Städelschen<br />
Kunstinstituts, zuerst unter Friedrich Maximilian Hessemer<br />
(1800-1860), dann unter Jakob Becker (1810-1872) und Edward<br />
Jakob von Steinle (1810-1886). An der Karlsruher Akademie<br />
bildete er sich 1854-1859 unter Johann Wilhelm Schirmer<br />
(1807-1863) weiter. 1862 ließ er sich in Düsseldorf nieder, später<br />
lebte er abwechselnd in Meran und Norditalien. Stu dienreisen<br />
unternahm er in den Schwarzwald, die Schweizer und Tiroler<br />
Alpen und nach Südfrankreich.<br />
Die vorliegende, im Stil der Nazarener und in der Art eines Clair<br />
obscure ausgeführte, sehr sichere Zeichnung, ist ver mutlich<br />
während der Studienzeit an der Städelschule unter Edward<br />
Jakob von Steinle um 1850 entstanden.<br />
40
41<br />
18
STEPHAN HEYBERGER<br />
tätig in Göhren/heute Kliny in Tschechien, Anfang 17. Jahrhundert<br />
19<br />
Wildschweinjagd; vier Jäger überraschen ein Wildschweinrudel.<br />
Feder in Schwarz, mit einzelner Tuschlinie umrandet, auf Bütten mit Wasserzeichen: Krüglein, rechts unten signiert<br />
und bezeichnet „Stephan Heyberger in Göhrn.“ 18,5:25,7 cm. – Mit einigen Braunflecken, sonst tadellos erhalten.<br />
Provenienz: C. G. Boerner, Leipzig, versteigert 28.04.1935;<br />
Sammlung E. Ehlers, Göttingen, vgl. Lugt 860 und 1391 sowie<br />
Lugt Suppl. 860 und 1391; Sammlung R. Holtkott, Lugt 4266.<br />
In der <strong>Katalog</strong>beschreibung von Boerner hieß es zu dieser Zeichnung:<br />
„Die Komposition wohl in Anlehnung an Stra danus (entstanden),<br />
doch der Zeichenstil verrät eine beachtliche Eigenart<br />
für einen unbekannten Künstler.“ Mit „Stradanus“ ist der Maler,<br />
Zeichner und Kupferstecher Jan van der Straet (1523 Brügge-<br />
Florenz 1605) gemeint.<br />
42
43<br />
19
GABRIEL HONNET<br />
geb. Paris – Paris 1592<br />
Der Tyrann Phalaris von Agrigent läßt den Bildhauer Perillus in den von ihm verfertigten,<br />
glühenden Bronzestier schließen.<br />
20<br />
Feder in Schwarz, grau laviert, auf Bütten. 13:19 cm. – Wegen kleiner Papierschäden aufgezogen, etwas braunfleckig.<br />
Verso (nur gegen Licht erkennbar): Studie eines nach rechts stehenden Stieres sowie Rückenansicht eines stehenden Mannes.<br />
Provenienz: Sammlung Herbert List, München (mündlich überliefert);<br />
Helmut Märkt, Reutlingen, nicht bei Lugt.<br />
Gutachten: Dr. Ewald Jeutter, Marburg, 17. Juli 2014.<br />
Das mehrseitige Gutachten schließt mit folgenden Ausführungen:<br />
„Bei der in der <strong>Galerie</strong> <strong>Fach</strong> angebotenen Kompositionszeichnung<br />
handelt es sich um eine eigenhändige Arbeit des franzö<br />
sischen Künstlers Gabriel Honnet. Der Maler lieferte nach<br />
André Félibien (1619-1695), vor dem Todesjahr von Ambroise<br />
Dubois (1542-1614), also vor 1614, drei Tafelbilder für das<br />
Grand Cabinet de la Reine im Louvre mit Szenen aus Tassos<br />
„Gerusalemme libertata“. Als König Heinrich IV. nach dem Tode<br />
des Henri Lerambert (1550-1609), 1610, Maler suchte, die dessen<br />
Stellung in der Manufaktur der Gobelins einnehmen sollten,<br />
wurden vier Künstler zu einem Wettstreit ausgesucht. Zu diesen<br />
vier Malern gehörte auch Gabriel Honnet. Alle Kandidaten<br />
sollten Kartons für Bildteppiche liefern und zwar nach Themen<br />
aus dem „Pastor Fido“. Die Patronen von Gabriel Honnet<br />
wurden jedoch abgelehnt und nicht ausgeführt. Die hier angebotene<br />
Studie lässt sich weder mit einem literarisch überlieferten<br />
noch mit einem erhaltenen Gemälde von Gabriel Honnet in<br />
Zusammenhang bringen. Allerdings ist davon auszugehen, dass<br />
die Studie der Vorbereitung eines weiterführenden Werkes diente.<br />
Sehr wahrscheinlich handelt es sich dabei um ein Gemälde,<br />
das im Auftrag des französischen Königshauses entstehen sollte,<br />
wie das außergewöhnliche Bildthema vermuten lässt: Die Studie<br />
mit dem Sujet „Der Tyrann Phalaris von Agrigent lässt den Bildhauer<br />
Perillus in den von ihm verfertigten, glühenden Bronzestier<br />
schließen“ dürfte nach den hier vorgetragenen Überlegungen<br />
zwischen 1610 und 1615 entstanden sein.“<br />
Gabriel Honnet war Schüler von Toussaint Dubreuil (1558-1602)<br />
und arbeitete im Louvre und in den Schlössern von Fontainebleau<br />
und St. Germain. Er ist der sogen. „Zweiten Schule von<br />
Fontainebleau“ zuzurechnen.<br />
44
45<br />
20
FRIEDRICH HORNER<br />
1800 – Basel – 1864<br />
Narni, Landschaft mit der auf einem Bergrücken gelegenen Ortschaft, im Vordergrund links eine Brücke<br />
mit Torturm und im Mittelgrund ein Bogen der alten Augustusbrücke.<br />
21<br />
Aquarell, über Bleistiftskizze, auf festem chamoisfarbenem Zeichenkarton, rechts unten signiert „F. Horner“.<br />
51,4:71,3 cm. – Papier im Bereich des Himmels leicht gebräunt und mit Lichtrand an beiden Seitenrändern.<br />
Die Augustusbrücke, die über den Fluß Nera führte, war Teil der Via Flaminia.<br />
Literatur: Wird in das in Vorbereitung befindliche Werkverzeichnis<br />
von Johannes Fichter, Weisslingen/Schweiz aufgenommen.<br />
Horner, der sich, wie sein Freund und Malerkollege Rudolf<br />
Müller (1802-1885), hauptsächlich der Aquarelltechnik bediente,<br />
malte die südliche Landschaft, besonders antike Baudenkmäler<br />
und Ruinen. An seinen Aquarellen rühmte man „besonders den<br />
warmen, goldenen Ton, der den Charakter der südlichen Landschaft<br />
in trefflicher Weise wiedergab. Durch eine selbst erfundene<br />
Mischung der Aquarellfarben mit einer Leimsubstanz, wußte er<br />
denselben eine außergewöhnliche Leuchtkraft und zugleich auch<br />
eine bei Aquarellen sonst nicht vorhandene Haltbarkeit zu geben.“<br />
(zit. aus: Brun, Schweiz. Künstler-Lexikon, Bd. II, 1908, S. 88).<br />
In seinem 2017 als Privatdruck erschienenen kenntnisreichen<br />
Buch „Schweizer Maler in Rom und Neapel im 18. und 19.<br />
Jahrhundert“ schreibt Nico Zachmann auf S. 322 zu Horner<br />
und Müller: „Kaum 15 bzw. 17 Jahre alt, verliessen sie Basel ein<br />
erstes Mal, um auf die ‚Wanderschaft‘ zu gehen im Berner<br />
Oberland. Müller begab sich dann ganz jung nach Neuchâtel zu<br />
den beiden bekannten Vedutisten Gabriel Lory (1784-1846) fils<br />
und Friedrich Wilhelm Moritz (1783-1855), einem ursprünglich<br />
aus Deutschland stammenden Verwandten Lorys, der sich<br />
für immer in der Schweiz niederlassen sollte. Horner hingegen<br />
scheint im Gegensatz zu Müller doch eine gewisse Ausbildung<br />
in Basel bei Rudolf Huber (1770-1844) und Peter Birmann<br />
(1758-1844) genossen zu haben und ist dann erst später ebenfalls<br />
in das Atelier nach Neuchâtel gekommen. Nun bestens<br />
eingeführt in die Kunst der Vedutenmalerei, die in der Schweiz<br />
natürlich in erster Linie die grandiosen Berge im Berner Oberland<br />
zum Gegenstand hatte, arbeiteten sie vor allem für englische<br />
Reisende, um sich damit das Geld zum Leben und auch<br />
für weitere ‚wirkliche‘ Reisen zu verdienen. Dabei lernten sie<br />
eine Familie aus England kennen, die den beiden jungen Künstlern<br />
nicht nur viele Bilder abnahm, sondern sie auch sonst<br />
förderte, etwa indem sie sie um 1820 zur Weiterbildung nach Paris<br />
sandte. Horner und Müller konnten dank dieser Unterstützung<br />
in die ‚Académie des sciences‘ eintreten und sich ein Jahr lang<br />
im allerdings unter der Restauration nicht gerade sehr lebendigen<br />
Paris ausbilden, worauf dann noch ein Aufenthalt in der<br />
unter dem kunstsinnigen König Ludwig I. besonders aufstrebenden<br />
Kulturstadt München folgen sollte.“<br />
Danach verwirklichten beide Maler ihren Plan nach Italien zu<br />
gehen, wo sie einen großen Teil ihres Lebens verbrachten.<br />
46
47<br />
21
FRANZ JOSEF INNOCENZ KOBELL<br />
1749 Mannheim – München 1822<br />
22<br />
Ideale Landschaft mit steiler Felswand, Wasserfall und Monument, rechts am Ufer zwei lagernde Figuren.<br />
Feder in Braun, braun laviert, über Feder in Schwarz, mit Tuschlinie umrandet, auf Bütten mit Wasserzeichen: J Honig & Zoonen.<br />
28,5:43 cm. – Mit leichtem Lichtrand ringsum, kleinere Schäden sehr sorgsam restauriert.<br />
Entstanden wohl um 1795/1800. Hier handelt es sich um eine meisterhafte und bildmäßig<br />
durchgeführte Landschaftskomposition, in einem bei Franz Kobells recht selten vorkommenden großen Format!<br />
Provenienz: vermutl. Sammlung C. Wiesböck, Wien, vgl. Lugt<br />
2576, von diesem verso bezeichnet „Franz Kobel gez.“.<br />
Nach einer Kaufmannslehre in Mainz kehrte Franz Kobell 1762<br />
in seine Geburtsstadt Mannheim zurück, wo er von seinem<br />
Bruder Ferdinand (1740-1799) auch künstlerisch unterstützt<br />
wurde. 1771-1778 bildete er sich zusätzlich an der Mannheimer<br />
Zeichnungsakademie aus. 1778 erhielt er von Kurfürst<br />
Karl Theodor von der Pfalz eine Pension, die ihm eine Reise<br />
1779-1784 nach Italien ermöglichte, wo er sich hauptsächlich<br />
in Rom aufhielt. Hier war er insbesondere dem Maler<br />
Friedrich Müller (1749-1825), gen. „Maler-Müller“, dem Dichter<br />
Wilhelm Heise und dem Bildhauer Alexander Trippel<br />
(1744-1793) freundschaftlich verbunden. Die Beschäftigung<br />
mit der Malerei Nicolas Poussins (1594-1665) und Claude<br />
Lorrains (1600-1682) hatte großen Einfluss auf sein späteres<br />
Werk; er wandte sich ganz und gar der Landschaftskunst<br />
zu. Bereits 1780 wurde er zum Hofmaler am 1778 nach München<br />
verlegten Mannheimer Hof ernannt. 1785 kehrte er aus<br />
Italien zurück und ließ sich in München nieder. Ab 1793 bildete<br />
er dort mit seinem Bruder Ferdinand und seinem Neffen<br />
Wilhelm (1766-1853) eine Wohngemeinschaft. Der zeichnerische<br />
Nachlaß des Künstlers wird auf mehr als 10.000 Blatt geschätzt.<br />
Anerkennung erlangte der Künstler durch seine unmittelbaren<br />
Naturschilderungen, die er direkt vor Ort anfertigte.<br />
48
49<br />
22
WILHELM VON KOBELL<br />
1766 Mannheim – München 1855<br />
23<br />
Blick auf Coburg von Nordosten.<br />
Aquarell, über Bleistift, auf Bütten. Ca. 27,5:51,8 cm.<br />
Ränder ungleich geschnitten, vertikale Mittelfalte geglättet.<br />
Provenienz: Privatbesitz München.<br />
Literatur: Ausst. <strong>Katalog</strong>: Handzeichnungen deutscher Meister<br />
des 19. Jahrhunderts, Spezialsammlung von Zeichnungen und<br />
Radierungen Wilhelm von Kobells, C. G. Boerner, Leipzig, 1928,<br />
Liste XLI, S. 3; S. Wichmann, Wilhelm von Kobell. Monographie<br />
und kritisches Werkverzeichnis der Werke. München 1970,<br />
Nr. 64 mit Abb., hier fälschlich mit „1787“ datiert.<br />
Mit der Datierung „um 1787“ irrt Wichmann, denn die<br />
Zeichnung zeigt Schloss Ehrenburg nach der Vollendung der<br />
neugotischen Umgestaltung der Eckpavillons (ursprünglich<br />
nach Plänen Schinkels) ab 1817, aber vor der Vollendung des<br />
neugotisch gestalteten Turmes über dem Mitteltrakt, also noch<br />
in der Gestalt der Zeit vor 1834. Als mögliche Zeit der Entstehung<br />
dieser Zeichnung ist also „um 1818-1834“ anzunehmen.<br />
(Diese Hinweise danken wir Dr. Klaus Weschenfelder, Veste<br />
