Berliner Zeitung 16.05.2019
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<strong>Berliner</strong> <strong>Zeitung</strong> · N ummer 112 · D onnerstag, 16. Mai 2019 15 *<br />
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Berlin<br />
Einkaufscenter<br />
als mögliches<br />
Anschlagsziel<br />
Prozess gegen mutmaßlichen<br />
Terroristen aus Buch beginnt<br />
Komplizen, Sprengstoff, ein<br />
mögliches Ziel: Magomed-Ali C.<br />
hatte Ermittlern zufolge sehr genaue<br />
Vorstellungen davon, wie er<br />
seinen islamistisch motivierten Anschlag<br />
in Berlin Ende 2016 umsetzen<br />
wollte. Dieser Überzeugung ist<br />
die Bundesanwaltschaft, die den<br />
31-Jährigen wegen derVorbereitung<br />
einer schweren staatsgefährdenden<br />
Gewalttat anklagte. Anseinen Plänen<br />
soll zeitweilig auch der Breitscheidplatz-Attentäter<br />
Anis Amri<br />
beteiligt gewesen sein. Am Donnerstag<br />
beginnt der Prozess gegen<br />
C. vordem Kammergericht.<br />
Sprengstoff in Wohnung?<br />
Der 31-Jährige stammt aus der russischen<br />
Kaukasusrepublik Dagestan.<br />
Den Ermittlungen der Bundesanwaltschaft<br />
zufolge kam er Ende<br />
2011 nach Deutschland. In Berlin<br />
bewegte er sich demnach im Umfeld<br />
des mittlerweile verbotenen<br />
Moscheevereins Fussilet 33 in Moabit.<br />
Aus dem Dunstkreis des Vereins<br />
stehen immer wieder mutmaßliche<br />
Terrorunterstützer vor Gericht. C.<br />
beschloss den Ermittlungen zufolge,<br />
sich der Dschihadistenmiliz<br />
Islamischer Staat (IS) in Syrien anzuschließen.<br />
Seine Ausreise scheiterte allerdings:<br />
Das <strong>Berliner</strong> Landeskriminalamt<br />
war auf ihn aufmerksam geworden.<br />
Schließlich plante er demnach<br />
einen Anschlag in Berlin. Mögliches<br />
Ziel war den Angaben zufolge<br />
das Einkaufszentrum Gesundbrunnen-Center.<br />
In diesem Haus am Pölnitzweg in Buch<br />
wurde der Mann verhaftet. BLZ/PONIZAK<br />
Auf der Suche nach Mittätern<br />
sollen er und sein Komplize<br />
Clément B. auch in Kontakt mit<br />
Amri gekommen sein, der sich Anfang<br />
Oktober 2016 ihrem Anschlagsvorhaben<br />
angeschlossen haben<br />
soll. C. soll „eine für die Durchführung<br />
eines Anschlags notwendige<br />
Menge“ des Sprengstoffs<br />
Triacetontriperoxid (TATP) in seiner<br />
Wohnung im Pankower Ortsteil<br />
Buch bereitgehalten haben.<br />
DerSprengstoff wirdimmer wieder<br />
bei Anschlägen oder Anschlagsversuchen<br />
verwendet. Auch die Paris-Attentäter<br />
trugen am 13. November<br />
2015 Sprengstoffgürtel mit<br />
der Substanz.<br />
Razzia durchkreuzte Pläne<br />
Aus Angst vor einer Wohnungsdurchsuchung<br />
brachen B. und C.<br />
ihre Anschlagspläne laut Anklage<br />
Ende Oktober ab. B. reiste nach<br />
Frankreich. Er wurde im April 2017<br />
in Marseille zusammen mit einem<br />
anderen Verdächtigen festgenommen.<br />
Beiihnen wurden Sprengstoff,<br />
Waffen, Munition und eine IS-<br />
Flagge gefunden.<br />
Amri verübte schließlich im Dezember<br />
2016 den Anschlag auf dem<br />
<strong>Berliner</strong> Breitscheidplatz mit zwölf<br />
Toten. Er handelte dabei laut Bundesanwaltschaft<br />
„ohne Kenntnis“<br />
vonB.und C., der schließlich im August<br />
2018 in Berlin festgenommen<br />
wurde.<br />
Für den nun beginnenden Prozess<br />
gegen C. sind rund 39 Fortsetzungstermine<br />
vorgesehen. (AFP)<br />
2007/08<br />
1286<br />
Tatort Schule<br />
Mobbing, Schläge, Überfälle: WasLehrerund Psychologen gegen Gewalt im Alltag tun<br />
VonMartin Klesmann<br />
