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sortimenterbrief Mai 2019

Das österreichische Branchenmagazin für Buchmarkt, Buchverkauf und Buchwerbung. Ausgabe Mai 2019

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novitäteninterview<br />

In Ihrem letzten Werk, Die Schwierigen,<br />

erleben zwei aristokratische Familien<br />

die letzten 30 Jahre der österreichischen<br />

Monarchie. Es beleuchtet den Zeitraum<br />

von 1889 bis 1919. Verlangte die Auseinandersetzung<br />

mit diesen 30 Jahren<br />

Geschichte regelrecht nach dem neuen<br />

Roman, Die Verblendeten? Ein Weiterschreiben<br />

der Geschichte …?<br />

Winter: So war es. Man muss jedoch<br />

nicht Die Schwierigen gelesen haben,<br />

um Die Verblendeten zu lesen. Der<br />

Personalstand der beiden Familien<br />

zieht sich im neuen Roman von 1919 bis<br />

1955 – bis zum Staatsvertrag. Es ist ein<br />

Familienroman, der drei Generationen<br />

umspannt.<br />

Ihr Roman beginnt 1919?<br />

Winter: Eigentlich ist der Prolog des<br />

neuen Romans der umgeschriebene<br />

Epilog von Die Schwierigen. Es beginnt<br />

mit der Gründung und Eröffnung der<br />

Salzburger Festspiele, wo die Bühls<br />

eingeladen sind. In den ganz und gar<br />

nicht so Goldenen 20er- und 30er-Jahren<br />

© Archiv Franz Winter<br />

Ossi Hejlek im Gespräch mit<br />

Franz Winter<br />

Zeitgeschichte<br />

widergespiegelt<br />

in einem<br />

Familienroman<br />

nimmt dann die Familiengeschichte<br />

ihren Lauf. Selbst diese Familien mussten<br />

sich nach dem Ersten Weltkrieg erst<br />

wieder aufrappeln. Karl Bühl ist selbst<br />

Kriegsversehrter. Er schafft es mit seiner<br />

Familie, sich wieder einzurichten,<br />

muss jedoch miterleben, dass einige<br />

Familienmitglieder später der NSDAP<br />

beitreten ...<br />

Warum wählten Sie Aristokratie als<br />

Hintergrund der Protagonisten? Wird<br />

dadurch die erzählerische Spielwiese<br />

interessanter?<br />

Winter: Es waren große Veränderungen<br />

für die Aristokratie in diesen<br />

Jahren. Durch die Adels- bzw.<br />

Habsburgergesetze gab es nach dem<br />

Ersten Weltkrieg keine Adeligen mehr.<br />

Das nahm Österreich nicht so recht<br />

zur Kenntnis. Manche Aristokraten<br />

akzeptierten das mehr, andere weniger.<br />

Einige hatten große Probleme damit,<br />

wie beispielsweise Stani Freudenberg,<br />

der Mitglied der NSDAP wurde.<br />

Man begleitet als Leser die Familien<br />

und erlebt mit, wie sie sich in der<br />

Zweiten Republik positionieren. Karl<br />

Bühl und seine Frau Helene sind die<br />

Hauptpersonen. Sie müssen das Land<br />

verlassen, als offenkundig wird, dass<br />

Helene Halbjüdin ist. Sie fliehen nach<br />

England – unterdessen versucht deren<br />

Tochter Leonore Besitztümer und<br />

Familie durch diese schweren Zeiten<br />

zu führen. 1945 kehren sie nach sieben<br />

Jahren heim. Sie stehen vor einem<br />

neuen Leben mit unsicherer Zukunft.<br />

Das Nachkriegswien übernimmt im<br />

Roman eine wichtige Rolle. Im Epilog<br />

sind die Bühls bereits ältere Menschen<br />

– Karl Bühl ist 75. Die beiden gehen<br />

in den Garten des Belvederes, wo sie<br />

sich auch früher schon trafen, einst<br />

vom Kronprinzen empfangen wurden.<br />

Alle gingen 1955 dorthin – um die<br />

Worte zu hören, „Österreich ist frei!“<br />

Die ehemaligen Aristokraten stehen<br />

in der Menschenmenge – sind überglücklich,<br />

diesen historischen Moment<br />

mitzuerleben. Es ist auch das Jahr der<br />

Wiedereröffnung der Wiener Staatsoper,<br />

wo sich Leoni Bühl wundert, dass jener<br />

Karl Böhm, der einst Gast ihres Cousins<br />

in der arisierten Villa in Reichenau war,<br />

den Taktstock über Fidelio erhebt ....<br />

Es ist ein Roman der Begegnungen und<br />

Wiederbegegnungen ...<br />

Winter: Ich wollte kein Sachbuch schreiben.<br />

Es war mir ganz wichtig, Zeitgeschichte<br />

in der Familiengeschichte widerzuspiegeln.<br />

Man kann anhand des<br />

Romans miterleben, wie sich Zeitgeschichte<br />

auf Menschen und deren<br />

Schicksale auswirkt, wie es im russisch<br />

besetzten Niederösterreich war, wie in<br />

den vier Zonen in Wien ...<br />

Danke für das Gespräch!<br />

Franz Winter<br />

Die Verblendeten<br />

260 Seiten, Hardcover mit Schutzumschlag und<br />

Lesebändchen, € 24,– ISBN 978-3-99200-228-3<br />

braumüller<br />

22 <strong>sortimenterbrief</strong> 5/19

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