Coburg, Email vom 3.11.2015). Ein Beleg für einen Aufenthalt<br />
Kobells in Coburg in diesen Jahren fehlt bislang.<br />
Wilhelm von Kobell war zunächst Schüler der Mannheimer<br />
Zeichnungsakademie. 1792 von Kurfürst Karl Theodor zum<br />
Hofmaler ernannt, übersiedelte er 1793 nach München, wo er –<br />
von wenigen Auslandsaufenthalten abgesehen (Wien 1809,<br />
Paris 1810) – bis zu seinem Tod ansässig blieb. 1814 erfolgte die<br />
Berufung zum Professor für Landschaftsmalerei an die Münchener<br />
Akademie. Nach seinem Ausscheiden aus dem Amt<br />
(1826) wurde die Stelle auf Betreiben des designierten Direktors<br />
Peter von Cornelius (1783-1867) nicht mehr besetzt, da dieser<br />
„einen Lehrstuhl für Genre- und Landschaftsmalerei... für überflüssig“<br />
hielt (zitiert nach: Alfred Kuhn, Peter Cornelius und<br />
die geistigen Strömungen seiner Zeit, Berlin, 1921, S. 160).<br />
1817 wurde dem Künstler der persönliche, 1833 der erbliche<br />
Adel verliehen.<br />
50
51<br />
23
24<br />
CARL LUDWIG KUHBEIL<br />
1766 – Berlin 1823<br />
Villa Adriana in Tivoli (1 Blatt) und Park der Villa Borghese (6 Blatt).<br />
7 Radierungen (von 12) mit „Ansichten von Rom und der Gegend umher“,<br />
dem Maler Pascal (Jean Barthélemy P., 1774-1853) gewidmet. Radierungen, 1822, auf festem Bütten,<br />
zwischen 10,5:14 cm und 11,2:14,5 cm.<br />
Ein Blatt mit sorgfältiger Restaurierung am oberen Rand, andere teils gebräunt und mit einzelnen kleinen Stockfleckchen.<br />
Provenienz: Sammlung Friedrich August von Sachsen, Lugt<br />
971 (4 Blätter); Sammlung Hieronymus von Bayer, Lugt 1293<br />
(3 Blätter).<br />
Literatur: Nagler aus 2; Andresen aus 1; Thieme-Becker XXII,<br />
S. 80. – Sehr selten! – Durchgehend sehr gute bis gute Abdrucke<br />
mit schmalem Rändchen um die Plattenkanten.<br />
Kuhbeil war 1788/89 Schüler der Berliner Akademie, reiste<br />
nach Italien und hielt sich in Rom und Florenz auf, wo er 1799<br />
eine Sammlung von 57 Stichen nach charakteristischen Gruppen<br />
und Figuren der Malerei des Mittelalters vorbereitete. Er<br />
wurde 1805 Professor an der Berliner Akademie und 1816<br />
deren ordentliches Mitglied. Er war in den Jahren 1804, 1810,<br />
1812, 1814, 1816, 1818 und 1820 auf den Ausstellungen der<br />
Berliner Akademie vertreten. Wie Friedrich Georg Weitsch<br />
(1758-1828) schuf auch er zu James Macpherson’s „Ossian“<br />
Kompositionen und wandte sich damit „romantischen“ Formen<br />
und Inhalten zu. Seine Betätigungsfelder waren die Malerei und<br />
Radierung. Auf dem Kunstmarkt sind seine Arbeiten äußerst<br />
selten zu finden.<br />
52
53<br />
24
25<br />
zugeschrieben<br />
CARL FRIEDRICH LESSING<br />
1809 Breslau – Karlsruhe 1880<br />
Ansteigende Waldlandschaft mit großen Felsbrocken, vermutlich im Harz.<br />
Feder und Pinsel in Braun, über Bleistift, auf braunem Papier, mit Goldlitze eingefasst, rechts unten datiert „1856“<br />
(durch eine geglättete Knickfalte in der rechten unteren Ecke ist die „5“ in der Jahreszahl nicht mehr voll sichtbar,<br />
doch als solche zu erkennen). 33:44,4 cm.<br />
Vergleichsliteratur: Ausst. <strong>Katalog</strong>: Carl Friedrich Lessing<br />
1808-1880. Handzeichnungen aus dem Cincinnati Art Museum,<br />
Ohio/USA. Karlsruhe 1980, Nr. 11-13 mit Abb.<br />
Lessing gehörte zu denjenigen Malern aus der Mitte des 19. Jahrhunderts,<br />
die immer wieder das Gebirge am südlichen Rand<br />
der norddeutschen Tiefebene auf mehrwöchigen Wanderungen<br />
mit Zeichenstift und Skizzenbuch erkundeten. Insgesamt<br />
sechs längere Reisen, eine letzte zwei Jahre vor seinem Tod 1880,<br />
unternahm der Maler in den Harz, vorzugsweise an den Nordrand<br />
des Gebirges in das Gebiet von Blankenburg.<br />
Der Großneffe von Gotthold Ephraim Lessing absolvierte ein<br />
kurzes Architekturstudium in Berlin und wechselte schon<br />
dort zur Landschaftsmalerei über. Durch Carl Ferdinand Sohn<br />
(1805-1867) lernte er Wilhelm von Schadow (1788-1862) kennen,<br />
dem er 1826 nach Düsseldorf folgte. Bald nach seiner Ankunft<br />
im Rheinland gründete er zusammen mit Johann Wilhelm<br />
Schirmer (1807-1863) den „Landschaftlicher Componirverein“.<br />
Seit 1833-1843 studierte er in der Meisterklasse der Düsseldorfer<br />
Akademie. Vom Beginn seiner Studien in Düsseldorf an wird<br />
seine Anlage als „sehr groß“ beschrieben. Er gilt als großes<br />
Talent seiner Zeit. Unter dem Einfluss von Wilhelm von Schadow<br />
malte er Historienbilder. Als Landschaftsmaler gilt er als<br />
Erfinder der historischen Landschaften. 1846 lehnte Lessing<br />
einen Ruf nach Frankfurt als Direktor des Städelschen Kunstinstituts<br />
ab, doch 1858 folgte er einem Ruf nach Karlsruhe, wo<br />
er <strong>Galerie</strong>direktor wurde. Schließlich wurde ihm, als Nachfolger<br />
Schirmers, das Amt des Direktors der Kunstakademie in<br />
Karlsruhe übertragen, das er bis zu seinem Tode ausübte, obwohl<br />
ihm 1867 die Leitung der Düsseldorfer Akademie angetragen<br />
worden war.<br />
54
55<br />
25
ADOLPH VON MENZEL<br />
1815 Breslau – Berlin 1905<br />
26<br />
Kopf eines bärtigen älteren Mannes im Profil nach links, mit gesenktem Blick.<br />
Bleistift, auf chamoisfarbenem Papier mit Fragment des Wasserzeichens: J Whatman,<br />
rechts oben monogrammiert und datiert „A. M. / 96“. 20,9:12,9 cm.<br />
In den letzten Jahrzehnten seines Lebens wohnte Menzel in der<br />
Sigismundstrasse 3, Berlin. „Da wohnte er, nur von wenigen Intimen<br />
besucht, im dritten Stockwerk; im vierten war das Atelier.<br />
Auf dem Vorplatz konnte man alte häßlich Modelle treffen,<br />
‚Charakterköpfe‘, wie er sie in den Spätjahren zum Exerzitium<br />
bevorzugte.“ (G. Kirstein, Das Leben Adolph Menzels. Leipzig,<br />
1919, S. 84). Vermutlich gehörte der ältere „Mann auf diesem<br />
Blatt zu diesen Charakterköpfen, mit deren Studien Menzel<br />
die Grenzen zwischen Modellstudie und Skizze aufhob: Die<br />
Studien haben das Leben von momentan, im Alltag eingefangenen<br />
Begegnungen, wie sie Menzel so oft gezeichnet hat, sind<br />
jedoch aufgrund ihrer Entstehung im Atelier sehr viel detaillierter<br />
ausgeführt, als das bei Skizzen vor Ort möglich gewesen wäre.<br />
… mit derartigen Studien, die zwar den klassischen Typ des<br />
alten Mannes wiedergeben, aber gleichzeitig auch den Charakter<br />
individueller Porträts haben, läßt sich die Entwicklung des<br />
Zeichenstils in Menzels letztem Lebensjahrzehnt exemplarisch<br />
ablesen. Hier spielt die Umrißlinie neben einer äußerst brillanten<br />
Wischtechnik eine reduzierte, aber noch spürbare Rolle,…“.<br />
(Ausst. <strong>Katalog</strong>: Adolph Menzel. Zeichnungen, Druckgraphik<br />
und illustrierte Bücher. Ein Bestandskatalog der Nationalgalerie,<br />
des Kupferstichkabinetts und der Kunstbibliothek. Berlin,<br />
Staatl. Museen Preuss. Kulturbesitz, 1984, Nr. 121).<br />
Wir danken Dr. Claude Keisch, Berlin, für die mündliche Bestätigung<br />
der Authentizität der Zeichnung nach einer Fotografie<br />
(tel. 15.09.2018).<br />
56
57<br />
26
ERNST MEYER<br />
1797 Altona – Rom 1861<br />
27<br />
Venedig, Motiv am Canale Grande mit Ponte della Paglia.<br />
Aquarell, über Bleistift, auf cremefarbenem Velin, links unten datiert und signiert „Juli (1824) Meyer“. 23,1:31 cm.<br />
Verso am Oberrand leichter Papierabrieb durch alte Montierung.<br />
Ponte della Paglia ist eine Brücke in Venedig im Sestiere San Marco. Sie überspannt den Rio de Palazzo o de la Canonica<br />
und verbindet den Molo San Marco mit der Riva degli Schiavoni. Ihren Namen verdankt sie den mit Stroh beladenen Booten,<br />
die hier festmachten und von deren Existenz man aus verschiedenen Gesetzen und Erlässen der Republik weiß.<br />
Beispiele von Zeichnungen Meyers, die am Beginn des Italienaufenthaltes<br />
entstanden, der von Juli 1824 bis Anfang 1849 dauerte,<br />
kommen im Handel äußerst selten vor.<br />
„Der im damals dänischen Altona bei Hamburg geborene<br />
höchst produktive Ernst Meyer (1797-1861) – sein umfangreicher<br />
zeichnerischer Nachlass befindet sich im Kupferstichkabinett<br />
des Statens Museums for Kunst in Kopenhagen – schuf<br />
mit seinen Variationen eines öffentlichen Schreibers und eines<br />
öffentlichen Vorlesers in Rom einige der populärsten Bilder<br />
Dänemarks. Meyer, der neben Landschaften auch die Architektur<br />
der Stadt in pittoresken Bildern und Zeichnungen festhielt,<br />
gehörte über Jahrzehnte zum festen Bestandteil der römischen<br />
Kunstwelt. Als Jude fühlte er sich weder in Dänemark noch in<br />
Deutschland in das kulturelle Leben eingebunden. In Rom fand<br />
er eine überkonfessionelle, neue Heimat. Meyer ist auch 1856<br />
auf dem berühmten Künstlergruppenbild im Caffè Greco von<br />
Ludwig Johann Passini (1832-1903) dargestellt.“ (Zit. aus: Ausst.<br />
<strong>Katalog</strong>: Die Kopenhagener Schule. Meisterwerke Dänischer<br />
und Deutscher Malerei von 1770 bis 1850. Hrsg. von D. Luckow<br />
und D. Zbikowski. Kiel, Kunsthalle zu Kiel 2005, Ss. 164/165.<br />
58
59<br />
27
EDUARD WILHELM POSE<br />
1812 Düsseldorf – Frankfurt am Main 1878<br />
Schlucht bei Civitella.<br />
28<br />
Aquarell, über Bleistift, auf Papier mit Wasserzeichen: J Whatman 1857, rechts unten monogrammiert „EWP.“. 19,5:24,3 cm.<br />
Mit leichtem Lichtrand ringsum, verso an den Rändern Reste einer alten Verklebung.<br />
Provenienz: Kunsthandlung F. A. C. Prestel, Frankfurt am Main,<br />
hier 1958 vom Vorbesitzer erworben.<br />
Wiederholung desselben Motivs, das in einer früheren Fassung<br />
schon 1853 entstanden ist. Die gezeigte Landschaft liegt<br />
zwischen Olevano und dem höher gelegenen Civitella, seit 1880<br />
Bellegra genannt.<br />
Vergleichsliteratur: Ausst. <strong>Katalog</strong>: Ausgewählte Werke Frankfurter<br />
Maler. Frankfurt am Main, Kunsthandlung Julius Giessen,<br />
2000, S. 6 mit Farbabb.; D. Riccardi, Olevano e i suoi Pittori.<br />
Gli artisti di lingua tedesca (Germania, Austria, Svizzera).<br />
Roma, 2004, Farbabb. 211, S. 169. Riccardi nimmt einen Aufenthalt<br />
Poses in Civitella um 1843 an.<br />
Derart bildmäßig durchgeführte Aquarelle Poses sind recht<br />
selten zu finden.<br />
In einer Rezension der Pose-Ausstellung, die die Kunsthandlung<br />
F. A. C. Prestel 1938 zeigte, schrieb Dr. Ernst Benkard in<br />
der Frankfurter Zeitung vom 14.04.1938 u. a.: „... Urteilt man weiter<br />
auf Grund des Materials der Ausstellung, ist er dann durch<br />
einen Aufenthalt in München und Tirol (Gemälde: Alpenlandschaft),<br />
besonders durch seine Jahre in Italien (nach 1842), vor<br />
der Natur zu einer Freiheit gediehen, die ihn befähigte, ein noch<br />
etwas kompakteres Plainair zu pflegen, die ihm ferner im zeichnerischen<br />
Entwurf eine gelöste Weite des Sehens geschenkt hat. Man<br />
muss die zeitliche Entstehung seiner frühimpressionistischen<br />
Landschaftsbilder (Tivoli, Olevano, Giardino Borghese) wohl bedenken,<br />
um der Qualität ihren historischen Platz einzuräumen ...“.<br />
Ersten Unterricht erhielt der Maler durch seinen Vater Ludwig<br />
