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Berliner Zeitung 18.05.2019

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<strong>Berliner</strong> <strong>Zeitung</strong> · N ummer 114 · 1 8./19. Mai 2019 5 *<br />

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Politik<br />

„Der Ernst der Lage müsste inzwischen allen klar sein“<br />

Bundesumweltministerin Svenja Schulze über Deutschlands Wegzur Klimaneutralität, Bremser bei der Energiewende und „Fridays for Future“<br />

Es gibt auch gute Nachrichten:<br />

Der Plastiktüten-Verbrauch<br />

ist im vergangenen<br />

Jahr in Deutschland erneut<br />

gesunken. Trotzdem fallen hierzulande<br />

jährlich noch mehr als sechs<br />

Millionen Tonnen Plastikmüll an. Die<br />

Menge zu reduzieren, ist nur eins der<br />

Probleme,die Ministerin Schulzeund<br />

ihreKollegen lösen müssen.<br />

Frau Schulze, Kanzlerin Angela Merkel<br />

will, dass Deutschland bis 2050<br />

klimaneutral wird. Erleben wir nun<br />

die Rückkehr der „Klimakanzlerin“?<br />

Angela Merkel sendet ein sehr<br />

wichtiges Signal aus. Diesem Signal<br />

müssen jetzt in der Regierung Taten<br />

folgen. Im Klimakabinett der Bundesregierung<br />

werden die einzelnen Ministerien<br />

Ende Mai konkrete Maßnahmen<br />

zur Reduzierung des Treibhausgas-Ausstoßes<br />

vorstellen.<br />

Deutschland verfehlt die Klimaziele<br />

für 2020. Zehn Jahre später darf uns<br />

das nicht wieder passieren. Also muss<br />

2019 das Jahr des Handelns werden.<br />

Klimaneutral leben –wie soll das gehen,<br />

wo wir doch bei jeder Ausatmung<br />

Kohlendioxid ausstoßen?<br />

CO 2 -neutral und CO 2 -frei ist nicht<br />

Dasselbe.Natürlich können wir nicht<br />

CO 2 -frei leben. Beim Klimaschutz<br />

geht es darum, dass das CO 2 ,das über<br />

Millionen Jahreals Kohle,Ölund Gas<br />

unter der Erde ruhte, nicht in die Atmosphäre<br />

gelangt und den Planeten<br />

aufheizt. Die meisten Treibhausgasemissionen<br />

können wir vermeiden –<br />

und müssen dies auch: Der Weltklimarat<br />

IPCC sagt klar: Umdie Erderwärmung<br />

auf 1,5 Grad zu begrenzen,<br />

dürfen wir zur Mitte des Jahrhunderts<br />

nur noch so viel CO 2 ausstoßen, wie<br />

wir binden können. Um den unvermeidbaren<br />

CO 2 -Rest zu binden, müssen<br />

wir uns einiges einfallen lassen.<br />

Verlässlichkeit soll das Klimakabinett<br />

unter Leitung der Kanzlerin vermitteln.Wird<br />

das Klimakabinett noch vor<br />

der Sommerpause Beschlüsse liefern?<br />

Das Klimakabinett wird keine<br />

Sommerpause machen. Wir wollen<br />

2019 ein Klimaschutzgesetz und ein<br />

erstes Maßnahmenprogramm verabschieden,<br />

daher müssen jetzt<br />

Maßnahmen auf den Tisch. Die<br />

müssen dann bewertet und gegebenenfalls<br />

ergänzt werden. Also wirdes<br />

mit ein, zwei weiteren Sitzungen<br />

nicht getan sein. Da muss mehr<br />

Tempo rein. Hoffnungsfroh stimmt<br />

mich, dass die Bundesregierung<br />

nächste Woche Eckpunkte beschließen<br />

wird, wie wir den Kohleregionen<br />

dabei helfen können, neue Jobs und<br />

neue Perspektiven für die Zeit nach<br />

der Kohle zu entwickeln.<br />

Wiekooperativ sind IhreMinisterkollegen<br />

im Klimakabinett?<br />

Der Ernst der Lage müsste inzwischen<br />

all meinen Kollegen klar sein.<br />

Nichthandeln wird teuer – ökologisch,<br />

aber auch ökonomisch.<br />

Deutschland lebt vomExport. Wollen<br />

ZUR PERSON<br />

IMAGO IMAGES<br />

Svenja Schulze wurde 1968 in Düsseldorf geboren. Sie studierte Germanistik und Politikwissenschaften<br />