2008/09<br />
1405<br />
Mehrere schulfremde<br />
Jugendliche dringen<br />
in die B.-Traven-Gemeinschaftsschule<br />
ein, schlagen die kleine Scheibe des<br />
Brandmelders ein und lösen Feueralarm<br />
aus. Alle Schüler und Lehrer<br />
verlassen die Klasse. Die jungen<br />
Männer beleidigen und schubsen<br />
den Schulleiter,als er sie zum Gehen<br />
auffordert. Und sie drohen damit,<br />
wiederzukommen.<br />
Nach diesem Vorgang vor gut einem<br />
Jahr schützte ein Sicherheitsdienst<br />
die Schule, die Wachschützer<br />
ließen sich von Schülern die Schulausweise<br />
zeigen. Ein Jahr waren die<br />
Wachschützer im Einsatz. Bis Ostern.<br />
Inzwischen hat sich die Lage<br />
am Rande der Großsiedlung Falkenhagener<br />
Feld etwas beruhigt. Nun<br />
schützt ein modernes Schließsystem<br />
den Zugang zur Schule.<br />
Die polizeiliche Liste, die relevante<br />
Straftaten an jeder Schuladresse<br />
erfasst, zeigt für die B.-Traven-Schule<br />
einen deutlichen Anstieg<br />
der Taten und auch der Körperverletzungen<br />
zwischen 2014 und 2017.<br />
21 Körperverletzungen waren es zuletzt,<br />
eine Verdopplung in vier Jahren.<br />
Damit liegt die Schule berlinweit<br />
im Trend. Die <strong>Berliner</strong> <strong>Zeitung</strong> hat<br />
diese Liste als interaktives Tool mit<br />
den nötigen Erläuterungen auf ihrer<br />
Homepage aufbereitet.<br />
Konfliktlotsen helfen<br />
Wachschutz ist an <strong>Berliner</strong> Schulen<br />
glücklichweise immer noch selten<br />
und die Ultima Ratio, umpräventiv<br />
gegen Schulhofgewalt vorzugehen.<br />
Im besten Fall sorgen Schüler untereinander<br />
dafür, dass es gar nicht<br />
erst zu handfestem Streit kommt.<br />
Ortrud Hagedorn, damals Lehrerin<br />
in Wilmersdorf, gründete bereits<br />
1995 an ihrer Schule die Konfliktlotsen.<br />
Heute gibt es sie berlinweit an<br />
vielen Schulen. „Die Konfliktlotsen<br />
laufen über den Schulhof und<br />
schreiten ein, wenn sich was zusammenbraut“,<br />
erzählt Hagedorn.Wichtig<br />
ist, dass die Streitschlichter zunächst<br />
keine Partei ergreifen, sich<br />
die Argumente beider Seiten anhören<br />
und einen Kompromiss herbeiführen.<br />
Dafür werden Schüler zu<br />
Mediatoren ausgebildet. „Viele Lehrerhaben<br />
damals Angst voraggressiven<br />
Schülern gehabt“, erinnert sich<br />
Ortrud Hagedorn. Noch heute wirkt<br />
das Konzept. Es gibt auch andere<br />
Streitschlichter-Projekte an Schulen.<br />
Auch in Klassenleiter-Stunden<br />
werden Probleme unter Schülernoffen<br />
angesprochen, berichtet Andrea<br />
Schwenn, Leiterin der Neuköllner<br />
Karl-Weise-Grundschule. Dort gibt<br />
es auch ein Kinderparlament, wo die<br />
Schüler lernen, für ihre Interessen<br />
mit Argumenten zu werben. „Es geht<br />
2009/10<br />
1385<br />
Rohheitsdelikte an Schulen<br />
Polizeilich registriert, im Alter von 8bis unter 21 Jahren, nach Schuljahr<br />
2010/11<br />
1336<br />
darum, das soziale Verhalten zu trainieren“,<br />
sagt die Schulleiterin. Die<br />
Schule bildet auch sogenannte Trainingsgruppen,<br />
mindestens aus zwei<br />
Personen bestehend.„Damit trainieren<br />
wir die Gruppenfähigkeit“, sagt<br />
Schulleiterin Schwenn und räumt<br />
ein, dass man oft noch stärker auf die<br />
Eltern eingehen müsste. Mitunter<br />
seien Hausbesuche nötig. Es gibt inzwischen<br />
auch verstärkt Sozialpädagogen<br />
und Sozialarbeiter, die bei<br />
Konfrontationen auf dem Schulhof<br />
dazwischengehen. Undnahezu jede<br />
Hausordnung verbietet körperliche<br />