Pose (1786-1877) und anschliessend 1829/30-1834 und 1835/36<br />
an der Düsseldorfer Kunstakademie. Seit 1832/33 gehörte er der<br />
Landschaftsklasse von Johann Wilhelm Schirmer (1807-1863)<br />
an. Er unternahm Wanderungen und Studienfahrten in die<br />
Um gebung Düsseldorfs und hatte Kontakte zu Jakob Becker<br />
(1810-1872), Carl Friedrich Lessing (1808-1880) und Alfred<br />
Rethel (1816-1859). Zusammen mit Andreas Achenbach (1815-<br />
1910) wechselte er 1836 nach München und nahm dort Verbindung<br />
zu Carl Rottmann (1797-1850) auf, der ihn an seinem gerade<br />
begonnenen Zyklus griechischer Landschaften mitarbeiten<br />
ließ. Vorübergehend ging er, wegen der in München ausbrechenden<br />
Cholera, nach Frankfurt am Main. Er unternahm Studienreisen<br />
ins Salzburger Land, nach Paris und Brüssel sowie nach<br />
Tirol. Zwischen 1838 und 1842 lebte er überwiegend in Düsseldorf<br />
und 1842-1845 in Italien, vornehmlich in Rom, aber auch in<br />
Unteritalien und Sizilien. 1845 ließ er sich in Frankfurt am Main<br />
nieder, reiste 1849 nochmals nach Italien und gehörte in seinen späteren<br />
Jahren dem in Kronberg im Taunus aktiven Malerkreis an.<br />
Seine Gemälde bereitete er durch zahlreiche Studien sorgfältig<br />
vor und pflegte eine an Schirmer und Lessing orientierte mit<br />
Lichteffekten komponierte Landschaftskunst.<br />
60
61<br />
28
JOHANN FRIEDRICH LEBERECHT REINHOLD<br />
1744 Neustadt/Orla – Gera 1807<br />
29<br />
Ein Mann und eine Frau an einem Tisch sitzend. Er reicht ihr einen Blütenstengel,<br />
sie, eine Handarbeit und Schere in den Händen haltend, blickt ihn an.<br />
Gouache, auf Bütten. 47,5:38,5 cm. – Verso an den Rändern Reste einer alten Verklebung.<br />
Literatur: Ausst. <strong>Katalog</strong>: Heinrich Reinhold. Der Landschaft<br />
auf der Spur. Hrsg. von A. Stolzenburg, M. Bertsch und<br />
H. Mildenberger. Hamburg/Weimar, 2018, Farbabb. S. 16.<br />
Zu unserem Doppelporträt schreibt hier Helmut Börsch-Supan:<br />
„Auch für abgelegene Orte wie die Reußischen Residenzen<br />
gilt, wenigstens in der Oberschicht, das Diktat der Mode, das<br />
die Porträtmaler zur Anpassung ihres Stiles zwingt. Bürgerliche<br />
Kreise konnten sich dem eher entziehen. Das scheint bei einem<br />
Doppelbildnis, einer jüngeren mit Schneiderarbeit beschäftigten<br />
Frau und einem älteren Mann der Fall zu sein. Die Einzelheiten<br />
sind zum Teil schwer zu erkennen. Ein zur Abstraktion neigendes<br />
Denken bestimmt die Bildarchitektur. Was auffällt, ist<br />
die bei der Frau bis zum Äußersten getriebene Genauigkeit in<br />
der Wiedergabe der kleinteilig gemusterten Stoffe. Sie hat an<br />
ihrem Brusttuch Maiglöckchen befestigt und er hält ihr einen<br />
kleinen Zweig mit verdorrten Blättern entgegen. Dazwischen<br />
verläuft die motivisch nicht zu begründende Grenze zwischen<br />
Jugend und Alter. Damit erhält auch die geöffnete Schere einen<br />
Sinn.“<br />
Reinhold wurde durch den Zeitzer Maler Johann Gottfried<br />
Krippendorf (Geb. und Todesdat. unbek.) ausgebildet. Seit etwa<br />
1773 lebte er in Gera, wo er sich vor allem als Porträtmaler<br />
thüringischer Bürgerfamilien und des Adels einen Namen<br />
machte, „wobei seine Ehrlichkeit am Häßlichen und Grotesken<br />
keineswegs vorübergeht, und sein Humor oft ergötzlich zum<br />
Ausdruck kommt.“ (zitiert aus: Thieme-Becker, Bd. 28, S. 133).<br />
Nach dem Brand seines Hauses zog er 1780 vorübergehend von<br />
Gera nach Schleiz, wo er sich ebenfalls erfolgreich als Maler betätigte.<br />
1782-1783 hielt er sich in Neustadt auf, dann kehrte er<br />
nach Gera in sein wiederaufgebautes Haus zurück. Hier erhielt<br />
er mehrfach Aufträge von Graf Heinrich XXX. von Reuß-Gera<br />
und verwandten Fürstenhöfen. So unternahm er Reisen an<br />
reußische, thüringische und fränkische Fürstenhöfe sowie<br />
zu den Stolbergischen Harzschlössern, um seine Dienste als<br />
Porträtmaler anzubieten. Drei seiner Söhne, Friedrich Philipp<br />
(1779-1840), Gustav (1798-1849) und Heinrich (1788-1825)<br />
wurden ebenfalls Maler.<br />
Reinholds Arbeiten befinden sich u. a. im Rokoko-Museum im<br />
Belvedere bei Weimar und im Städtischen Museum in Gera.<br />
62
63<br />
29
HEINRICH REINHOLD<br />
1788 Gera – Rom 1825<br />
Olevano; Hügellandschaft mit Baumbewuchs in der Serpentara.<br />
30<br />
Bleistift, auf Bütten mit Wasserzeichen: Vogel auf Dreiberg im Kreis, links unten bezeichnet und datiert<br />
„Olevano den 11ten Sept. 24.“. 26,7:38,3 cm. Verso: Vier Studien einer stehenden jungen Frau in der Tracht von Olevano.<br />
Bleistift, rechts unten ganz dünn mit Bleistift signiert, datiert und bezeichnet „Heinrich Reinhold … Aug 24 in Olevano“.<br />
Die Studien auf der Rückseite der Zeichnung scheinen nach vorne durch.<br />
Horizontale Mittelfalte, vereinzelte kleine Stockflecken, sorgfältig, ca. 5,5 cm langer, restaurierter Einriß im Oberrand.<br />
Vergleichsliteratur: Ausst. <strong>Katalog</strong>: Heinrich Reinhold<br />
(1788-1825). Italienische Landschaften. Gera 1988, Nrn. 159-163,<br />
Abb. S. 243-247. Einen nahezu identischen Landschaftsausschnitt<br />
in der Serpentara bei Olevano mit dem kleinen Wäldchen,<br />
hat Reinhold bereits 1821, von nahezu demselben Standort<br />
aus, gezeichnet (vgl. op. cit. Nr. 75, Abb. S. 161); Ausst. <strong>Katalog</strong>:<br />
Heinrich Reinhold. Der Landschaft auf der Spur. Hrsg. von<br />
A. Stolzenburg, M. Bertsch und H. Mildenberger. Hamburg/<br />
Weimar 2018, Nrn. 53-78, Abb. S. 182-201. In einem „Sommeraufenthalte<br />
in Olevano Romano (1821, 1822, 1824)“ überschriebenen<br />
Kapitel widmet sich Nadine Brüggebors diesen Aufenthalten<br />
auf den Seiten 180-201 ausführlich.<br />
Ersten Unterricht erhielt Reinhold an der Dresdener Akademie.<br />
1807 übersiedelte er zu seinem Bruder und Förderer<br />
Friedrich Philipp Reinhold (1779-1848) nach Wien, wo er bis 1809<br />
die Akademie besuchte. Ein Aufenthalt in Paris folgte von<br />
1809-1814, danach wohnte er wieder in Wien. Hier begegnete<br />
ihm Joseph Anton Koch (1768-1839) und er verkehrte im<br />
Kreise von Friedrich Olivier (1791-1859). Nach einer Reise<br />
mit Ernst Welker (1788-1857) und Johann Christoph Erhard<br />
(1795-1822) zum Schneeberg bei Wien unternahm er mit seinem<br />
Bruder Friedrich Philipp und den bereits oben erwähnten<br />
Malerfreunden im gleichen Jahr eine längere Studienreise nach<br />
64
30<br />
Salzburg und in das Berchtesgadener Land. 1819 ging er mit<br />
Erhard nach Rom und verbrachte in den Jahren 1821, 1822<br />
und 1824 die Sommermonate in Olevano. 1824 lernte er in Rom<br />
Karl Friedrich Schinkel (1781-1841) kennen, der mehrere Ölstudien<br />
von ihm erwarb.<br />
Reinhold war vor allem Landschaftszeichner, malte aber seit<br />
1816 auch in Öl. Er pflegte engen Kontakt zu Julius Schnorr<br />
von Carolsfeld (1794-1872), Carl Wilhelm Götzloff (1799-1866),<br />
Adrian Ludwig Richter (1803-1884), Johann Heinrich Schilbach<br />
(1798-1851) u. a.<br />
65
31<br />
zugeschrieben<br />
GERHARDT WILHELM VON REUTERN<br />
1794 Rösthof bei Walk/Livland – Frankfurt am Main 1865<br />
Fünf nebeneinander stehende Hirsche.<br />
Feder in Grau, auf gelblichem Velin. 23,3:28,8 cm. – Verso: Studie eines männlichen Aktes. Bleistift.<br />
Rechte obere Ecke sorgfältig ergänzt, mit Reißnagellöchlein in den vier Ecken.<br />
Vergleichsliteratur: Ausst. <strong>Katalog</strong>: Gerhardt Wilhelm von<br />
Reutern 1794-1865. Drawings and Watercolours. London,<br />
Hazlitt, Gooden & Fox, 1978, Nr. 36 und 37; Gerhardt von<br />
Reutern. Hrsg. Vereinigung Malerstübchen Willingshausen e. V.<br />
Willingshäuser Hefte 4. Willingshausen, 1994, Nr. 20 (Zeichnung),<br />
25, 31, 33 (Radierungen).<br />
Gerhardt Wilhelm von Reutern ist mehrfach mit Johann<br />
Wolfgang von Goethe zusammengetroffen: 1815 auf den Arkaden<br />
des Heidelberger Schlosses, am 6. Januar 1818 in Jena,<br />
1827 und am 14. Mai 1830 in Weimar. Immer wieder standen sie<br />
auch in brieflichem Kontakt.<br />
66
67<br />
31
GERHARDT WILHELM VON REUTERN<br />
1794 Rösthof bei Walk/Livland – Frankfurt am Main 1865<br />
Junges Mädchen in lettischer Tracht; Dreiviertelfigur nach links.<br />
32<br />
Aquarell, 1831, auf cremefarbenem Velin, unten bezeichnet und datiert<br />
„Anne aus Kokenhoff Lemsal d 8ten März 1831“. 17,6:12,7 cm, auf Albumblatt montiert.<br />
Vergleichsliteratur: Gerhardt von Reutern. Hrsg.: Vereinigung<br />
Malerstübchen Willingshausen e. V. Willingshäuser Hefte 4.<br />
Willingshausen, 1994, Nr. 29, Farbabb. S. 24., Nr. 43 Porträt<br />
Hermann von Reutern, dat. „Lemsal d. 18ten März 1831“.<br />
Im Lebenslauf heisst es auf S. 7: 1830 Übersendung der „Arabeske“<br />
an Goethe; Aufenthalt in Weimar und Besuch Goethes<br />
(14. Mai); anschl. Reise – ohne die Familie – über Warschau<br />
nach Livland und Zarendorf (Carskoe selo); Audienz bei der<br />
Zarin Aleksandra Fedorovna (geb. Charlotte von Preußen) und<br />
Erwirkung der Erhöhung seiner Pension; Bekanntschaft mit den<br />
russischen Malern Utkin, Vorob’ev und Brjullov sowie erneute<br />
Begegnung mit dem Grafen Fedor Tolstoj; während des Winters<br />
Aufenthalt in Lemsal und Loddiger.<br />
Gerhardt Wilhelm von Reutern steht – zusammen mit Ludwig<br />
Emil Grimm – nicht nur am Beginn der bedeutenden Freiluftmalerkolonie<br />
in Willingshausen (Schwalm), sondern ist zugleich<br />
auch eine hochinteressante Persönlichkeit der europäischen<br />
Geistes- und Kulturgeschichte, die vor allem zwischen Deutschland,<br />
dem Baltikum und Rußland wichtige Brücken geschlagen<br />
hat.<br />
Lemsal ist eine ehemalige Hansestadt im Norden Lettlands und<br />
Zentrum des gleichnamigen Verwaltungsbezirks.<br />
Während des Studiums der Natur- und Militärwissenschaften<br />
an der Universität Dorpat 1810 nahm von Reutern auch<br />
Zeichenunterricht bei Carl August Senff (1770-1838). Die<br />
Aquarelltechnik studierte er 1824 am Genfer See bei dem<br />
Schweizer Aquarellmaler Gabriel Lory d. J. (1784-1846), der ihm<br />
Talent zur Landschaftsmalerei, vor allem auch „Farbensinn<br />
für die feinen Töne in der Natur, welche nicht gelernt, sondern<br />
gefühlt werden müssen“ bescheinigt. Im Hinblick auf Landschaftsdarstellungen,<br />
Tier- und Naturstudien kamen von<br />
Ludwig Emil Grimm (1790-1863) weitere Impulse. Seit 1825 und<br />
die folgenden Jahre hatte von Reutern sehr engen Kontakt zu<br />
Grimm, mit dem er in Willingshausen und Umgebung gemeinsam<br />
Landschaftsstudien nach der Natur betrieb. 1825 wurde<br />
von Reutern zum Ehrenmitglied der Wetterauischen Gesellschaft<br />
für die gesamte Naturkunde ernannt. In dieser Zeit der<br />
Zusammenarbeit entstanden auch Radierungen, einige davon<br />
zeigen Tiere. 1828 siedelte von Reutern nach Kassel über, um bei<br />
Johann Martin von Rohden (1778-1868) und anderen Kasseler<br />
Malern die Ölmalerei zu erlernen.<br />
Gerhardt Wilhelm von Reutern ist mehrfach mit Johann Wolfgang<br />
von Goethe zusammengetroffen: 1815 auf den Arkaden<br />
des Heidelberger Schlosses, am 6. Januar 1818 in Jena, 1827 und<br />
