JB_2018
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5.2 Drogen und Substitution<br />
Im Arbeitsbereich Drogen fand eine enge Zusammenarbeit<br />
mit der Selbsthilfegruppe JES (Junkies, Ehemalige,<br />
Substituierte) Duisburg statt. Im Berichtsjahr<br />
<strong>2018</strong> haben wir für Gruppentreffen unsere Räumlichkeiten<br />
zur Verfügung gestellt und begleiteten und<br />
unterstützten unsere Begleiteten, soweit es unsere<br />
Ressourcen zuließen. Wie in den Vorjahren haben wir<br />
in Kooperation mit JES Duisburg und dem Suchthilfeverbund<br />
gemeinsam den nationalen Gedenktag am<br />
21.7.<strong>2018</strong> für verstorbene Drogengebraucher*innen<br />
erfolgreich geplant, vorbereitet und durchgeführt.<br />
JES Duisburg führte weiterhin anlaog zur Aids-Hilfe<br />
das Streetwork durch. Care-Packs, die vom Land NRW<br />
finanziert wurden sowie Spritzen und Kondome, die<br />
die AIDS-Hilfe Duisburg aus Eigenmitteln finanzierte,<br />
sind verteilt worden.<br />
Hierdurch und durch gemeinsame Treffen und Fachtage<br />
wurde der partizipative Ansatz der Aids-Hilfe Duisburg/Kreis<br />
Wesel im Bereich Drogen umgesetzt, da<br />
wir im direkten Austausch mit der Zielgruppe waren.<br />
Weiterhin wurde die Substitution an Wochenenden<br />
und Feiertagen in der Aids-Hilfe durchgeführt. Bewährt<br />
hat sich hier das Frühstück am letzten Sonntag<br />
im Monat, welches rein ehrenamtlich angeboten wird.<br />
Ebenso wird das monatliche JES Frühstück, das auch<br />
von den hauptamtlichen Mitarbeitern mit organisiert<br />
und durchgeführt wird, gut angenommen.<br />
Es gab einige Veränderungen in der Gesetzgebung im<br />
Drogenbereich.<br />
Politisch hat sich beispielsweise im Bereich der Substitution<br />
einiges geändert. Bereits am 30. Mai 2017<br />
sind Änderungen in der Betäubungsmittel-Verschreibungsverordnung<br />
(BtMVV) in Kraft getreten. Am<br />
zweiten Oktober 2017 wurde die neue Richtlinie der<br />
Bundesärztekammer (BÄK) bekanntgemacht. Die<br />
wichtigste Änderung ist wohl die Aufhebung des absoluten<br />
Abstinenzgedankens. Jetzt ist es möglich,<br />
auch andere Ziele zur Sicherung des Überlebens bei<br />
der Behandlung in den Vordergrund zu stellen. Ebenso<br />
sind Take-Home-Regelungen und PSB- Vorschriften<br />
gelockert worden. Sie ermöglicht ferner die Durchführung<br />
der Substitutionsbehandlung in Alten- und Pflegeheimen<br />
sowie Rehabilitationszentren. Wir freuen<br />
uns über diese Entwicklung, aber es bleibt sicherlich<br />
abzuwarten, wann sich die Neuerungen in der Praxis<br />
bemerkbar machen.<br />
Gleiches gilt leider auch für Cannabis auf Rezept. Am<br />
19.1. 2017 hat der Bundestag einen Gesetzentwurf<br />
der Bundesregierung zur Änderung betäubungsmittelrechtlicher<br />
Vorschriften angenommen und seit dem<br />
10. März 2017 können schwer kranke Patienten künftig<br />
auf Kosten der Krankenversicherung mit hochwer-<br />
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tigen Cannabis-Arzneimitteln versorgt werden. Bisher<br />
kam Cannabis nur mit einer Ausnahmegenehmigung<br />
des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte<br />
(BfArM) als Heilmittel zum Einsatz, etwa um<br />
Schmerzpatienten zu helfen. Die nicht unerheblichen<br />
Kosten mussten die Patienten in der Regel selbst tragen.<br />
Für die Versicherten wurde zudem, auch in eng<br />
begrenzten Ausnahmefällen, ein Anspruch auf Versorgung<br />
mit den Wirkstoffen Dronabinol oder Nabilon<br />
geschaffen. Um die Versorgung sicherzustellen, wird<br />
der Anbau von Cannabis zu medizinischen Zwecken in<br />
Deutschland ermöglicht, was allerdings laut Cannabisagentur<br />
des Bundes erst im zweiten Halbjahr 2019<br />
der Fall sein wird. Diese koordiniert und kontrolliert<br />
dann den Anbau und Vertrieb. Um die genaue medizinische<br />
Wirkung der Cannabis-Arzneimittel zu erforschen,<br />
ist eine wissenschaftliche Begleiterhebung<br />
vorgesehen. Die generelle Freigabe von Cannabis wird<br />
von der Bundesregierung weiter strikt abgelehnt.<br />
In der Praxis verschreiben bisher leider nur wenige<br />
Ärzte Cannabis. Gründe sind Unsicherheit im Umgang<br />
mit der Arznei, ein hoher Dokumentationsaufwand<br />
und nicht zuletzt die Sorge der Ärzte vor einem Regress<br />
wegen Überschreitung ihres Budgets. Krankenkassen<br />
erstatten sehr häufig die Rezepte nicht und es<br />
gibt Lieferengpässe in Apotheken.<br />
Es scheint also noch etwas Zeit zu brauchen, bis das<br />
Gesetz, so wie es verabschiedet wurde auch umgesetzt<br />
wird und sich für schwerkranke Patienten etwas<br />
ändert.<br />
Diamorphin wird trotz Anerkennung als Arzneimittel<br />
immer noch nur in wenigen Städten eingesetzt und<br />
nur sehr wenige Menschen profitieren hiervon.<br />
Letztendlich geht es aber immer noch um die Abschaffung<br />
des BtmG, welches die größten Probleme in<br />
dem Lebensbereich drogengebrauchender Menschen<br />
verursacht.<br />
Leider gab es auch Veränderungen im Umgang mit<br />
der lokalen Szene in Duisburg.<br />
In Duisburg sind niedrigschwellige Hilfeangebote wie<br />
Steetwork, Notschlafstellen, Wasch- und Duschmöglichkeiten,<br />
soziale Beschäftigungsmöglichkeiten und<br />
eine ausreichende medizinische Versorgung z.B. im<br />
Rahmen einer Substitutionsambulanz und Originalstoffvergabe<br />
nicht oder nur eingeschränkt vorhanden.<br />
Mit Verweis auf die Haushaltslage der Kommune wurden<br />
während der letzten 10 Jahre die Finanzmittel<br />
stetig gekürzt, während gleichzeitig die Aufgaben und<br />
Beratungszahlen in der Suchthilfe stiegen.<br />
Zudem wird in Duisburg seit Beginn des Jahres eine<br />
harte Vertreibungspolitik gefahren. Dies geschieht<br />
bspw. durch Maßnahmen wie dem Alkoholverbot in<br />
der Innenstadt, welches erst vor kurzem vom Verwaltungsgericht<br />
in Düsseldorf wieder wegen Un-