Gewalt auf dem Schulhof.<br />
BeiRia Uhle,Schulpsychologin in<br />
der Bildungsverwaltung, laufen die<br />
Gewaltvorfall-Meldungen aus den<br />
Schulen ein. Mobbing im Klassenchat,<br />
sprachliche Verrohung, Ausgrenzung,<br />
auch religiöse und ethnische<br />
Anfeindungen und Gewalt: Die<br />
<strong>Berliner</strong> Schulen stehen vorkomplexen<br />
Herausforderungen. „Wichtig<br />
ist, dass nun alle Schulen Krisenteams<br />
haben müssen“, sagt sie.<br />
Diese Teams können aus Schulleitung,<br />
Sozialarbeitern und Vertrauenslehrern<br />
bestehen, die sich abgestimmt<br />
haben, wie sie mit bestimmten<br />
Mobbing- und Gewaltvorfällen<br />
umgehen. „Es geht darum, sofort<br />
handeln zu können und Grenzen zu<br />
setzen.“ Das sei mitunter auch eine<br />
Gratwanderung. Ein Grundschüler<br />
dürfe nicht voreilig als Gewalttäter<br />
stigmatisiert werden. Wenn hingegen<br />
ein strafmündiger Jugendlicher<br />
gar eine Waffe einsetze, müsse umgehend<br />
die Polizei gerufen werden.<br />
Neben polizeilichen Ermittlungen<br />
könne dann eine Klassenkonferenz<br />
DIE SERIE<br />
die Folge sein, die den Täter sogar<br />
vonder Schule verweist.<br />
Generell sei es bei Gewalttaten<br />
wichtig, auch die Eltern von Täter<br />
und Opfer einzubeziehen. Schulpsychologen<br />
kommen in Berlin seit 2003<br />
zum Einsatz. Manreagierte damit auf<br />
den Amoklauf vonErfurt. Seitdem hat<br />
jede Schule auch einen Ansprechpartner<br />
bei der Polizei, die sogenannten<br />
Präventionspolizisten. Zunächst<br />
Kriminalität und Prävention: Die Zahl der Gewalttaten ist weiter gestiegen, ebenso die Angst<br />
der Menschen, Opfer eines Verbrechens zu werden. Wasbedeutet das für das Zusammenleben<br />
in unserer Stadt? Wiekönnen Politik, Sicherheitsbehörden und Bürger dieser Entwicklung<br />
entgegensteuern? Diese Fragen werden am 20. und 21. Mai beim 24. Deutschen Präventionstag<br />
(DPT) im Estrel Congress Center in Neukölln erörtert.<br />
Teilnehmer: 600 Vortragende und Fachinstitutionen und mehr als 3000 Teilnehmende aus<br />
den Bereichen Präventionspraxis, -politik und -wissenschaft sind beim DPT vertreten.<br />
Serie: AusAnlass des Deutschen Präventionstages beschäftigt sich die <strong>Berliner</strong> <strong>Zeitung</strong> in dieser<br />
Woche mit Fragen rund um Kriminalität und Prävention.<br />
Bereits erschienen: „Mit der Gewalt steigt auch dieAngst“ –dieserTeil istinder Montagsausgabe<br />
erschienen. Dienstag folgte der Teil Wohnungseinbrüche und der Schutz<br />
vorEinbrechern. In der Mittwochsausgabe ging es um Drogendelikte.<br />
Nachfolgend ein Überblick über die weiteren Folgen:<br />
Freitag: Das Thema Extremismus<br />
2011/12<br />
1452<br />
Sonnabend:Ein Bericht über Zivilcourage<br />
2012/13<br />
1322<br />
Raufunfälle<br />
an allgemeinbildenen Schulen in Berlin<br />
’06<br />
2013/14<br />
1281<br />
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Loslegen!<br />
machte man sich<br />
in Polizeikreisen noch<br />
lustig über diese onkelhaften Sozialarbeiter<br />
in Uniform. Doch die Kooperation<br />
läuft gut. Dasbestätigte jüngst<br />
auch Albrecht Lüter, Leiter der Landesstelle<br />
Gewaltprävention, in einer<br />
Evaluation. Überhaupt bestehe insgesamt<br />
kein Grund zur Panik. Es gebe<br />
in den ersten 15 Jahren des neuen<br />
Jahrtausends in Berlin und Deutschland<br />
keine Hinweise auf zunehmende<br />
Gewalt unter Schülern. „Vielmehr<br />
ist die Gewaltbereitschaft und<br />
-akzeptanz gesunken“, sagt Lüter.<br />