am 14. Mai 1830 in Weimar. Immer wieder wechselten sie auch<br />
Briefe.<br />
68
69<br />
32
FERDINAND RUSCHEWEYH<br />
1785 – Neustrelitz – 1846<br />
Perseus und Andromeda bei den Äthiopiern.<br />
33<br />
Kupferstich, 1829, nach Joseph Anton Koch (1768-1839), nach Asmus Jacob Carstens (1754-1798),<br />
auf Velin mit Wasserzeichen: A G F. 31,7:39,5 cm. – Insgesamt leicht stockfleckig.<br />
Provenienz: Sammlung August Riedinger, Augsburg, Lugt<br />
167; Sammlung Georg Denzel (1873-1959) und Dr. Friedrich<br />
Wilhelm Denzel, München (www.kunst-und-kultur.de, Sammlerstempel,<br />
Objekt Nr. 2394).<br />
Literatur: Nagler 67; Andresen 9.<br />
Nach Carstens Zeichnung, 1796, Feder über Graphit, rückseitig<br />
geschwärzt, 22,3:38,5 cm (Weimar, Kunstsammlungen, KK 656)<br />
malte Koch eine Aquarellkopie, die Ruscheweyh als Vorlage für<br />
seinen Kupferstich diente.<br />
Dr. Mareike Hennig, Frankfurt, der wir für Ihre Hilfe bei der<br />
<strong>Katalog</strong>isierung des Kupferstiches danken, führt dazu aus: „Es<br />
gibt noch eine weitere Zeichnung des Motives von Carstens, eine<br />
„Copie“ (wie sie hinten bezeichnet ist) sehr umrisshaft, auch in<br />
Feder, ebenfalls in Weimar. Da Fernow Carstens Zeichnung 1803<br />
mit nach Weimar nahm, muss Koch eine evtl. Kopie schon zuvor<br />
gemacht haben. Die Weimarer Zeichnung ist hinten geschwärzt,<br />
so dass sie als „Kopierblatt“ taugen würde, evtl. entstand so eine<br />
Vorlage für Koch, die er behielt. Sein eigenes Aquarell weicht<br />
jedoch im Format ab, so dass er schließlich „freihändig“ kopiert<br />
haben wird. Und das kann natürlich auch später sein.<br />
Der Berliner <strong>Katalog</strong> (Asmus Jacob Carstens / Joseph Anton<br />
Koch. Zwei Zeitgenossen der Französischen Revolution) vermutet<br />
auf Seite 101, Nr. 47: „Vielleicht nach einer anderen Fassung<br />
malte Koch eine Aquarellkopie (Thorvaldsen Museum) (...),<br />
Ferdinand Ruscheweyh führte einen Nachstich aus.“ Eine solche<br />
„andere“ Fassung ist nirgends überliefert. Dass Koch die<br />
Szene räumlich so ausgestaltet muss m. E. nicht auf ein Vorbild<br />
Carstens` zurückgehen. Lutterotti führt z. B. sieben Kopien von<br />
Koch nach Carstens an (aquarelliert mit Weißhöhungen und<br />
alle sehr bildhaft), in denen Koch Carstens Vorbilder deutlich<br />
ausgestaltet und mit Landschaftselementen oder Details im<br />
Eindruck verändert. (Für Uexküll 1811 angefertigt). Es sind<br />
dies: Sokrates im Korb, Das Gastmahl des Plato, Die Überfahrt<br />
des Megapenthes, Die Einschiffung des Megapenthes,<br />
Die Nacht mit ihren Kindern, Die Liebespaare mit Francesca<br />
und Paolo und Das goldene Zeitalter. Letzteres ist auch von<br />
Thorvaldsen noch einmal sehr ausformuliert wiedergegeben<br />
worden. Carstens eigenes Blatt – wohl sein letztes – ist hingegen<br />
nur eine zarte Umrisszeichnung.<br />
Zum Perseus-Blatt schreibt Lutterotti: „Während Carstens hier<br />
die Landschaft flüchtig andeutet, hat Koch diese auf seinem<br />
Aquarell vielfach verändert und bis ins einzelne ausgeführt.<br />
Koch, der nach dem Brief 32 vom 17.1.1815 an Langer sich einen<br />
Gegendruck vom Original gemacht hat, muss wohl auf ein verschollenes,<br />
ausgeführtes Blatt Carstens´ zurückgegriffen haben,<br />
das dann auch Ruschewey (sic!) als Unterlage für seinen Stich<br />
gedient hat.“ (S. 346, Nr. Z446).<br />
70
33<br />
Tatsächlich ist hier so viel hinzuerfunden, dass man die Komposition<br />
schon fast als Gemeinschaftswerk und nicht mehr als<br />
Kopie ausgeben muss. Doch gerade im Vergleich mit den anderen<br />
weiter ausgeführten Blättern, insbesondere dem „Goldenen<br />
Zeitalter“ (von Koch und von Thorvaldsen) und auch der „Überfahrt<br />
des Megapenthes“, in dem Koch noch inhaltliche Zugaben<br />
in Form von Attributen am Ufer macht, zeigt sich, dass Koch<br />
durchaus weitreichende Veränderungen in Carstens „Vorlagen“<br />
vornahm. Bei der „Überfahrt“ schreibt der Weimarer <strong>Katalog</strong><br />
(Asmus Jacob Carstens. Goethes Erwerbungen für Weimar)<br />
„Die Gebirgslandschaft des Hintergrundes ist von Koch hinzuerfunden<br />
und die Farbigkeit wie die Räumlichkeit deutlich gesteigert“.<br />
Ohne dies beweisen zu können, halte ich Kochs Ausarbeitung<br />
des „Perseus“ daher für eine eigenständige Weiterführung<br />
(keine Kopie nach einem verschollenen Blatt) einfach aus dem<br />
Grund, da er es – gerade in den Blättern für Uexküll mehrfach<br />
so gemacht hat. Ich könnte mir denken, dass Koch schon früh<br />
eine einfache Kopie vom Original anfertigte (geschwärzte Rückseite)<br />
die Ausarbeitung dann aber vielleicht erst Jahre später erfolgte.<br />
Evtl. sogar angeregt durch die bildhaften Ausführungen<br />
für Uexküll 1811.<br />
Wer Ruscheweyh beauftragt hat, kann ich nicht einmal raten.<br />
Wenn man davon ausgeht, dass Stiche entweder von berühmten,<br />
sehr alten, kanonischen Kunstwerken, oder neu entstandenen<br />
Bildern angefertigt wurden, spräche das dafür, dass Koch das<br />
Aquarell nicht vor 1808 anfertigte (als Ruscheweyh nach Rom<br />
kam). Zu dieser Zeit war die Landschaftsmalerei so weit auf dem<br />
Vormarsch, dass Goethe in Weimar Probleme bekam und eine<br />
„reine“ Carstens-Komposition ohne landschaftliche Ausgestaltung<br />
schwierig als Stich zu verkaufen gewesen wäre.“ (Email<br />
vom 5.11.2018).<br />
Größere Abb. siehe 2. Umschlagseite.<br />
71
EUGEN EDUARD SCHÄFFER (SCHEFFER)<br />
1802 – Frankfurt am Main – 1871<br />
34<br />
Hl. Euphrosyna.<br />
Kupferstich, um 1840, nach Edward Jakob von Steinle (1810-1886), auf aufgewalztem China.<br />
Darstellungsgröße 29,3:46 cm, Blattgröße 44:56,8 cm.<br />
Vorzüglich erhaltener Probedruck vor aller Schrift.<br />
Provenienz: Sammlung Heinrich Stiebel, Frankfurt am Main,<br />
Lugt 1367.<br />
Literatur: Nicht mehr bei Nagler; Weizsäcker-Dessoff, Kunst<br />
und Künstler in Frankfurt am Main im neunzehnten Jahrhundert.<br />
Bd. 1. Frankfurt/Main, 1907, S. 128; A.M. von Steinle,<br />
Edward von Steinle. Des Meisters Gesamtwerk in Abbildungen.<br />
Kempten/München, 1910, Abb. 182, S. 10. Abdruck vor aller<br />
Schrift.<br />
Als Vorlage für diesen seltenen Kupferstich diente Schäffer eine<br />
Sepiazeichnung Steinles, die seinerzeit von Frhr. Franz von<br />
Bernus erworben worden war.<br />
Schon 1823 trat Steinle in die Wiener Akademie ein, seit 1826<br />
wurde er von Leopold Kupelwieser (1796 - 1862) unterrichtet.<br />
Zwischen 1828 und 1833 hielt er sich zweimal in Rom auf und<br />
fand dort Anschluss an den Kreis der Nazarener (Friedrich<br />
Overbeck, 1789-1869; Philipp Veit, 1793-1877; Josef von Führich ,<br />
1800-1876). 1829 arbeitete er zusammen mit Overbeck an der<br />
Portiuncula bei Assisi. 1833 wieder in Wien, 1837 folgte eine<br />
Reise nach Frankfurt am Main und an den Rhein. 1839 übersiedelte<br />
er nach Frankfurt und fand Anschluss an den Nazarener-<br />
Kreis um Veit. 1850 wurde er Professor für Historienmalerei am<br />
Städelschen Kunstinstitut.<br />
Der vor allem als hervorragender Reproduktionsstecher nach<br />
Peter von Cornelius (1783-1867) und Raphael Sanzio (1493-1520)<br />
geschätzte Schäffer war seit 1833 Lehrer am Städelschen Kunstinstitut,<br />
seit 1848 Professor. 1844/45 hielt er sich in Florenz und<br />
1852/53 in Rom auf.<br />
72
73<br />
34
CHRISTIAN GEORG SCHÜTZ D. Ä.<br />
1718 Flörsheim am Main – Frankfurt am Main 1791<br />
35<br />
Blick in eine gebirgige Rheinlandschaft mit einem ummauerten Städtchen am diesseitigen Ufer.<br />
Radierung, 1783, gegenseitig nach dem Gemälde von 1766, auf Bütten mit undeutlichem Wasserzeichen. 24,2:31,7 cm.<br />
Literatur: Nagler aus 1-2; Gwinner aus 3-4; Andresen aus 1-2;<br />
Le Blanc aus 1-2. – Vorzüglicher Abdruck mit allseitigem Rändchen<br />
um die Plattenkante.<br />
Schütz schuf nur 5 Radierungen, die sämtlich selten sind!<br />
Das Gemälde, das Schütz als Vorlage zu der oben beschriebenen<br />
Radierung diente, befindet sich heute im Landesmuseum in<br />
Mainz (Inv. Nr. 335).<br />
Die Begabung von Schütz, der in einer unmusischen Umgebung<br />
aufwuchs, wurde zuerst von dem angesehenen und gebilde ten<br />
Frankfurter Bürger Johann Friedrich von Uffenbach (1687-1769)<br />
erkannt und gefördert. 1731 begann Schütz eine Lehre bei dem<br />
Fassadenmaler Johann Hugo Schlegel (1679-1763) und war<br />
anschließend mehrere Jahre an den Höfen von Hohenzollern-<br />
Hechingen und Nassau-Saarbrücken tätig. Um 1743/44 ließ sich<br />
Schütz in Frankfurt am Main nieder und heiratete 1744 Anna<br />
Maria Hochecker, die Tochter des Bildhauers Servatius Hochecker<br />
(1701-1734). Durch Aufträge von außerhalb war Schütz<br />
häufig auf Reisen: 1749/50 in Braunschweig und Salzdahlum,<br />
1751 und 1753 in Kassel; 1759 und 1761 in der Schweiz; 1763/64<br />
war er Vorsteher der Malergesellschaft in Frankfurt am Main<br />
und gründete 1767 eine Zeichenschule, die aber wegen mangelnder<br />
Unterstützung seitens der Stadt Frankfurt nicht lange<br />
bestand.<br />
74
75<br />
35
CARL SCHWALBACH<br />
1885 Mainz – München 1983<br />
36<br />
An Aphrodite.<br />
Titel- und Schlußblatt, beide mit großer figürlicher Vignette. Sowie handschriftliches Inhaltsverzeichnis<br />
und 9 (von 11) Federzeichnungen in schwarzer Tusche, über Bleistift, teils mit zarten Aquarellfarben laviert, 1909,<br />
auf chamoisfarbenem Velin, 9 Zeichnungen der Folge fest in Orig.-Passepartouts montiert,<br />
diese rechts oben signiert „Carl Schwalbach“, teils datiert „09“, jeweils links unten betitelt.<br />
Darstellungsgröße 28/35,5:24,5/28,5 cm, Blattgröße 59:48 cm.<br />
Die losen Blätter leicht fleckig. Die grüne Leinen-Mappe gering fleckig und Rücken überklebt.<br />
Die Titel der Folge lauten nach dem kalligraphierten Inhaltsverzeichnis:<br />
Amazone, Entführung, Lenzerwachen, Schwesternliebe, Leda,<br />
Der reiche Verehrer, Frevndinen /sic!), Cvpidos Ziel und Wvndergarten.<br />
Die Titel der beiden fehlenden Zeichnungen lauten:<br />
Liebespiel und Feverwerk.<br />
76
36<br />
Literatur: Thomas Matuszak, … ruhelos und ohne des Schlafes<br />
Geschenk, 2000. – Die hocherotische Folge wurde 1913 in einer<br />
Auflage von 110 Exx. in München im Delphin-Verlag herausgegeben.<br />
Schwalbach war Schüler der Münchner Kunstschule und Akademie<br />
unter Gabriel von Hackl (1843-1926) und Carl Marr<br />
(1858-1936) und war in München als Maler und Illustrator der<br />
„Jugend“ und „Meggendorfer Blätter“ tätig. Er gehörte 1911<br />
neben Paul Klee (1879-1940), Max Oppenheimer (1886-1954),<br />
Egon Schiele (1890-1918), Edwin Scharff (1887-1955),<br />
Carl Kaspar (1879-1956), Alfred Kubin (1877-1959) u. a. zu den<br />
Gründungsmitgliedern der Künstlervereinigung „SEMA“. Er<br />
ist mit Werken in Museen von Darmstadt, Mainz, München,<br />
Nürnberg, Pforzheim und Schleißheim vertreten.<br />
77
36<br />
78
79<br />
36
ELISABETTA SIRANI<br />
1638 – Bologna – 1665<br />
37<br />
Joseph mit dem Christusknaben und zwei Engeln.<br />
