VestivalPlus2019
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KUNSTAUSSTELLUNG<br />
GRENZEN ÜBERSCHREITEN<br />
Das diesjährige Motto „Poesie und Politik“ spiegelt auch die Kunstausstellung der Ruhrfestspiele. Mit drei begehbaren,<br />
multimedialen Installationen und berührenden, stillen Bildern erzählt die israelische Künstlerin Penny Hes Yassour vom Leben<br />
in einem Land, das von seinen Grenzen bestimmt ist, vom Lebensgefühl der Menschen, die unfreiwillig unfrei sind, aber auch<br />
von Grenzziehungen zwischen Gestern und Heute, zwischen Erinnerung und Vergessen.<br />
„Temp EST“ ist die Ausstellung in der Kunsthalle<br />
Recklinghausen vom 5. Mai bis 14. Juli übertitelt.<br />
Mit den Arbeiten der Künstlerin liebäugelt der<br />
Recklinghäuser Museumsdirektor Dr. Hans-Jürgen<br />
Schwalm schon lange. Die erste Begegnung fand<br />
1999 auf der documenta X in Kassel statt, als Penny<br />
Hes Yassour für ihre „Mental maps“ den Arnold-<br />
Bode-Preis gewann. Mit einer Gummihaut dokumentierte<br />
die Israelin seinerzeit das Liniennetz der<br />
deutschen Reichsbahn von 1937 in Reliefform. Hier<br />
rollten in jenen Jahren die Züge, die systematisch<br />
die Juden in Konzentrationslager transportierten.<br />
Schrecken und Faszination liegen beim Betrachten<br />
eng nebeneinander.<br />
Auch die leidvolle Erfahrung, aus einer Gemeinschaft<br />
ausgeschlossen zu sein, zieht sich thematisch wie<br />
ein roter Faden durch das Oeuvre der 69-Jährigen.<br />
Seit mehr als vier Jahrzehnten lebt die Künstlerin im<br />
Kibbuz Ein Harod (Ihud) im Nordorsten Israels. Die<br />
Liebe hat sie hierher geführt. Die engen Grenzen des<br />
Kibbuz hat Penny Hes Yassour mit ihrer Kunst immer<br />
wieder überschritten. Sie ist eine der renommiertesten<br />
Künstler Israels, ihre Installationen und Zeichnungen<br />
waren in der ganzen Welt zu sehen. Sie studierte<br />
Kunst und Geografie und unterrichtet heute an der<br />
renommierten Bezalel-Akademie in Jerusalem, hatte<br />
Lehraufträge in Hamburg und Berlin.<br />
Im letzten Jahr besuchte der Kunsthallen-Chef die<br />
Jüdin mit deutschen Wurzeln – ihr Vater wanderte<br />
1934 nach Palästina aus – das erste Mal in ihrem<br />
Atelier auf einer ehemaligen Hühnerfarm im Kibbuz<br />
in Galiläa. Auch wenn sich Penny Hes Yassour selbst<br />
nicht als politische Künstlerin verstehe und ihr Werk<br />
auch nicht allein vor dem Hintergrund ihrer Biografie<br />
interpretiert wissen möchte, spiele sie in ihren<br />
narrativen Räumen auf eine genauso poetische wie<br />
politische Art und Weise mit der Wahrnehmung von<br />
Raum und Zeit, arbeite mit ähnlichen Mitteln wie<br />
das Theater und passe auch deshalb kongenial zum<br />
Festival, so Hans-Jürgen Schwalm.<br />
Für die Ruhrfestspiel-Ausstellung hat die Künstlerin<br />
drei Wohlfühl-Oasen mit einer sehr meditativen Aura<br />
geschaffen, hinter der Schrecken und Härte lauern.<br />
Im Erdgeschoss des Kunstbunkers simuliert Penny<br />
Hes Yassour den Flug von Fledermäusen in einem<br />
geschlossenen Raum. In entschleunigten Bildern<br />
huschen die Tiere als weiße Schatten durch ihr Gefängnis,<br />
während der Betrachter die klaustrophobi-<br />
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