Erst in den vergangenen drei Jahren<br />
sei sie in Berlin wieder gestiegen. Besondere<br />
Sorge bereitet Lüter die Gewaltbereitschaft<br />
in Großsiedlungen.<br />
Nicht nur in Marzahn-Nord,verstärkt<br />
auch in Spandauoder Reinickendorf.<br />
Insgesamt fehlt Lüters Einschätzung<br />
nach eine berlinweite Dunkelfeld-Analyse.<br />
Man sehe nur das, was<br />
das uneinheitliche Meldeverfahren<br />
der Bildungsverwaltung hergebe.<br />
Demnach steigen die Gewaltvorfall-<br />
Meldungen kontinuierlich an. Doch<br />
das liege vor allem daran, dass viele<br />
Schulen sensibler mit dem Thema<br />
umgehen und gerade die Grundschulen<br />
mehr Fälle melden würden.<br />
2015/16<br />
1259<br />
2014/15<br />
1099<br />
4453 4398 4040<br />
2885 3137 3499 2933 2925 2946<br />
3097<br />
2659<br />
’07 ’08 ’09 ’10 ’11 ’12 ’13 ’14 ’15 ’16<br />
Machen Sie mit<br />
2016/17<br />
1467<br />
BLZ/GALANTY; QUELLE: CAMINO<br />
„Es gibt aber insgesamt Hinweise auf<br />
einen Formwandel schulischer Gewalt<br />
in Richtung Mobbing oder Ausgrenzung“,<br />
sagt Lüter.<br />
Die Zunahme der Gewaltvorfall-<br />
Meldungen führtstets zu Alarmmeldungen<br />
in den Medien. Doch die Daten<br />
der Unfallkasse und die Polizeistatistik<br />
zeigen, dass die Zahlen eher<br />
stagnieren und nur zuletzt leicht angestiegen<br />
sind. Deshalb plant Bildungssenatorin<br />
Sandra Scheeres<br />
(SPD), künftig womöglich nur noch<br />
die strafrechtlich relevanten Fälle in<br />
der Statistik auszuweisen. Hamburg<br />
macht das bereits seit mehr als zwei<br />
Jahren so.Doch auch bei dieser polizeilichen<br />
Statistik, die erst durch<br />
eine Klage des FDP-Politikers Marcel<br />
Luthe veröffentlicht wurde, ist Vorsicht<br />
geboten: Derzeit werden dort<br />
alle Straftaten gezählt, die unter dieser<br />
Postadresse bekannt werden.<br />
Das führte dazu, dass die Klinik-<br />
Schule des Virchow-Klinikums mit<br />
349 Straftaten statistisch ganz oben<br />
steht. Aber nur, weil sämtliche Straftaten<br />
auf dem Klinikgelände hierunter<br />
aufgeführt werden. Gleichwohl<br />
zeigtdie Statistik, dass die Straftaten<br />
im schulischen Umfeld von8760 im<br />
Jahr 2014 auf 9820 im Jahr 2017 angestiegen<br />
sind, Körperverletzungen<br />
gar um fast 25 Prozent. Derzeit<br />
arbeitet die Polizei an einer<br />
anderen Erfassungsmethode,<br />
die womöglich vom<br />
Senat übernommen wird.<br />
Schüler werden separiert<br />
Schulen gehen mitunter besondere<br />
Wege, um Gewalttäter<br />
und Störer zu disziplinieren. Die<br />
Willy-Brandt-Schule in Gesundbrunnen<br />
nimmt am Trainingsraum-<br />
Programm teil. Besonders auffällige<br />
Schüler werden dort von den Mitschülern<br />
getrennt und lernen dort,<br />
begleitet von Pädagogen, nach eigenen<br />
Lerntempo. Eine besondere<br />
Herausforderung ist es,dafür zu sorgen,<br />
dass Mobbing nicht ausufert.<br />
„Mobbing wirkt als gruppendynamisches<br />
Geschehen, an dem viele<br />
beteiligt sind. Auch als Zuschauer,<br />
die das nicht eindämmen, womöglich<br />
gar unterstützen“, sagt der Psychologe<br />
und Anti-Mobbing-Experte<br />
Herbert Scheithauer. „Von den Tätern<br />
wissen wir,dasssie oft auch eine<br />
Vorgeschichte haben und im Laufe<br />
der Zeit ebenfalls erhebliche Verhaltensauffälligkeiten<br />
entwickeln.“ Da<br />
sollte an Schulen auch nichts bemäntelt<br />
werden. Scheithauer sagt:<br />
„Ich würde mein Kind lieber auf eine<br />
Schule schicken, die aktiv gegen<br />
Mobbing vorgeht.“<br />
Martin Klesmann<br />