Pinsel in Braun, über Rötel, auf Bütten mit Fragment des Wasserzeichens:<br />
3 übereinander liegende Kreise, mit Buchstaben in deren Innerem. 16,1:12,7 cm. – Rechte obere Ecke ergänzt.<br />
Provenienz: Sammlung AJ (ligiert) mit Glöckchen, nicht bei Lugt.<br />
Vergleichsliteratur: Ausst. <strong>Katalog</strong>: J. Bentini/V. Fortunati: Elisabetta<br />
Sirani „pittrice eroina“ 1638-1665, Bologna 2005, Nr. 30,<br />
Farbabb. S. 187; <strong>Galerie</strong> Joseph <strong>Fach</strong>, Frankfurt a. M., 2013,<br />
Kat. 102, „Frauenkunst – Kunst von Frauen“, Kat.-Nr. 323 mit<br />
farb. Abb.<br />
Die vorliegende Zeichnung ist ein charakteristisches Beispiel<br />
für die Pinseltechnik der Malerin und steht einem Gemälde in<br />
der Pinacoteca Comunale in Faenza nahe (Inv. Nr. 150), wenn<br />
auch die Malerin die Komposition im vorliegenden Fall um zwei<br />
Engel und einen architektonischen Hintergrund erweiterte.<br />
Die bereits im Alter von 27 Jahren unter mysteriösen Umständen<br />
verstorbene Malerin und Kupferstecherin wurde, wie ihre<br />
beiden Schwestern, von ihrem Vater Giovanni Andrea Sirani<br />
(1610-1670), einem der bedeutendsten Maler seiner Zeit, ausgebildet<br />
und arbeitete dann in dessen Werkstatt. Darüber hinaus<br />
orientierte sie sich am Spätwerk Guido Renis (1575-1642). Bald<br />
zählte sie zu den prominentesten Künstlern/innen Bolognas und<br />
konnte auch Kunden außerhalb ihrer Heimatstadt und Italiens<br />
gewinnen. Sie gründete in Bologna eine „weibliche Akademie“<br />
nur für Frauen, um den Missstand, da diese nicht an den offiziellen<br />
Kunstakademien studieren durften, zu beheben. Sirani<br />
hinterließ etwa 170 Werke, überwiegend Altargemälde, Zeichnungen<br />
und Radierungen, häufig in kleinem Format.<br />
„Trotz widersprüchlicher Auffassungen über das Wesen der<br />
Frau ist Elisabetta Sirani von ihren Zeitgenossen – von Künstlern<br />
ebenso wie von hochgestellten Auftraggebern und Sammlern<br />
– bewundert und verehrt worden. Ihr Atelier war geistiger<br />
und geselliger Mittelpunkt Bolognas. Die Künstlerin stand<br />
auch in Verbindung mit Musikern und Literaten ihrer Zeit, sie<br />
selbst war eine geachtete Harfinistin und Lyrikerin.“ (Zit aus:<br />
Ausst. <strong>Katalog</strong>: Das verborgene Museum I. Dokumentation der<br />
Kunst von Frauen in Berliner öffentlichen Sammlungen, Berlin<br />
1987, S. 67).<br />
80
81<br />
37
LUDWIG PHILIPP STRACK<br />
1761 Haina/Hessen – Oldenburg 1836<br />
38<br />
Felsental bei La Cava mit großer Pinie, um 1805/06.<br />
Graphitstift, mit Sepia laviert, auf bräunlichem Bütten mit Wasserzeichen: Wappenschild mit den Buchstaben D & C B<br />
(ähnlich Heawood 3267 und 3268; Paris um 1797). 63,7:49,1 cm. – Papier leicht vergilbt.<br />
Vergleichsliteratur: S. Francksen-Liesenfeld, Der Landschaftsmaler<br />
Ludwig Philipp Strack 1761-1836, Biographie und Werkverzeichnis,<br />
Veröffentlichungen der Oldenburgischen Landschaft,<br />
Bd. 14, 2008, G 42 und G 58.<br />
Gutachten: Dr. Silke Francksen-Mansfeld, Hamburg, vom<br />
10.12.2017.<br />
In ihrem ausführlichen Gutachten schreibt Dr. Silke Francksen-<br />
Liesenfeld u. a.:<br />
„Die Zeichnung stellt einen nicht genau bestimmbaren Landschaftsausschnitt<br />
dar, den Strack 1806 und 1818/19 in zwei<br />
Wandgemäldezyklen malerisch umgesetzt hat.<br />
Die erste Fassung in Öl, die zu einem ursprünglich vermutlich<br />
neunteiligen, nicht vollständig erhaltenen Zyklus mit Ansichten<br />
aus Italien gehört, hatte Strack 1806 für das Stadtpalais des<br />
Kaufmanns und Konferenzrates Georg Friedrich Baur an der<br />
Pallmaille in Altona geschaffen und befindet sich heute im Besitz<br />
des Altonaer Museums in Hamburg. Der Bildtitel „Felsental<br />
bei La Cava“ ist in einer zeitgenössischen Quelle zu der leicht<br />
variierten Fassung überliefert, die zu dem 1818/19 entstandenen<br />
Wandgemäldezyklus im sogenannten „Strack-Saal“ des Oldenburger<br />
Schlosses – heute Landesmuseum für Kunst und Kulturgeschichte<br />
– gehört. Die sechsteilige Ansichtenfolge mit Veduten<br />
aus Italien ist als Bestandteil einer Innenraumgestaltung für den<br />
ehemaligen herzoglichen Speisesaal in situ erhalten und wurde<br />
zwischen März 1818 und Februar 1819 von Strack im Auftrag<br />
Herzog Peter Friedrich Ludwigs ausgeführt.<br />
Protagonist in beiden Panneaus ist die mächtige Pinie, deren<br />
Ast- und Kronenbildungen sich mit der Darstellung in der<br />
Zeichnung bis in kleine Details decken. Aber auch einzelne, in<br />
der Zeichnung dargestellte Bäume lassen sich in den Gemälden<br />
als Baumindividuen wiederfinden, ebenso die in den Dunst<br />
der Ferne getauchte Krone einer zweiten kleineren Pinie im<br />
Hintergrund. Auch den bereits in der Zeichnung berücksichtigten<br />
Lichteinfall von rechts hat Strack in beide Wandbilder übernommen.<br />
82
83<br />
38
38<br />
In beiden malerischen Versionen wird dem Betrachter die harmonische<br />
Verbindung von Vegetation und Architektur in Form<br />
einer gemauerten Brücke mit Torbogen vor Augen geführt, die<br />
einen plätschernden Fluss überspannt und aufgrund nachweislich<br />
im Hinterland Salernos ehemals befindlicher ähnlicher<br />
Brückenkonstruktionen, vermutlich ebenfalls auf ein topographisches<br />
Motiv zurückgehen.<br />
Strack hatte im Jahr 1790 zusammen mit dem Landschaftszeichner<br />
Christoph Heinrich Kniep (1755-1825) in dem kleinen,<br />
nördlich von Salerno gelegenen Städtchen La Cava di Tirreni<br />
Quartier genommen, um von dort aus, die wegen ihres malerischen<br />
Charakters bei Künstlern und Italienreisenden gleichsam<br />
beliebte Gegend mit dem Zeichenstift zu durchwandern.<br />
Die nicht datierte und signierte Zeichnung dürfte demnach auf<br />
Naturstudien beruhen, die Strack damals während seiner Suche<br />
nach lohnenden Motiven in der zerklüfteten und von zahlreichen<br />
Wasserläufen durchzogenen Umgebung La Cavas aufgenommen<br />
hat. Die Zeichnung dürfte als Vorbereitung auf eine<br />
malerische Umsetzung um 1805/06 entstanden sein.<br />
Ludwig Philipp Stracks Mutter entstammte der großen Künstlerfamilie<br />
Tischbein. Sein eng mit ihm befreundeter Vetter war<br />
der berühmte Historien- und Porträtmaler Johann Heinrich<br />
Wilhelm Tischbein (1751-1829), der seine letzten 21 Lebensjahre<br />
ebenfalls am Hof des Oldenburger Herzogs Peter Friedrich Ludwig<br />
verbracht hat.<br />
Strack begann seine Malerausbildung 1773 in Kassel bei seinem<br />
Vetter, dem Kasseler Hofmaler J. H. Tischbein d. J. und wurde<br />
1775 einer der ersten Schüler der Kasseler Kunstakademie.<br />
1783 erhielt er seine erste Anstellung als Oldenburger Hofmaler<br />
des Prinzen und späteren Herzogs Peter Friedrich Ludwig. 1784<br />
verließ er auf eigenen Wunsch den Oldenburger Hof und kehrte<br />
nach Wanderjahren in Hamburg und Lübeck 1786 nach Kassel<br />
zurück, wo er vornehmlich als Kopist seinen Lebensunterhalt<br />
bestritt.<br />
Mit einem Stipendium vom Kasseler Hof und dem Wunsch sich<br />
als Landschaftsmaler auszubilden, begab sich Strack von 1789<br />
bis 1794 nach Italien (Rom, Neapel, einjährige Reise als Vedutenmaler<br />
einer Reisegruppe nach Sizilien, Kalabrien und Mal-<br />
84
38<br />
ta), wo er mit dem Landschaftsmaler Jakob Philipp Hackert und<br />
dem Landschaftszeichner Christoph Heinrich Kniep zusammentraf,<br />
die seinen künstlerischen Werdegang maßgeblich beeinflusst<br />
haben.<br />
Als ehemaliger Kasseler Stipendiat zur Anbietung seiner Dienste<br />
an den Kasseler Hof verpflichtet, wurde er 1796 nach seiner<br />
Heirat mit seiner Cousine Magdalena Margarethe Tischbein<br />
gegen seinen Wunsch zum Hofmaler Landgraf Wilhelm IX.<br />
von Hessen-Kassel ernannt. Nach einer zunächst unerfüllt gebliebenen<br />
Bitte um Abschied ging Strack während eines ihm<br />
schließlich genehmigten Urlaubes 1798 an den Herzoglich-Oldenburgischen<br />
Hof nach Eutin, der ihn spätestens 1803, als die<br />
Residenz nach Oldenburg verlegt wurde und auch Strack dorthin<br />
übersiedelte, ein zweites Mal als Hofmaler anstellte. 1808<br />
folgte ihm sein Vetter J. H. Wilhelm Tischbein, der als Hofmaler<br />
in der Sommerresidenz Eutin ansässig wurde.<br />
Während der französischen Besatzungszeit und Emigration des<br />
Oldenburger Herzogs nach Russland, lebte Strack mit seiner Frau<br />
und seinen fünf Kindern im dänischen Altona, wo er bei Mitgliedern<br />
des Hamburger Großbürgertums Auftraggeber fand.<br />
1814 ging er zurück nach Eutin. 1815 wurde ihm der Wunsch<br />
nach erneuter Anstellung am Hof in Oldenburg erfüllt, wo er<br />
als Hofmaler unter Herzog Peter Friedrich Ludwig und ab 1829<br />
unter dessen Sohn und Nachfolger Großherzog Paul Friedrich<br />
August bis zu seinem Tod im Jahr 1836 gelebt hat.<br />
Das künstlerische Oeuvre Stracks umfasst Gemälde, Zeichnungen,<br />
Lithographien, Kupferstiche und Radierungen, die neben<br />
Darstellungen des Schlossparks Wilhelmshöhe, des Holsteiner<br />
Seengebietes und Ansichten aus dem Herzogtum Oldenburg<br />
vornehmlich italienische Veduten und Ideallandschaften zum<br />
Bildthema haben und in denen er bis in die Schaffenszeit auf<br />
seine in Italien kurz vor der Jahrhundertwende entstandenen<br />
Naturstudien zurückgriff.<br />
Sein in der Kunstgeschichtsschreibung bis heute nicht ausreichend<br />
gewürdigtes Werk zeichnet ihn als bedeutendsten Nachfolger<br />
Jakob Philipp Hackerts (1737-1807) in Deutschland aus.“<br />
Wir danken Dr. Silke Francksen-Mansfeld, Hamburg, für ihre<br />
Hilfe bei der <strong>Katalog</strong>isierung unserer Zeichnung.<br />
85
ALAJOS (ALOIS) STRÓBL VON LIPTÓUJVÁR<br />
1856 Királylehota/Nordungarn – Budapest 1926<br />
39<br />
Baronin Szilvássy Karola Elemérné Bornemisza (1876-1948).<br />
Büste, den Kopf nach rechts gewandt. Blei- und Buntstift, auf strukturiertem chamoisfarbenem Papier,<br />
rechts unten bezeichnet, datiert und signiert „Kolozsvar October 14 – 1915 …. Strobl Bornemisza Carola…“. 40,8:29,5 cm.<br />
Porträtstudie, möglicherweise für eine bildhauerische Arbeit. Karola Bornemisza ist auf der Zeichnung in der<br />
Schwesterntracht des Roten Kreuzes zu sehen. – Bei der Ortsbezeichnung Kolozsar handelt es sich um Klausenburg/Ungarn.<br />
Der aus der heutigen Slowakei stammende Künstler deutscher<br />
Herkunft besuchte zunächst das Gymnasium. 1874<br />
begann er seine künstlerische Ausbildung an der Wiener<br />
Kunstge werbeschule unter Ferdinand Laufberger (1829-1881).<br />
Von 1876-1880 war er Schüler des Bildhauers Caspar von<br />
Zumbusch (1830-1915). Neben Zumbusch beeinflusste ihn auch<br />
der Bildhauer Victor Tilgner (1844-1896). Seinen ersten Erfolg<br />
errang der junge Künstler 1878 mit einer Perseus-Statue,<br />
1880 durfte er zwei Komponistenstatuen der Budapester Oper<br />
gestalten. Er war um die Wende zum 20. Jahrhundert einer<br />
der meistbeschäftigten ungarischen Künstler. 1881 ging Stróbl<br />
nach Pest und lehrte hier ab 1885 an der Meisterschule für Bildhauerei,<br />
deren Leitung er 1920 übernahm. In der Folge gewann<br />
