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PROFILE<br />
q CHRISTINE SCHÜTZE FEIERT IHR BÜHNENJUBILÄUM IM »ALTEN PUMPWERK«<br />
» Ich habe das Klavierspielen immer geliebt. «<br />
<strong>FINDORFF</strong> <strong>GLEICH</strong> <strong>NEBENAN</strong> | 16<br />
CHRISTINE SCHÜTZE<br />
KLAVIER-<br />
KABARETTISTIN<br />
C<br />
hristine, vor zwei Jahren hattest Du einen<br />
großen Auftritt im »Alten Pumpwerk«. Jetzt<br />
kehrst Du zurück und möchtest gemeinsam<br />
mit dem Publikum in der Maschinenhalle<br />
wieder kräftig feiern. Was ist der Anlass ?<br />
Ja, es gibt viel zu feiern, und ganz besondes<br />
die Tatsache, dass ich insgesamt mittlerweile<br />
nun schon 15 Jahre Kabarett mache. In dieser<br />
Zeit hat sich einiges angesammelt, das ich<br />
nochmals zum Besten geben möchte. Ich habe aber auch viele<br />
neue Songs und Texte geschrieben, die ich im neuen Programm<br />
»SchützenFEST!« jetzt gern »raushauen« möchte.<br />
Du beschäftigst Dich nach eigener Aussage mit »der Liebe,<br />
den Worten, dem Alltag und den Sprachhülsen, der deutschen<br />
Sprache – und was man mit dieser wortgewaltig und klavierstimmig<br />
alles machen kann.« Das klingt ein wenig nach<br />
Volkhochschulkurs. Ist beste Unterhaltung garantiert ?<br />
Ehrlich gesagt ist das, was ich mache, auch das, was wortaffine<br />
KabarettistInnen immer tun: Sie beschäftigen sich mit den<br />
Dingen, also mit dem Alltag und den Worten – und wie die sich<br />
verändern. Das ist natürlich nicht Volkshochschule, sondern für<br />
eine Kabarettistin, wie ich es bin, sehr interessant. Warum passiert<br />
gerade »Framing« ? Heute heißt es »Framing«, früher hieß<br />
es »Schönfärberei«. Es ist trotzdem dasselbe. »Framing« macht<br />
etwas mit den Leuten. Darauf möchte ich in meinem neuen<br />
Programm eingehen – und sich mit diesen Themen zu beschäftigen,<br />
kann sehr unterhaltsam sein. Es ist wie immer bei mir: Ich<br />
bin lustig, albern, aber auch nachdenklich. Das sind die beiden<br />
Seiten, die ich immer hatte – dazu gehören auch die leisen Töne.<br />
Ich freue mich, dass Du Plattdeutsch im Programm hast. Büst<br />
Du all plattdütsk upwussen oder hest Du Di dat erst later lehrt ?<br />
Ich bin ein ganz klein wenig mit Plattdeutsch aufgewachsen,<br />
weil meine Mutter in der Gegend um Wismar aufgewachsen ist.<br />
Sie hat mir ganz viel von Fritz Reuter vorgelesen, dem Dichter<br />
und Schriftsteller der niederdeutschen Sprache. Diese Geschichten,<br />
aber auch den Klang der Sprache, habe ich immer sehr gemocht.<br />
Es wurden bei uns auch manchmal plattdeutsche Lieder<br />
gesungen, aber viel mehr war nicht. Insofern verstehe ich zwar<br />
Plattdeutsch, aber ich kann Dir leider nicht auf Platt antworten,<br />
weil ich kein Plattdeutsch kann. Dialekte wie Plattdeutsch<br />
gehen ja anders an Herz und Gemüt als Hochdeutsch. Plattdeutsch<br />
mag ich sehr gern, bin als Stadtkind aber nicht damit<br />
aufgewachsen und habe es auch nicht gelernt.<br />
Schon als kleines Kind hast Du Klavier gespielt. Wolltest Du<br />
Klavierstunden oder wurdest Du sanft dazu gezwungen ?<br />
Ganz im Gegenteil: Bei uns im Elternhaus stand ein Klavier und<br />
später auch ein Flügel. Meine Eltern und mein Bruder waren<br />
sehr musikalisch. Bei uns war eigentlich immer Musik im Haus.<br />