betont, dass die Hälfte der<br />
Schulen nicht auffällig ist.<br />
Mit Schach<br />
schlauer<br />
werden<br />
Eine Grundschule in<br />
Weddingfördert Begabte<br />
VonMartin Klesmann<br />
Auf dem Hof der Andersen-<br />
Grundschule in Gesundbrunnen,<br />
im harten Soldiner Kiez,stehen<br />
große Schachfiguren aus Plastik.<br />
Kein Wunder, hier lernt jeder Erstund<br />
Zweitklässler aus pädagogischen<br />
Gründen Schach spielen.<br />
Gut 60besonders begabte Schüler<br />
werden während ihrer gesamten<br />
Grundschulzeit besonders im<br />
Schachspielen gefördert, machen<br />
bei Turnieren mit. Denn Schach<br />
macht schlau. Da ist sich die kommissarische<br />
Konrektorin Kerstin Andersson<br />
sicher.„DieKonzentrationsfähigkeit<br />
steigt, die Kinder sind fokussierter<br />
und lernen spielerisch,<br />
Probleme zu lösen“, sagt sie.<br />
Auch Malik aus der 4a und Yussuf<br />
aus der 3b sind in der Schach-AG, die<br />
oft bis 16.30 Uhrdauert.„Wer Schach<br />
spielen kann, schreibt bessere Noten“,<br />
sagt Malik. Und Yussuf meint:<br />
„Vor allem in Mathe.“ Malik stimmt<br />
zu, er wolle später sogar mal Mathe-<br />
Lehrer werden, sagt er noch. Yussuf<br />
tendierteher zu Designer.<br />
Janne, 8, und Taher,9,spielen Schach in<br />
der Andersen-Schule.<br />
DPA/ANNETTE RIEDL<br />
Natürlich sei das Schachspielen<br />
auch Teil der Sprachförderung und<br />
beziehe die Elternmit ein, sagt Konrektorin<br />
Andersson.„Schach ist auch<br />
in türkisch- und arabischstämmigen<br />
Familien beliebt und hoch angesehen.“<br />
Das Spiel stammt aus Nordindien<br />
und Persien, verbreitete sich im<br />
Mittelalter über die arabische Expansion.<br />
Seit 2010 kooperiert die Schule<br />
mit den Schachprofis Swantje Munser<br />
und Harald Fietz, seit drei Jahren<br />
ist dieses Schach-Angebot fester Bestandteil<br />
des Schulprofils. Nun erhält<br />
die Schule von der Bildungsverwaltung<br />
sogar 35 000 Euro pro Jahr<br />
für das besondere Projekt. Denn die<br />
Einrichtung ist nun offiziell eine sogenannte<br />
BegaKurs-Schule.<br />
Teil derBegabtenförderung<br />
An insgesamt 26 Schulen, jeweils<br />
zwei pro Bezirk sowie zwei zentral<br />
verwalteten Schulen, werden solche<br />
Begabtenkurse jetzt eingeführt, zusätzlich<br />
zum Regelunterricht. Insgesamt<br />
steht dafür in diesem Jahr eine<br />
Summe von einer Million Euro zur<br />
Verfügung. „Wir wollen auch versteckte<br />
Talente finden“, sagte Bildungssenatorin<br />
Sandra Scheeres<br />
(SPD). Begabtenförderung sei für sie<br />
ein Teil der Inklusion. Andere Kurse<br />
fördern darstellerisches, sprachliches,<br />
gesellschaftswissenschaftliches<br />
oder handwerkliches Talent.<br />
Künftig soll das Angebot noch ausgebaut<br />
werden. Es ist Bestandteil des<br />
Begabtenförderungskonzeptes der<br />
Bildungsverwaltung.<br />
Schachexpertin Munser spielt an<br />
diesem Tagmit einer ausgewählten<br />
Schülergruppe. Manchmal überlegen<br />
die Kinder ganz schön lange,bis<br />
sie den nächsten Zug machen. Das<br />
sei eben anders als an der Spielkonsole<br />
oder bei Handyspielen, sagt sie.<br />
Lehrer betonen, dass über die zusätzlichen<br />
Schachkurse ältere Schüler<br />
bereits den Weg in Pankower<br />
Gymnasien geschafft hätten. In das<br />
Käthe-Kollwitz-Gymnasium in<br />
Prenzlauer Berg zum Beispiel, wo<br />
man plant, Schach demnächst sogar<br />
als Abiturfach anzubieten. Ohne das<br />
Schachspiel wäre diesen Schülern<br />
aus Gesundbrunnen das vermutlich<br />
nicht gelungen.