4 s <strong>Luftschadstoffe</strong> und Gesundheit in Deutschland <strong>Luftschadstoffe</strong> und Gesundheit in Deutschland 5 s PROLOG Alexandra Schneider und Holger Schulz Die Exposition gegenüber <strong>Luftschadstoffe</strong>n, sowohl partikulärer als auch gasförmiger Natur, wird von der Weltgesundheitsorganisation (WHO) weltweit als eine führende Gesundheitsgefährdung angesehen [8, 11, 12]. Laut WHO ist Luftverschmutzung der wichtigste umweltbedingte Risikofaktor mit besonders hoher verursachter Krankheitslast in Ländern mit niedrigem und mittlerem Einkommen [12, 13]. Die Luftschadstoffbelastung besteht aus hochkomplexen Gemischen verschiedenster organischer und anorganischer Bestandteile natürlichen oder anthropogenen Ursprungs, die z. B. lokal bei Verbrennungs-, Abrieb- oder Aufwirbelungsprozessen entstehen oder über hunderte von Kilometern durch Ferntransport regional eingebracht werden können [14-17]. Zusätzlich wird die Schadstoffkonzentration von großräumigen und regionalen meteorologischen Verhältnissen beeinflusst. Dementsprechend können Schadstoffkonzentration und Zusammensetzung an einem Ort deutlich variieren und zeigen einen Tages-, Wochen- und Jahresgang. Studien der letzten zehn Jahre zeigen, dass seit dem letzten weltweiten Update der WHO Luftqualitätsrichtlinien aus dem Jahre 2006 [28, 29] viele epidemiologische Studien innerhalb und außerhalb Europas weitere Gesundheitsendpunkte aufzeigen (z. B. Atherosklerose, fetales Wachstum, Atemwegserkrankungen bei Kindern, kognitive Funktion und neuronale Entwicklung, Diabetes mellitus). Darüber hinaus wurden die zugrunde liegenden pathophysiolo- gischen Mechanismen der beobachteten adversen Gesundheitseffekte weiter aufgeklärt. In der „Global Burden of Disease Study“ von 2015 [30] wird der erhebliche Einfluss der <strong>Luftschadstoffe</strong> auf Mortalität und Morbidität vor allem durch chronische Erkrankungen quantifiziert. Bei der vorzeitigen Mortalität weltweit lag PM 2.5 in der Außenluft im Jahr 2015 auf Rang 5 im Vergleich aller Risikofaktoren [31], unmittelbar hinter den allgemeinen Risikofaktoren erhöhter Blutdruck, Rauchen sowie erhöhte Glukose- und Cholesterinwerte. Mit 57 % hatten kardiovaskuläre Todesursachen (ischämische Herzerkrankungen und zerebrovaskuläre Erkrankungen) den größten Anteil. In Deutschland liegt die Krankheitslast durch Luftverschmutzung an zehnter Stelle der Risikofaktoren und ist damit auch hierzulande der wichtigste umweltbezogene Risikofaktor [32, 33]. Die WHO schätzte 2013, dass der Einfluss von <strong>Luftschadstoffe</strong>n die mittlere Lebenserwartung in Europa um bis zu neun Monate reduzieren kann [29]. Vergleichbare Ergebnisse zeigt eine Studie, welche speziell die Lebenserwartung in den großen Städten Europas untersucht. In dieser Studie wird berechnet, dass bei Einhaltung der von der WHO empfohlenen Richtwerte eine Lebenszeitverlängerung von ca. sechs Monaten erreichbar wäre [6]. In Deutschland liegt die Krankheitslast durch Luftverschmutzung an zehnter Stelle der Risikofaktoren und ist damit auch hierzulande der wichtigste umweltbezogene Risikofaktor. O 3 PM10 SO 2 Zur Abschätzung der Belastung in der Bevölkerung wird von der Legislative auf einzelne Indikatoren PM2.5 zurückgegriffen, die die partikuläre, wie Feinstaub bis 2,5 µm (PM 2.5 ) bzw. bis 10 µm (PM 10 ), und die NO2 gasförmige Belastung, wie NO 2 , SO 2 , O 3 , charakterisieren. Für die meisten der gemessenen <strong>Luftschadstoffe</strong> wurden über die letzten Jahrzehnte in der westlichen Welt abfallende Konzentrationen beobachtet [3, 15], sodass hier vor allem die Fragestellung der Gesundheitsgefährdung bei geringerer Schadstoffbelastung im Vordergrund steht. Allerdings leiden viele Städte und Regionen auch in Deutschland noch immer unter erheblicher Luftverschmutzung [3, 15, 18, 19]. Mittels gesetzlicher Grenzwerte, wie in der „Air Quality Directive“ der Europäischen Union [20] festgelegt, soll eine Gesundheitsgefährdung der Bevölkerung in Europa minimiert werden. Allerdings weichen die Grenzwerte der Europäischen Union, die zur Vermeidung von Beeinträchtigungen, „adverse effects“, in der Bevölkerung eingehalten werden sollten, von den Empfehlungen der WHO z.T. deutlich nach oben ab [3, 8, 21]. Zahlreiche Studien aus Europa, Nordamerika, aber auch von anderen Kontinenten haben in den letzten Jahrzehnten schädliche Auswirkungen von <strong>Luftschadstoffe</strong>n auf die Gesundheit belegt [22-27]. Historisch stand zunächst der Atemtrakt als Zielorgan im Vordergrund der Studien; inzwischen sind jedoch auch Wirkungen auf kardiovaskuläre Endpunkte, metabolische Effekte und Effekte auf das fetale Wachstum gut dokumentiert. Die gesundheitlichen Auswirkungen reichen von unspezifischen Atemwegssymptomen und kardiovaskulären Symptomen über Beeinträchtigungen der Lungenfunktion, vermehrte Medikamenteneinnahme und akute Exazerbation von vorbestehenden Lungenerkrankungen bis hin zur Entwicklung von chronischen Lungen-, Herz-Kreislauf- und metabolischen Erkrankungen und einer Reduktion des fetalen Wachstums und Todesfällen [25]. In diesem <strong>Positionspapier</strong> fasst die Deutsche Gesellschaft für Pneumologie und Beatmungsmedizin den aktuellen Wissensstand zu den Gesundheitseffekten von <strong>Luftschadstoffe</strong>n zusammen und leitet daraus Empfehlungen für einen umweltbezogenen Gesundheitsschutz ab. PM10 PM 2.5 Ein Güterwagen der Deutschen Bahn kann ca. 55t laden. Um den Feinstaub des Jahres 2016 in Deutschland zu transportieren, würden für PM 10 ca. 3.700 und für PM 2.5 ca. 1.833 Wagen benötigt. PM10 PM 2.5 x 3.700 x 1.800 mehr Infos s. 19