in Bochum. Seit 1988 ist Schulze Mitglied der SPD.<br />

Sie warNRW-Ministerin für Innovation, Wissenschaft und Forschung (2010–2017) und ist<br />

seit März 2018 Bundesministerin für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit.<br />

wir außen vor bleiben, wenn China<br />

und Indien auf Elektromobilität umstellen?Wenn<br />

wir nicht die Techniken<br />

liefern, die weltweit gefragt sind, bringen<br />

wir ArbeitsplätzeundWertschöpfung<br />

hierzulande in Gefahr. Aber ich<br />

erkenne an, dass es nicht einfach ist,<br />

einen tiefenWandel herbeizuführen –<br />

ob im Verkehr, bei Gebäuden oder in<br />

der Landwirtschaft.<br />

Machen es sich die Schüler von „Fridays<br />

for Future“ zu leicht?<br />

Nein. Sie sollen demonstrieren<br />

und ihre Meinung kundtun. Es ist<br />

nicht die Aufgabe der Schüler, Antworten<br />

auf die Klimakrise zu finden.<br />

Dasist unser Job.<br />

Wie weit sind Ihre Pläne für eine CO 2 -<br />

Steuer?<br />

Ich werde ein Konzept für einen<br />

wirkungsvollen CO 2 -Preis vorlegen.<br />

Er darf kleine und mittlere Einkommen<br />

nicht belasten. Wer aber viel<br />

Sprit verbraucht, weil er beispielsweise<br />

einen SUV fährt, der kann sich<br />

das auch leisten.<br />

Wirtschaftsminister Peter Altmaier<br />

hat jüngst verkündet: „Die Energiewende<br />

kommt voran.“ Haterrecht?<br />

Minister Altmaier muss beim Ausbau<br />

der erneuerbaren Energien die<br />

Handbremse lösen. Die Lizenzvergabe<br />

für den Windparkbau stagniert.<br />

Wenn wir die Reduktionsziele für das<br />

Jahr 2030 erreichen wollen, müssen<br />

wir bis dahin auf 65 Prozent erneuerbareEnergien<br />

kommen. Derzeit sind<br />

wir bei unter 40 Prozent. DerFörderdeckel<br />

bei Photovoltaikanlagen auf<br />

Dächern ist ein absurdes Relikt aus<br />

derVergangenheit.Wirbrauchen sehr<br />

viel mehr Stromerzeugung auf den<br />

Dächern–auch weil mancherorts der<br />

Platz für Windanlagen knapp wird.<br />

Der Wirtschaftsminister muss an Industrie<br />

und Investoren das klare Signal<br />

aussenden: Wir wollen die Energiewende!<br />

Genehmigungen fürWindräder scheitern<br />

oft am Bürgerprotest. Schwindet<br />

die Akzeptanz für die Energiewende?<br />

Meine Erfahrung ist: Wo Bürger<br />

frühzeitig eingebunden oder sogar<br />

Anteilseigner an Windparks sind, ist<br />

die Kooperationsbereitschaft da.<br />

Richtig ist aber auch: Das Verfehlen<br />

des Klimaziels für 2020 hat Folgen.<br />

Bei den Bürgern sowie in der Wirtschaft<br />

ist der Eindruck entstanden,<br />

dass manche den Klimaschutz nicht<br />

ernst nehmen. Deswegen ist es ja so<br />

wichtig, dass sich nicht nur die Umweltministerin,<br />

sondern die gesamte<br />

Regierung zum Klimaziel 2030 bekennt.<br />

DerWirtschaftsminister muss<br />

für den Ausbau der Erneuerbaren<br />

werben, der Verkehrsminister für die<br />

Reduzierung des Spritverbrauchs,der<br />

Bauminister für effiziente Gebäudesanierung.<br />

Diese klaren Botschaften<br />

erwarte ich vomKlimakabinett.<br />

DasGespräch führte<br />

Marina Kormbaki.<br />

Staatsaufträge gegen<br />

Wahlkampfunterstützung<br />

©GEPA-pictures<br />

Heimliches Video bringt FPÖ-Chef Strache in Bedrängnis<br />

VonMatthias Röder,Wien<br />

Österreichs<br />

rechtskonservativer<br />

Regierung droht ihre bislang<br />

schwerste Belastungsprobe. Vizekanzler<br />

und FPÖ-Chef Heinz-Christian<br />