Was ich sehr geliebt habe, wenn ich abends schon schlafen sollte,<br />
war, dass mein Vater im Wohnzimmer leise Klavier gespielt<br />
hat. Meine Mutter hat dazu auch gesungen. Ich habe mich oft<br />
heimlich an die Treppe geschlichen, zugehört und manchmal<br />
sogar geweint, weil ich diese traurigen Liebeslieder so wunderbar<br />
fand. Am nächsten Tag wollte ich diese Lieder nachspielen;<br />
oft stundenlang. Ich habe nach Gehör gespielt. Es hat zu mir<br />
aber keiner gesagt: »Oh, das kannst Du aber toll !«, weil das<br />
bei uns alle konnten und es dadurch nichts Besonderes war.<br />
Irgendwann fragten meine Eltern mich aber doch: »Möchtest Du<br />
vielleicht Klavierstunden haben ?« Ich war bis dahin überhaupt<br />
nicht auf diese Idee gekommen, weil ich als Kind gar nicht<br />
wusste, dass es sowas gibt. Ja, das wollte ich ! Irgendwann habe<br />
ich richtig ehrgeizigen Klavierunterricht bekommen. Später, als<br />
ich ungefähr zehn Jahre alt war, hatte ich mit meiner Mutter ab<br />
und zu Stress. Sie kam dann in solchen Situationen mit der Drohung,<br />
dass mit dem Klavieruntericht auch Schluss sein könnte.<br />
Sie tat so, als wenn sie den Unterricht per Telefonanruf für alle<br />
Zeiten sofort abmelden würde. Ich habe das als Kind geglaubt<br />
und empört gerufen. »Nein, bitte nicht den Klavierunterricht<br />
abbestellen !« Meine Mutter wollte das in Wahrheit natürlich<br />
nie. Zwang zum Klavierunterricht war also gar nicht notwendig.<br />
Ich habe das Klavierspielen immer geliebt. Aber auch wenn<br />
diese Begeisterung nicht einfach da gewesen wäre, hätte Zwang<br />
bei mir als Kind nicht funktioniert. Ich war immer ein sehr<br />
bockiges Kind: Wenn man in meiner Kindheit etwas von mir<br />
wollte, musste das meinerseits schon freiwillig geschehen.<br />
Später hast Du als Pianistin bei Jugendwettbewerben viele<br />
Preise gewonnen. Inwieweit haben Dich diese Auszeichnungen<br />
motiviert, immer weiter zu machen ?<br />
Die Preise waren schon eine große Motivation. Wäre ich bei den<br />
Jugendwettbewerben frühzeitig gescheitert, hätte ich wahrscheinlich<br />
nicht die Idee gehabt, Musik zu studieren. So aber<br />
wollte ich unbedingt Musik studieren. Ich habe mich dann nur<br />
in Hamburg beworben, was man eigentlich gar nicht so macht.<br />
Normalerweise bewirbt man sich in mehreren Städten. Es werden<br />
ja aufgrund der harten Auswahlkriterien nur ganz wenige<br />
BewerberInnen genommen. Das wusste ich damals gar nicht.<br />
Ich war offensichtlich ziemlich unbedarft, aber es hat im ersten<br />
Anlauf über den geraden Weg in Hamburg sofort geklappt. Ich<br />
dachte, nachdem ich angenommen wurde »Oh, wie schön !«.<br />
Später erfuhr ich, dass es auch hätte ganz anders laufen können.<br />
Für die Kabarettprogramme schreibst Du alle Texte und Songs<br />
selbst. Mit den klassischen Solokonzerten interpretierst Du<br />
vorhandene Werke von Komponisten wie Chopin, Mozart<br />
oder Debussy. Was ist für Dich künstlerisch die größere<br />
Herausforderung – und ist Kontrast Dein Programm ?<br />
Ich brauche und liebe tatsächlich beide Welten. Wenn ich nur<br />
eine Sache machen würde, würde mir im Leben etwas fehlen.<br />
Mittlerweile ist der Kabarettanteil sehr groß geworden, aber es<br />
gibt bei mir nach wie vor verschiedene Phasen: Mal bereite ich u<br />
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