er einige wichtige Preise.<br />
Stróbl war ein bedeutender Vertreter des ungarischen Späthistorismus<br />
bzw. Wiener Neobarock.<br />
86
87<br />
39
HANS THOMA<br />
1839 Bernau/Schwarzwald – Karlsruhe 1924<br />
40<br />
Die römische Campagna mit der Via Appia.<br />
Öl, über schwarzer Feder, auf Malpappe, rechts unten bezeichnet, datiert und signiert<br />
“Via Appia 23 April 1880 HThom(a)”. 34,8:53,5 cm.<br />
Mit kleinen Retuschen.<br />
Provenienz: Sammlung Simon Ravenstein, Frankfurt a. M.<br />
Literatur: H. Thode, Thoma. Des Meisters Gemälde, Stuttgart/<br />
Leipzig, DVA, 1909, Abb. S. 156 unten; Ausst. <strong>Katalog</strong>: Hans<br />
Thoma, Wanderer zwischen den Welten. Baden-Baden, 2017/18,<br />
Farbabb. S. 70/71.<br />
Auf S. 66 dieses <strong>Katalog</strong>es heißt es: „Sechs Jahre nach seiner<br />
ersten Italienfahrt konnte Thoma im Frühjahr 1880 gemeinsam<br />
mit seiner Frau Cella eine weitere Reise in das Sehnsuchtsland<br />
antreten. Finanziell unterstützt durch seinen Sammler und<br />
Förderer, dem englischen, in Frankfurt geborenen Kaufmann<br />
Charles Minoprio, trat er eine Grand Tour an, die die Hauptziele<br />
der ersten Reise wieder aufnahm und um Neapel und Kampanien<br />
im Süden und den Gardasee im Norden erweiterte. Im Auftrag<br />
Minoprios fertigte Thoma Gemälde von zuvor festgelegten,<br />
klassischen Motiven der Regionen des Landes. Typische Exempel<br />
für Thomas Arbeit an diesen Bildthemen sind die Ölstudie<br />
Römische Campagna (Abb. S. 70), sowie das Aquarell mit einer<br />
Ansicht des rauchenden Vesuvs (Abb. S. 72)…“.<br />
Thoma begann nach Lehren als Lithograph und Anstreicher<br />
in Basel sowie als Uhrenschildmaler in Furtwangen, die er<br />
nicht beendete, autodidaktische Mal- und Zeichenstudien. 1859<br />
studierte er an der Karlsruher Kunstakademie bei Ludwig Des<br />
Coudres (1820-1878) und Johann Wilhelm Schirmer (1807-1863).<br />
1868 reiste er nach Aufenthalten in Basel und Düsseldorf mit<br />
Otto Scholderer (1834-1902) nach Paris. 1870-1877 lebte er in<br />
München, wo er mit dem Leibl-Kreis verkehrte. Sein erster<br />
Aufenthalt in Italien war 1874, ein zweiter 1880. 1876 zog er<br />
nach Frankfurt am Main. Nach sehr zögerlich einsetzendem Erfolg<br />
– seinen ersten größeren Auftrag hatte er 1882, 1890 seine<br />
erste erfolgreiche Sonderausstellung in München – führte seine<br />
steigende Bekanntheit 1898 zur Professur an der Karlsruher<br />
Kunstakademie und 1899 zum Direktorat der dortigen Kunsthalle.<br />
Dieses Amt hatte er bis 1919 inne.<br />
88
89<br />
40
HANS THOMA<br />
1839 Bernau/Schwarzwald – Karlsruhe 1924<br />
41<br />
Landschaft mit dem rauchenden Vesuv.<br />
Aquarell und Deckweiß, über Bleistiftskizze, auf bräunlichem festem Zeichenpapier, rechts unten monogrammiert,<br />
bezeichnet und datiert „HTh (ligiert) Pompei 80“. 35:46,8 cm. – Verso an den Ecken Reste alter Verklebung.<br />
Literatur: H. Thode, Thoma. Des Meisters Gemälde. Stuttgart/Leipzig,<br />
DVA, 1909, Abb. S. 152 unten; Ausst. <strong>Katalog</strong>:<br />
Hans Thoma, Wanderer zwischen den Welten. Baden-Baden,<br />
2017/18, Farbabb. S. 72/73.<br />
Auf S. 66 dieses <strong>Katalog</strong>es heißt es: „Sechs Jahre nach seiner<br />
ersten Italienfahrt konnte Thoma im Frühjahr 1880 gemeinsam<br />
mit seiner Frau Cella eine weitere Reise in das Sehnsuchtsland<br />
antreten. Finanziell unterstützt durch seinen Sammler und<br />
Förderer, dem englischen, in Frankfurt geborenen Kaufmann<br />
Charles Minoprio, trat er eine Grand Tour an, die die Hauptziele<br />
der ersten Reise wieder aufnahm und um Neapel und Kampanien<br />
im Süden und den Gardasee im Norden erweiterte. Im<br />
Auftrag Minoprios fertigte Thoma Gemälde von zuvor festgelegten,<br />
klassischen Motiven der Regionen des Landes. Typische<br />
Exempel für Thomas Arbeit an diesen Bildthemen sind die<br />
Ölstudie Römische Campagna (Abb. S. 70), sowie das Aquarell<br />
mit einer Ansicht des rauchenden Vesuvs (Abb. S. 72)…“.<br />
Thoma begann nach Lehren als Lithograph und Anstreicher in<br />
Basel sowie als Uhrenschildmaler in Furtwangen, die er nicht<br />
beendete, autodidaktische Mal- und Zeichenstudien. 1859<br />
studierte er an der Karlsruher Kunstakademie bei Ludwig<br />
Des Coudres (1820-1878) und Johann Wilhelm Schirmer<br />
(1807-1863). 1868 reiste er nach Aufenthalten in Basel und<br />
Düsseldorf mit Otto Scholderer (1834-1902) nach Paris.<br />
1870-1877 lebte er in München, wo er mit dem Kreis um<br />
Wilhelm Leibl (1844-1900) verkehrte. Sein erster Aufenthalt<br />
in Italien war 1874, ein zweiter 1880. 1876 zog er nach Frankfurt<br />
am Main. Nach sehr zögerlich einsetzendem Erfolg – seinen<br />
ersten größeren Auftrag hatte er 1882, 1890 seine erste erfolgreiche<br />
Sonderausstellung in München – führte seine steigende<br />
Bekanntheit 1898 zur Professur an der Karlsruher Kunstakademie<br />
und 1899 zum Direktorat der dortigen Kunsthalle. Dieses<br />
Amt hatte er bis 1919 inne.<br />
90
91<br />
41
GIOVANNI DOMENICO TIEPOLO<br />
1727 – Venedig – 1804<br />
42<br />
Einzug der heiligen Familie in die Stadt.<br />
Radierung, 1750/53, auf Bütten. 18,8:25 cm.<br />
Vorzüglicher Abdruck, teils mit etwas Plattenschmutz in den Facetten, rundum auf die Plattenkante geschnitten.<br />
Provenienz: Kunsthandlung Helmut Rumbler, Frankfurt a. M.<br />
Literatur: De Vesme 27; Rizzi 93, II, mit der Nummer 27 links<br />
unten, aber ohne Bezeichnung in der Platte. Schlußblatt der<br />
Folge „La Fuga in Egitto“; Succi 2013, II, 545, 68, II.<br />
Giovanni Domenico Tiepolo war der älteste Sohn Giovanni Battista<br />
Tiepolos (1696-1770). Wie sein jüngerer Bruder Lorenzo<br />
(1736-1776), war er Schüler, Gehilfe und Stecher in der Werkstatt<br />
seines Vaters. Es gelang ihm, sich zunehmend zu emanzipieren,<br />
blieb aber lange im Schatten seines berühmten Vaters.<br />
Später wurde er zunehmend gleichberechtigter Mitarbeiter,<br />
blieb gleichwohl lange Nachahmer seines Vaters. Erst 1747 gelang<br />
es ihm, sich mit 14 Gemälden zu den Stationen des Kreuzweges<br />
im Oratorium von San Paolo als selbstständiger Maler<br />
durchzusetzen. Diese kleinformatigen Darstellungen sind von<br />
historischem Interesse, weil in der Zeit ihrer Entstehung Christi<br />
Weg zum Kreuz in Rom zu einer besonderen Andachtsform erhoben<br />
wurde, und weil Domenicos Zyklus der erste dieser Art in<br />
Venedig war. Andere eigenständige Arbeiten gibt es im Kaisersaal<br />
und im Treppenhaus der Würzburger Residenz, wo er seinem<br />
Vater in den Jahren 1750 bis 1753 half. Die Folge der Radierungen<br />
„Flucht nach Ägypten“ ist noch am Hofe von Karl<br />
Philipp von Greiffenklau, Bischof von Würzburg und Herzog von<br />
Franken ausgeführt und 1753 vollendet worden.<br />
Nach dem Tode seines Vaters kehrte Domenico Tiepolo Ende<br />
1770 nach Venedig zurück. In den ihm noch verbleibenden<br />
30 Jahren, schuf er vornehmlich säkulare und religiöse Bilder<br />
sowie zahlreiche Radierungen.<br />
92
93<br />
42
JOHANN HEINRICH TISCHBEIN D. Ä., GENANNT „KASSELER TISCHBEIN“<br />
1722 Haina – Kassel 1789<br />
43<br />
Kassel, Blick von der Baustelle des neuen Schlosses über die Fulda und das jenseitige Ufer auf den dahinter liegenden Höhenzug.<br />
Pinsel und Feder in Schwarz und Grau, über Bleistift, mit schwarzer Tuschlinie umrandet, auf Bütten mit Wasserzeichen:<br />
C & I Honig und großes bekröntes Lilienwappen, unten mittig mit brauner Feder signiert „Tischbein“. 23,9:38,3 cm.<br />
Mit einer Tektur im rechten Vordergrund.<br />
Provenienz: Sammlung Rosenstock, Kassel.<br />
Ab 1786 entstand in mehreren Bauetappen Schloss Wilhelmshöhe.<br />
Parallel zur Umgestaltung der barocken Parkanlage<br />
in einen englischen Landschaftsgarten entwickelte Landgraf<br />
Wilhelm IX., der spätere Kurfürst Wilhelm I., das Schlossprojekt.<br />
Der angestrebte erhabene und würdevolle Charakter des<br />
Parks sollte eine markante bauliche Entsprechung erhalten und<br />
das Schloss in das Gesamtkunstwerk Bergpark Wilhelmshöhe<br />
eingebunden werden.<br />
Vergleichsliteratur: Ausst. <strong>Katalog</strong>: Kassel trifft sich – Kassel<br />
erinnert sich in der Stadtsparkasse: Johann Heinrich Tischbein<br />
d. Ä. (1722-1789). Mit Beiträgen von E. Herzog, M. Heinz,<br />
A. Linnebach, W. Mogk, P. Tiegel u. Chr. Vanja. Kassel, Neue<br />
<strong>Galerie</strong>, 1989/90, Nr. 112-116. Die hier genannten Zeichnungen<br />
mit Kasseler Motiven sind 1782 bzw. 1783 entstanden und<br />
sie sind nur wenig größer als das hier vorliegende Blatt. Eine<br />
weitere Zeichnung dieser Art „Blick aus dem Landgrafenschloss<br />
auf die Aue mit der Orangerie“, 24:40,5 cm, wurde bei Sotheby’s,<br />
München am 8.12.1998, Lot-Nr. 21 versteigert.<br />
Die erste Ausbildung erhielt Tischbein 1736-1741 in Kassel beim<br />
Tapetenmaler Zimmermann und Johann Georg von Freese<br />
(1701-1775). 1741/42 stand er im Dienste kleinerer Fürstenhöfe,<br />
1743 ging er, finanziell unterstützt von Graf Johann Philipp<br />
Stadion, nach Paris und wurde Schüler von Carle van Loo<br />
(1705-1765). 1749 schloss sich eine Reise nach Venedig zu<br />
Giovanni Battista Piazetta (1682-1754) an. 1750-1751 weilte<br />
er in Rom. Nach der Rückkehr erfolgte im Jahre 1753 die<br />
Ernennung zum Hofmaler durch den Landgrafen Wilhelm VIII.<br />
von Hessen-Kassel, 1762 wurde er zum Professor am Collegium<br />
Carolinum in Kassel ernannt, 1776 Professor an der dortigen<br />
neugegründeten Akademie.<br />
Er gilt als bedeutendstes Mitglied der hochbegabten, über vier<br />
Generationen tätigen Malerfamilie Tischbein.<br />
94
95<br />
43
JOHANN HEINRICH TISCHBEIN D. Ä., GENANNT „KASSELER TISCHBEIN“<br />
1722 Haina – Kassel 1789<br />
44<br />
Venus und Amor.<br />
Feder in Braun, über Rötelskizze, grau laviert, auf Bütten mit Fragment eines Wasserzeichens. 19,6:15,6 cm.<br />
Verso: Venus mit Amor und einem Putto. Rötel, rechts oben mit brauner Feder nummeriert.<br />
Provenienz: Max Perl, Berlin, Auktion vom 7.09.1934; Süddeutsche<br />
Privatsammlung.<br />
Vergleichsliteratur: Ausst. <strong>Katalog</strong>: Johann Heinrich Tischbein<br />
d. Ä. (1722-1789). Kassel, Staatl. Kunstsammlungen und Stadtsparkasse<br />
Kassel, 1989/1990, Anhang A (verzeichnet nicht ausgestellte<br />
Gemälde und Zeichnungen Johann Heinrich Tischbeins<br />
d. Ä. im Besitz der Staatl. Kunstsammlungen Kassel),<br />
Nr. 54: Venus und Amor (Entstehung der roten Rose) um 1760.<br />
Graphit, 154:191 mm, bez. in Rötel: Diese zwei Stück sind nach<br />
Paris gekommen 1760. Inv. Nr. GS 1980/71. Dokumentarische<br />
Skizze; Jahreszahl unten abgeschnitten, das Blatt zeigte wohl<br />
ursprünglich zwei Szenen; Ausst. <strong>Katalog</strong>: 3 x Tischbein und<br />
die europäische Malerei um 1800. Kassel/Leipzig/München<br />
2005, vgl. Nrn. 8, 9, 10 und 11 mit Farbtafeln.<br />
Zusammen mit dem Bildhauer Johann August Nahl d. Ä.<br />
(1710-1781) und dem Architekten Simon Louis du Ry<br />
(1726-1799) ist es vor allem ihm zu verdanken, dass die Residenz -<br />