Strache soll nach Angaben von<br />

Spiegel und Süddeutscher <strong>Zeitung</strong><br />

vor der Parlamentswahl 2017 bereit<br />

gewesen sein, einer angeblichen russischen<br />

Oligarchin als Gegenleistung<br />

für Wahlkampfhilfe öffentliche Aufträge<br />

zuzuschanzen.<br />

Dies gehe aus heimlich erstellten<br />

Videoaufnahmen hervor, die den<br />

In Erklärungsnot: Österreichs Vizekanzler<br />

Heinz-Christian Strache.<br />

AFP<br />

beiden Medien zugespielt worden<br />

seien. Darauf sei zu sehen, wie die<br />

Runde bei einem Treffen am 24. Juli<br />

2017 auf der Ferieninsel Ibiza auch<br />

die Möglichkeit einer Übernahme<br />

der einflussreichen Kronen <strong>Zeitung</strong><br />

durch die Frau auslote, heißt es. Bei<br />

dem Treffen habe es sich laut SZ offenbar<br />

um eine Falle gehandelt<br />

Die Kronen <strong>Zeitung</strong> könne – so<br />

Strache –imFall einer Übernahme<br />

kurzvor der Wahl zugunsten der FPÖ<br />

Partei ergreifen. Strache meinte,dass<br />

die FPÖ dann nicht mit 27, sondern<br />

34 Prozent rechnen könne. Als Gegenzug<br />

für die Unterstützung sei zum<br />

Beispiel die Vergabe öffentlicher<br />

Aufträge an zu gründenden Bau-Unternehmen<br />

der Oligarchin denkbar.<br />

Die Frau habe sich als Nichte eines<br />

russischen Oligarchen ausgegeben<br />

und gesagt, sie wolle eine Viertelmilliarde<br />

Euro in Österreich investieren,<br />

berichtete der Spiegel. Sie<br />

habe mehrmals angedeutet, dass es<br />

sich dabei um Schwarzgeld handeln<br />

könne. Trotzdem seien Strache und<br />

der heutige FPÖ-Politiker Johann<br />

Gudenus sechs Stunden lang bei<br />

dem Treffen sitzen geblieben und<br />

hätten über Anlagemöglichkeiten in<br />

Österreich diskutiert.<br />

In Österreich haben die konservative<br />

Österreichische Volkspartei<br />

(ÖVP) und die rechte Freiheitliche<br />

Partei Österreichs (FPÖ) im Dezember<br />

2017 eine Regierungskoalition<br />

gebildet. Nach mehreren Verfehlungen<br />

der FPÖ hatte Österreichs Bundeskanzler<br />

Sebastian Kurz (ÖVP) Anfang<br />

Mai eine rote Linie für die Zusammenarbeit<br />

festgelegt. Zuletzt<br />

hatte die FPÖ mit einem rassistischen<br />

Gedicht und ihrenVerbindungen<br />

zu den rechtsextremen „Identitären“<br />

für Aufsehen gesorgt. Weder<br />

Sprecher der FPÖ noch der ÖVP waren<br />

auf Anfrage für eine Stellungnahme<br />

zu dem Bericht erreichbar.<br />

„Rein privates Treffen“<br />

Strache und der FPÖ-Politiker Johann<br />

Gudenus räumten die Zusammenkunft<br />

gegenüber den beiden<br />

Medien ein. Es sei „ein rein privates“<br />

Treffen in „lockerer, ungezwungener<br />

und feuchtfröhlicher Urlaubsatmosphäre“<br />

gewesen, teilte Strache<br />

schriftlich mit. „Auf die relevanten<br />

gesetzlichen Bestimmungen und die<br />

Notwendigkeit der Einhaltung der<br />

österreichischen Rechtsordnung<br />

wurde von mir in diesem Gespräch<br />

bei allen Themen mehrmals hingewiesen.“<br />

Das gelte auch für „allenfalls<br />

in Aussicht gestellte Parteispenden<br />

bzw.Spenden an gemeinnützige<br />

Vereine im Sinne der jeweiligen Vereinsstatuten“.<br />

Im Übrigen, schrieb Strache,„gab<br />

es neben dem Umstand, dass viel Alkohol<br />

im Laufe des Abends gereicht<br />

wurde, auch eine hohe Sprachbarriere“.<br />

(dpa)<br />

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