Berliner Kurier 23.04.2019
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*<br />
KULTUR<br />
BERLINER KURIER, Dienstag, 23. April 2019<br />
NEUE CDS<br />
Bongo-Gebimmel<br />
The Chemical Brothers,<br />
CD: No geography (Virgin).<br />
Auch die Götter der<br />
Big Beats kommen in die<br />
Jahre. 23<br />
Jahre nach<br />
„Block rockin<br />
beats“<br />
und „Setting<br />
sun“<br />
sind die<br />
schweren Beats nicht mehr<br />
ganz so schwer. Und das irritiert.<br />
Der Sound ähnelt<br />
dem von damals und man<br />
ahnt, wie „Eve of destruction“<br />
klingen müsste. Stattdessen<br />
Funk-Bässe und<br />
Bongo-Gebimmel. Man will<br />
Tom Rowlands zurufen: Alter,<br />
dreh die Bässe auf! STH<br />
NEUE CDS<br />
Buntes Singspiel<br />
Quietschbunte Bilder und<br />
gute Schauspieler (Emily<br />
Blunt, Meryl Streep, Ben<br />
Whishaw)– Familienunterhaltung<br />
àlaDisney. Man<br />
muss aber mögen, dass die<br />
Handlung durch lustige<br />
Liedchen<br />
vorangetrieben<br />
wird.<br />
„Mary<br />
Poppins’<br />
Rückkehr“<br />
(Disney,<br />
DVD –12,99 Euro, BD –<br />
16,99 Euro) ist die Fortsetzung<br />
des Klassikers von<br />
1964, der durch den Mix aus<br />
Trick- mit echten Aufnahmen<br />
ein Sensation war.<br />
Doch heute wirkt das aufwendig<br />
entworfene Singspiel<br />
altbacken. London,<br />
Anfang der 30er. Kindermädchen<br />
Mary schwebt<br />
ein, um ihrem einstigen<br />
Schützling Ben und seinen<br />
drei Kindern auf die magische<br />
Weise durch die Wirtschaftskrise<br />
zu helfen. Und<br />
das Staunen kehrt zurück.<br />
Mit mehr Bumms<br />
Vor acht Jahren flog „Captain<br />
America: The First<br />
Avenger“ (Marvel, 4K –<br />
22,99 Euro) ein. Jetzt wurde<br />
der Marvel-Held aufgehübscht.<br />
Mittels<br />
HDR-Verfahren.<br />
Und das<br />
sieht man<br />
wirklich.<br />
Satteres<br />
Schwarz,<br />
bessere Kontraste. Dazu<br />
fetterer Sound in Dolby Atmos.<br />
Damit der Captain<br />
auch heute noch kraftvoll<br />
zuschlagen kann. STH<br />
Einst NS-Luftgaukommando<br />
und US-Hauptquartier,ist<br />
das Haus<br />
nun Ortfür die Kunst.<br />
Clay-Villa<br />
JetztsalutiertdieKunst<br />
Video-Kunst bis zur Küche: Sammler verwandelt einstige Dahlem-Kaserne in Museum<br />
Die Nazis haben hier die<br />
Luftschlachten des<br />
Zweiten Weltkriegs<br />
vorbereitet. US-General Lucius<br />
D. Clay organisierte von diesen<br />
Räumen aus die legendäre Luftbrücke,<br />
die Berlin während der<br />
Blockade der Stadt 1948/49 am<br />
Leben hielt. Im Hauptgebäude<br />
des alten Kasernengeländes in<br />
Dahlem sind künftig ganz andere<br />
Bilder zu sehen. Der <strong>Berliner</strong><br />
Software-Unternehmer Markus<br />
Hannebauer präsentiert<br />
hier seine KunstsammlungFluentum<br />
mit zeitgenössischen Videos<br />
– öffentlich zugänglich<br />
und Wand an Wand mit seinem<br />
Wohnzimmer.<br />
Seit 1994 stand das Gebäude<br />
leer. Tom Cruise kam vorbei<br />
und spielte Szenen für „Operation<br />
Walküre“, Quentin Tarantino<br />
für „Inglourious Basterds“.<br />
Das Gebäude war eine Herausforderung.<br />
„Keiner wollte es<br />
haben, es war einfach zu groß,<br />
zu kompliziert, zu speziell,<br />
auch wegen des Denkmalschutzes“,<br />
schildert der Bauherr.<br />
Für die Präsentation von Video<br />
aber schien es geeignet:<br />
„Andere Orte bemühen sich,<br />
für Videokunst alles dunkel zu<br />
machen, da werden Blackboxes<br />
eingebaut, da wird verschattet.“<br />
Das sind diese Räume dank<br />
des dunklen Marmors in Eingangsbereich<br />
und Empfangshalle<br />
schon. Auf zwei Etagen<br />
stehen nun sieben Bereiche mit<br />
600 Quadratmetern Fläche für<br />
Ausstellungen bereit.<br />
Künstler Guido vander<br />
Werve(l.) und Sammler<br />
Markus Hannebauer in<br />
der Sammlung Fluentum.<br />
Guido vander Wervearbeitet<br />
in der Kunstsammlung<br />
Fluentum an einem<br />
seiner Werken.<br />
Fotos: dpa<br />
Der 1976 in Berlin geborene<br />
Unternehmer Hannebauer<br />
wurde eher zufällig zum<br />
Sammler. „Ich war Museumsgänger<br />
und hab mich ein bisschen<br />
für Fotografie interessiert.“<br />
Die Kunstform Video hat<br />
ihn fasziniert. „Diese Erfahrung,<br />
minutenlang mit einer Arbeit<br />
fast alleine zu sein, ist<br />
schon sehr speziell.“ Seit 2010<br />
sammelt er Arbeiten etwa von<br />
Omer Fast, Hito Steyerl, Katarina<br />
Zdjelar oder Hiwa K.<br />
Zur Eröffnung zeigt Hannebauer<br />
sechs Arbeiten des niederländischen<br />
Künstlers Guido<br />
van der Werve. Der in Berlin lebende<br />
Videogestalter macht<br />
sich auf zurückhaltende und<br />
doch zentrale Weise zum Teil<br />
seiner Videos: auf zugefrorenem<br />
Meer spaziert er vor einem<br />
kolossalen Eisbrecher, in einer<br />
Badewanne watet er so lange<br />
Zeit, wie er brauchen würde,<br />
den Marianengraben an seiner<br />
tiefsten Stelle unter dem Meeresspiegel<br />
zu queren. Im Zeitraffer<br />
sehen wir ihn 24 Stunden<br />
auf dem Nordpol stehen.<br />
Zweimal jährlich sollen die<br />
Ausstellungen wechseln. Besucher<br />
können sich das nun jeden<br />
Sonnabend bei freiem Eintritt<br />
anschauen. Hannebauer<br />
braucht nur bis zum eigenen<br />
Feierabend zu warten: „Der<br />
Eingang zur Sammlung ist auch<br />
der Haupteingangfür die Wohnung,<br />
dann kann ich mich an<br />
den Videos freuen und gehe<br />
hier durch bis in die Küche.“