stadt Kassel in der Mitte des 18. Jahrhunderts zu einem Kunstzentrum<br />
von überregionaler Bedeutung wurde.<br />
96
97<br />
44
45<br />
CARL EMIL UPHOFF<br />
1885 Witten/Ruhr – Worpswede 1971<br />
Mädchenköpfe.<br />
Titelblatt und 5 aquarellierte Radierungen aus der von der<br />
Werkgemeinschaft Worpswede herausgegebenen Folge „Sechs Köpfe“ 1917/21;<br />
auf chamoisfarbenem Bütten, sämtlich signiert sowie auf dem Titelblatt nummeriert. 18,9:14,3 cm, bzw. je 22,8:17,7 cm.<br />
Titelblatt im rechten Rand angeschmutzt, einige Falten geglättet, ein Blatt mit Rostfleck im breiten Rand.<br />
Es fehlen: Original-Umschlag, Impressum und der Kopf, Nr. 4741, Nr. 30 von 50 Exx. Sehr selten!<br />
Provenienz: Sammlung PK im Hochoval, nicht bei Lugt.<br />
Literatur: Bestandskatalog Lindenau-Museum Altenburg, 2000,<br />
Nrn. 4734-4741.<br />
Carl Emil Uphoff, Bruder des Worpsweder Malers Fritz Uphoff<br />
(1890-1966) und Schwager der Malerin Lore Schill (1890-1968)<br />
erhielt zunächst seine Ausbildung im sogen. Folkwang-Kreis<br />
durch Christian Rohlfs (1849-1938). Auf Studienreisen nach<br />
Belgien, Holland und Frankreich bildete er sich weiter. In Paris<br />
fand er in Henri Matisse (1869-1954) einen Förderer. 1911<br />
trat er die Nachfolge im Atelier von Paula Modersohn-Becker<br />
(1876-1907) und Clara Westhoff (1878-1954) an und gründete<br />
zusammen mit seinem Bruder Fritz die „Werkgemeinschaft<br />
Worpswede“ mit dem Ziel, die Buchillustration im Sinne eines<br />
grafischen Gesamtkunstwerks zu reformieren. Er war ein sehr<br />
vielseitiger Künstler und betätigte sich als Maler, Graphiker,<br />
Bildhauer und Bühnenschriftsteller.<br />
98
99<br />
45
GEORG LUDWIG VOGEL<br />
1788 – Zürich – 1879<br />
46<br />
Helena Cornelius, verstorbene Tochter des Malers Peter von Cornelius, München 1829;<br />
Halbfigur, den Kopf nach links gewandt.<br />
Aquarell, Pinsel in Grau und Bleistift, auf Bütten, rechts oben Reste einer eigenhändigen Beschriftung nicht mehr lesbar,<br />
auf alten Sammlungsuntersatz montiert, dort von Vogel eigenhändig bezeichnet, signiert und datiert<br />
„Helena, verstorbene Tochter des Malers Peter von Cornelius. L. Vogel del. / München 1829.“ 21,1:22,2 cm.<br />
Literatur: Salomon Vögeli, Das Leben Ludwig Vogels, Kunstmalers<br />
von Zürich, in: Neujahrsblatt der Künstler-Gesellschaft<br />
Zürich 1881 (Ss. 3-38), 1882 (Ss. 3-43). Vögeli dokumentiert unsere<br />
Zeichnung an zwei Stellen: S. 12 (1882) heißt es: „Hätten<br />
wir doch ähnliche Aufzeichnungen über die Besuche Vogel’s in<br />
München, wo er mit Cornelius zusammentraf. Hier aber müssen<br />
wir uns mit dürftigen zufälligen Notizen begnügen. So erfahren<br />
wir, dass Vogel 1829 vier seiner Bilder auf die Ausstellung<br />
zu München gab, und da er in diesem Jahr sein Bild, Struthan<br />
Winkelried den Drachen erlegend, an Cornelius schenkte, so<br />
ist anzunehmen, er habe selbst die Ausstellung besucht. Sicher<br />
ist, dass er 1830 vier Wochen in München war. Damals schenkte er<br />
Cornelius seine Gouache „Appenzeller Wohnstube“ und zeichnete<br />
dessen 1833 gestorbene Tochter Helena.“ (Op. cit., S. 12, 1882).<br />
Hier irrt Vögelin, denn nach Vogels eigenhändiger Bezeichnung<br />
ist das Porträt Helenas bereits 1829 entstanden. In den Anmerkungen<br />
zitiert Vögelin aus einem Brief Vogels an Overbeck vom<br />
26. September 1833: „Bezeuge dem hochverehrten Meister meine<br />
innigste Theilnahme über den Verlust seiner guten Helena.<br />
Ich weiss, wie lieb ihm dieses Kind war. Eine leichte Zeichnung,<br />
die ich in München vor drei Jahren nach ihr machte, steht ihm<br />
jeden Augenblick zu Diensten, wenn er kein Porträt von der<br />
Seligen haben sollte.“ (Op. cit., S. 45, 1882).<br />
Georg Ludwig Vogel war der Sohn des Zuckerbäckers, Kaufmanns<br />
und liberalen Politikers David Vogel (1760-1849),<br />
1803 Mitglied des Großen und des Kleinen Rates, 1813<br />
Mitglied der Zürcher Künstlergesellschaft, 1826-1827 Präsident<br />
der Schweizerischen Künstlergesellschaft, der seinen Sohn früh<br />
im Zeichnen unterrichten ließ. Dennoch musste er erst eine<br />
Zuckerbäcker-Lehre absolvieren und im Geschäft des Vaters<br />
arbeiten. 1808 ging er schließlich zum Kunststudium an die<br />
Wiener Akademie. Gemeinsam mit den befreundeten Mitschülern<br />
Franz Pforr (1788-1812), Johann Friedrich Overbeck<br />
(1789-1869), Joseph Wintergerst (1763-1867), Joseph<br />
Sutter (1781-1866) und dem Zürcher Landsmann Johann<br />
Conrad Hottinger (1788-1828) schloss er sich dort, in Opposition<br />
zum Akademiebetrieb und orientiert am Idealkon-<br />
100
Januar bis August 1813 hielt er sich in Florenz auf, anschließend<br />
kehrte er nach Zürich zurück. Als Historien- und Genre maler<br />
lebte und arbeitete Vogel, auch nach seiner Heirat 1818 mit<br />
Elisabetha Wilhelmina Sulzer (1798-1835) aus Winterthur,<br />
im Haus seiner Eltern, dem „Oberen Schönenberg“ in Zürich.<br />
1819 kam er im Auftrag von Kronprinz Ludwig von Bayern nach<br />
München, wo er ab 1825 auch die Leitung der Akademie der<br />
Bildenden Künste übernahm und sich wiederholt in München<br />
aufhielt und an Ausstellungen teilnahm. 1822 reiste er zusammen<br />
mit Franz Hegi (1774-1850) nach Paris, 1824 weilte er in<br />
Stuttgart, 1829, 1830, 1832, 1856 und 1858 in München und wiederholt<br />
in Mailand. 1830 zeigte er einige Arbeiten auf einer Ausstellung<br />
in München, 1831 beteiligte er sich an einer Ausstellung<br />
des Pariser Salons.<br />
46<br />
strukt einer aus mittelalterlicher Frömmigkeit und vaterländischen<br />
Tugenden erwachsenden Malerei, 1809 dem<br />
„Lukasbund“ an. 1810 zog er mit Overbeck, Pforr und Hottinger<br />
nach Rom, wo sich die bald mit dem Spottnamen „Nazarener“<br />
belegte Gruppe, zu der 1811 auch Peter von Cornelius<br />
(1783-1867) stieß, für zwei Jahre im Kloster S. Isidoro niederließ.<br />
1811 unternahm er zusammen mit Pforr eine Reise nach Neapel.<br />
Vogel war seit der Begegnung mit Cornelius in Rom mit diesem<br />
und der Familie befreundet. So entstand das hier vorliegende<br />
bezaubernde Bildnis der Malertochter. Helena verstarb wie ihre<br />
Mutter 1832. Sie ist wohl kaum älter als 16 Jahre geworden, da<br />
die Eltern 1814 geheiratet hatten. In einem Brief des Künstlers<br />
an seine Frau vom 7. Juli 1830 heißt es: „Abends von 8 bis 10<br />
Uhr bin ich meistens bei Cornelius. Seine ältere Schwester von<br />
ihm führt die Haushaltung – auch die eine Tochter ist noch hier<br />
(L. Vogel zeichnete sie), ein gar gutes Mädchen.“<br />
(Zit. aus: K. E. Hoffmann, Aus dem Leben des Malers<br />
Ludwig Vogel. Zürich, 1921, S. 77).<br />
Wir danken Dr. Heinrich Thommen, Gelterkinden/Schweiz für<br />
freundliche Hinweise.<br />
Größere Abb. siehe 3. Umschlagseite.<br />
101
CARL WAGNER<br />
1796 Roßdorf/Rhön – Meiningen 1867<br />
47<br />
Blick Richtung Königssee mit dem Watzmann.<br />
Pinsel und Feder in Braun, über Bleistift, auf chamoisfarbenem Papier mit Wasserzeichen: J Whatman Turkey Mill 1822,<br />
rechts unten bezeichnet „Der Watzmann gegen den Königssee“. 26:36 cm. – Papier leicht wellig, einige Falten geglättet.<br />
Provenienz: Sammlung Georg Denzel (1873-1959) und<br />
Dr. Friedrich Wilhelm Denzel, München (www.kunst-undkultur.de,<br />
Sammlerstempel, Objekt Nr. 3683).<br />
Prominente und frühe Zeichnung Carl Wagners, entstanden<br />
Mitte September 1822 auf dem Weg nach Italien und ein beispielgebendes<br />
Zeugnis Dresdner Landschaftskunst zu Beginn<br />
des 19. Jahrhunderts.<br />
Vergleichsliteratur: <strong>Katalog</strong> 76: Carl Wagner. Aquarelle, Zeichnungen,<br />
zwei Ölskizzen, Radierungen. <strong>Galerie</strong> Joseph <strong>Fach</strong>,<br />
Frankfurt am Main, 1999/2000, Nr. 1 mit Abb.<br />
Seine Schulausbildung und Erziehung erhielt der Sohn des bekannten<br />
Dichters Johann Ernst Wagner (1769-1812) gemeinsam<br />
mit dem herzoglichen Erbprinzen Bernhard von Sachsen-<br />
Meiningen (1800-1882). Zunächst absolvierte er 1812-1815<br />
ein Studium der Forstwissenschaft. Schon früh entwickelte er<br />
jedoch eine starke Neigung zur Malerei und nahm Zeichen-<br />
und Malunterricht bei Gottfried Traugott Faber (1786-1863)<br />
und Carl August Richter (1770-1848), Vater des bekannten<br />
Adrian Ludwig Richter (1803-1884). Infolge brach er seine Ausbildung<br />
zum Forstwirt ab und besuchte die Dresdener Kunstakademie<br />
bis 1820. Dann ging er für kurze Zeit zum Studium<br />
an die Heidelberger Universität. Im Herbst des Jahres begleitete<br />
er Bernhard II. Erich Freund Herzog von Sachsen-Meiningen<br />
auf einer Reise durch die Schweiz bis nach Mailand. Nach seiner<br />
Rückkehr im Winter 1820 wurde er sogleich herzoglicher<br />
Hofmaler und <strong>Galerie</strong>direktor in Meiningen. 1822-1825 lebte er<br />
in Rom, wo er dem engen Freundeskreis um Richter angehörte,<br />
mit dem er gemeinsam das Albaner- und Sabinergebirge durchstreifte.<br />
Die Freundschaft nahm jedoch aufgrund eines Streites<br />
noch in Italien ein jähes Ende. 1823 unternahm Wagner eine<br />
Reise nach Neapel und Ischia, gemeinsam mit Carl Wilhelm<br />
Götzloff (1799-1866) und wohl auch Ernst Ferdinand Oehme<br />
(1797-1855). Nach seiner Rückkehr nach Meiningen wurde er<br />
erneut von Herzog Bernhard zum <strong>Galerie</strong>inspektor und Hofrat<br />
ernannt.<br />
102
103<br />
47
CARL WAGNER<br />
1796 Roßdorf/Rhön – Meiningen 1867<br />
48<br />
Huflattich, Kräuterstudie.<br />
Bleistift, in mehreren Brauntönen laviert, auf Bütten, rechts oben bezeichnet und datiert „Meiningen d. 3. Aug. 42.“,<br />
rechts unten bezeichnet „ad. N.“. 26,3:25,5 cm. – Insgesamt etwas fleckig.<br />
Provenienz: Sammlung Karl Malsch, Sonneberg/Thüringen,<br />
nicht bei Lugt.<br />
Die Zeichnung gehört zu einer Serie ähnlicher Studien, von<br />
denen zwei weitere bekannt sind. Diese sind am 22. und<br />
24. Aug. 1842 entstanden (vgl. <strong>Katalog</strong> <strong>Fach</strong>, s. u.).<br />
Vergleichsliteratur: A. O. König, Carl Wagner. Crailsheim,<br />
Carl Wagner Verlag, 1990, Abb. S. 134; Ausst. <strong>Katalog</strong>: Carl<br />
Wagner. Malerei und Graphik. Meiningen, Staatl. Museen,<br />
1992, Nr. 61; <strong>Katalog</strong>: Carl Wagner. Aquarelle und Zeichnungen.<br />
<strong>Galerie</strong> Joseph <strong>Fach</strong>, Frankfurt/Main, 1999, Nrn. 59 und 60 mit<br />
Abb.<br />
Literatur: <strong>Katalog</strong>: <strong>Galerie</strong> Grisebach, Berlin, 1.VI.2016, Auktion<br />
255, Nr. 146 mit farb. Abb.<br />
104
105<br />
48
CARL FRIEDRICH HEINRICH WERNER<br />
1808 Weimar – Leipzig 1894<br />
49<br />
Der Markusplatz in Venedig, 1840.<br />
Aquarell, über Bleistift, auf cremefarbenem Aquarellkarton, links signiert,<br />
datiert und bezeichnet „C. Werner f. 1840. Rom.“ 24,3:33,1 cm.<br />
Provenienz: Lucien Goldschmidt, New York; Hazlitt, Gooden &<br />
Fox, London, Ausstellung: The Lure of Rome, October/November<br />
1979; <strong>Galerie</strong> Arnoldi Livie, München.<br />
Frühes und wunderbar farbfrisches Aquarell in der für den<br />
Künstler in diesen Jahren herausragenden künstlerischen<br />
Qualität!<br />
Vergleichsliteratur: <strong>Galerie</strong> Joseph <strong>Fach</strong>, Frankfurt am Main,<br />
Kat. 75, Nr. 33, mit Farbabb. S. 71; Ausst. <strong>Katalog</strong>: Venedig Bilder<br />
in der deutschen Kunst des 19. Jahrhunderts. Karlsruhe/Paderborn,<br />
2011, S. 208, Farbtaf. 72.<br />
Der für seine künstlerisch bedeutenden Aquarelle berühmte<br />
Künstler war mütterlicherseits der Enkel, der von Goethe<br />
als „Euphrosyne“ gefeierten Schauspielerin Christiane Becker,<br />
geb. Neumann. Zuerst studierte er bei Hans Veit Schnorr von<br />
Carolsfeld (1764-1844) an der Leipziger Akademie, seit 1829<br />
Architektur bei Friedrich von Gärtner (1791-1847) in München.<br />
1831 ging er zur Malerei über, erlangte nach Einsendung einiger<br />
Studien zur Ausstellung nach Dresden 1832 das große Reisestipendium<br />
nach Italien und reiste 1832 über Venedig, Bologna<br />
und Florenz nach Rom. Hier trat er 1835 zum Katholizismus<br />
über und heiratete Giuditta Wallis, die Tochter des schottischen<br />
Malers George Augustus Wallis (1770-1847). Seit 1845 war<br />
er Mitglied des Deutschen Künstler-Vereins, dessen erster<br />
Präsident er wurde. 1851 gründete er ein Meisteratelier für<br />
Aquarellmalerei in Venedig. 1856 kehrte er nach Deutschland<br />
zurück und ließ sich in Leipzig nieder. Von hier aus unternahm<br />
er noch zahlreiche Reisen innerhalb Nord- und Südeuropas.<br />
106
<strong>107</strong><br />
49
ADOLF GOTTLOB ZIMMERMANN<br />
1799 Lodenau bei Rothenburg – Breslau 1859<br />
50<br />
Auf einem Sofa ausgestreckt schlafender kleiner Junge.<br />
Bleistift, auf bräunlichem Velin, verso ältere Zuschreibung an Franz Horny sowie Inventarnummer „Inv 452“ 14,5:23,2 cm.<br />
Verso: Fragment einer männlichen Porträtskizze, möglicherweise ein Selbstbildnis. Bleistift.<br />
Provenienz: vermutl. Sammlung Hans Geller, Dresden (wegen<br />
der Inventarnummer verso).<br />
Vergleichsliteratur zur Porträtskizze verso: H. Geller, Ernste<br />
Künstler fröhliche Menschen. München, 1947, Abb. 8: Porträt<br />
Adolf Zimmermann von Josef Führich.<br />
In der Malerei und Zeichnung der Romantik ist ein zunehmendes<br />
Interesse an der Persönlichkeit des Kindes zu beobachten<br />
(vgl. z. B. Ausst. <strong>Katalog</strong>: Julius Schnorr von Carolsfeld. Mainz/<br />
München, 1995, Nr. 5: Beinchen von Ferdinand Olivier, 1816/17).<br />
In Zimmermanns malerischem und zeichnerischem Oeuvre<br />
sind Bildnisse seiner Kinder, zwei Knaben und ein Mädchen, die<br />
zwischen 1838 und 1842 geboren wurden, mehrfach anzutreffen.<br />
Vermutlich ist unsere Zeichnung um 1840 entstanden.<br />
Zimmermann besuchte die Akademie in Dresden von<br />
1818-1825 bei Ferdinand Hartmann (1774-1842) und Johann<br />
Carl Rößler (1775-1845). Anschließend reiste er mit Carl Peschel<br />
(1798-1879) nach Rom, wo er 5 Jahre blieb und vermutlich<br />
Kontakte zum Kreis der Nazarener unterhielt. 1829 unternahm<br />
er mit Josef von Führich (1800-1876) eine Reise nach Neapel.<br />
1830-1835 lebte er in Dresden. Nach einem Zusammentreffen<br />
mit Wilhelm von Schadow (1789-1862) siedelte er nach Düsseldorf<br />
über, wo er bis 1846 blieb. 1837 hatte er seine langjährige Verlobte<br />
Amalie Geller geheiratet und holte sie nach Düsseldorf. Das<br />
Paar bekam zwei Söhne und eine Tochter. Weil es für Zimmermann<br />
zu wenige Absatzmöglichkeiten in Düsseldorf gab, geriet die<br />
Familie in eine finanzielle Notlage und ein Freund empfahl dem<br />
Maler nach Breslau zu gehen, was er gemeinsam mit seiner jungen<br />
Familie auch tat. In Breslau unterstützte ihn der Superintendent<br />
August Hahn und vermittelte ihm Porträtaufträge. Die letzten<br />
Lebensjahre waren dann aber durch Misserfolge und gesundheitliche<br />
Probleme überschattet.<br />
108
109<br />
50
KÜNSTLERVERZEICHNIS<br />
Becker, gen. Becker von Worms, Jakob........................................... 1<br />
Bourgeois, gen. Bourgeois du Castellet,<br />
Florent Fidèle Constant .................................................................... 2<br />
Brueghel der Ältere, Pieter ............................................................... 3<br />
Busse, Georg Heinrich ...................................................................... 4<br />
Carstens, Asmus Jacob ........................................................... vgl. 33<br />
Degas, Edgar ...................................................................................... 5<br />
Dietrich, gen. „Dietricy“, Christian Wilhelm Ernst ...................... 6<br />
Dietzsch, Barbara Regina ................................................................. 7<br />
Dürer, Albrecht .................................................................................. 8<br />
Eisenlohr, Friedrich ........................................................................... 9<br />
Fearnley, Thomas ........................................................................... 10<br />
Feuerbach, Anselm ......................................................................... 11<br />
Frey, Johann Jacob .......................................................................... 12<br />
Fries, Ernst ................................................................................. 13, 14<br />
Gabet, Franz .................................................................................... 15<br />
Genelli, Buonaventura ................................................................... 16<br />
Grimm, Ludwig Emil ..................................................................... 17<br />
Harveng, Carl Friedrich ................................................................ 18<br />
Heyberger, Stephan ........................................................................ 19<br />
Honnet, Gabriel .............................................................................. 20<br />
Horner, Friedrich ............................................................................ 21<br />
Kobell, Franz Josef Innocenz ........................................................ 22<br />
Kobell, Wilhelm von ...................................................................... 23<br />
Koch, Joseph Anton ................................................................ vgl. 33<br />
Kuhbeil, Carl Ludwig ..................................................................... 24<br />
Lessing, Carl Friedrich ................................................................... 25<br />
Menzel, Adolph von ....................................................................... 26<br />
Meyer, Ernst .................................................................................... 27<br />
Pose, Eduard Wilhelm ................................................................... 28<br />
Reinhold, Johann Friedrich Leberecht ........................................ 29<br />
Reinhold, Heinrich ......................................................................... 30<br />
Reutern, Gerhardt, Wilhelm von ............................................ 31, 32<br />
Ruscheweyh, Ferdinand ................................................................ 33<br />
Schäffer (Scheffer), Eugen Eduard ............................................... 34<br />
Schütz d. Ä., Christian Georg ....................................................... 35<br />
Schwalbach, Carl ............................................................................ 36<br />
Sirani, Elisabetta ............................................................................. 37<br />
Steinle, Edward Jakob von ...................................................... vgl. 34<br />
Strack, Ludwig Philipp ................................................................... 38<br />
Stróbl von Liptóujvár, Alajos (Alois) ........................................... 39<br />
Thoma, Hans ............................................................................. 40, 41<br />
Tiepolo, Giovanni Domenico ....................................................... 42<br />
Tischbein d. Ä., genannt „Kasseler Tischbein“,<br />
Johann Heinrich ......................................................................... 43, 44<br />
Uphoff, Carl Emil ........................................................................... 45<br />
Vogel, Georg Ludwig ...................................................................... 46<br />
Wagner, Carl .............................................................................. 47, 48<br />
Werner, Carl Friedrich Heinrich .................................................. 49<br />
Zimmermann, Adolf Gottlob ....................................................... 50<br />
111
VERKAUFSBEDINGUNGEN<br />
IHRE BESTELLUNGEN RICHTEN<br />
SIE BITTE AN:<br />
Sämtliche in diesem <strong>Katalog</strong> angezeigten Werke<br />
sind verkäuflich, soweit sie nicht während<br />
der Drucklegung des <strong>Katalog</strong>es verkauft wurden.<br />
Der Verkaufspreis ist sofort fällig und beinhaltet<br />
die gesetzliche Mehrwertsteuer ohne<br />
separaten Ausweis (Differenzbesteuerung). Der<br />
Versand erfolgt auf eigene Gefahr und Kosten<br />
des Bestellers . Eigentumsvorbehalt gemäß § 449<br />
BGB. Die <strong>Katalog</strong> beschreibungen erfolgten nach<br />
bestem Wissen und Gewissen; sie sind keine Garantien<br />
im Rechtssinne. Der Erhaltungszustand<br />
der einzelnen Blätter ist, falls nicht anders vermerkt,<br />
dem Alter entsprechend gut. Die Maßangaben<br />
beziehen sich auf die Blattgröße bei Zeichnungen,<br />
auf die Plattengröße bei Kupferstichen<br />
und Radierungen, die Höhe steht vor der Breite.<br />
Erfüllungs ort und Gerichtsstand ist Bad Homburg<br />
v. d. Höhe.<br />
<strong>Galerie</strong> Joseph <strong>Fach</strong> GmbH<br />
Feinbergweg 7<br />
61440 Oberursel/Ts.<br />
Telefon +49 6171 20 74 92<br />
info@galerie-fach.de<br />
www.galerie-fach.de<br />
BANKKONTEN:<br />
Frankfurter Sparkasse<br />
Konto-Nr. 20 66 15 (BLZ 500 502 01)<br />
IBAN: DE 83 5005 0201 0000 2066 15,<br />
BIC: HELADEF1822<br />
Postbank Frankfurt am Main<br />
Konto-Nr. 115 607-603 (BLZ 500 100 60)<br />
IBAN: DE 48 5001 0060 0115 6076 03,<br />
BIC: PBNKDEFF
GALERIE JOSEPH FACH AUCH IM INTERNET<br />
Wir zeigen Ihnen eine Auswahl an<br />
Gemälden, Aquarellen, Zeichnungen und Künstlergraphiken<br />
auf unserer Internetseite<br />
WWW.GALERIE-FACH.DE<br />
mit wechselnden Sonderausstellungen zu<br />
interessanten Themen und bedeutenden Künstlern<br />
Besuchen Sie uns auch im<br />
Zentralen Verzeichnis Antiquarischer Bücher (zvab.com).<br />
Den direkten Link zu unseren Angeboten dort finden Sie unter<br />
WWW.GALERIE-FACH.DE
Abb. auf der 3. Umschlagseite: Nr. 46<br />
Georg Ludwig Vogel. Helena Cornelius, verstorbene Tochter des Malers Peter von Cornelius.<br />
Abb. auf der 4. Umschlagseite: Nr. 10<br />
Thomas Fearnley. Blick vom mit Bäumen umstandenen Ufer des Nemisees auf das jenseits gelegene Städtchen Genzano.
WWW.GALERIE-FACH.DE